Ausgesperrt: Privatschule will Zwölfjährigen nicht weiter unterrichten

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MANNHEIM. Ein zwölfjähriger Mannheimer hat noch immer Sommerferien. Er sitzt zu Hause, weil ihm seine Privatschule gekündigt hat. Die Mutter zieht vor Gericht. Sie findet nach eigenen Worten keine andere Schule.

Die Privatschule beruft sich auf ihre Geschäftsbedingungen, nach denen sie kündigen kann. Foto: CPando / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Die Privatschule beruft sich auf ihre Geschäftsbedingungen, nach denen sie kündigen kann. Foto: CPando / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Eine Mannheimer Privatschule weigert sich, einen zwölfjährigen Jungen weiter zu unterrichten. Zum Ende des vergangenen Schuljahres hatte das Gymnasium den Vertrag mit dem Schüler gekündigt. Vor dem Mannheimer Amtsgericht gab es bislang keine Einigung. Die Mutter hatte beantragt, dass ihr Sohn die Schule weiter besuchen darf. Zumindest bis sie eine neue Schule gefunden habe, könne er doch weiter dort unterrichtet werden, sagte sie. «Momentan ist er zu Hause.» Sie erlebe bei ihrer Suche nach einem neuen Platz einen «Spießrutenlauf». Alle Klassen seien schon voll.

Die Privatschule beruft sich auf ihre Geschäftsbedingungen, nach denen sie den Vertrag mit einem Schüler innerhalb der viermonatigen Probezeit ohne Angaben von Gründen kündigen kann. Auf eine Einigung mit dem Jungen wollte sie sich nicht einlassen. «Für uns ist das nicht vorstellbar», sagte die Verteidigerin der Schule. «Dass die Kündigung ausgesprochen wurde, das erfolgte nicht grundlos.» Der Junge saß während der Verhandlung stumm auf seinem Platz. Als die Richterin fragte, ob er sich äußern wolle, sagte er: «Nein, danke.»

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Eine Sprecherin des Kultusministeriums betonte auf Anfrage die Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen Schulen. Bis ein Schüler endgültig von einer öffentlichen Schule verwiesen werde, gebe es viele Zwischenschritte – zum Beispiel Nachsitzen oder einen vorübergehenden Ausschluss vom Unterricht. «Die Privatschulen haben andere Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen, die sie selbstständig in ihren Verträgen regeln.» Das Ministerium habe keine Statistik darüber, wie oft Privatschulen Verträge mit Schülern kündigten. Der Junge im Mannheimer Fall war erst zur Mitte des Halbjahres an die Schule gekommen. «Ich wollte meinen Jungen einfach auf einer Privatschule sehen», sagte die Mutter. Sie kann die Kündigung nach eigenen Worten nicht nachvollziehen. Es sei «nichts Schlimmes» vorgefallen. «Vielleicht war er zu unbequem, vielleicht waren die Noten zu schlecht», sagte sie. Der Anwalt des Jungen sagte, es habe einen «alterstypischen Vorfall» gegeben, einen Dummejungenstreich. «Junge Menschen brauchen Erklärungen. Ich vermisse vollständig das Verständnis für diesen jungen Menschen.»

Die Richterin beruhigte den Zwölfjährigen in der Verhandlung: «Es geht nicht darum, dir irgendetwas Übles zu tun», sagte sie. «Es wird eine Schule geben, an der du dich weiter bilden darfst und auch musst.» Schließlich gebe es eine Schulpflicht. Sie will am 26. September eine Entscheidung verkünden. dpa

Zum Bericht: „Schweinfurter Privatschule schließt nach Abi-Desaster“

 

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13 Kommentare
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Reinhard
10 Jahre zuvor

Die Schule hat gekündigt, und die Mutter findet keine neue Schule …?? Hier fehlen doch eindeutig Informationen! Keine private Schule verzichtet ohne Grund auf Geld – also, liebe Redakteure: was war da los?

mehrnachdenken
10 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Liebe Redaktion,

ich kann Ihre Begründung nur zum Teil nachvollziehen.
Sie erinnern sich an den Hamburger Lehrer, der wegen des Verdachtes auf sexuellen Missbrauch aus seiner Klasse abgeholt wurde? Haben Sie in Ihrer Berichterstattung auch an die Persönlichkeitsrechte des Pädagogen gedacht?

mehrnachdenken
10 Jahre zuvor
Antwortet  mehrnachdenken
Grias Di
10 Jahre zuvor

Bei einer staatlichen Schule würde man sagen: „na die machen es sich aber wieder einfach“. So wird man unbequeme Schüler los.

tanteerna
10 Jahre zuvor

Da der Junge schulpflichtig ist, hat er Anspruch darauf, dass ihn die zuständige Hauptschule aufnimmt, zumindest in meinem Bundesland. Aber wenn die Mutter ihr Kind nur „auf einer Privatschule sehen“ will, wird das natürlich etwas schwieriger.

klmv
10 Jahre zuvor

Bevor sich eine Privatschule vom zahlenden Schüler trennt, muss einiges vorgefallen sein. Meine Tochter besuchte im Grundschulalter auch eine Privatschule. Ein Mitschüler tyrannisierte alle anderen und wurde zur ernsten Gefahr. Wir als Eltern haben der Schule mitgeteilt, dass wir mehrheitlich unsere Kinder von der Schule nehmen werden. Wir sahen nicht ein, dass wir Schulgeld zahlen – und unsere Kinder mit Angst im Unterricht sitzen. Die Schulleitung sah sich im Zugzwang. Sie hat Auflagen erteilt, nach denen sich der besagte Schüler in psycologische Behandlung begeben sollte. Das haben seine Eltern abgelehnt. Daraufhin war die Schule rechtlich in der Lage, den Schulvertrag zu kündigen. Der Schüler landete an einer staatlichen Schule, dann an der nächsten…… – staatliche Schulen trennen sich auch von Problemschülern.

mehrnachdenken
10 Jahre zuvor

@Redaktion

Vielen Dank für die Erläuterung. Ich habe da aber eine vollkommen andere Sichtweise. Die ist ja auch hoffentlich im Fall des Lehrers aus HH sehr deutlich geworden.
Bezüglich des Schülers sehe ich es wie @klmv. Wichtig ist m.E. vor allem, was in den Geschäftsbedingungen steht. Ich kann mir nicht so richtg vorstellen, dass lediglich ein „alterstypischer Vorfall“ zum Rausschmiss des Schülers geführt hat. Am 26.09. gibt’s eine gerichtliche Entscheidung. Darauf bin ich sehr gespannt.

mvcscg
10 Jahre zuvor

In den Geschäftsbedingungen steht eine Probezeit von 4 Monaten. Es wurde zum Ende der Probezeit gekündigt.
Die Schule steht in dem Ruf auch schwierige Kinder aufzunehmen. Aber alles kann auch nicht aufgefangen werden.
Was in dem Artikel nicht steht, ist dass das Kind fünf Fünfer im Zeugnis stehen hatte, und die Mutter nur in
Gymnasien nach einem neuen Platz nachgefragte.
In Baden-Württemberg wurde die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft und nach den Noten der
Grundschule darf auch nicht gefragt werden. Da kann es schon vorkommen, dass der Wunsch der Eltern,
nicht mit der momentanen Leistungsfähigkeit des Kindes harmoniert.
Obwohl es ja gerade in BW verschiedenste Möglichkeiten gibt, die zum Abitur führen können.

Reinhard
10 Jahre zuvor
Antwortet  mvcscg

Gerüchte oder Insider-Wisen?

Reinhard
10 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Wissen meinte ich – bitte um Verzeihung..

mvcscg
10 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Meine Tochter war auch auf dieser Schule. Dass, das ganze Thema in die Öffentlichkeit kam, ist definitiv nicht von der Schulleitung initiiert worden. Der Schulleiter macht so etwas nicht, aber wenn er zu einer solchen Entscheidung gekommen ist, ein Kind auszuschließen, dann hat das seinen Grund.