Angestellte Lehrer in Berlin: Warnstreik an drei Viertel der Schulen

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BERLIN. Rund 3.000 Berliner Lehrer haben nach Angaben ihrer Gewerkschaft trotz Abiturprüfungen gestreikt. Damit seien etwa 600 der 800 Berliner Schulen von dem Ausstand betroffen, hieß es.

Streikende Lehrer an einer Berliner Schulezum Auftakt der Warnstreiks im Februar. Foto: GEW Berlin
Streikende Lehrer an einer Berliner Schule zum Auftakt der ersten Warnstreik-Welle im Februar. Foto: GEW Berlin

Die Streikbeteiligung war mehr als doppelt so hoch wie erwartet. Trotzdem mussten nach ersten Erkenntnissen der Senatsbildungsverwaltung keine Prüfungen ausfallen. Die Schüler seien in guten Händen gewesen, erklärte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD).

Neben Abiturklausuren im Leistungskurs Biologie wurden jüngere Schüler für den mittleren Schulabschluss in der ersten Fremdsprache geprüft. Bis zuletzt hatte der rot-schwarze Senat noch versucht, den Warnstreik der angestellten Lehrer am Prüfungstag gerichtlich untersagen zu lassen. Dem war das Arbeitsgericht am Vortag aber nicht gefolgt. Es sei nicht damit zu rechnen, dass der Ausstand die Prüfungen beeinträchtige, da vertretungsweise verbeamtete Lehrer eingesetzt werden könnten, urteilte das Gericht.

Die Entscheidung habe noch einmal hunderte Kollegen zusätzlich mobilisiert, erklärte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doreen Siebernik. Die GEW will die Landesregierung mit dem Warnstreik zu Tarifverhandlungen bewegen. Bisher gibt es in Berlin keine tarifliche Vergütungsordnung für angestellte Lehrer. Die GEW will zudem gleiche Einkommen für angestellte und verbeamtete Pädagogen erreichen. Auch Regelungen zur altersgerechten Arbeitszeit sollen festgeschrieben werden. In der Hauptstadt gibt es derzeit etwa 28 000 Lehrer, rund 8000 davon sind angestellt.

Die protestierenden Lehrer zogen mit Trillerpfeifen und Fahrrad-Korso von der Senatsinnen- zur -schulverwaltung. «Starke Schüler brauchen starke Lehrer!» forderten sie auf Plakaten und drohten, Berlin zu verlassen.

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„Das Problem ist für Lehrer allein nicht lösbar“

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hatte kurz vor dem Streik mit einem Maßnahmenbündel versucht, die Gemüter zu beruhigen. «Wir zahlen unseren Lehrern in Berlin schon die höchste Eingangsstufe, die man haben kann», sagte er nun. Es sei Teil des Systems, dass es für ähnliche Tätigkeiten Angestellte und Beamte gebe. Dieses Problem könne man bei den Lehrern allein nicht lösen.

Bislang hatte Nußbaum Verhandlungen immer mit dem Argument verweigert, die Forderungen müssten in der Tarifgemeinschaft der Länder geklärt werden. Nach Darstellung der Gewerkschaft erklärte das Arbeitsgericht das Land aber nun zum Verhandlungspartner für die GEW. «Er kann sich nicht länger hinter der Tarifgemeinschaft deutscher Länder verstecken», erklärte Siebernik. Wenn der Senat keine Verhandlungen aufnehme, werde die Gewerkschaft den Druck weiter verstärken. dpa

(23.4.2013)

Zum Bericht: Berliner Senat provoziert Lehrer mit neuen Ideen

 

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missmarpel93
10 Jahre zuvor

Vielleicht gelingt es ja die Front der Länderminister aufzubrechen und eine LEGO in einem Bundesland zu erreichen.

Derzeit werden angestellte Lehrer in hohem Maße ungleich behandelt. Im sonstigen ÖD arbeiten tariflich Angestellte 39,5 Std./Woche und Beamte 41 Std./Woche – also anderthalb Stunden mehr.

Übertragen auf angestellte lehrer müssten diese somit ein Ermäßigungsstunde im Vergleich zu den beamteten Lehrkräften auf ihr Wochenstundendeputat angerechnet bekommen.

Im schlimmsten Fall kommen auf den Monat gerechnet zu diesen 4 zusätzlichen Unterrichtsstunden noch bis zu drei unbezahlte Vertretungsstunden. Auf ein Schuljahr gerechnet pressen die Länder den angestellten Lehrern so rund 50 Wochenstunden unentgeltlichen Unterricht im Vergleich zu den beamteten Lehrkräften ab – und das dann auch noch bei geringerem Nettoverdienst.

Ich möchte nicht wissen, wie groß der Aufschrei im sonstigen ÖD der Länder wäre, wenn die dortigen Angestellten ebenfalls 41 Wochenstunden arbeiten müssten.

Die GEW soll möglichst schnell die Verhandlungs-/Tarifgemeinschaft mit den anderen DGB-Gewerkschaften beenden, um die lehrerspezifischen Aspekte des Tarifvertrages für Lehrer durchsetzen zu können. Der Anteil der Tarifbeschäftigten Lehrer in NRW an der Gesamtlehrerschaft ist zwar geringer als im Osten, aber hier macht es die Masse. So wenige Tarifbeschäftigte sind wir in NRW nämlich gar nicht.