Syrische Studenten: Die Angst bleibt auch in der Ferne

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BREMEN. Die Nachrichten aus ihrem Heimatland sind verstörend. Viele syrische Studenten in Deutschland leben in permanenter Angst um ihre Familien. Und auch um ihre eigene Existenz müssen sie bangen: Geld von zu Hause kommt nicht mehr an, Staatsstipendien werden gekürzt.

Junge Christinnen unterstützen die Freiheitsbewegung in Syrien. Foto: FreedomHouse2, Tiny.cc/syriafreedom / Flickr (CC BY 2.0)
Junge Christinnen unterstützen die Freiheitsbewegung in Syrien. Foto: FreedomHouse2, Tiny.cc/syriafreedom / Flickr (CC BY 2.0)

Etwa 4000 Kilometer trennen Mansour Ismaiel von dem blutigen Konflikt in seiner syrischen Heimat. Doch die Folgen bekommt er täglich zu spüren. Weil der Student von Bremen aus die Protestbewegung unterstützt, hat ihm die Regierung in Damaskus das Stipendium gestrichen. «In den letzten Monaten habe ich von meinen Ersparnissen gelebt», erzählt der 28-Jährige. Wie es weitergeht, ist ungewiss. Auf Hilfe vom deutschen Staat kann er jedenfalls nicht hoffen.

Auch andere syrische Studenten plagen seit Beginn des Aufstands vor mehr als einem Jahr Geldsorgen – weil Stipendien wegfallen, Überweisungen von zu Hause nicht ankommen oder Verwandte nicht mehr arbeiten gehen können. Dazu kommt permanente Angst um die Familie und die eigene Sicherheit. Denn selbst fern der Heimat fühlen sich die jungen Leute vom Regime bedroht.

Rund 2100 Syrer studieren nach Angaben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) hierzulande. Wie viele davon unter finanziellen Problemen leiden, ist nicht bekannt. «Die Lage ist unübersichtlich», sagt der Gruppenleiter für den Nahen Osten, Christian Hülshörster. Denn ob Studenten tatsächlich kein Geld mehr von zu Hause erhalten, sei schwer nachzuprüfen. Und die wenigsten vertrauen sich den zuständigen Stellen an den Hochschulen an.

„Syrien – Land der Angst“

«Das Misstrauen ist enorm hoch», erläutert die Leiterin des Internationalen Büros an der Uni Bremen, Annette Lang. «Viele wagen es nicht, sich an offizielle Stellen zu wenden.» Nur die wenigsten wollen sich so offen äußern wie Mansour Ismaiel. «Syrien wird auch als Land der Angst bezeichnet», begründet er das Schweigen seiner Kommilitonen. In letzter Zeit gilt das mehr denn je.

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Im Internet verfolgt der Germanistik-Student genau, was in seiner Heimat passiert. Über Facebook tauscht er sich mit Oppositionellen aus, veröffentlicht für sie Videos und Fotos aus den umbekämpften Gebieten. Er stammt aus Al-Hula, wo Ende Mai mehr als 100 Menschen bei einem Massaker ums Leben kamen. Als die Bilder bei ihm eintrafen, war er geschockt. Doch seine Verwandten blieben verschont. «Ich habe Kontakt mit meiner Familie, den meisten geht es gut.»

Doch wie lange noch? Diese Fragen müssen sich die syrischen Studenten ständig stellen. «Viele haben Probleme in der Uni», sagt Mohsen Abbasi. Der Bremer Student engagiert sich in der Union der syrischen Studenten und Akademiker und hat deshalb einen guten Überblick über die Situation seiner Landsleute. Viele müssten jetzt allein für ihren Lebensunterhalt sorgen und vernachlässigten dadurch ihr Studium. Auch die psychische Belastung wirke sich auf die Noten aus.

Der Bundesverband ausländischer Studierender hat bereits vor Monaten Alarm geschlagen. Da die syrischen Studenten keinen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, könnten die Betroffenen ihr Studium nicht mehr finanzieren. Damit sei auch die Aufenthaltsgenehmigung in Gefahr. Die Bundesländer schieben derzeit zwar keine Syrer ab. Mehrere Hochschulen, darunter die in Bremen, haben den DAAD trotzdem um ein Notfallprogramm gebeten. Die Uni Köln hat sogar ein Spendenkonto eingerichtet.

Vom DAAD können die Betroffenen allerdings keine große Hilfe erwarten. «Es ist nicht die Aufgabe des DAAD einen Rettungsschirm zu spannen, so bedauerlich die Lage einiger Studenten auch sein mag», sagt Hülshörster. Der DAAD dürfe nach seiner Satzung Stipendien nur nach Leistung und nicht nach sozialen Gesichtspunkten vergeben. Für Notfälle gebe es an den Universitäten einen Topf für Beihilfen. Mehr sei im DAAD-Haushalt nicht drin.

«Damit können wir aber keinen Komplettausfall eines Stipendiums auffangen», betont Lang. Mansour Ismaiel hätte gerade mal 60 Euro erhalten, erzählt er. Hilfe bekommt er jetzt von unerwarteter Seite. Ein emeritierter Professor und dessen Freunde wollen ihn unterstützen, bis er ein Stipendium für seine Doktorarbeit an der Uni Flensburg gefunden hat. IRENA GÜTTEL, dpa

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Karl
11 Jahre zuvor

Das Leid der Menschen in Syrien ist unvorstellbar, täglich werden Frauen und Kinder ermordet
oder schrecklich verstümmelt. Trotzdem wird viel zu wenig in den Medien darüber berichtet.
Es sterben unschuldige Kinder jeden Tag, es könnten auch meine oder Ihre sein !
Nur wenn intensiv über den Mord an der Zivilbevölkerung berichtet wird, werden
Entscheidungsträger in der Politik im In und Ausland reagieren und den Druck weiter auf
das Assad Regime erhöhen, Sanktionen verhängen oder Militärisch eingreifen. Darüber hinaus
würde die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung und der Wille zu helfen mobilisiert.
Auf youtube.com gibt es viele schreckliche Videos zum Syrien Konflikt, die Syrier nutzen die Plattform als „Schrei nach Hilfe“. Suchen Sie mal nach Videos homs,assad,child wounded by assad,child killed by assad usw……Was dort Menschen und vor allem Kindern angetan wird ist
unvorstellbar grausam !!!

Verschließen Sie nicht die Augen, schauen Sie nicht weg, Berichten Sie
über das Massaker an Zivilisten und rufen Sie zur Hilfe auf. Informieren Sie Ihre Freunde, Bekannte und Kontakte in Politik und Medien über die Gräueltaten in Syrien. Es ist Zeit zu handeln.
Jeder kann helfen, indem er über das Leid der Menschen in Syrien berichtet oder Artikel im Internet veröffentlicht. Auch in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter sollte mehr Menschen aktiviert werden etwas zu tun und wenn es „nur“ Spenden an Hilfsorganisationen sind.
Das Internationale Rote Kreuz (http://www.drk.de/ueber-uns/partner/rotes-kreuz-international.html) ist bereits in Syrien aktiv. Darüber hinaus können Sie savethechildren.org (http://www.savethechildren.de/aktuelles/meldungen/aktuelle-meldungen/datum/2012/06/01/syrien-stop-the-killing/) unterstützen die Organisation hilft ebenfalls Syrischen Flüchtlingen. Dort gibt es auch eine Petition die man per Unterschrift unterstützen kann.
Wenn Sie auch tun, mit Ihren Einsatz helfen Sie Menschen. Syrien kann nicht mehr warten es ist Zeit zu handeln.