Lehrer sollen endlich leichter das Bundesland wechseln können

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BERLIN. Man glaubt es kaum: Der Wechsel eines deutschen Lehrers von Bundesland zu Bundesland kann schwieriger sein als der Wechsel eines ausländischen Lehrers nach Deutschland. Denn für Letzteres gibt es EU-weite Richtlinien – mit der gegenseitigen Anerkennung von Lehrerexamen tun sich die Bundesländer dagegen schwer. Das soll jetzt besser werden.

Deutschland, einig Vaterland? Bei der Bildung jedenfalls nicht. Foto: fdecomite / Flickr (CC BY 2.0)
Deutschland, einig Vaterland? Bei der Bildung jedenfalls nicht. Foto: fdecomite / Flickr (CC BY 2.0)

Ein junger Mann erwirbt an der Humboldt-Universität in Berlin erfolgreich den «Master of Education» – in den begehrten Mangelschulfächern Mathematik und Physik. Als er eine junge Frau aus München kennenlernt und in Bayern den Vorbereitungsdienst antreten will, heißt es dort, sein Masterabschluss sei mit dem dort noch üblichen 1. Staatsexamen nicht gleichzusetzen. Er möge doch bitte in Bayern erneut zur Prüfung antreten.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat eine Fülle solcher Klagen gesammelt und ihren Länderkollegen präsentiert: Etwa wie es jungen Leuten schwer gemacht wird, während des Lehramtsstudiums das Bundesland oder gar nur die Hochschule zu wechseln, wie 16 unterschiedliche Landesregelungen Hürden schaffen, das Referendariat in einem anderen Bundesland zu absolvieren oder welche Probleme ein «fertiger» Junglehrer hat, von Bayern nach Bremen zu wechseln. Klaus Kinkel, Ex-Bundesaußenminister und Vorsitzender der Deutsche Telekom Stiftung, die sich in der Lehrerbildung engagiert, spricht von «einer Schande für den deutschen Bildungsföderalismus».

Dank neuer Studienstruktur noch komplizierter

Mit der gegenseitigen Anerkennung der Lehrerexamen haben sich die Bundesländer immer schon recht schwergetan. Drei Jahre stritten die Kultusminister nach der deutschen Einheit darüber, wie mit den in der DDR erworbenen Lehrerexamen im Westen umzugehen sei. Mit der fast in allen Bundesländern vollzogenen Umstellung der Lehrerausbildung hin zur neuen Bachelor- und Masterstudienstruktur ist alles noch viel komplizierter geworben.

In Bayern ist nach wie vor das 1. Staatsexamen der Regelfall. In Baden-Württemberg werden Grund- und Hauptschullehrer immer noch an eigenständigen Pädagogischen Hochschulen (PH) ausgebildet, die in Hamburg bereits nach der Reichsschulkonferenz von 1920 abgeschafft wurden. In den anderen Bundesländer wurden die PHs spätestens in den 70er Jahren in die Universitäten integriert.

Die Kultusminister beteuern, sie hätten das Problem längst erkannt – und wollten nun für Abhilfe sorgen. Im März soll eine Richtlinie beschlossen werden, die «uneingeschränkte Mobilität» der Lehrer garantieren soll, sagt die Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz, Doris Ahnen. Grundsätzlich, so Ahnen, funktioniere auch heute schon die Mobilität. In jedem Bundesland arbeiteten tausende Lehrer, die dort nicht ausgebildet worden seien.

„Ärgerliche Einzelfälle“

Hamburg stelle jedes Jahr zig Junglehrer aus Niedersachsen ein, pflichtet ihr die niedersächsische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) bei. Zudem gibt es eine bundesweite Stellentauschbörse. Gleichwohl räumt Ahnen bundesweit «ärgerliche Einzelfälle» ein, denen es jetzt mit der neuen Richtlinie an den Kragen gehen soll.

Schavan geht das alles nicht schnell genug. Sie will die Länder zu einem Staatsvertrag drängen, der die gegenseitige Anerkennung der Examen festschreibt. Ohne Mobilitäts-Garantie will sie das bereits den Ländern zugesagte Bundesgeld für eine «Qualitätsoffensive» in der Lehrerbildung nicht freigeben. Der Bund hat den Ländern in Aussicht gestellt, bis 2023 mit jeweils 50 Millionen Euro pro Jahr Projekte an den Hochschulen zur Verbesserung der Lehrerausbildung zu finanzieren.

In der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) war die Stimmung am Freitag äußerst gereizt. Ein Staatsvertrag, der ohnehin von 16 Landesparlamenten abgesegnet werden muss, komme dafür nicht infrage, hieß es unisono auf der Länderbank. Zudem warten die Länder noch auf die Zusage vom Bund, den Hochschulpakt für die Schaffung zusätzlicher Studienplätze erneut aufzustocken. Dabei geht es nicht um Millionen sondern um Milliarden.

Und im Hintergrund schweben auch Schavans Pläne zur Lockerung des Kooperationsverbotes von Bund und Ländern bei der langfristigen Finanzierung von Wissenschaftsprojekten. Den SPD-geführten Ländern gehen ihre Vorstellungen nicht weit genug, sie wollen auch die Schulen einbeziehen. Einige Unionsländer wollen ihren Gesetzentwurf aus anderen Gründen im Bundesrat blockieren. KARL-HEINZ REITH, dpa (16.11.2012)

Hier geht es zur Versetzungsbörse des VBE für Lehrer.

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