Digitale Infrastruktur kostet pro weiterführende Schule 300.000 Euro – im Jahr. VBE fordert „nachhaltige Ausstattung“ – samt Wartung

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GÜTERSLOH. Um den Unterricht mit digitalen Lernmitteln gestalten zu können, benötigen Schulen neben pädagogischen Konzepten eine gute Ausstattung. Dazu gehören Internetzugang und Hardware, Lernsoftware und technischer Support. Rund 2,8 Milliarden Euro würden jährlich anfallen, wenn alle Grund- und weiterführenden Schulen mit lernförderlicher Computertechnik ausgestattet werden – hat die Bertelsmann Stiftung nun errechnet. Sie fordert: Bei der Finanzierung müssten die Kommunen dauerhaft unterstützt werden. VBE-Vorsitzender Udo Beckmann betont, dass gerade die laufenden Kosten sehr hoch seien und es nicht mit einer einmaligen Investition für die Grundausstattung getan sei. Er forderte eine „nachhaltige Ausstattung der Schulen“, die eben auch Wartung der Hard- und Software beinhalte.

Lernen am Computer? In Deutschlands Schulen immer noch ein seltenes Bild. Foto: shutterstock
Lernen am Computer? In Deutschlands Schulen immer noch ein seltenes Bild. Foto: shutterstock

Für Schülerinnen und Schüler ist der Umgang mit digitalen Medien heute selbstverständlich – außer in der Schule. Jetzt wird im Bund über einen Digitalpakt diskutiert (in dessen Rahmen Berlin fünf Milliarden Euro für die Ausstattung der Schulen bereitstellen soll), und die Kultusminister haben sich auf eine gemeinsame Digitalisierungsstrategie verständigt. „Digitalisierung ist für junge Menschen längst Alltag. Auch Schule muss digitaler werden und die Kompetenzen vermitteln, die zukünftig für Teilhabe an der Gesellschaft und am Berufsleben notwendig sind“, so fordert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

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Dafür brauchen Schulen nicht nur pädagogische Konzepte und entsprechend ausgebildete Lehrkräfte, sondern auch eine angemessene Ausstattung: Zum einen gehört dazu eine digitale Infrastruktur aus schnellem WLAN, Support sowie Präsentationstechnik für die Klassenräume genauso wie Endgeräte für die Schüler. Zum anderen werden digitale Unterrichtsmaterialien wie Lernprogramme für die individuelle Förderung der Kinder benötigt.

Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hat ein Forscherteam um Prof. Andreas Breiter vom Institut für Informationsmanagement der Universität Bremen (ifib) für Grundschulen und weiterführende Schulen modellhaft berechnet, was eine lernförderliche Infrastruktur kostet: Jährlich fallen für eine Grundschule durchschnittliche Kosten in Höhe von rund 45.500 Euro an. Für eine weiterführende Schule liegen die Kosten bei etwa 300.000 Euro. Das entspricht etwa 260 Euro pro Schüler in der Grundschule und rund 400 Euro pro Schüler in der weiterführenden Schule. Bei den aktuellen Schülerzahlen ergeben sich daraus Kosten von rund 2,8 Mrd. Euro im Jahr; Investitionen in Infrastruktur und Endgeräte sind dabei über einen Zeitraum von fünf Jahren umgelegt. Die Ausgaben für die notwendige einmalige Breitbandanbindung der Schulen und für die Fortbildung der Lehrerkollegien sind dabei noch nicht berücksichtigt.

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Doch die Kommunen fangen nicht bei null an. Schätzungen auf der Basis der Ausgaben einzelner Kommunen deuten darauf hin, dass 20 bis 50 Prozent der jährlichen 2,8 Milliarden Euro bereits von kommunaler Seite aufgebracht werden, insbesondere für Endgeräte und Basisinfrastruktur, teilweise ergänzt um Landesmittel.

Die Höhe der nötigen investiven und laufenden Kosten zeigt allerdings, dass Kommunen und Länder diese nicht allein bewältigen können. Der Bund hat durch den Vorschlag eines „Digitalpakts“ bereits seine grundsätzliche Bereitschaft zur Unterstützung signalisiert. „Die Digitalisierung der Schulen braucht jetzt einen Kraftakt. Bund, Länder und Kommunen müssen sich in der neuen Legislaturperiode zügig darauf verständigen, Schulen beim Lernen mit digitalen Medien dauerhaft und auskömmlich zu unterstützen“, so Jörg Dräger. „Digitalisierung ist Normalität und Daueraufgabe. Einmalige Investitionen sind nicht ausreichend. Die Kommunen brauchen kontinuierliche Unterstützung für die digitale Infrastruktur in den Schulen.“ Zu klären sei außerdem, so Dräger, wie Eltern an den Kosten für individuelle Endgeräte (800 Mio. Euro von den 2,8 Mrd. Euro pro Jahr) fair und entsprechend ihrer finanziellen Möglichkeiten im Rahmen der Lernmittelfreiheit beteiligt werden können.

„Die Berechnungen zeigen ganz deutlich, dass die Kosten für die IT-Ausstattung von Schulen nicht gedeckt sind. Die bisherigen Investitionen der Kommunen reichen bei weitem nicht aus“, erklärte VBE-Chef Udo Beckmann. Der „Digitalpakt Schule“ samt Fünf-Milliarden-Euro-Investition des Bundes sei groß angekündigt worden, lasse aber weiter auf sich warten. Beckmann: „Es braucht aber eine gemeinsame Kraftanstrengung. Auch deshalb setzt sich der VBE dafür ein, das Kooperationsverbot im Bildungsbereich abzuschaffen. Wer Digitalisierung an Schulen will, muss sie als Querschnittsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen verstehen und Zuständigkeiten und Finanzierungspflichten entsprechend gestalten.“ N4t

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Hintergrund der Studie

Für das Impulspapier „Kosten lernförderlicher IT-Infrastrukturen“ haben Prof. Andreas Breiter und sein Team vom ifib die Höhe der erforderlichen Investitionen und der laufenden Kosten für die allgemeinbildenden Schulen (ohne Förderschulen) ermittelt, die für angemessene Rahmenbedingungen digitaler Bildung anfallen.

Sie rechnen dabei auf der Grundlage von Modellen einer zweizügigen Grundschule mit 175 Schülern und einer dreizügigen weiterführenden Schule mit 750 Schülern. Die Zügigkeiten entsprechen dem aktuellen Durchschnitt der jeweiligen Schulstufen in Deutschland. Die Ergebnisse enthalten keine detaillierten Angaben darüber, wie viel Länder und Kommunen bereits für digitale Infrastruktur ausgeben, d. h. welche Anteile der berechneten Ausgaben bereits in den Haushalten von Ländern und Kommunen berücksichtigt sind.

Die Berechnung geht im Fall einer modellhaften Grundschule von einem Gerät für vier bis fünf Schüler (z. B. Smartphone, Tablet oder Laptop) sowie von einem Computerraum mit 24 Endgeräten aus. Im Fall einer modellhaften weiterführenden Schule wird für die Berechnun-gen von einem Gerät für jeden Schüler sowie zwei Computerräumen mit 60 Endgeräten ausgegangen. Zudem sind die Kosten für den Breitbandanschluss, ein modernes Netzwerk und Multifunktionsgeräte berechnet. Auch Software-Lizenzen, pädagogische Unterstützung sowie Schulserver und Support sind enthalten. Die Kosten für die bauliche Anbindung ans Breit¬bandnetz sind nicht berücksichtigt. Das Impulspapier aktualisiert und erweitert eine Studie von Breiter, Zeising und Stolpmann, die von der Bertelsmann Stiftung in dem Band „Individuell fördern mit digitalen Medien“ im Jahr 2015 herausgegeben wurde.

 

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4 Kommentare
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drd
6 Jahre zuvor

Dieser ganze digitale Scheiß hilft niemandem außer den Anbietern.

Cavalieri
6 Jahre zuvor

Haben eigentlich die Lehrer/innen schon dienstliche Computer (PC oder Laptop) ? Würden sie das nicht mehr benötigen als die Schüler/innen ?

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

In so einem Fall käme im Zweifel wieder der Sozialneid in der restlichen Bevölkerung auf nach dem Motto „Die haben schon den halben Tag frei, dann müssen die nicht auch noch die Computer geschenkt bekommen“. Dass Büromenschen am Arbeitsplatz (übrigens ein eigener …) alles gestellt bekommen, übersehen sie dabei natürlich. Außerdem wäre das Land nicht zuständig dafür, sondern die Kommune.

Grundschullehrer
6 Jahre zuvor

Angestellte, die im Büro arbeiten, würden nicht mal ihren eigenen Kugelschreiber mitbringen, geschweigedenn den Computer. Ich bin nicht bereit dazu, meinen privaten Laptop täglich mit in die Schule zu bringen und werde das auch nicht tun. Kein Dienstherr kann mich dazu verpflichten. Als nächstes legt man uns nahe, die Kinder bei uns zu Hause zu unterrichten, dann kann man das ganze Gebäude einsparen…