Brodkorb will Plagiate unter Strafe stellen

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GREIFSWALD. Es sei für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar, dass der Diebstahl von fünf Tüten Gummibärchen gravierender geahndet wird als der Diebstahl geistigen Eigentums. Hochschulen und Verbände haben aber Bedenken gegen die Änderung des Hochschulgesetzes.

Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) will härter gegen Betrug bei wissenschaftlichen Arbeiten vorgehen. «Ein Täuschungsversuch ist der größte Angriff auf das System der Wissenschaft», sagte Brodkorb auf der hochschulpolitischen Konferenz der Landesregierung mit rund 100 Vertretern von Hochschulverbänden, Hochschulen, Gewerkschaften und Politik in Greifswald. Brodkorb stellte ein sechs Punkte umfassendes Thesenpapier vor.

Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) will die strafrechtliche Verfolgung von Plagiatoren ermöglichen. Foto: GG-Berlin  / pixelio.de
Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) will die strafrechtliche Verfolgung von Plagiatoren ermöglichen. Foto: GG-Berlin / pixelio.de

Landesweit sollen demnach Plagiate in Doktorarbeiten strafbar werden. «Es ist für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar, dass der Diebstahl von fünf Tüten Gummibärchen gravierender geahndet wird als der Diebstahl geistigen Eigentums», sagte Brodkorb. Für eine strafrechtliche Verfolgung müsste das Landeshochschulgesetz geändert werden. Das stößt allerdings bei Hochschulen und Verbänden auf Kritik.

Aberkennungen von Doktortiteln bei Prominenten hatten eine bundesweite Debatte über den Umgang mit Plagiaten ausgelöst. Brodkorb sieht inzwischen andere Länder wie Hamburg oder Nordrhein-Westfalen bei der Schaffung klarer Regelungen als Vorreiter. «Ich kann mir nicht vorstellen, geringe Maßnahmen vorzusehen als andere Länder. Das wäre ein verheerendes Signal.»

Kritik an der geplanten Änderung des Landeshochschulgesetzes kommt von Hochschulen und Verbänden. Eine strafrechtliche Verfolgung wäre ein starker Eingriff in die Autonomie der Hochschulen, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbandes, Michael Hartmer. Man müsse jetzt aufpassen, dass das Kind jetzt nicht mit dem Bade ausgeschüttet werde.

Die Rektorin der Universität Greifswald, Johanna Eleonore Weber, sprach sich für klare Regeln der Qualitätssicherung aus, sieht aber die Forderung nach staatsanwaltschaftlicher Verfolgung ebenfalls kritisch. Vielmehr sei es wichtig, Standards der guten wissenschaftlichen Praxis zu gewährleisten und zu vermitteln, sagte sie. Mit Ombudsstellen gebe es hochschulinterne Systeme, die bei Verstößen agieren.

Die Hochschulen sollen laut Brodkorb dazu bei Promotionen eine eidesstattliche Erklärung verlangen, mit der der Verfasser bestätigt, ohne fremde Hilfe gearbeitet zu haben. Plagiate wären damit nach §156 Strafgesetzbuch eine Straftat: Eine falsche Versicherung an Eides statt wird laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet.

Der Strafrechtler und Greifswalder Professor Wolfgang Joecks hat rechtliche Bedenken an der vom Ministerium geplanten Regelung. Damit werde auch das fahrlässige Verhalten, also wenn jemand «schusseligerweise» vergesse eine Fußnote zu setzen, unter Strafe gestellt, sagte Joecks. «Drei Fälle von Prominenten können kein Anlass sein, eine ganze Generation unter Generalverdacht zu stellen.» (Martina Rathke, dpa)

zum Bericht: Plagiatsvorwürfe – und was aus ihnen wurde

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Laura | AMS Advocaten
9 Jahre zuvor

Ich gebe dem Kultusminister recht. Auch in den Niederlanden sind vor Kurzem Betrugsfälle ans Licht gekommen und das obwohl die Wissenschaft so wichtig und zuverlässig sein sollte. Das ist schädlich für den Ruf.