Papier zu «sexueller Vielfalt» in Schule sorgt weiter für Zündstoff – Kritik vom Philologenverband

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STUTTGART. Das Papier des baden-württembergischen Kultusministeriums zum Umgang mit sexueller Vielfalt sorgt weiter für Zündstoff. Unterstützung kommt vom Landesschülerbeirat. Der Philologenverband aber schickt warnende Worte an Grün-Rot.

Die Pläne der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg, das Thema Sexualität stärker im Unterricht zu verankern, sorgen weiter für heftige Diskussionen. Der Schülerbeirat des Landes unterstützte den Bildungsplan und warnte vor Panikmache. «Die sexuelle Vielfalt ist doch ein Teil unserer Gesellschaft, warum sollte sie nicht im Unterricht vorkommen», sagte der Vorsitzende Christian Stärk «Spiegel Online». Die Landes-SPD stellte sich hinter ihren Kultusminister Andreas Stoch. Der Philologenverband, der vor allem Gymnasiallehrer vertritt, äußerte sich kritisch. Gegner und Befürworter machen derweil mit Petitionen im Internet mobil.

Ein schwuler Schulleiter ist mancherorts offenbar noch immer ein Problem. Foto: Elsie esq. / Flickr (CC BY 2.0)
Die Debatte um Homosexualität rührt mehr auf, als von vielen erwartet. Foto: Elsie esq. / Flickr (CC BY 2.0)

«Niemand wird wegen des Bildungsplans schwul oder hetero», sagte Stärk «Spiegel Online». Der Nachrichtenagentur dpa sagte er, auch homosexuelle Lehrer outeten sich eher nicht, aus Angst vor blöden Kommentaren oder davor, von Schülern bloßgestellt zu werden.

Die SPD stellte sich in einer am Samstag verabschiedeten Resolution hinter die geplante Reform der Bildungspläne. Parteichef Nils Schmid sagte, das Vermeiden von Diskriminierung jeder Art müsse Teil der Bildungspläne sein. Die SPD verurteilte die von Zehntausenden unterstützte Petition, die sich gegen eine «Überbetonung» des Themas Homosexualität im Unterricht wendet. Sie zeichne Zerrbilder und versuche, Ängste zu schüren.

In einem internen Papier des Kultusressorts sind als Leitlinien für den Bildungsplan 2015 unter anderem berufliche Orientierung, nachhaltige Entwicklung, Medienbildung vorgesehen; sie sollen auch unter dem Aspekt sexueller Toleranz gesehen werden. Diese Ausschließlichkeit hält der Chef des Landes-Philologenverbandes, Bernd Saur, für unglücklich. Toleranz könne auch anhand von Kriterien wie Religion, Herkunft oder Hautfarbe durchgespielt werden.

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Nach Angaben des Bundesvorsitzenden des Verbands für lesbische und schwule Polizeibedienstete, Thomas Ulmer (51), ist Homosexualität auch bei der Polizei ein Tabu-Thema. «Viele Kollegen haben Angst davor, sich dazu zu bekennen.»

Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, forderte FDP-Chef Christian Lindner auf, «sein donnerndes Schweigen» zu diskriminierenden Tönen aus der FDP Baden-Württemberg zu brechen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Hans-Ulrich Rülke, hatte im Zusammenhang mit dem Bildungsplan gesagt, für die FDP sei die Familie die wichtigste Lebensform.

Bis zum Sonntagnachmittag unterzeichneten rund 104 000 Gegner der grün-roten Pläne eine Petition. Bei den Befürwortern des Anliegens von Grün-Rot, die eine eigene Petition im Internet gestartet haben, waren es zum gleichen Zeitpunkt rund 46 000. Tatjana Bojic/dpa

Hier geht es zum Artikel Erregte Debatte um Petition gegen Homosexualität im Unterricht

Hier geht es zum Kommentar Debatte um Homosexualität bestätigt: Das Thema gehört in den Unterricht

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Achim Birkert
10 Jahre zuvor

Ich bin tolerant

Ich toleriere vieles, das ich nicht akzeptieren kann.

Auch wenn ich die Meinung eines anderen nicht teile,
hat er doch trotzdem das Recht diese zu haben und ist ein Mensch wie jeder andere auch.
Nicht mehr und nicht weniger.

Wenn nur die Befürworter des Bildungsplans genausoviel Toleranz gegenüber Andersdenkenden zeigen würden, würde die Diskussion nicht so aus dem Ruder laufen.

Was aber gerne unterschlagen wird: Im Bildungsplan geht es nicht um Toleranz sondern um Akzeptanz.
Dass von Kindern verlangt wird, dass sie alles zu akzeptieren (=Die Meinung zu teilen) haben, was ihnen vorgesetzt wird und ihre eigene Meinung, sollte sie gegensätzlich sein, zu revidieren, ist zu viel.

Die Schulen sollen sich darauf beschränken, Wissen und Fakten zu vermitteln. Eine Meinung können sich die Kinder dann immer noch selber bilden.

Heike
10 Jahre zuvor
Antwortet  Achim Birkert

Bin ganz Ihrer Meinung, Herr Birkert, habe allerdings die Vermutung, dass es in den Schulen genauso laufen wird wie in den Medien, nämlich nicht rein sachlich, sondern wertend und indoktrinierend.
Lehrer fühlen sich m. E. mehr noch als andere berufen, die Welt zu verbessern, jedem gutmenschlichen Ruf nachzulaufen und alles zu unterstützen, was unter der Fahne „Menschlichkeit“ und „Fortschritt“ läuft.
Dass sich unter schönen Auklebern anderes verbergen könnte, zieht man anscheinend kaum in Betracht. Böse Zungen behaupten manchmal, dass Lehrer schon an den Hochschulen zu einseitiger Gläubigkeit und politischem Lagerdenken „erzogen“ würden.

Reni
10 Jahre zuvor

Habe soeben diesen Leserbrief gelesen, der meine ungeteilte Zustimmung findet:
„Wenn mir als jungem Studienrat jemand erzählt hätte, dass nach Ende meiner Dienstzeit die Mehrzahl der Abiturienten in BW nur noch rudimentäre Kenntnisse in Physik und Chemie haben würden, dass ihnen die einfachsten Techniken des Integrierens und Differenzierens Schwierigkeiten bereiten würden, dann hätte ich den jemand gefragt, ob denn die Landesregierung nicht aufs äußerste beunruhigt sei. Und wenn mir der jemand darauf geantwortet hätte, das würde die Landesregierung überhaupt nicht beschäftigen, vielmehr sei deren größte Sorge, den Schülern von der ersten bis zur letzten Schulklasse eine nicht enden wollende Litanei über die verschiedensten Arten sexuellen Verhaltens immer wieder aufs neue vorzulabern, dann hätte ich den jemand für einen Narren gehalten. Nun, der Narr hätte recht gehabt.“

Bärbel Fischer
10 Jahre zuvor

Würde sich die Schulbehörde darauf beschränken, dem Thema LSBTTI im Biologieunterricht der Sekundarstufe breiteren Raum zu geben, so hätte sich niemand aufgeregt, und es hätte auch keiner Regenbogenpetition und keiner Demonstration bedurft. Aber genau das will der grünrote Bildungsplan eben nicht, sondern die Schüler sollen per Dauerberieselung in allen Fächern, durch wechselnde Lehrkräfte jederzeit und überall über 12 Schuljahre hinweg mit LSBTTI konfrontiert sein, ohne sich davor schützen zu können. Sexualität auf Schritt und Tritt bis zum Erbrechen!

„Toleranz“ für Andersartige muss in der Schule vermittelt werden. Der Spaß hört jedoch auf, sobald „Akzeptanz“ für diverse Lebensweisen gefordert und verpflichtend g e l e h r t werden soll. Hier wird m. E. die Grenze zur Propaganda bereits überschritten.

AnneS
10 Jahre zuvor

Wie weit darf die Schule sich überhaupt in elterliche Befugnisse drängen? Sind die Eltern überhaupt je gefragt worden, ob sie sich ihr Recht nach Art. 6 GG, wonach sie ihre Kinder nach ihren eigenen Wertvorstellungen erziehen sollen, so mir nichts – dir nichts aus den Händen nehmen lassen wollen?

Mit der Bildungsplanreform soll Sexualität aus ihrem geschützten, familiären Raum gezerrt und als öffentliche Plattform dem allgemeinen Zugriff verfügbar werden. Dazu bedient man sich der Kinder, die via Pflichtunterricht diesem Vorhaben rücksichtslos ausgesetzt sind. Die Mädchen und Jungen werden damit gezwungen, ihre persönliche Scham zu ignorieren, die ihnen aus Respekt verbietet, in das intime Verhalten ihrer Mitmenschen zu blicken.

Zuerst stirbt die Scham, dann die Kultur!

ABERHALLO
10 Jahre zuvor

Das Grundgesetz, bzw. das AGG verbietet Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität. Jeder Mensch mit LSBTTI-Orientierung kann Klage erheben, falls er deswegen benachteiligt wird, was z. B. einem Familienvater verwehrt wird, wenn ihm wegen seiner Kinder eine Wohnung verweigert wird. Seine Klage wird vom Gericht nicht angenommen, weil Elternschaft durch das AGG nicht geschützt ist. Dies nur zur Info über die so genannte Gleichstellung!  In Wahrheit werden nicht Homos und Lesben, sondern Familien übel diskriminiert – bis heute!

Der Focus dieser Debatte liegt eindeutig auf dem inflationär und oft missbräuchlich geforderten Ziel GLEICHSTELLUNG. 95% aller baden-württembergischen Eltern halten mit ihren heterosexuellen Möglichkeiten unseren Sozialstaat am Laufen, indem sie junge Menschen nachwachsen lassen, die per Umlage später zur Versorgung ihrer Eltern, aber diskriminierenderweise auch zur Versorgung der bewusst nachwuchslosen Bevölkerung dringend benötigt werden.

Also: Zuerst HIRN einschalten, bevor mann DISKRIMINIERUNG brüllt!