Kretschmann: Staat will niemanden zur Homosexualität erziehen

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STUTTGART. Kulturkampf im Ländle? Wieder gehen Hunderte auf die Straße, um für oder gegen die Aufwertung des Themas sexuelle Vielfalt im Schulunterricht zu demonstrieren. Grün-Rot will aber durchhalten.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die anhaltende Debatte um den grün-roten Bildungsplan als gefährlich eingestuft. «Ein Kulturkampf ist das Letzte, was ich will – schon gar nicht bei diesem Thema», sagte der Grünen-Politiker der «Zeit» (Donnerstag). Hinter den Plänen zur Stärkung des Themas Homosexualität im Schulunterricht stecke keine Umerziehung. «Wir können aber nicht zusehen, wie jemand diskriminiert wird.» Grün-Rot setze auf Aufklärung: «Selber denken, sich jederzeit in einen anderen denken – nur so können junge Menschen feste Standpunkte erwerben und anderen gegenüber tolerant sein.»

Will sparen: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: BÜNDNIS 90/Die Grünen/Flickr CC BY 2.0
Verteidigt seine Schulpolitik: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: BÜNDNIS 90/Die Grünen/Flickr CC BY 2.0

Am Wochenende gibt es in Stuttgart wieder Demos pro und kontra Bildungsplan. Wie schon Anfang Februar haben beide Seiten zu Protesten aufgerufen. Die Kritiker des neuen Bildungsplans haben für 14 Uhr eine Demo mit 500 Teilnehmern auf dem Schlossplatz angekündigt. Zur «Kundgebung für Vielfalt» auf dem Marktplatz werden zeitgleich 600 Teilnehmer erwartet. Anschließend planen diese einen «Schweigemarsch gegen das Vergessen im Gedenken an die Opfer heteronormativer Gewalt und geschlechtlicher Zwangszurichtungen».

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Er werde die Ängste der Menschen ernst nehmen, betonte Kretschmann in der «Zeit». Er werde auch das Gespräch mit ihnen suchen. «Ihre Ängste sind allerdings unberechtigt. Der Staat wird niemanden zur Homosexualität erziehen», sagte Kretschmann. Warum Menschen verschieden sind, müsse die Wissenschaft klären. Es habe immer biologische und soziokulturelle Ursachen. «Die Politik muss dafür sorgen, dass wegen solcher Unterschiede niemand diskriminiert wird. Das ist das Rechtsstaatsgebot.»

Was Kretschmann ärgert: In der Petition «Kein Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens», die von 190 000 Menschen unterzeichnet wurde, sei die Landesregierung mit Umerziehungsvorwürfen, «in die Nähe totalitärer Regime» gerückt worden. «Das geht ja wohl gar nicht.» Auch Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sprach jüngst von «unerträglichen Mails», die er erhalten habe und die mit dem Arbeitspapier zum Bildungsplan nichts zu tun gehabt hätten. «Von einer Übersexualisierung der Kinder in diesen Leitprinzipien kann doch keine Rede sein», sagte Stoch der «Badischen Zeitung».

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2 Kommentare
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Reinhard
10 Jahre zuvor

Die Argumente der Bildungsplan-Kritiker sind ganz gut in einem sehr kurzen Film zusammengefasst:
http://www.youtube.com/watch?v=1-w85YLm43I

Reinhard
10 Jahre zuvor

Vermutlich würden viele dem Ministerpräsidenten Kretschmann leichter glauben,
wenn er deutlich die „Queere Resolution“ der „Grünen Jugend“ – also der eigenen Partei – ablehnen würde. Siehe
https://www.gruene-jugend.de//node/17429#gothere