Bildungspläne – CDU-Fraktionschef wettert gegen grünen „Gesinnungsterrorismus“

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STUTTGART. Angesichts der Pläne, das Thema sexuelle Vielfalt in den Bildungsplänen stärker zu gewichten, wirft der unter Druck stehende Chef der CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag, Peter Hauk, der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg vor, einen Kulturkampf zu schüren. Selbst Parteifreunde zeigen sich irritiert.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk hat die Grünen scharf attackiert und damit selbst in den eigenen Reihen Irritationen ausgelöst. «Die Grünen betreiben in allen Bereichen ihrer Politik einen Gesinnungsterrorismus», sagte Hauk. Die CDU werde aber Positionen nicht kampflos aufgeben. «Wenn nur noch normal und gesellschaftlich gewünscht ist, was sich die Grünen vorstellen, wird die Welt garantiert nicht besser.»

Peter Hauck
Steht angesichts der kommenden Fraktionswahlen unter Druck: CDU-Fraktionschef Peter Hauck. Foto:Sven Teschke / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

Die Grünen wiesen die Vorwürfe zurück und warfen Hauk vor, Ängste zu schüren, um sich selbst zu profilieren. Auch in Teilen der CDU kamen Hauks Äußerungen nicht gut an: Der Begriff des «Gesinnungsterrorismus» sei überzogen. Von «erbärmlichen Versuchen, Publicity zu erheischen», war in der CDU die Rede.

Hauk steht in den eigenen Reihen unter Druck. Am 8. April sind Fraktionswahlen. Der gelernte Forstwirt muss damit rechnen, dass Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) ihm den Chefsessel streitig macht. Wolf könnte Hauk damit im Kampf um die CDU-Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2016 aus dem Rennen schlagen wollen.

Noch ist aber unklar, ob Wolf sich um den Fraktionsvorsitz bewirbt. Auch haben sich Wolf und Hauk noch nicht öffentlich zur Spitzenkandidatur erklärt. Hingegen hat CDU-Landeschef Thomas Strobl seinen Anspruch darauf schon deutlich gemacht.

Unterdessen führte Hauk aus, er sehe einen «grünen Overload» im Land. Er verwies auf den «Veggie Day» und auf grün-rote Pläne, das Thema sexuelle Vielfalt und unterschiedliche Formen des Zusammenlebens im Schulunterricht stärker zu behandeln. «Die Landesregierung wirft uns vor, wir würden einen Kulturkampf anheizen», sagte Hauk und gab den Ball zurück an Grün-Rot: «Der Kulturkampf wird im Augenblick durch die Landesregierung angeheizt.» Diese habe schließlich die kritisierten Veränderungen im Bildungsplan initiiert.

Hauk warf der Landesregierung vor, das Thema sexuelle Vielfalt bewusst zu überhöhen. Damit fördere sie Unsicherheit, die in Protest münde. «Wir haben einen Vorschlag gemacht, wie man das Thema im gesellschaftlichen Konsens begradigen könnte: indem man das Leitprinzip Toleranz und nicht das Leitprinzip sexuelle Vielfalt im Bildungsplan aufnimmt», sagte er. Dagegen sträube sich Grün-Rot aber.

Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann entgegnete: «Herr Hauk stolpert und irrt durch das Land auf der Suche nach seinem eigenen Profil.» So habe der frühere Forstminister Hauk die Idee eines sogenannten Bürgernationalparks verfolgt, der aber kein Nationalpark sein könne, weil er nicht den Kriterien entspreche. «Dann hat er Castor-Transporte nach Gorleben gefordert, obwohl Gorleben im Standortauswahlgesetz als Zwischenlager ausgeschlossen ist. Das Gesetz hat der Bundestag mit den Stimmen der CDU verabschiedet.»

Zuletzt habe sich Hauk zum Thema Zuwanderung geäußert, dabei eine wirtschaftsfeindliche Haltung eingenommen und Menschen diskriminiert. «Für ein weltoffenes und tolerantes Baden-Württemberg steht er nicht», meinte Sitzmann. Die Grünen-Landeschefs Thekla Walker und Oliver Hildenbrand kritisierten, Hauk schüre Ängste. «Wir bitten Herrn Hauk, in Ruhe darüber nachzudenken, ob er mit dem Wort Gesinnungsterrorismus nicht wieder einmal über jegliches Ziel hinausgeschossen ist.» Seine Äußerungen seien ein Schlag ins Gesicht all jener Länder, in denen wirklich Gesinnungsterrorismus herrsche.

Angesichts des Streits frohlockte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. «Dieser Streit lässt tief blicken», kommentierte er am Sonntag. «All jene, die in Baden-Württemberg auf eine schwarz-grüne Traumhochzeit gehofft haben, müssen zur Kenntnis nehmen, dass daraus bereits heute ein Alptraum geworden ist.»

An diesem Montag will der CDU-Landesvorstand in Stuttgart über einen Termin für eine Mitgliederbefragung beraten, mit der der Kandidat gekürt werden soll. Der Termin soll nach jüngsten Angaben frühestens im Herbst 2014, spätestens vor der Sommerpause 2015 liegen. Eine Entscheidung fällt aber vielleicht erst bei der übernächsten CDU-Vorstandssitzung am 14. April – das wäre nach der Fraktionswahl.

Der Politikwissenschaftler Hans-Georg Wehling rät der CDU, die Frage der Spitzenkandidatur zeitnah per Mitgliederbefragung zu klären. Das Argument, bei einer frühen Kür bestehe die Gefahr, dass der Kandidat öffentlich zerrissen werde, zähle nicht mehr, sagte er der dpa. Die Debatte unter dem Deckel zu halten, sei ohnehin nicht mehr möglich, sagte Wehling. In der Partei und der Öffentlichkeit werde längst über das Thema gesprochen. (Bettina Grachtrup, dpa)

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