Islamunterricht lässt Streit ums Kopftuch wieder aufleben

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HANNOVER. Die Einführung von islamischem Religionsunterricht ist für die Muslime in Niedersachsen ein großer Schritt nach vorn. Bei der Suche nach Lehrern aber taucht ein altes Konfliktthema wieder auf: Wie soll es künftig mit dem Kopftuchverbot gehalten werden?

Kopftücher und Schleier sind im Schuldienst in der Regel verboten - bleibt das so? Foto: Ranoush / flickr (CC BY-SA 2.0)
Kopftücher und Schleier sind im Schuldienst in der Regel verboten – bleibt das so? Foto: Ranoush / flickr (CC BY-SA 2.0)

Trotz eines noch ungelösten Streits um das Kopftuchverbot an Schulen hält Niedersachsen am geplanten Ausbau des islamischen Religionsunterrichts fest. Die muslimischen Verbände und Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) zogen eine positive Bilanz, nachdem der Islamunterricht in diesem Schuljahr als Regelfach eingeführt wurde. Vorangegangen war ein zehnjähriger Modellversuch.

Weil Lehrerinnen das Kopftuch nach aktueller Rechtslage in Niedersachsen nur im Religionsunterricht, aber nicht in anderen Fächern oder im Schulgebäude tragen dürfen, halten sich junge muslimische Frauen mit der Religionslehrerausbildung aber noch zurück, sagte der Chef des Landesverbandes der Türkisch-Islamischen Union (Ditib), Yilmaz Kilic. «Das Kopftuch ist ein Problem.» Es seien bereits etliche Gespräche auch mit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) geführt worden. «Wir hoffen, dass wir eine Lösung finden.»

Derzeit wird das Fach an 37 Grundschulen in Hannover, Braunschweig, Lüneburg und Osnabrück unterrichtet. Vom kommenden Jahr an soll es auch an weiterführenden Schulen in den Klassen fünf bis zehn angeboten werden. Insgesamt gibt es rund 49 000 muslimische Schüler. Niedersachsen und Hessen folgten in diesem Jahr Nordrhein-Westfalen, das Islamunterricht bereits 2012 einführte.

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«Es geht um Teilhabe, Integration und Gleichbehandlung aller Schüler», sagte Heiligenstadt. Neben evangelischen, katholischen oder jüdischen Kindern gebe es Religionsunterricht nach staatlichen Lehrplänen nun auch für muslimische Kinder, betonte die Ministerin. Bei den Kindern komme das Fach gut an und die Eltern seien sehr zufrieden. Nach Angaben von Ditib-Chef Kilic entscheiden sich über 90 Prozent der muslimischen Familien für den Religionsunterricht. «Damit ist auch eine Normalität an unseren Schulen eingekehrt.»

Mangelware sind derzeit aber noch die Lehrkräfte. Landesweit unterrichten im Moment 25 Pädagogen das neue Fach, sechs weniger als im vergangenen Schuljahr. Außerdem gelang es zunächst nicht, die Zahl der Schulen mit Islamunterricht im Vergleich zum Vorjahr zu erhöhen.

«Es ist ein Fakt, dass Studentinnen sich zurückhalten, dieses Fach zu studieren aus diesem Grund», sagte Anette Abdel-Rahman vom Beirat für den islamischen Religionsunterricht. «Das ist sehr schade, weil sich viele geeignete Frauen dafür interessieren.» Achtzig Prozent der Fachlehrer sind bislang Frauen, keine davon trägt zur Zeit ein Kopftuch in der Schule. «Wir fänden es gut, wenn wir Lehrerinnen mit und ohne Kopftuch haben», sagte Abdel-Rahman. dpa

Zum Bericht: Wegen Kopftuchs ausgeschlossen – integrationsfördernd oder religionsfeindlich?

 

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Muneeza Ahmed
10 Jahre zuvor

Leserbrief zum online Artikel „Islamunterricht lässt Strit ums Kopftuch wieder aufleben“ erschienen auf www. News4teachers.de

Sehr geehrte Damen und Herren,
in ihrem dem Artikel wird das Kopftuchverbot für Lehrerrinnen und das damit einhergehende Problem von geht es darum, dass es noch immer verboten sei, mit einem Kopftuch zu unterrichten. Wie auch im Artikel erklärt, gibt es zu wenigen Fachkräften, die das Fach Islamunterricht unterrichten möchten, aufgegriffen. Es gibt viele Frauen die daran interessiert sind, doch sie haben nicht die Möglichkeit mit ihrem Kopftuch zu unterrichten. Ihnen sollte die Möglichkeit gegeben werden, dass sie auch mit ihrem Kopftuch unterrichten dürfen, da dies ein Teil ihres Glaubens ist. Außerdem gibt es in Deutschland Religionsfreiheit, also sollte einer muslimischen Frau durchaus erlaubt werden mit ihrem Kopftuch zu unterrichten.
Mit freundlichen Grüßen
Muneeza Ahmed, 18

Ursula Prasuhn
10 Jahre zuvor
Antwortet  Muneeza Ahmed

Das Kopftuch ist meinem Wissen nach keine Sache der Religion, sondern des Herrschaftsanspruches von Männergesellschaften. Es dient also deren gesellschaftlichen und politischen Interessen.
Religionsfreiheit JA, Kleidungs- und ein paar weitere Gebote unter der Tarnkappe „Religion“ allerdings NEIN!

Cavalieri
6 Jahre zuvor
Antwortet  Muneeza Ahmed

Wie wär’s denn mit einer geheimen (vertraulichen) Umfrage unter allen muslimischen Frauen in Deutschland, ob sie das Kopftuch von sich aus oder auf Befehl irgendwelcher Patriarchen tragen? Wären Sie dafür?

Meier
10 Jahre zuvor

Es gibt eine strikte Trennung von Kirche und Staat.Und es es darf keine Ausnahme für islamische Lehrer geben! Das Kopftuch kann auch durchaus als Ablehnung eine säkulären Staates gesehen werden. In ihrer Freizeit können sie machen was sie wollen, aber nicht wenn man so eine Stelle antritt. Wem das nicht gefällt, der kann ja gerne in Saudi Arabien unterrichten. Hier herrscht auch strikte Reisefreiheit

Mfg
Meier

thepraxXx
9 Jahre zuvor

@Meier:
Nein es gibt nunmal keine strikte Trennung von Kirche und Staat in Deutschland! Anstatt über die muslimischen Frauen zu reden, sollte man mit ihnen reden. Hier wird niemand unterdrückt und wer das Kopftuch trägt, trägt es aus freiem Willen! Ausnahmen gibt es immer, aber die sind ja nicht die Regel. Wer schon Abitur und auch ein Studium absolvieren kann, der ist auch in der Lage frei von Zwängen zu denken. Und keine deutsche! muslimische Frau muss aus ihrem Heimatland irgendwo anderster Reisen.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  thepraxXx

Bitte nennen Sie Ihre Quellen, vielen Dank. Bitte differenzieren Sie aber zwischen biodeutsche und geburtsdeutsche Frauen. Letztere haben trotzdem türkisch-arabische Wurzeln.

Nebenbei: Wer ein Abitur hat, kann und tut das durchaus. Wer kein Abitur hat, tut das allerdings im verstärkten Maße nicht. Je niedriger der Schulabschluss, desto konservativer wird der Islam ausgelegt.

Und: Bei vielen Muslimen steht der Glaube über dem deutschen Grundgesetz und ist Homophobie stark vertreten.