„Mein Lehrer mag mich nicht“: Was der Elternrat Vätern und Müttern von enttäuschten Schülern empfiehlt

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ORANIENBURG. Der Bundeselternrat empfiehlt Vätern und Müttern im Konfliktfall mit der Schule, sich genau zu informieren, wenn nötig das persönliche Gespräch zu suchen – und erst als letztes Mittel rechtliche Schritte einzuleiten.

«Mein Lehrer ist viel strenger mit mir als mit anderen. Der hat was gegen mich.» Viele Eltern kennen solche Äußerungen von ihren Kindern. Doch wie sollen sie darauf reagieren? Schließlich sind sie im Schulalltag nicht dabei. In erster Linie sollten sich Eltern viel Zeit für ein Gespräch mit ihrem Kind nehmen. «Die Eltern verschaffen sich so einen Überblick über die Situation und gewinnen einen Eindruck, wie dringlich ein Gespräch mit dem Lehrer ist», sagte Michael Töpler vom Bundeselternrat.

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Wissen Eltern, was genau vorgefallen ist, können sie in Ruhe abwägen: Reicht es, das Thema beim nächsten Elternsprechtag anzusprechen? Oder müssen sie es sofort klären? Um einen besseren Eindruck zu bekommen, könnTen sich Eltern untereinander austauschen. Berichteten andere Kinder auch von Problemen mit dem Lehrer? Falls ja, könnte beispielsweise der Elternvorsitzende mit dem Pädagogen sprechen. «Das Gespräch hat dann mehr Sachlichkeit, denn hier geht es nicht um mein Kind, sondern um das Problem an sich», sagte Töpler.

Ist doch ein persönliches Gespräch nötig, hält Töpler es für sinnvoll, dass das Kind dabei ist. Es sollte sich dann aber eher um ein Gespräch zwischen Lehrer und Schüler handeln, bei dem die Eltern dabei sind. Denn reden Erwachsene über das Kind, während es danebensitzt, fühle es sich schnell benachteiligt. Ein gutes Gespräch gelinge dann, wenn beide Seiten so sachlich wie möglich bleiben. Vorwürfe und Wut bleiben besser außen vor. Verschwinden die Probleme trotzdem nicht, könnten sich Eltern an die Schulleitung wenden, sagte Töpler. Auf jeden Fall sollten Mutter und Vater auf der Schulebene versuchen, die Unstimmigkeiten zu klären, bevor sie im Extremfall rechtliche Schritte einleiten. dpa

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mehrnachdenken
9 Jahre zuvor

Gute Ideen, aber die Praxis erweist sich leider oft genug als viel grausamer.

Da gibt es Eltern, die sich erst gar nicht an die Lehrkraft wenden, sondern sofort zur Schulleitung marschieren. Diese zieht die Lehrkraft aber nicht hinzu oder informiert sie wenigstens, damit sie zu den Vorwürfen Stellung nehmen kann. Die Sichtweise der Eltern wird somit nicht infrage gestellt. Bei passender Gelegenheit überrumpelt die Schulleitung die ahnungslose und verdutzte Lehrkraft mit den Anschuldigungen und droht mit Sanktionen. Wo bleibt in so einem Fall die oft strapazierte Fürsorgepflicht des/der Vorgesetzten? Wie steht’s dann mit dem ebenso oft zitierten Vertrauensverhältnis zwischen Schulleitung und Lehrkraft. Kann die Lehrkraft unter den skizzierten Arbeitsbedingungen überhaupt noch an der Schule arbeiten?

Nicht selten übergehen Eltern sowohl die Lehrkraft als auch die Schulleitung und wenden sich unmittelbar an den obersten Dienstherrn.

Ganz schlimm wird es, wenn Eltern und Schulleitung hinter dem Rücken der Lehrkraft oder Klassenleitung intrigieren.
Nach einem etwas turbulent verlaufenden Elternabend bat die Klassenleitung die Elternvertretung um ein Gespräch. Zum Erstaunen der Klassenleitung gaben die Elternverteter jedoch an, es sei alles in bester Ordnung.
Wochen später überreichte die Schulleitung der Klassenleitung kommentarlos einen verschlossenen Umschlag mit einem Beschwerdebrief der Eltern. Die Klassenleitung wurde aufgefordert, im Beisein von Schulleitung und Elternvertretern dazu Stellung zu nehmen. So nebenbei vermutete die Klassenleitung, dass der Beschwerdebrief sogar von der Schulleitung aufgesetzt worden war, da die Elternvertretung noch nicht einmal in der Lage war, ordnungsgemäß zu einem Elternabend einzuladen. Was war passiert?

Sowohl die Elternvertretung als auch die Schulleitung versicherten der Klassenleitung, diese umgehend über Unstimmigkeiten, Beschwerden usw. aus der Klassenelternschaft zu informieren. Dennoch lud die Elternvertetung telefonisch zu einem Elternabend in das Lehrerzimmer ein. Die Schulleitung war zeitweise anwesend. Das Beschwerdeschreiben brachten die Elternvertreter bereits mit.
Zwischen allen Beteiligten wurde bis zum Elternsprechtag (14 Tage später) Stillschweigen vereinbart. Am Tag nach dem Elternsprechtag erhielt die Klassenleitung das o.g. Schreiben von der Schulleitung.
Nach diesem Vorfall meldete sich die Klassenleitung krank und soweit ich weiß, wurde die Klassenleitung einige Zeit später aus Krankheitsgründen in den Ruhestand versetzt.

Das sind die schlimmen Geschichten in Deutschlands Schulen, über die jedoch kaum berichtet wird.

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor
Antwortet  mehrnachdenken

Innerhalb von wenigen Tagen wird jetzt bereits wieder ein Beitrag von mir überprüft. Wie darf ich das verstehen?

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Lieber Herr Priboschek,

vielen Dank für die klärenden Worte.

Beste Grüße

mehrnachdenken

realo
9 Jahre zuvor
Antwortet  mehrnachdenken

Sie sagen es! Danke für den anschaulichen Beitrag!

ysnp
9 Jahre zuvor
Antwortet  mehrnachdenken

Das was Sie beschreiben, mehrnachdenken, beweist mir wieder, wie wenig Lehrkräfte und – in dem geschilderten Fall – Führungspersonal auf solche Situationen vorbereitet sind und unprofessionell reagieren.
Zur einen Seite ist es wichtig, Eltern auf die sachliche Ebene zurückzuführen, deshalb sind die Vorschläge des Elternrats gut. Der Gang zum Anwalt scheint heute in viel mehr Köpfen zu sein und wird wegen Nichtigkeiten, die oft keinen Erfolg haben, aber Lehrer nervlich sehr belasten, auch versucht – vor vielen Jahren war es eher üblich mit „der Presse“ zu drohen.
Aber ich sehe auch von Lehrerseite her Weiterentwicklungsbedarf, nämlich die Weiterbildungen von Schulleitungen und Lehrkräften im professionellen Umgang mit Konflikten. In dieser Richtung sollte im Studium ebenfalls etwas angeboten werden. Nicht jeder ist ein Naturtalent und macht instinktiv das Angemessene.
Was mir bei den Ratschlägen noch fehlt, ist der Gedanke, dass man endlich einmal Lehrer nicht als Feinde ansieht. Hat man einmal dieses Bild aus dem Kopf, lassen sich Konflikte viel leichter lösen. (Vielleicht sollten sich so manche Eltern einmal klar darüber werden, dass niemand Lehrer geworden ist um Kinder zu quälen, sondern dass bei Konflikten eher verschiedene Sichtweisen aufeinandertreffen.)

realo
9 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Meiner Meinung nach geht es im geschilderten Fall weniger um unprofessionelles als charakterloses Handeln. Und das ist leider sehr verbreitet.

hilarus@t-online.de
9 Jahre zuvor

Sicher, der Vorschlag des Bundeselternbeirates ist gut gemeint, aber – spätestens gemessen an den Realitäten – kaum mehr als das.
Vor allem der Vorschlag, Eltern sollten sich „untereinander austauschen“ ist zweischneidig und stellt auch ein Gefahrenpotential dar.
(Vgl. hierzu die vor dem Hintergrund der Fälle „Nordhorn“, „Montessori“ und „Wormser-Kinderschänder-Ring“ gemachte Untersuchung „Schuldig bei Verdacht“ von Stefan Schulz-Hardt, Eberhard Höfer & Günter Köhnken – in der über die fatale Wirkungsweise von „Konfirmatorischem Hypothesentesten in Gruppen“ geforscht wurde.)

Aber immerhin: Der Vorstoß geht in die richtige Richtung. Ob er ausreicht, das offenbar tiefsitzende allgemeine Mißtrauen untereinander zu beheben?

@mehrnachdenken:
Wer sollte auch darüber berichten? Beamtete Lehrer selbst sind an den § 37 Beamtenstatusgesetz gebunden und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ich sammle in Zusammenarbeit mit KLIMA e.V. Hamburg seit einiger Zeit Vorfälle, bei denen es um verleumderische oder stark überzogenene Angriffe auf Lehrer geht. Fast alle wollen oder müssen dabei – gleich Ihnen – anonym bleiben. Danke daher für die Schilderung hier. Der Hergang folgt übrigens einem üblichen Schema.

@ysnp:
Ebenso dringend ist es, nicht nur Lehrer und Schulleitungen in diesem Sinne vorzubereiten. Denn wenn sich Eltern dennoch nicht von rechtlichen Schritten abhalten lassen, stellt man fest, daß Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte noch weniger Kompetenz in der Behandlung schulischer Auseinandersetzungen haben.
Allein aus diesem Grunde ist übrigens der Weg „vors Gericht“ für solcherart Konfliktbewältigung völlig untauglich.

Sie haben recht damit, daß es dringend notwendig ist, die „Erbfeindschaft“ zwischen den Beteiligten zu beseitigen. Das Bild vom „Lehrer“ ist immer noch klischeehaft. Und fast jeder ist in seinem Schüler-Leben schon einmal mit einem seiner Pädagogen aneinander geraten. Manchmal macht es den Eindruck, als wollten Eltern „alte Rechnungen begleichen“. Was sie als Schüler selbst nicht durften oder konnten, versuchen sie jetzt im Namen ihrer Kinder nachzuholen.
(Vgl. hierzu: Prof. em. Sacher von der Uni Nürnberg-Erlangen im SWR-Hörfunkbeitrag „Schulen vor Gericht – Warum Eltern zu juristischen Mitteln greifen“ von Mirko Smiljanic,Sendung vom Samstag, 2.11.2013 | 8.30 Uhr SWR2)