Bündnis schreibt offenen Brief an Kanzlerin Merkel zur Nachwuchswerbung der Bundeswehr

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BERLIN. In einem offenen Brief fordern das Deutsche Bündnis Kindersoldaten, das Forum Menschenrechte, das Darmstädter Signal sowie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bundeskanzlerin Merkel auf, die Kinderrechte in der kommenden Legislaturperiode auch bei der Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr zu achten: Das Rekrutierungsalter für Soldaten in Deutschland soll auf 18 Jahre angehoben werden und Werbemaßnahmen der Bundeswehr bei Minderjährigen sollen unterbleiben.

„Wir sehen in unseren Projekten im Ausland täglich, welch schwerwiegende Folgen Kriege und bewaffnete Konflikte für das Leben von Kindern haben. In Deutschland werden die Gefahren jedoch häufig verharmlosend dargestellt“, macht Dr. Jürgen Thiesbonenkamp, Vorstandvorsitzender der Kindernothilfe, für das Deutsche Bündnis Kindersoldaten deutlich. So finden an vielen Schulen umfassende Werbemaßnahmen der Bundeswehr zur Nachwuchsgewinnung statt. „Eine ausgewogene Beschäftigung mit der Thematik „Krieg und Frieden“ ist bei der Begegnung mit Jugendoffizieren und Wehrdienstberatern an Schulen kaum gegeben“, betont die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Marlis Tepe. „Das Thema Friedenserziehung muss künftig einen festen Platz in den Curricula und bei der Ausbildung von Lehrkräften haben“, fordert Tepe.

Nicht nur die Werbemaßnahmen werden von den Organisationen kritisiert, sondern auch die Anwerbung minderjähriger Freiwilliger durch die Bundeswehr. „Jedes Jahr rekrutiert die Bundeswehr rund 1.000 17-Jährige Freiwillige, mit steigender Tendenz, in 2012 waren es 1216 Minderjährige. Damit ist Deutschland eines von wenigen Ländern weltweit, die Minderjährige in ihre Armeen aufnehmen“, kritisiert Danuta Sacher, Vorstandsvorsitzende von terre des hommes, für das Deutsche Bündnis Kindersoldaten. Selbst aktive Soldaten sehen das kritisch. „Vielen Freiwilligen ist in diesem jungen Alter nicht bewusst, worauf sie sich einlassen. Aus eigener Erfahrung kennen wir die Probleme sehr junger Soldaten. Oft fehlt für den Dienst die notwendige Reife“, erläutert Florian Kling, Sprecher des Darmstädter Signals, einem Zusammenschluss kritischer Bundeswehrsoldaten.

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Im Gegensatz zu Deutschland verzichtet die große Mehrheit der 191 Vertragsstaaten der UN-Kinderrechtskonvention auf die Anwerbung Minderjähriger. Auch auf UN-Ebene gibt es kein Verständnis für das Verhalten Deutschlands. „Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat Deutschland bereits 2008 empfohlen, das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben“, erläutert Danuta Sacher. „Die neue Bundesregierung sollte jetzt die Weichen für die Verwirklichung von Kinderrechten stellen und diese Empfehlungen umsetzen“, so Sacher.

Die Mitglieder des Deutschen Bündnisses Kindersoldaten sind: Aktion Weißes Friedensband, Amnesty International, Deutsches Jugendrotkreuz, Kindernothilfe, Lutherischer Weltbund, missio, Netzwerk Afrika Deutschland, Plan International Deutschland, terre des hommes, UNICEF Deutschland, World Vision Deutschland.

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Peter Gross
10 Jahre zuvor

[..] „…die Kinderrechte in der kommenden Legislaturperiode auch bei der Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr zu achten: Das Rekrutierungsalter für Soldaten in Deutschland soll auf 18 Jahre angehoben werden und Werbemaßnahmen der Bundeswehr bei Minderjährigen sollen unterbleiben.“

Schon das Wort „Kinderrechte“ verzerrt die Realität, sprechen wir hier doch von 17 jährigen Jugendlichen, die- mit Einverständnis der Erziehungsberechtigten- zur Bundeswehr gehen können. Diese 17jährigen werden- entsprechend der UN Kinderrechtskonvention- anders behandelt als volljährige Rekruten: Sie werden weder in Krisengebiete gesandt, noch verrichten sie ihren Dienst ( z.B. bei Manövern bzw. im Wachdienst ) mit Waffen.

Seltsam, dass nicht kritisiert wird, dass deutsche Polizeien „Kinder“ bereits mit 16 Jahren einstellen dürfen. In diesem Beruf ist die Wahrscheinlichkeit, mit Alltagsgewalt konfrontiert zu werden, ungleich höher.

[..] „„Vielen Freiwilligen ist in diesem jungen Alter nicht bewusst, worauf sie sich einlassen. Aus eigener Erfahrung kennen wir die Probleme sehr junger Soldaten. Oft fehlt für den Dienst die notwendige Reife“

Diese Argumentation wird auch sehr gerne von DIE LINKE und Bündnis 90 / Die Grünen angeführt. Gleichzeitig aber erklären sie, dass Jugendliche in heutiger Zeit durchaus die nötige Reife besäßen, komplexe politische Zusammenhänge zu verstehen, so dass sie die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre reduzieren wollen.

Jugendliche sind heute also reif genug, politische Entscheidungen mitzutragen, die das ganze Volk betreffen, Verantwortung für sich selbst zu tragen aber nicht? Oder handelt es sich um eine Art Spontanverblödung beim Anblick einer Uniform?

[..] „So finden an vielen Schulen umfassende Werbemaßnahmen der Bundeswehr zur Nachwuchsgewinnung statt“.

Dem ist nicht so: Jugendoffiziere werben nicht an Schulen und sie rekrutieren dort auch keine Schülerinnen oder Schüler. Sie informieren dort lediglich über Außen- und Sicherheitspolitik.

[..] „„Eine ausgewogene Beschäftigung mit der Thematik „Krieg und Frieden” ist bei der Begegnung mit Jugendoffizieren und Wehrdienstberatern an Schulen kaum gegeben”.

Diese Thematik kann ein Jugendoffizier auch nicht in einer einzigen Doppelstunde behandeln. Wie gesagt: Er informiert über Außen- und Sicherheitspolitik.

Der „Beutelbacher Konsens“ wird in solchen Diskussionen gerne missbraucht: Man sollte einmal darüber nachdenken, wer hier größere Möglichkeiten besitzt, Kinder und Jugendliche zu indoktrinieren: Ein einmal auftretender Jugendoffizier der Bundeswehr in 90 Minuten oder eine die Schülerinnen und Schüler das ganze Schuljahr begleitende Lehrkraft, die durch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Jahr für Jahr auf eine Anti- Bundeswehr- Haltung gedrillt wird?

Zudem ist mehr als fragwürdig, wieso eine staatliche Einrichtung eine andere staatliche Einrichtung derart diskreditiert.

Aufmüpfer
10 Jahre zuvor
Antwortet  Peter Gross

Danke für Ihren fundierten Kommentar. Denke genauso wie Sie. Die GEW ist mir schon lange suspekt, doch das Gros der Lehrer scheint ihre ideologischen Aktivitäten nicht wahrzunehmen oder nicht zu hinterfragen. Hinter vorgeschobener Fürsorglichkeit für Schüler und Lehrer verbirgt sich immer wieder knallharte linke Weltanschuung mit entsprechenden Forderungen.

mehrnachdenken
10 Jahre zuvor

Dem Kompliment von @Aufmüpfer schließe ich mich gerne an.
Zumindest weiß ich jetzt, welche Organisationen zukünftig auf meine Spenden verzichten müssen.