DL-Präsident Josef Kraus: „Jugendliche haben ein Luxusproblem“

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BERLIN. Mit deutlichen Worten hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands Josef Kraus die Jugendlichen in Deutschland kritisiert. Mit Hinweis auf die UNICEF-Studie, news4teachers berichtete, sagte Kraus: „Wir haben in Deutschland unter nennenswerten Teilen der Kinder und Jugendlichen ein Luxusproblem. Je besser die Lebensumstände sind, desto mehr wird auf hohem Niveau gejammert.“

Indoktrination und Verwöhnung sind schlecht für Jugendliche: Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Foto: Deutscher Lehrerverband
Indoktrination und Verwöhnung sind schlecht für deutsche Jugendliche: Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. (Foto: Deutscher Lehrerverband)

Schuld daran seien Teile der Elternschaft, die ihre Kinder in immer größerem Maße verwöhnen, verschonen und überbehüten. Schuld daran sei aber auch eine schulpolitische und schulpädagogische Debatte, die den Kindern Stressgefühle geradezu indoktriniert. Schulstress in Deutschland sei aber zu erheblichen Teilen ein gefühlter Stress. Die Schülerschaft vieler anderer Länder Europas und der Welt werde in weitaus größerem Maße in Anspruch genommen. Mitverantwortlich für die Unzufriedenheit junger Menschen mit ihrer Lage seien aber auch Organisationen, die Eltern und Schülern einredeten, sie hätten nur mit Abitur und Studium Zukunftsperspektiven. Der Mensch beginne aber nicht mit dem Abitur.

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„Außerdem zeichnet sich Deutschland durch eine der weltweit niedrigsten Quoten an arbeitslosen Jugendlichen aus. Das sollte eigentlich Grund zu mehr Zufriedenheit sein. Was müssten sonst Jugendliche aus Süd- oder aus Osteuropa zu ihrer Lage sagen.“

Der Deutsche Lehrerverband äußerte zudem Zweifel an der Stimmigkeit der UNICEF-Ergebnisse mit den Ergebnissen der regelmäßig durchgeführten HBSC-Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO (HBSC – Health Behavior in School-Aged Children). Nach dieser Studie geben 84 Prozent der deutschen Jugendlichen eine hohe Lebenszufriedenheit an.

(14.4.2013)

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mehrnachdenken
10 Jahre zuvor

Jawohl, so ist es!!!! Gott sei Dank lässt sich dieser Mann noch nicht den Mund verbieten!!

Martin Schuster
10 Jahre zuvor
Antwortet  mehrnachdenken

@mehrnachdenken
Ich sage genauso wie Sie „Gott sei Dank für diesen Josef Kraus und seine immer wieder gesunde Meinung .“

Schüler der 10.Klasse
10 Monate zuvor
Antwortet  Martin Schuster

geht’s euch gut? Wenn 20% der Schüler und Schülerinnen in der 10.Klasse ein Selbst verletzendes verhalten haben, die Burn-out Diagnosen steigen, 26% Schlafprobleme haben, jeder zweite unter Stress leidet, ungefähr jeder vierte sich bis zum Rausch betrunken hat und fast jeder dritte gekifft hat kann man nicht sagen, das es sich um Luxusprobleme handelt und auf hohem Niveau gejammert wird!
Liebe Grüße

Ursula Prasuhn
10 Jahre zuvor

Genauso wie der Deutsche Lehrerverband misstraue ich den Untersuchungsergebnissen von UNO, UNICEF oder OECD, die immer häufiger massiv Einfluss nehmen auf die inneren Angelegenheiten demokratischer Länder.
Ideologie und Lobbyismus diktieren auch hier Studienergebnisse. Besonders beklemmend dabei ist, dass die meisten Menschen diesen übergeordneten Institutionen blind vertrauen und politische Korrektheit als Mittel sanfter Despotie hier noch weniger durchschauen als bei den gutmenschlichen Kräften im eigenen Lande.

Claudia Rehme
10 Jahre zuvor

Sehr geehrter Herr Kraus, sehr geehrter Lehrerverband

in vielem stimme ich mit Ihnen überein “Spiegel Artikel Nr. 24 vom 12.8.13”.
Kinder werden einfach nicht mehr selbständig und sind als junge Erwachsene noch wie Kinder.
Sie lernen nicht mehr, dass man für sich Verantwortung übernehmen muss, aber woher auch.

Trotzdem gibt es auch ganz andere Erfahrungen.
Ich habe 3 Kinder und so unterschiedlich die Kinder waren, so unterschiedliche Erfahrungen durfte ich auch mit dem jeweiligen Lehrpersonal machen.

Meine älteste Tochter, heute Finzanzwirtin, wurde von den Lehrern gerade zu überhäuft mit guten Noten, wobei leider die entsprechende Leistung fehlte. Dies zog sich von der Grundschule bis zum Abitur durch.
Beispiel: 1. Diktat – 2 Fehler, gut.
Ich war natürlich stolz auf meine Tochter, war die Note doch gut. Als ich das Diktat las, stutzte ich zuerst: “Na seit wann schreibt man denn das Wort so?” – ich fand noch weitere 10 Fehler – wäre es bei einem geblieben, hätte ich wahrscheinlich nichts gesagt, aber dass war ja die Höhe. Ich war wirklich empört.
Also habe ich mich bei der Lehrerin beschwert, weil sie die Fehler nicht angestrichen hatte und meine Tochter zu gut benotet hatte. Die Reaktion der Lehrerin war: “Meine Tochter sei so ein liebes, höfliches und stilles Mädchen und wie könnte ich sie so in die Pfanne hauen!” Meine Antwort war, dass das wirklich stimmt. Sie ist lieb, höflich und eher still, aber ich dachte, dass Sie (die Lehrerin) ihr doch schreiben und lesen beibringen soll und sie (meine Tochter) es so nie lernt.
Mein kleines Mädchen, die so lieb, höflich und still war, war so durchtrieben und manipulativ, dass sie jeden um den Finger wickeln konnte und Mitschüler ihre “Missetaten” ausführen ließ. Nur zu Hause klappte das nicht. Ich musste immer dagegen stemmen. Letztendlich musste sie zu Hause mir zeigen, dass sie den Stoff beherrschte, weil in der Schule bekam sie “Einser” bis zum Schluss, weil sie so lieb war. Einige “Einser” waren zuletzt auch verdient, weil sie es konnte, aber nur wegen meiner Intervention. Diese Tochter hätte ein “Einser-Abitur” auch als Analphabetin bekommen, wenn sie gewesen wäre, was ich verhindert habe.
Was ich aber auch mit meiner Ältesten erlebt habe, war, dass ein Mathematiklehrer noch das Vorurteil vertrat, dass Mädchen grundsätzlich nicht rechnen können. Ihn habe ich dazu gebracht, doch bei meiner Tochter eine Ausnahme zu machen, weil sehr früh klar war, dass dort ihre Stärken liegen.
Später Englisch – 33 Fehler – befriedigend – Was ist das? Ich komme aus der Generation 0 Fehler sehr gut, 1 Fehler gut etc. Ich habe vielleicht einen Aufstand gemacht. Ohne in ein Buch zu sehen, hätte ich Probleme überhaupt 33 Fehler hin zu bekommen in Englisch. Warum soll ein Schüler lernen, wenn er mit so einer ungenügenden Leistung noch eine “3” bekommt? Die Schulreaktion war, dass alles seine Richtigkeit hätte. Meine Reaktion zu Hause war, wenn ich noch eine Arbeit mit 10 oder mehr Fehlern sehe, dann hackt es aber. Sie ist selbst dafür verantwortlich, dass sie ausreichend lernt, damit sie die Arbeit möglichst gut schreiben kann. Zeit war ja en masse vorhanden. Komischerweise bekam sie danach mit 6 bis 9 Fehlern allerdings auch nur eine “3”, aber damit konnte ich leben. Das war nur im 5. Schuljahr.
Die meisten Lehrer gaben ihr ja eine “Eins” für nicht vorhandene Leistung, ausser in den Fächern, auf die ich Wert legte und sie zu Hause testete, wie Mathematik, Physik, aber auch Deutsch und Englisch.
Ihre Französischlehrerin war sehr streng und gab Noten im alten Kodex, wie ich gelernt habe, darüber musste ich nicht wachen.
Ein Lehrer auf dem Gymnasium ließ ihr auch nichts durchgehen, bei dem hatte sie Geschichte, Kunst und Sport.

Meine zweite Tochter (Mischling) war die Beste in Deutsch, aber man kann ja einer Farbigen keine “eins” in Deutsch geben, dass geht ja nicht. Heute ist sie Sozialpädagogin und gerade im kommunikativen Bereich sehr stark.

In der Grundschule verweigerte mein Sohn am Unterricht teilzunehmen. Nach vielen Schwierigkeiten mit dem Lehrpersonal und einer Familientherapie, die anscheinend zum Scheitern verurteilt war, kam heraus, dass mein Sohn verweigerte, weil die Lehrerin nie “Bitte” und “Danke” sagte. Mein Sohn war zu gut erzogen. Er weigerte sich einfach mit Primitiven zu kommunizieren. Danach war ich mit ihm in einer Therapie, wo er lernen musste auf “Befehle” zu reagieren, damit er nicht zum Schulversager wird, “Sind wir denn noch bei Hitler?” -. Ich verstand selber die Welt nicht mehr. Heute ist er Sozialarbeiter und setzt sich für ausgegrenzte und sozial schwache Kinder ein.

Wir sind damals aus Amerika gekommen. Als Deutsche heiratete ich einen Amerikaner und gründete mit ihm unsere Familie in der USA. Meine Kinder sprachen nur Englisch. Innerhalb weniger Monate haben alle akzentfrei Deutsch gelernt, ohne Hilfen, ohne Fernsehen und mit einer Familie, die nur Englisch zu Hause sprach. Was ich meine Kinder mit auf dem Weg gab, war, ihr müsst Deutsch lernen – Schule, Kindergarten – wo sie gerade waren.
Trotz Lehrer und Erzieher, die keinerlei Verständnis zeigten (wie mir meine Kinder als Erwachsene berichteten) und Kindern, von denen sie in den ersten Monaten gehänselt (heute würde man gemobbt sagen) wurden, aufgrund mangelder Sprachkenntnisse, haben alle Abitur im “Einser bzw. guten Zweier Bereich” und einen Studienabschluss.
Nach 6 Monaten bekamen wir auf englische Fragen nur noch deutsche Antworten von unseren Kindern. Meine Kinder haben die Fremdsprache -Deutsch selber gelernt und sehr gut gelernt.

Wir sind alle mehrsprachig. Mein Mann spricht Englisch, Deutsch, Indonesisch und Japanisch, ich spreche Englisch, Deutsch, Französisch und Chinesisch, meine älteste Tochter Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch und Italienisch, die anderen beiden Englisch, Deutsch und Französisch.

Wir haben die Kinder beim Spracherwerb in keiner Hinsicht unterstützt, ausser beim Erwerb der Muttersprache “Englisch”. Zu Hause wird Englisch gesprochen und ausserhalb meistens Deutsch, ausser wir sind im Ausland, dann halt eine andere Sprache, falls wir sie sprechen.

Ich war mit 46 Kindern in einer Klasse, aber unsere Lehrer kannten uns, kannten unsere Schwächen und Stärken und Heilige waren wir alle nicht. Wenn ich meine Kinder nicht größtenteils selber unterrichtet hätte und die Leistungen überwacht hätte, wären sie Schulversager geworden. Sie mussten mir allerdings immer erst zeigen, was sie konnten und danach habe ich eruiert, wo etwas nicht verstanden worden ist und habe sie auf dem Weg der Selbsterkenntnis zu dem was und warum etwas nicht verstanden worden ist, begleitet. Das war ein paar Jahre nötig, danach waren sie selber Problemlöser. Meistens musste ich ihnen allerdings beibringen, die Lehrer in ihrer Persönlichkeit (also die Persönlichkeit des Lehrers) zu erkennen um sich dann so verhalten zu können, wie der jeweilige Lehrer es brauchte und den Lehrer so einschätzen zu können, damit in den Arbeiten, dass da steht, was er gerne sehen möchte, auch wenn in der Mathematik manchmal andere Lösungswege besser gewesen wären. Meine Kinder haben die persönlichen Schwächen des jeweiligen Lehrers ausgemerzt. Auch wenn ich hier die maskuline Form Lehrer benutze, bezieht es sich auf beiderlei Geschlecht.

Claudia Rehme

Nathalie
10 Jahre zuvor
Antwortet  Claudia Rehme

Ihre ausführlichen Zeilen haben mich beeindruckt, Frau Rehme. Leider ist es an vielen unserer Schulen genauso, wie Sie beschreiben. Die Schüler lernen zu wenig und werden mit guten Zensuren zufrieden gestellt. Es wird immer mehr Mode, sie auf jene Art zu unterrichten, die Sie beschreiben, und nicht daran zu denken, dass sie für ihr Selbstbewusstsein und für ihr späteres Leben mehr brauchen als ständige Bestätigung ohne entsprechende Leistung. Leider sehen das die meisten Eltern nicht so klar wie sie. Es werden aber immer mehr.
Ich fürchte, dass einige Leute Sie in die Schublade „Helikopter-Mutter“ stecken. So ist das oft bei Eltern, die sich für ihre Kinder Anforderungen wünschen, an denen sie wachsen können, und nicht solche, an denen ihre Fähigkeiten verkümmern.
In einem irren Sie, glaube ich: Ihre Kinder wären wahrscheinlich nie offizielle Schulversager geworden. Das Abitur hätten alle geschafft, allerdings ein etwas schlechteres. Dazu dies:

http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/hochschulreife-abi-na-und-11930726.html

Das mögliche Versagen hätte wohl später eingesetzt, wenn die schulischen (und hochschulischen) Samthandschuhe ausgespielt haben.