Eltern sprechen über Amoklauf von Winnenden

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BERLIN. Fünf Jahre nachdem der 17-jährige Tim K. in Winnenden 15 Menschen tötete, sprechen die Eltern gegenüber der Welt am Sonntag über die Zeit nach dem Amoklauf. Auf Mitgefühl hoffen Sie nicht. Der Vater war wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

Lange haben sie nur das Nötigste gesagt: Zum ersten Mal seit dem Amoklauf von Tim K. in Winnenden und Wendlingen haben seine Eltern nun einen tieferen Einblick in ihre Gefühlswelt gegeben. Sie habe ihren Sohn schon lange vor der Tat im Jahr 2009 verloren, sagte die Mutter der «Welt am Sonntag». Sie bedauere sehr, dass ihr Sohn so viel Leid in die Welt gebracht habe. Warum das geschehen sei und warum sie als Eltern die Absichten ihres Sohnes nicht bemerkt hatten, könnten sie sich bis heute nicht erklären.

Gedenken vor der Albertville-Realschule in Winnenden. Foto: Ra Boe / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)
Gedenken vor der Albertville-Realschule in Winnenden. Foto: Ra Boe / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

Auf Mitgefühl hoffen sie aber nicht. Man könne natürlich nicht erwarten, dass jemand um ihren Sohn trauere oder ihn vermisse, wird die Mutter zitiert. Es sei aber nicht so, dass der Amokläufer von Winnenden nie geliebt worden sei und nun nicht mehr geliebt werde. Den Vater zitiert die Zeitung mit folgenden Worten: «Er fehlt mir so.»

Nach dem Amoklauf hatten die Eltern den Namen geändert, ihren Wohnort Winnenden in Baden-Württemberg zunächst verlassen und die Tochter auf eine Schule ins Ausland geschickt. Den Sohn haben die Eltern nach eigenen Angaben anonym in einem Friedwald bestattet. Die Polizei habe damals von einer normalen Beerdigung abgeraten. Es habe nicht garantiert werden können, dass das Grab nicht geschändet wird.

Zweimal im Jahr, an dem Geburtstag und dem Todestag von Tim K. fahren die Eltern dem Bericht zufolge zu dem Friedhof, auf dem ihr Sohn beigesetzt wurde und der ein paar Autostunden entfernt liegt. Vielleicht werde er es irgendwann schaffen, den Namen an das Grab seines Sohnes zu schreiben, sagte der Vater dem Blatt.

Der 17-jährige Tim K. hatte im März 2009 mit einer Waffe seines Vaters ein Blutbad mit 15 Toten angerichtet und sich selbst erschossen. Die meisten Menschen, acht Schülerinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen, ermordete er in seiner ehemaligen Schule, der Albertville-Realschule in Winnenden. Weitere drei Menschen tötete er auf seiner Flucht.

In einem Strafprozess war der Vater des Amokläufers wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte die Tatwaffe unverschlossen im Kleiderschrank aufbewahrt. Die Munition – Tim K. hatte bei dem Amoklauf 285 Kugeln dabei – hatte er im Nachttisch verstaut. (Holger Vieth, dpa)

zum Bericht: Winnenden: Ein Polizist erinnert sich – Stadt eröffnet Gedenkstätte

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