Psychologen: Schule kann Inklusion nicht allein stemmen

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BERLIN. Formalisierter Aktionismus ohne die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen bringe die Inklusionsidee in Misskredit warnen Experten. Psychologenverband empfiehlt dagegen, Vorbehalte ernst zu nehmen und eine neue Willkommenskultur zu schaffen.

Ob die Angst der Nachbarn vor dem geplanten Asylbewerberheim oder die Furcht von Lehrern vor Überlastung durch behinderte Kinder: Mit psychologischer Unterstützung kann derartigen Problemen schon im Ansatz begegnet werden, betonen Experten. «Fremdheit erzeugt Unsicherheit und, wenn die Fremdheit als bedrohlich erlebt wird, Angst», erläuterte Prof. Michael Krämer (FH Münster). Eine neue Willkommenskultur müsse geschaffen werden, bei jedem Einzelnen und in den gesellschaftlichen Strukturen. Psychologen könnten diesen Prozess voranbringen, so Krämer.

Referenten bei einer Informationsveranstaltung
Soll Inklusion an Schulen gelingen, müssen frühzeitig alle Beteiligten einbezogen werden, warnt der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen. Foto: AK-Vorrat München / flickr (CC BY-SA 2.0)

Am Mittwoch stellte der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen einen Bericht dazu vor, wie Inklusion – also etwa der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung – sowie Integration durch Unterstützung von Psychologen besser gelingen können.

So sei es bei schulischer Inklusion besonders wichtig, sehr früh sämtliche Beteiligten einzubeziehen und vorzubereiten. «Die personellen und sachlichen Voraussetzung müssen rechtzeitig verfügbar sein», sagte Prof. Siegfried Preiser, Rektor der Psychologischen Hochschule Berlin. Wer dies nicht tue oder die Umsetzung zum Nulltarif wolle, laufe Gefahr, langfristig das Gegenteil der gewünschten Veränderung zu bewirken. «Das führt sozialpsychologisch zu einer Bestätigung von Vorurteilen und nicht zu einem Abbau», so der Schulpsychologe Stefan Drewes.

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Was etwa Bürgerinitiativen gegen Heime in der Nachbarschaft angeht, sagte Preiser: «Ängste vor Fremden, psychisch Kranken oder Behinderten müssen im Vorfeld schon ernst genommen werden.» Nicht nur der Verweis auf ermutigende Fallbeispiele, etwa in den Medien, sei hier wichtig, sondern auch persönliche Kontakte zum Angstabbau. Preiser forderte unter anderem Hausbesuche von Politikern, Sozialarbeiten oder engagierten Bürgern in der Nachbarschaft – «und zwar vor einer Entscheidung». (dpa)

Der Bericht „Inklusion – Integration – Partizipation“ (Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.)

Zum Bericht: Ein Jahr Inklusion – Kritiker: “Die Förderung hat sich dramatisch verschlechtert”

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