Die Zahl der Jugendlichen, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen, geht nur äußerst langsam zurück. Waren es 2008 noch 8 Prozent aller Schulabgänger, so hat sich diese Zahl inzwischen auf 5,9 Prozent reduziert, heißt es in einer Analyse des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) fünf Jahre nach dem Bildungsgipfel von Bund und Ländern. Das sind noch immer 48 000 Jugendliche.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder hatten 2008 bei ihrem Bildungsgipfel in Dresden unter anderem das Ziel ausgegeben, die Zahl der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss bis 2015 auf 4 Prozent zu halbieren.
Der Bildungsforscher Klaus Klemm, der im Auftrag des DGB die Fünf-Jahres-Analyse erstellte, bezweifelt, dass dieses Ziel «in absehbarer Zeit erreicht werden kann». Denn die Hälfte aller Schulabgänger ohne Abschluss habe zuvor Förderschulen besucht. Ein abgestimmtes und überzeugendes Konzept zur Unterstützung dieser Schüler sei aber nicht in Sicht.
Klemm verweist zudem auf große Unterschiede zwischen den Bundesländern. So verlassen in Bayern 4,8 Prozent der Jugendlichen ihre Schule ohne Hauptschulabschluss. In Mecklenburg-Vorpommern sind es dagegen 11,9 Prozent, in Sachsen-Anhalt 11,3 Prozent. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen sind es 5,6 Prozent, in Baden-Württemberg 5,1. Insgesamt sind die Schulabbrecherzahlen im Osten deutlich höher als im Westen.
Schleppend verläuft auch die Realisierung eines anderen Ziels der Regierungschefs auf dem Bildungsgipfel. So sollte die Zahl der jungen Menschen ohne Berufsabschluss bis 2015 von damals 17,0 Prozent auf 8,5 Prozent halbiert werden. 2012 waren immerhin noch 14,9 Prozent der 20- bis 29-Jährigen ohne Abschluss. Das sind fast 1,5 Millionen junge Erwachsene. Union und SPD streben im Koalitionsvertrag weitere Maßnahmen zur Nachqualifizierung an.
Erfolge sieht der Bildungsforscher dagegen bei dem Ziel, deutlich mehr junge Menschen in ein Studium zu bringen. Auch würden sich heute mehr Erwachsene weiterbilden als noch 2008.
Gleichwohl gebe es sowohl bei den Studienanfängern als auch bei der Beteiligung an Weiterbildung eine «enorme soziale Schieflage», heißt es in der Analyse. Klemm verweist dabei auf die jüngste Sozialerhebung des Studentenwerkes. Danach nehmen nur 23 Prozent der Kinder aus nicht-akademischen Familien ein Studium auf, aber 77 Prozent der Kinder aus Akademikerfamilien. Und bei der Weiterbildung seien vor allem Arbeitslose, Ungelernte und Migranten nach wie vor «weit abgehängt».
DGB-Vize Elke Hannack sagte, die ausgerufene «Bildungsrepublik Deutschland» bleibe «ein sozial gespaltenes Land». Die Zahl der jungen Menschen ohne Schul- und Berufsabschluss sei nach wie vor bedrückend hoch. «Wir benötigen mehr gute Ganztagsschulen mit Schulpsychologen und Sozialarbeitern», forderte sie al Konsequenz. Das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung müsse aus der Verfassung gestrichen werden – und zwar für das gesamte Bildungssystem. Eine solche Maßnahme gehöre in das 100-Tage-Programm einer neuen Bundesregierung. dpa
«Wir benötigen mehr gute Ganztagsschulen mit Schulpsychologen und Sozialarbeitern»
Typisch linke Gewerkschaftsforderung, weil u. a. die von ihr vorangetriebenen Bildungsreformen eine Bildungswüste hinterlassen haben, die eine immer größere Heerschar von Zusatzkräften erfordert. Gewerkschaftlich erwünschtes Arbeitsbeschaffungsprogramm könnte man das auch nennen und sich endlich mal fragen, wohin dieser ineffiziente Umgang mit Geld führen wird.
Sogar Andreas Schleicher, der deutsche Verteter der OECD in Sachen Bildung, räumt inzwischen ein, dass Deutschland keineswegs zu wenig Geld für Bildung ausgibt. Und das will schon was heißen.