Medienkonsum: Jugendliche lesen doch noch Bücher

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MÜNCHEN/LEIPZIG. Auch wenn Unkenrufe in Gameboy, E-Books und Internet immer wieder den Tod des Buchs beschreien: Gedruckte Bücher haben für Jugendliche noch immer eine hohen Stellenwert. Fachleute fordern aber mehr Engagement von Lehrern und Eltern.

«Wenn einer in der Pause liest, ist er nie so anerkannt wie einer, der mit dem Gameboy spielt – um den stehen immer andere Kinder herum.» Konstantin galt an der Schule nicht als cool, wenn er ein Buch aus der Tasche holte. Doch der heute 17-Jährige hat sich davon nicht abhalten lassen – inzwischen ist er Mitglied der Leipziger Jugend-Literatur-Jury und empfiehlt damit seinen Altersgenossen, was sich zu lesen lohnt. Trotz Gameboys, Smartphone, E-Book: Während etwa die Umsätze mit Belletristik im vergangenen Jahr nach unten gingen, bleiben Kinder- und Jugendbücher in Deutschland ein Erfolgsgarant. Lesen ist beim Nachwuchs nicht out.

Lesendes Mädchen
Allen Unkenrufen zum trotz: Jungs und Mädchen halten dem Buch die Treue. Experten wünschen sich aber einen höheren Stellenwert für das Lesen im Unterricht. Foto: Georgios Jakobides / Wikimedia Commons

Auf der Leipziger Buchmesse ist das Bild seit Jahren gleich: Hunderte Kids und Teens umlagern die Verlagsstände, lauschen bei den Lesungen, schlendern mit ihrer Klasse, ihren Eltern oder mit Freunden durch die Hallen. «Ich lese aus Genuss, etwa einmal am Tag», berichtet Lorenz, einer von ihnen. Der Zwölfjährige aus Sachsen-Anhalt erzählt: «Ich spiele auch Nintendo. Aber ein Spiel oder einen Film guckst Du nur an – beim Lesen benutzt Du Deine Vorstellungskraft.» Sein Freund Gregor, der Romane und Historisches mag, sagt: «Das Lesen lenkt ab. Da denkt man mal nicht ans Spielen.»

Laut einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbandes Südwest von 2013 liest bei den 12- bis 19-Jährigen jedes zweite Mädchen, aber nur knapp jeder dritte Junge regelmäßig. Wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mitteilte, nimmt aber der Anteil der Jungen, die sich Bücher kaufen, unter den 10- bis 15-Jährigen zu. Er stieg zwischen 2009 und 2012 von 32 auf 36 Prozent.

Bei den Kinder- und Jugendbüchern gab es 2013 insgesamt ein Umsatzplus von 1,3 Prozent. Doch während Jugendbücher weniger gefragt waren als 2012 (minus 5,8 Prozent), gab es bei Kinderbüchern ein Plus von 5,4 Prozent und bei Bilderbüchern für die Kleinen eine Steigerung von 5,2 Prozent. «Die Bücher bieten eines, was Nintendo und Fernseher nicht haben: Die Kinder können sich konzentrieren – und machen etwas mit den Eltern zusammen», sagt Hajo Schwabe vom Verlag Gerstenberg («Kleine Raupe Nimmersatt»).

Trotz guter Zahlen für die Branche: Es gibt auch Stimmen, die mehr Engagement der Lehrer und Eltern fordern. Frank Maria Reifenberg, Buch-Autor und Lese-Workshop-Organisator, kritisierte etwa, dass dem Lesen im Schullehrplan zu wenig Beachtung geschenkt werde. «Es kommt immer auf das Engagement der Lehrer und Schulleiter an.» Silke Huge, Leiterin der Grundschule im sächsischen Niederlößnitz, berichtete, dass ihre Schüler jeden Morgen eine Viertelstunde früher zur Schule kommen dürfen – um dort zu lesen. Auch wenn manch Schüler dazu gedrängelt werden musste – inzwischen werde dieses Angebot sehr gut angenommen.

Lorenz aus Sachsen-Anhalt findet es schlecht, dass man an seiner Schule im Unterricht nur ein einziges Mal ein Buch vorstellen darf – nämlich in der 6. Klasse. «Um die Jugend mehr an Bücher heranzuführen, müsste es viel mehr solcher Vorträge geben», meint der Zwölfjährige. (Sophia-Caroline Kosel, dpa)

Zum Bericht: „Leipziger Lesekompass“ zeichnet 30 aktuelle Kinder- und Jugendmedien aus

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