Auslandslehrer: „Das Wort ‚Problem‘ ist tabu“

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MOUNTAIN VIEW/KALIFORNIEN. Rund 2000 deutsche Lehrer befinden sich ständig im Ausland. Einer davon ist Rolf Linse. Für den zweiten Teil unserer Serie berichtet er von seinem Leben in den USA und der Arbeit an der German International School of Silicon Valley aus Mountain View/Kalifornien, USA:

“Die amerikanische Art zu kommunizieren ist tatsächlich total anders als die deutsche. Vieles darf nicht so direkt gesagt werden, die Wörter „No‘ und ‚Problem‘ sind beispielsweise tabu. Wer diese Begriffe benutzt, signalisiert, ‘es ist alles aus‘ und stößt die Leute damit vor den Kopf. Mein erster Eindruck hier vor drei Jahren war, dass ich mich in einem Kinofilm befinde. Ich fahre jeden Tag an den Internetunternehmen Yahoo, Intel oder Facebook vorbei. Und ja, es ist wahr, Hier trifft man tatsächlich 18-Jährige, die schon eine Firma mit zehn Angestellten haben.

Rolf Linse kennt 18-Jährige, die schon Internetunternehmen führen. (Foto: Privat)
Rolf Linse kennt 18-Jährige, die schon Internetunternehmen führen. (Foto: Privat)

Die Lehrer und Schüler meiner Schule bilden eine richtige Gemeinschaft. Wir unterrichten Kinder ab dem dritten bis zum 18. Lebensjahr. Wir und die Eltern tauschen uns ständig aus. Zusätzlich unterschreiben die Eltern einen Vertrag, dass sie sich ehrenamtlich für die Schule engagieren, neben dem Schulgeld von 1800 Dollar pro Monat versteht sich. Der Unterricht ist stark binnendifferenziert, alle Schüler werden zusammen unterrichtet, und man bekommt als Lehrer viel mehr positive Rückmeldungen als in meiner Schule in Deutschland. Eine große Herausforderung und bisweilen anstrengend ist, dass die Schüler sehr unterschiedliche Bildungsbiographien haben und häufig wechseln. Das liegt einfach an dem internationalen Umfeld. Ich selber habe gerade meinen Vertrag um drei Jahre verlängert. Beworben hatte ich mich gleichzeitig bei der Zentralstelle in Bonn und direkt bei der Schule.

Besuchern empfehle ich San Francisco im Frühling oder im Herbst. Im Sommer hängt diese schöne Stadt oft im Nebel. Ich lebe sehr gern im Silicon Valley, aber für Touristen ist das wohl nur interessant, wenn sie sich vor der Google-Zentrale fotografieren lassen wollen.“

Bewerbung und Finanzierung

Beste Reisezeit Kalifornien: Frühling und Herbst

Mietbeispiel: Haus mit vier Schlafzimmern kostet etwa 4000 Dollar/Monat.

Lebenshaltungskosten: Etwas höher als in Deutschland.

Da Lehrer nur maximal sechs Jahre im Ausland bleiben dürfen, ist der Bedarf eigentlich nie gedeckt, berichtet die Zentralstelle für das Auslandschulwesen. Besonders gute Chancen haben Deutschlehrer aus der Sekundarstufe II. Es gibt zwei Möglichkeiten für Lehrer, sich bei Schulen im Ausland zu bewerben: Entweder über den üblichen Bewerbungsweg bei der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) als ‚entsandte Lehrkraft‘ oder direkt bei den Schulen (zum Beispiel als ‚Ortslehrkraft‘). Die Auslandsbezüge setzen sich in der Regel aus zwei Teilen zusammen: Dem steuerpflichtigen Grundgehalt entsprechend der Besoldungsgruppen und Dienstalterstufen sowie gegebenenfalls einem Mietzuschuss und Auslandszulagen wie Kaufkraftausgleich, Zuschüsse für Ehepartner und Kinder. Die Auslandszuwendungen reichen aus, um einen angemessenen Lebensunterhalt, selbst in der zweitteuersten Stadt der Welt Tokio, zu bestreiten. nin

(27.7.2012)

Zum 1. Bericht von Peter J. Alexander, der in Japan lebt:  „In Japan ist die 80-Stunden-Woche die Regel“

Zum 3. Bericht von Sybill Ravens, die in Kopenhagen unterrichtet: „Der Kontakt mit den Schülern ist unbefangener“

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