BERLIN. Kaum Fortschritte gegenüber der letzten PISA-Studie, aber immerhin: Deutschland behauptet sich im oberen Mittelfeld. Seit dem PISA-Schock vor gut zehn Jahren haben die Schüler in Deutschland unbestreitbar aufgeholt. Doch es bleiben bekannte Probleme: Kinder von Migranten und aus armen Elternhäusern werden unzureichend gefördert.
Beim neuen internationalen PISA-Schultest haben sich die 15-jährigen Schüler in Deutschland im oberen Mittelfeld etabliert. In Mathematik, Naturwissenschaften sowie im Lesen und Textverständnis erreichten sie Werte oberhalb des Durchschnitts der anderen Industrienationen. Auch die Zahl der leistungsschwachen Schüler ging in Deutschland leicht zurück. Gleichwohl können fast 18 Prozent der Heranwachsenden nur ganz einfache Mathe-Aufgaben lösen.
Eindeutige PISA-Sieger sind nach den heute veröffentlichen Ergebnissen erneut die Schüler aus den asiatischen Regionen Shanghai, Singapur, Hongkong und Taipeh. 15-Jährige aus diesen Ländern sind Gleichaltrigen aus Deutschland allein in Mathematik um zwei bis drei Schuljahre voraus. Aber auch die Schüler aus der Schweiz und den Niederlanden finden sich in der weltweiten Mathe-Leistungstabelle unter den zehn Erstplatzierten.
Die Schüler in Deutschland erreichten diesmal beim PISA-Schwerpunkt Mathematik 514 Punkte (2009: 513). Sie liegen damit 20 Punkte über dem Schnitt der anderen Pisa-Teilnehmerländer (494) – was einem Lernvorsprung von gut einem halben Schuljahr entspricht. Ähnliches gilt für die Naturwissenschaften. In der für das Lernen so wichtigen Disziplin Lesen/Textverständnis ist der deutsche Vorsprung allerdings nur halb so groß.
PISA ist der weltweit größte Schulleistungstest. Er wird seit 2000 alle drei Jahre von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris vorgenommen. Weltweit nahmen diesmal 510.000 Schüler aus 65 Staaten und Regionen teil. In Deutschland wurden rund 5000 Heranwachsende getestet.
Jungen sind in Deutschland mit ihren Mathe-Fähigkeiten gleichaltrigen Mädchen im Schnitt ein knappes halbes Schuljahr voraus. Der Vorsprung der Jungen hat sich im Vergleich zu früheren PISA-Tests sogar noch vergrößert. Mädchen sind generell der Mathematik gegenüber negativer eingestellt. Ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist geringer, ebenso ihre Motivation und Lernausdauer.
Die in Deutschland ausgeprägte Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft hat sich nach der jüngsten PISA-Erhebung leicht abgeschwächt. Gleichwohl haben Schüler aus sozial bessergestellten Familien in Mathematik im Schnitt einen Leistungsvorsprung von 43 Punkten gegenüber Gleichaltrigen aus armen Elternhäusern – was fast eineinhalb Schuljahren entspricht.
Bei Schülern mit Migrationshintergrund zeigt sich ein ähnliches Bild. Ihr Kenntnisrückstand zu gleichaltrigen Schülern mit deutscher Herkunft liegt im Schnitt bei 54 Punkten, das sind fast zwei Schuljahre.
Das nur äußerst mäßige deutsche Abschneiden vor allem bei der wichtigen Disziplin Lesen/Textverständnis beim ersten PISA-Test im Jahr 2000 hatte in der Öffentlichkeit den sogenannten PISA-Schock ausgelöst. Die Kultusminister hatten daraufhin zahlreiche Schulreformen auf den Weg gebracht, unter anderem einheitliche Bildungsstandards für alle 16 Bundesländer.
Zum Kommentar: Die PISA-Studie: Nicht schön – aber notwendig