Islamischer Religionsunterricht in Hessen rückt in greifbare Nähe

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WIESBADEN. Die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts in Hessen ist ein Stückchen näher gerückt. Doch noch hat die Politik nicht entschieden, ob er tatsächlich kommt. Bis dahin sind noch einige Fragen zu klären. 

Die schwarz-gelbe Landesregierung sucht seit Jahren nach muslimischen Partnerorganisationen.  Zuletzt hatte ein Gutachten ergeben, dass zwei muslimische Verbände im Prinzip islamischen Religionsunterricht an hessischen Schulen erteilen können und die verfassungsrechtlichen Grundlagen erfüllen. Die Gutachten des Trierer Staatskirchenrechtlers Gerhard Robbers werden jetzt im Kultusministerium geprüft. Wie lange das dauert, ist unklar.

Im Mittelpunkt des islamischen Religionsunterrichts: der Koran. Foto: rutty / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Im Mittelpunkt des islamischen Religionsunterrichts: der Koran. Foto: rutty / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Fällt die Prüfung positiv aus, könnte zum Schuljahr 2013/2014 an 25 Grundschulen im Land in der ersten Klasse islamischer Religionsunterricht in deutscher Sprache erteilt werden. Bereits im Januar 2011 hatten die türkische Ditib Hessen und die Ahmadiyya-Gemeinde einen entsprechenden Antrag gestellt. Beide kämen als Kooperationspartner infrage, urteilte Robbers.

So sehen es auch die zuständigen Minister Nicola Beer (Kultus) und Jörg-Uwe Hahn (Integration). Die beiden FDP-Politiker erklärten vor rund einem Monat, man sei zwar mit den Gutachten einen Schritt weiter, «aber noch nicht am Punkt der Genehmigung».

Kritik an der DITIB von CDU-Vize

Das sehen nicht alle Mitglieder der Regierungskoalitionen so. CDU-Vizefraktionsvorsitzenden Hans-Jürgen Irmer hatte am Wochenende in der Zeitung «Wetzlar Kurier» die Eignung der türkischen Moscheenvereinigung Ditib bezweifelt, Partner für Schulunterricht zu sein. Sie sei vom türkischen Staat abhängig. Bei der hessischen FDP wächst der Unmut über die Dauerkritik des Koalitionspartners. «Ich wundere mich darüber, dass es den einen oder anderen im hessischen Landtag gibt, der qualifizierte Gutachten anzweifelt.»sagte der FDP-Vorsitzende und Justizminister Jörg-Uwe Hahn. «Ich sehe eine sehr, sehr hohe Wahlscheinlichkeit, dass zum Schuljahr 2013/2014 der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht eingeführt wird.“

Sein Fraktionskollege Hans-Christian Mick sagte: «Irmer sollte sich bewusst machen, dass er damit immer auch der Koalition und seinem eigenen Landesvorsitzenden Volker Bouffier in den Rücken fällt.» An islam-kritische Äußerungen des CDU-Mannes habe man sich zwar schon fast gewöhnt, «aber so langsam nervt es schon.» Man habe bei der Auswahl möglicher Partner große Umsicht gezeigt, sagte Mick. Die Ditib in Hessen wisse um Vorbehalte gegen sie und bemühe sich, diese durch Umorganisation zu entkräften.

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SPD und Grüne forderten den CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier auf, sich von Irmer zu distanzieren. «Mit der Äußerung „Täuschung gehört zum Islam“ bedient Herr Irmer einmal mehr übelste Ressentiments. Er schadet damit dem friedlichen Zusammenleben der Kulturen und Religionen», sagte SPD-Generalsekretär Michael Roth. Irmer zog nach hr-Angaben die Glaubwürdigkeit der Ditib in Zweifel: Der Islam setze seine Ziele auch mit Hilfe der «Takia» durch, der bewussten Täuschung Andersdenkender, schrieb er in dem Artikel.

«Wer so unverfroren und dazu mitten im Ramadan gegen Muslime aufstachelt und dem Islam bewusste Täuschung unterstellt, ist politisch nicht weiter tragbar», erklärte der Landesausländerbeirat. Irmer solle seinen Posten als schulpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion abgeben.

Fuat Kurt, Vorsitzender des Ditib-Landesverbands Hessen, sagte, er sei ziemlich zuversichtlich, dass seine Organisation alleine Partner für das Land wird. Zur Ahmadiyya-Gemeinde sagte er: «Wir müssen nicht kooperieren, können aber.» Ditib wolle die Verantwortung aber eigentlich nicht teilen.

Abdullah Uwe Wagishauser, Vorsitzender der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland, sagte: «Im Grunde gehen wir davon aus, dass beide den Zuschlag bekommen.» Das Grundmodul für die ersten vier Schulklassen sei gemeinsam zu machen. Es komme darauf an, einen einheitlichen Islamunterricht anzubieten. Ahmadiyya gehe es vor allem um die 80 Prozent Muslime, die nicht in Verbänden organisiert seien. «Damit sie Grundvorstellungen von ihrer eigenen Religion bekommen.»

Staatskirchenrechtler Robbers hatte in seinen Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein bekenntnisorientierter Religionsunterricht kein Privileg der großen Kirchen sei.

Zur Frage, ob sich genug Lehrer finden, sagte Wagishauser: «Das ist nicht das Problem.» Das sieht Ditib genauso. Und Ministerin Beer hatte schon vor einem Monat erklärt, dass sich ausreichend Lehrer muslimischen Glaubens für den islamischen Religionsunterricht beworben hätten. Diese sollen nach den Sommerferien weitergebildet werden. Sowohl Ditib als auch Ahmadiyya hoffen, dass es dann wirklich zum Schuljahr 2013/2014 losgeht. dpa

(6.8.2012)

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Tahira
11 Jahre zuvor

Es ist schön zu lesen, das der Islamische Religionsunterricht bald beginnt. Hierdurch wird den Muslimen vor allem die Möglichkeit geboten, Vorurteile über den Islam abzubauen. Die Schülerinnen können sehr genau über den Islam und deren Grundlagen aufgeklärt werden und somit das „richtige Bild“ des Islams, aus einer anderen Quellen als von den Medien, kennen lernen.
Des Weiteren ist es schön zu sehen das die Ahmadiyya Muslim Jamaat auch bemüht ist, an dem Islamunterricht teil zu haben.