Lehrerverbands-Chef Meidinger macht die Grundschulen für die schlechten IGLU-Ergebnisse verantwortlich – er fordert: „Lesen durch Schreiben“ verbieten!

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BERLIN. Als „ernstes Warnsignal“ hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands (DL), Heinz-Peter Meidinger, die Ergebnisse deutscher Grundschüler bei der gestern veröffentlichten IGLU-Studie bezeichnet und die Bundesländer aufgefordert, konkrete Konsequenzen zu ziehen – und zwar: den Grundschulen die Methode „Lesen durch Schreiben“ zu verbieten! Mit einem inhaltlich ähnlichen Vorstoß nach dem ebenfalls schlecht ausgefallenen IQB-Viertklässlervergleich vor sechs Wochen hatte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), für Empörung unter Grundschullehrkräften gesorgt.

Zeigt sich besorgt angesichts des Lehrermangels: Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Foto: Deutscher Philologenverband
Zeigt sich besorgt angesichts der IGLU-Ergebnisse: Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Foto: Deutscher Philologenverband

Meidinger betont nun: „Mit IGLU 2016 liegt wiederum eine Studie vor, wonach es Deutschland nicht gelingt, den Anstieg des Anteils von Grundschulkinder mit starken Leseschwächen zu stoppen. Dies ist deshalb besonders bitter, weil wir wissen, dass bereits in der Grundschule abgehängte Kinder diese Defizite in der späteren Schullaufbahn kaum ausgleichen können!“ Mit einem Platz im unteren Mittelfeld dürfe sich Deutschland nicht dauerhaft zufrieden geben.

Als Hauptursache für den signifikanten Anstieg von Grundschulkindern mit eklatanten Leseschwächen nennt der DL-Präsident die immer größer werdende Gruppe von Kindern mit Migrationshintergrund, bei denen zuhause nicht Deutsch gesprochen werde. Meidinger erläutert: „Offensichtlich gelingt es nicht, diese Kinder mit den bisher ergriffenen Maßnahmen so zu fördern, dass sie grundlegende Lese- und Schreibfähigkeiten erwerben.“

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Und dabei spiele, so meint der ehemalige Philologenverbandsvorsitzende, eine „verfehlte Rechtschreibdidaktik in einer Reihe von Bundesländern“ eine gewichtige Rolle.  Es gebe klare Erkenntnisse, dass die Methode „Lesen durch Schreiben“ vor allem leistungsschwache Kinder besonders benachteilige und die Leistungsschere erst recht aufgehen lasse.

„Vorschulische Förderung“

Darüber hinaus fordert Meidinger, in sämtlichen Bundesländern bei allen Kindern mit drei oder vier Jahren verbindliche Sprachstandsüberprüfungen einzuführen und auf der Grundlage der Ergebnisse ausnahmslos allen Kindern mit massiven Sprachdefiziten bereits eine vorschulische Sprachförderung zukommen zu lassen: „Ohne eine solche vorschulische Förderung sind die Grundschulen mit dem zunehmenden Anteil von Flüchtlingskindern und Kindern mit Migrationshintergrund hoffnungslos überfordert.“

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Zudem erneuert Meidinger seine Forderung, bei der Bildung von Klassen in allen Schularten, insbesondere aber in den Grundschulen, mehr Anstrengungen zu unternehmen, eine ausgewogenere Zusammensetzung anzustreben beziehungsweise einen zu hohen Anteil von Kinder mit Migrationshintergrund zu vermeiden, weil sich dieser nachweislich sowohl leistungsmindernd als auch integrationshemmend auswirken könne. Über die personell schlechten Bedingungen an den Grundschulen, bedingt zum Beispiel durch die in der Primarstufe am weitesten fortgeschrittene Inklusion, verliert der Präsident des Deutschen Lehrerverbands kein Wort.

KMK-Präsidentin Eisenmann hatte nach dem insbesondere für Baden-Württemberg desaströsen IQB-Vergleich angekündigt, dass die Methode „Schreiben nach Gehör“ an den Grundschulen in ihrem Verantwortungsbereich keine Zukunft mehr habe. Zuvor hatte sie die Methodenkompetenz von Grundschullehrkräften öffentlich angezweifelt. Die seien angesichts einer zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft extrem gefordert. Nun müsse gefragt werden: „Welcher Lehrer unterrichtet wie? Und was? Und mit welchem Erfolg?“

„Schreiben nach Hören“ wird auch „Lesen durch Schreiben“ genannt, weil der Methode die Annahme zugrunde liegt, Schreiben gehe dem Lesen voraus. Der Ansatz wurde in den 70er Jahren vom Schweizer Reformpädagogen Jürgen Reichen entwickelt: Kinder sollen Lesen lernen, indem sie Wörter aufschreiben; eine Korrektur der Rechtschreibung ist zunächst nicht wesentlich. Nach einer aktuellen Erhebung des Germanistik-Professoren Wolfgang Steinig (selbst ein harscher Kritiker der Methode) arbeiten nur drei Prozent der Grundschulen in Deutschland nach Reichens Prinzipien. Steinig moniert allerdings: Elemente davon  – etwa in Form von Anlauttabellen – hätten Eingang in den Unterricht der meisten Lehrer gefunden.

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Meidingers Vorschlag, Migrantenkinder besser zu verteilen, war bereits vom VBE-Vorsitzenden Udo Beckmann als „abstrus und illusorisch“ zurückgewiesen worden. „Dies würde in der Konsequenz dazu führen, dass aus bestimmten Stadtteilen, in denen es einen hohen Anteil von Familien mit Migrationshintergrund gibt, zum Beispiel in den Nordteilen der Ruhrgebietsstädte, bestehende Klassen aufgelöst werden müssten und zukünftig die Kinder mit dem Bus auf die Schulen verteilt werden müssten, um bestimmte Quoten zu erreichen“, erklärte Beckmann. „ Zudem stellt sich die Frage: Gilt diese Quotierung nur für die erste oder auch für die zweite oder dritte Generation von Menschen mit Migrationshintergrund.“ bibo / Agentur für Bildungsjournalismus

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sofawolf
6 Jahre zuvor

Was ist denn der Unterschied zwischen „Schreiben nach Gehör“ und „Lesen wie Schreiben“?

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Gefunden: (Zitat) „„Schreiben nach Hören“ wird auch „Lesen durch Schreiben“ genannt, weil der Methode die Annahme zugrunde liegt, Schreiben gehe dem Lesen voraus.“

mississippi
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Guten morgen, sofawolf. Setzen. Nicht aufgepasst.

mississippi
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

@sofawolf: Ich meine damit, dass wir doch die ganze Zeit davon reden. Sie beteiligen sich immer eifrig an der Diskussion und kennen die Methode bisher gar nicht?

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

Nein, an der Schreiben-nach-Gehör-Diskussion beteilige ich mich marginal. also kaum.

Oder Sie halten mich für das Zweitprofil von Axel. (Ich weiß aber auch längst, wessen Zweitprofil Sie sind.) 🙂 🙂 🙂

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

… und ich (also in diesem Profil 🙂 ) lese die ganzen Rechtschreibdiskussionen so gut wie nie mit. (Nicht nie, das sagte ich nicht, sondern so gut wie nie.)

Emil
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

@ sofawolf
Ich bin kein Zweitprofil von Mississippi, auch wenn Sie das noch so oft behaupten, das entspringt ausschließlich Ihrer Fantasie!!
Im übrigen halte ich ein Zweitprofil für völlig dusselig und kindisch, auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen, ich habe das nicht nötig (und Mississippi vermutlich ebenfalls nicht).

sofawolf
6 Jahre zuvor

ZITAT: „Als Hauptursache für den signifikanten Anstieg von Grundschulkindern mit eklatanten Leseschwächen nennt der DL-Präsident die immer größer werdende Gruppe von Kindern mit Migrationshintergrund, bei denen zuhause nicht Deutsch gesprochen werde.“

Ich weiß nicht, ob diese Gruppe größer wird, ich erlebe eher, dass Migranten in der 2, spätestens 3. Generation Deutsch bevorzugen.

Ansonsten aber ja, ein Faktor ist das sicherlich auch, zu Hause kein Deutsch; im Alltag meist Englisch (jede Kleinigkeit) und nur noch mit dem Klassenlehrer Deutsch (Grundschule). Das ist einfach zu wenig.

Susanne Glotzbach
6 Jahre zuvor

Wer bezahlt diesen Mann eigentlich? Lehrerverband klingt wie eine Organisation, deren Leiter wenigstens so eine Art aktuellen Kenntnis-stand haben sollte .
Wie viele Schulen bzw Kolleginnen gibt es denn eigentlich, die jahrelang ausschließlich Reichen praktizieren? Was für ein Unfug, in diesen Anfangsunterrichtstunden die Ursachen finden zu wollen. Wir Grundschullehrerinnen werden immer mehr mit Sozialarbeiterjobs zugeschüttet, haben maximale Kindergrenze erreicht, keine ausreichenden Räume, keine Leute. Laufend kommen Anfragen vom Schulamt, ob wir nicht ENDLICH den ‚Pakt für den Nachmittag ‚ machen wollen, dabei sind wir froh, den Vormittag überhaupt personell bestücken zu können. Der Markt ist leergefegt. Eigentlich komisch, bei den vielen Ferien und dem üppigen Gehalt…

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor

Und immer wieder wird die Anwendung von Anlaut-Tabellen und das eigen initiative und selbst erforschende Schreiben der Schüler von Lehrern negiert und dennoch praktiziert.Schließlich droht das Diskreditieren einer weit verbreiteten Methode,die einem eine Menge eigene Arbeit abnimmt.

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

„von Lehrern negiert und dennoch praktiziert.Schließlich droht das Diskreditieren einer weit verbreiteten Methode,die einem eine Menge eigene Arbeit abnimmt.“

Susanne hat ja deutlich geschrieben, dass sie die Methode nicht nutzt.
Ebenso ysnp und mississippi.
Meine Methodenmischung habe ich vielfach unterbreitet.

Aber SIE unterstellen einem ja, egal was man sagt, schreibt und tut, generell, dass ALLE GS-LuL die SuS einfach machen lassen.
Auch unterstellen Sie immer, dass man sich keine Arbeit machen würde.

Es ist so einfach, Unwahrheiten zu behaupten, wenn man sich mit den Bedingungen nicht auseinandersetzen möchte, da man im Verbot einer einzigen Methode ein Allheilmittel sieht.

Beschränken Sie sich auf 75% Ihrer Ärzteschaft, ersetzen dann weitere Ärzte im Team durch Diplombiologen (das ist ja so ähnlich wie Medizin), schicken Sie sonstiges Personal nach Hause, verzichten Sie auf andere Räume als OPs, übernehmen Sie neben einer Station auch die Ambulanz und die Physiotherapie, sorgen Sie selbst für Nachschub an Verbrauchsmaterial und füllen Sie zur üblichen Bürkokratie noch monatlich neu erfundene Diagnosebögen aus, reduzieren Sie Ihre Ausgaben um ein Vielfaches … aber erzählen Sie am Ende bloß nicht, die Bedingungen würden nicht ausreichen um ihre wunderbar empirisch beurteilten medizinischen Ansätze umsetzen zu können!
Geben Sie sich unter genannten Bedingungen einfach mal ein bisschen mehr Mühe bis zur nächsten Evaluation oder lassen ein einziges Medikament weg, dann klappt das schon.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Wie oft gesagt, dass hier immer so viele Grundschulthemen publiziert werden, fällt auf, wurde aber seitens der Redaktion mit Interesse begründet.

Wenn es um Fortschritte bei A 13 geht, stört es ja aber auch nicht. Dann wird freudig applaudiert.

Nur Kritisches, das mag man natürlich nicht so sehr.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Kommen Sie ins Münsterland,denn dort sind diese Methoden noch weit verbreitet.
Sommer-Stumpenhorst verdient sich weiterhin eine goldene Nase.

sofawolf
6 Jahre zuvor

ZITAT: „Wie viele Schulen bzw Kolleginnen gibt es denn eigentlich, die jahrelang ausschließlich Reichen praktizieren?“

Stand auch im Artikel: 3 %. Und es steht noch was dazu.

Palim
6 Jahre zuvor

Da hilft nur eins:
Philologen in die Grundschulen abordnen und bei gleichen Bedingungen arbeiten lassen.

Sie wissen ja genau, wie es zu sein hat,
wie es besser zu meistern ist
und werden dann alles zu vollster Zufriedenheit erfüllen.

Am Ende kennen sie die Bedingungen, über die sie sprechen (LdS wird kaum eingesetzt, Sprachförderung vor der Einschulung gibt es in vielen, wenn nicht allen BL, dafür wurde sogar der Erlass geändert, dass dies (zumindest bei uns) der Schulpflicht unterliegt und die Kinder Anwesenheitspflicht haben),

verstehen, warum Migranten und Inklusionsschüler zu gleichen Teilen auch auf das Gymnasium verteilt werden müssen, da sich dies ja sonst „nachweislich sowohl leistungsmindernd als auch integrationshemmend auswirken könne“

und natürlich schneiden dann nicht nur die Gymnasialschüler, sondern alle anderen in den nächsten IGLU, Timms, VERA 3 etc. herausragend ab.
Nur zu, Philologen!

Emil
6 Jahre zuvor

Palin,
Sie haben vollkommen Recht – und zwar mit beiden Kommentaren!!

Cato
6 Jahre zuvor

Sehr gelungene Überschrift!

“Lesen wie Schreiben” verbieten

Und das sogar als Zitat gekennzeichnet?

mississippi
6 Jahre zuvor

Emil ist mein Zweitprofil? Schade, dass man hier niemand eine PN schreiben kann. Liebe Redaktion, geht das wirklich nicht?

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

@ missis.,

meinen Sie mich??? Wo habe ich das gesagt?

Ich erinnere mich aber sehr gut daran, dass Sie mich einen Troll nannten.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

@ missis.,

und mir fällt gerade ein, dass Sie hier mal behaupteten, dass Axel und Ignaz Wrobel ein und diesselbe Person sind.

Also die Steinewerfer im Glashaus bitte mal ganz vorsichtig sein … 😉

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Oder wie meine Mutter immer sagt:

Wenn zwei das Gleiche tun, dann ist es noch lange nicht dasselbe.

w.z.b.w.
(Das wiederum habe ich mir aus Mathe gemerkt.) 🙂

bolle
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Ich kann Sie verstehen, sofawolf. Wenn jemand Vermutungen anstellt über ein und dieselbe Person hinter einem Zweitprofil, frage ich mich auch immer, ob der Argwöhnende auf diese Idee kommt, weil er das selbst so praktiziert.

mississippi
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Ja, und da bin ich nicht die Einzige. 🙂

mississippi
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Für wessen Zweitprofil halten Sie mich dann? S.o.

mississippi
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

@ bolle: Sehe ich genauso. Ich habe damit nicht hier angefangen.

Emil
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

@bolle
Ich auch! Auch ich habe damit nicht angefangen.
Vielleicht haben Sie da etwas oder „irgendwen“ falsch verstanden….
Von Zweitprofilen redet nämlich hier immer wieder mal nur eine einzige Person…

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

@ bolle und missis.,

das erste Mal habe ich das hier von der missis. gegenüber Axel v.L. (Zweitprofil) und gegenüber mir (Troll) gelesen.

Ansonsten ist vielleicht ein Troll, der Ihnen vormacht, missis., dass ich obiges und sogar schon oft geschrieben hätte, was ich nie geschrieben habe und sich dann diebisch darüber freut, wie Sie sich aufregen und wir hier alle übereinander herfallen (zumindest wenn es so gewesen wäre).

Denken Sie mal drüber nach!

Emil
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

@sofawolf
Oben in diesem Thread schreiben Sie, dass Sie ja wissen, wer Mississippi zweitprofil ist. Das ist für alle nachzulesen.
Manchmal frage ich mich wirklich, was in Ihnen vorgeht.

ysnp
6 Jahre zuvor

Genau getroffen, Olle Schachtel. Das sind nämlich die treffenderen Gründe, die Sie schildern und ich beobachte das genauso. LdS wird nur vorgeschoben. Es war einmal ein Thema vor Jahren, doch bei uns haben so gut wie alle, die das einmal ausprobiert haben, schnell wieder sein lassen. Es gibt deutschlandweit nur noch eine kleine Gruppe, die das befürwortet und das macht den Kohl nicht fett.

Für die Leseförderung wird einiges getan. Leseförderung ist seit einigen Jahren ein großes Thema an den Grundschulen in meinem Bundesland und auch in Grundschulzeitschriften zu verfolgen. Die Lesedidaktik von Nix/Rosebrock gehört zur Standardliteratur. Es gibt bundesweite Vorlesetage und die Aktion „Ich schenk dir ein Buch“, an der sich Grundschulen bundesweit beteiligen, nur um einmal Beispiele zu nennen.

Ich beobachte bei uns im Schulhaus, dass die freiwilligen Lesepaten (selten Mütter, häufig Senioren) von Jahr zu Jahr mehr werden. Einerseits kann man sagen, Glück, dass wir diese „externen Partner“ haben, die der Staat zum Nulltarif bekommt, aber andererseits zeigt das, was sich verändert hat, dass wir solche Paten brauchen. „Früher“ wurden die täglichen 10- 15 minütigen Leseübungen zuhause geleistet. Ist bei vielen nicht mehr drin und möglich.
Wer liest zudem zuhause seinen Kindern noch vor? Ich bin überzeugt, dass der Anteil abgenommen hat, bei dem Sprachverständnis, das immer mehr Kinder im Unterricht zeigen.
Durch Migration und Inklusion hat man mehr Problemfälle in der Klasse, die einer Sonderbehandlung bedürfen. Die Unterstützung andererseits ist aber nicht proportional dazu gewachsen.

Mich wundert, dass bei diesen Bedingungen Deutschland das Niveau der vorhergehenden IGLU Studie überhaupt halten konnte. D.h., dass die Lehrer ihre Anstrengungen optimiert haben.
Nur – jetzt ist Ende der Fahnenstange. Da können Philiologenchefs und Politiker reden und vom eigentlichen Thema ablenken, wie sie wollen. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Nur zu – vergrault noch die letzten engagierten Grundschullehrer mit solchen Behauptungen. Dann sind wir eben in Deutschland nur noch Mittelmaß. (Bei den vielen Seiteneinsteigern wird so oder so bald einiges schlechter werden.)

ysnp
6 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

P.S.: Bezugnehmend auf den Thread: „Reaktionen auf die IGLU-Studie: GEW und VBE fordern mehr Geld für die Grundschulen“ – Antwort auf die Ausführungen der Foristin „Olle Schachtel“ dort.

Conny
6 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Mag sein, dass LdS sowieso auf dem Rückzug ist, aber die negativen Auswirkungen zeigen sich halt erst jetzt in den Vergleichsstudien. Ansonsten kann ich an den Aussagen des Deutschen Lehrerverbands nicht soviel Schlechtes finden. Stimmt doch, dass die Grundschulen mit den ihnen aufgehalsten Problemen angefangen von der Inklusion bis über die Integration der Flüchtlingskinder, immer unerzogeneren Kindern und von außen aufgedrückten neuen Unterrichtsmethoden heillos überfordert sind. Die Schuld der Lehrkräfte ist dies mit Sicherheit am wenigsten, die müssen die ganze Suppe nur auslöffeln!

mississippi
6 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Off topic: @ Emil: Ein bisschen witzig finde ich es ja schon… Beweisen kann man das hier wohl nicht. Wozu auch?
Vielleicht sind wir ja seelenverwandt 🙂

Emil
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

Wer weiß 🙂 !
Aber gut, dass wir beide drüber schmunzeln können!

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

Liebe missis., na das ist doch toll, dass Sie schon wieder lächeln / lachen können. 🙂

Warum dann die große Empörung / Aufregung gestern? Oder war oder ist alles nur Fassade?

Seelenverwandt? Ja, gut möglich. Nur ob Ihnen das zur Ehre gereicht?!?

Bernhard Färber
6 Jahre zuvor

Liebe Redaktion,

wo steht im Text die von Ihnen in die Überschrift gehobene Forderung nach Verbot der Reichen-Methode durch Herrn Meidinger? Ich kann diese Forderung nirgends finden.

Conny
6 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Wenn der DL ein Verbot so wie die Schulministerien in NRW, Baden-Württemberg oder Schleswwig-Holstein fordern wollte, dann hätte er dies wohl getan. Er hat aber nur Konsequenzen angemahnt, das ist eines Erachtens eine wesentlich offenere Formulierung.
Zudem beziehen sich die angemahnten Konsequenzen, wenn man den gesamten Text der Presseerklärung liest, vor allem auf den gestiegenen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. Aber selbst, wenn man die Konsequenzen schwerpunktmaßig auf die Rechtschreibdidaktik bezieht, kann das von einer wissenschaftlichen Überprüfung über eine teilweise Rücknahme bis hin zu einem Totalstopp von heute auf morgen reichen.
Insofern ist die von Ihnen gewählte Überschrift schon stark interpretatorisch um nicht zu sagen manipulativ.

Conny
6 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Ich bleibe dabei, der Text der Verlautbarung gibt ihre Überschrift nicht her. Ich habe nichts gegen Kommentare, wie Sie ja Herr Priboschek auch immer wieder gerne zurecht pointiert schreibt, aber in scheinbaren Infoartikeln mit solchen einseitigen Interpretationen zu arbeiten, ist – entschuldigen Sie – kein seriöser Journalismus. Ein Beipiel dazu: Wenn eine Partei aus der Tatsache, dass ein Gesetz zu nicht beabsichtigten negativen Auswirkungen führt, Konsequnezen fordert, fordert sie noch lange nicht, das Gesetz gänzlich abzuschaffen. Es ist vielleicht auch mit einer Gesetzesnovelle getan. Bei LdS scheinen mir das Problem die Grundschullehrkräfte zu sein, die Herrn Reichen fundamental gefolgt sind.

Conny
6 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Ergänzung: Eine teilweise Rücknahme ist eben gerade kein Verbot, liebe Redaktion!

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

@ Redaktion, Conny, Herr Färber,

ich bin auch der Meinung, wenn kein Verbot gefordert wurde, darf ein Journalist nicht einfach ein Verbot nach eigenem Gutdünken und eigener „Logik“ hineininterpretieren. Das ist Meinungsmache, die spätestens seit dem Ende des 2. Weltkrieges nicht mehr erwünscht ist. Im westlichen Journalismus informiert der Journalist neutral und überlässt es dem Leser, sich eine Meinung zu bilden (zu interpretieren). Das ist eigentlich Grundkonsens im westlichen Journalismus.

An anderer Stellen argumentiere ich dann damit, gelesen zu haben, dass … und man straft mich Lügen. Zurecht. 🙁

jagothello
6 Jahre zuvor

Methode hin, Methode her. Ich gehe davon aus, und weiß das für mein Umfeld auch, dass Grundschulen die best mögliche Arbeit machen. Helmut Kohl hat aber in den 80er Jahren den Startschuss für eine kulturelle Verarmung Deutschlands gegeben, als er Sendelizenzen für das Privatfernsehen durchsetzte. Das war nicht aufzuhalten. Heute stehen Eltern und Schule mit ihren pädagogischen Anliegen weitaus perfideren Störfeuern gegenüber, nämlich einer unfassbar attraktiven, jederzeit verfügbaren Kulturindustrie im Internet. Man abonniere zu Testzwecken einmal Sky on demand, Netflix oder amazon prime, alles für kleines Geld zu haben. Auch das ist nicht aufzuhalten. Demgegenüber: Ein analoges, verstaubtes, sperriges Altmedium, das keinen spontanen Unterhaltungsbedürfnissen nachkommt, das Buch. Wie soll es konkurrieren? Die pädagogische Antwort wäre vielleicht, dass schon bei Kleinkindern Verhaltens- und Rezeptionsmuster angelegt werden durch Vorlesen und Vorbild sein. Positive Leseerfahrung ermöglichen. In meiner Schule haben wir von 5-10 feste Lesestunden im Stundenplan angelegt (mit leider nur durchwachsenem Erfolg), in Q2 spiele ich den Schülern den Faust in einer Hörbuchfassung vor- da erleben sie mal statt fixem Überfliegen so etwas wie gestalteten Sinn und ästhetische Qualität. Vielleicht wird in 30 Jahren das Lesen überhaupt keine Rolle mehr spielen und eine Studie wie IGLU gänzlich überflüssig. Bis dahin kann ich nur sagen: Schule kann unmöglich gesellschaftliche Entwicklungen auf breiter Front aufhalten geschweige denn reparieren. Wir verlangen diesbezüglich soziale Anpassungsleistungen, die im sozialen Umfeld der Kinder kaum noch eine Rolle spielen. Da ist Verbitterung vorprogrammiert, denn beim Messen und Wiegen schreien dann alle wieder heuchlerisch auf und zeigen mit dem Finger auf die (Grund-) schule. Wir können all das nicht ignorieren, aber zusätzliche Grabenkämpfe um „mein Weg ist der Beste, denn du hängst linksradikalen Methoden nach“ sind einfach nur traurig, jedenfalls so lange, wie es nicht um eine ehrliche, erziehungswissenschaftliche Debatte geht. Erstmal geht es gar nicht um Methode. Es geht um einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag.

ysnp
6 Jahre zuvor
Antwortet  jagothello

Guter Kommentar jagothello.

Bernhard Färber
6 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Guter Kommentar, d’accord, – mit Ausnahme des Satzes „Vielleicht wird in 30 Jahren das Lesen überhaupt keine Rolle mehr spielen.“
Wie soll man sich das denn vorstellen? Wissensaufnahme ausschließlich auditiv und audiovisuell? Oder gibt es dann den industriell produzierten Neurotransmitter, der uns eigenständige Informationsaufnahme vollständig erspart?

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Bernhard Färber

handschreiben könnte wegen der spracherkennung
und der tipperei wirklich obsolet werden.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Eine verbundene Handschrift speichert man im Cortex für Bewegungsabläufe ab, und es wird die Schriftsprache somit besser abgespeichert.

jagothello
6 Jahre zuvor
Antwortet  Bernhard Färber

Handschreiben, lesen… wertvolle Kulturleistungen, die allesamt unbedingt erhalten werden müssen!!!Schon um ihrer selbst willen. Mein Schulträger will das Bundespaket „Gute Schule 2020“ für volldigitale Wandtafeln verwenden, die in JEDEN Klassenraum kommen. Man schreibt drauf ohne Kreide und Stift, nur mit den Fingern. Das System digitalisiert das, verschickt es an all die Endgeräte. Doch wer denkt sowas mal pädagogisch zuende? Alles wird nur noch digital von hier nach dort gesendet und zur Verfügung gestellt, nichts mehr selbst entwickelt, notiert und editiert. Grauslich. Wenn sich das durchsetzt, wird bald wirklch nicht mehr geschrieben. Eine Debatte wird natürlich vorab nicht geführt, das Ergebnis (man müsste mit Lehrern reden!) will keiner haben, das Geld muss ausgegeben werden… Ich weiß nicht, was in 30 Jahren so Standard sein wird, befürchte aber: nichts Gutes, denn der kreative, denkende und arbeitende Mensch wird offenbar immer weniger gebraucht.