Protest gegen Hamburger Pläne zum Zentralabitur

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HAMBURG (Mit Leserkommentar). Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) hat mit seinen Plänen für ein Zentralabitur Schüler, Lehrer und Eltern gegen sich aufgebracht. Das berichtet die Tageszeitung „die Welt“ unter Berufung auf einen gemeinsam verfassten Protestbrief der Schüler- Eltern- und Lehrerkammern.

Hat mit masiver Kritik an seinen Plänen zu kämpfen: Bildungssenator Ties Rabe;  Foto: Michael Zapf / Behörde für Schule und Berufsbildung/www.hamburg.de
Hat mit masiver Kritik an seinen Plänen zu kämpfen: Bildungssenator Ties Rabe. (Foto: Michael Zapf / Behörde für Schule und Berufsbildung/www.hamburg.de)

Rabes Pläne sehen das Folgende vor: Innerhalb Hamburgs soll das Zentralabitur von 2014 an auf fast alle Fächer ausgeweitet und der Prüfungstermin für das schriftliche Abitur von Januar/Februar in die Zeit April/Mai verlegt werden, das beschreibt das „Hamburger Abendblatt“. Darüber hinaus setze sich der Senator als Vorsitzender der Kultusministerkonferenz für eine bundesweite Vergleichbarkeit der Abschlüsse ein. In einem ersten Schritt sollen von 2014 an Hamburger Abiturienten bei den schriftlichen Prüfungen in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch gleich schwere Aufgaben bekommen wie die Schüler in Bayern, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Dafür soll ein gemeinsamer Pool von Abi-Aufgaben entwickelt werden, aus dem sich die Länder bedienen können.

Die Kammern lehnten die Pläne inhaltlich ab und fühlten sich außerdem übergangen, schreibt die Zeitung die „Welt“. Zwar sei es richtig, dass die ungleiche Wertigkeit gleicher Abiturnoten ungerecht sein könne und eine Note ohne Vergleichsmöglichkeit oft vor allem die Stärke der Lerngruppe widerspiegelt. An diesem Zustand ändere eine zentrale Abschlussarbeit jedoch (fast) nichts, schreiben die Kammervorsitzenden laut „Welt“. Die abschließende schriftliche Abi-Prüfung mache ja weniger als zehn Prozent der Abiturnote aus.

Befremdet seien die Kammervorsitzenden zudem über das von Rabe gewählte Verfahren. Er habe die Kammern vor der Entscheidung nicht über die Veränderung der Abiturprüfung angehört. So wie es das Schulgesetz vorsieht. Darauf entgegnete die Behörde, es sei ja noch nichts entschieden. Auch inhaltlich könne Rabe die Kritik nicht nachvollziehen, schreibt „die Welt“. Zentrale Abiturprüfungen schafften Klarheit, Gerechtigkeit und mit einheitlichen Leistungsstandards auch Qualität. Dieser Weg sei bundesweit vorgezeichnet, darauf müsse sich Hamburg einstellen und dürfe keinen Sonderweg einschlagen.

Zentrale Abiturprüfungen sind in Hamburg eigentlich nichts Neues. Jahrelang hatte es sie in vielen Fächern gegeben, erst die Vorgänger-Regierung hat sie abgeschafft. Sowohl bei der Einführung wie bei der Abschaffung hatte es Kritik gegeben. „In der Schulpolitik wird offenbar immer temperamentvoll diskutiert“, so zitiert „die Welt“ Rabe. nin

(13.5.2012)

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Gratiano
11 Jahre zuvor

ich kann Herrn Rabe in seinem Vorhabern nur unterstützen. Qualität geht vor Quantität.
Schüler sollen die Unterrichtsfächer sachlich beherrschen, sie kenntnisreich anwenden und weiterführend entwickeln können.

Diese Ziele kann man nur erreichen, wenn der Wissenstand an den Schulen gesichert und, wenn nötig, angehoben wird.
Ein breites Allgemeinwissen ist Voraussetzung für spezielles Wissen . Dazu gehören neben Deutsch die Fremdsprachen mindestens zwei (Englisch /Französisch / Spanisch /Latein).

Mathematik und Naturwissenschaften müssen ebenfalls im Vordergrund stehen, damit die Welt begreif-und erfassbar wird

Fächer wie : Geschichte, Musik, Kunst, Geografie und Wirtschaft müssen ebenfalls integraler Bestandteil des Unterrichts sein; denn sie geben dasd kulturelle selbstverständnis des / der Schüler(in)

Wenn die Schüler /innen all dies erfolgreich absolviert haben, sind sie studierfähig.

Jeder Arbeitgeber freut sich sicherlich über einen Azubi mit solch einem Bildungshintergrund; denn dann muss Ausbilder nicht verzweifelt vor derr Minderleistung der Schüler/innen stehen.
Fazit : Man muss von den Schüler/innen mehr fordern und mit Sanktionen aufwarten können.

Dann kann die deutsche Bildungsrepublik gerettet werden.

Johannes S
11 Jahre zuvor

Ich halte das angekündigte Zentralabitur 2014 für hoch problematisch.

In Hamburg gibt es in der Oberstufe Profile. Diese wurden entwickelt, um ganzheitliches Lernen im kompetenzorientierten
Unterricht zu stärken. Dazu sollten die Profile fächerübergreifend angelegt
werden. Wenn man diese Vorlage umsetzt, muss stark projektorientiert gearbeitet
werden, zum Teil müssen herkömmliche Unterrichtsstrukturen aufgebrochen werden
und externe Kooperationspartner angebunden werden. All dies wurde an vielen Schulen umgesetzt und viel Arbeit in den letzten drei Jahren in die Profile investiert.
Ein Zentralabitur würde all das unmöglich machen, denn selbst nur 50% des
Semesters für zentrale Themen zu verwenden, würde die geschaffenen Strukturen
unmöglich machen. Die Erfahrung zeigt, dass bereits jetzt in den Kernfächern (da gibt es schon länger ein Zentralabitur) fast
ausschließlich die vorgegebenen Themen bearbeitet werden.
Das auch in den Bildungsplänen ausgegebene Ziel der Kompetenzorientierung, vor
allem mit Hinblick auf die Gestaltungskompetenz, wird im Übrigen so ad absurdum
geführt.

Da wäre es dann sinnvoller auch gleich zum System der Leistungskurse und
Grundkurse zurück zu kehren.

Im Sinne der Didaktik und Pädagogik wäre ein Zentralabitur, das
inhaltlich-thematisch ausgerichtet ist, ohnehin ein Rückschritt. Ein Fortschritt
wäre, wenn man zentral zu prüfende Methoden vorgäbe und die Themen offen ließe.
Dies wäre auch förderlich für die Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und
Schüler.

Eine weitere Frage ist, ob das Vorgehen für den Jahrgang 2014 eigentlich rechtlich haltbar ist, immerhin gelten die 10.Klassen am Gymnasium bereits als Oberstufe? Änderungen erfolgen also, während der Eintritt schon geschehen ist.
Die jetzigen Schülerinnen und Schüler haben bereits ihre Profil-Wahlen
abgeschlossen. Viele Jugendliche haben sich die Profilwahlen nicht leicht gemacht. Diese haben sie auf Basis der veröffentlichten Inhalte und Projekte eines Profils gemacht. Es wurde intensiv über geplante Themen und Projekte der einzelnen Profile informiert. Auf dieser Grundlage haben die
Schülerinnen und Schüler die Profile gewählt. Wenn jetzt aber nach der Wahl die
Profile verändert werden müssen für das Abitur 2014, wurde ein ganzer Jahrgang
falsch informiert. Ich empfinde das als unseriös, nach der Wahl das Gewählte zu
verändern.

Und noch ein Kommentar zur angeblich angestrebten größeren Gerechtigkeit und Vergleichbarkeit: Da bei dem Zentralabitur wieder die Zweitkorrekturen innerhalb der gleichen Schule bleiben sollen, verändert sich gar nichts, denn dann kann jede Schule individuell streng oder locker die vorgegebenen Erwartungshorizonte auslegen. Die Bewertung des Abiturs wird so auch nicht vergleichbarer.

Es bleibt das Gefühl, dass es hier vorrangig um politische Profilierung geht und nicht um die Hamburger Schülerinnen und Schüler. Das Konzept der Profiloberstufe steht auf jedenfall im krassen Widerspruch zu einem Zentralabitur.