Abiturienten erstmals größte Gruppe unter angehenden Lehrlingen in Hamburg

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HAMBURG. Auf Hamburgs Ausbildungsmarkt bahnt sich ein Wandel an: Im vergangenen Jahr begannen erstmals mehr Abiturienten als Jugendliche mit einem mittleren Schulabschluss eine Lehre. Am beliebtesten waren einmal mehr die kaufmännischen Berufe.

Insgesamt haben sich im vergangenen Ausbildungsjahr 5028 Frauen und Männer für eine Ausbildung statt für ein Studium entschieden, wie Schulsenator Ties Rabe bei der Präsentation des Ausbildungsreports 2013/2014 sagte. Das seien 38,1 Prozent aller 13 196 neuen Lehrlinge gewesen. Die übrigen Ausbildungsplätze verteilten sich zu 34,4 Prozent auf Jugendliche mit einem mittleren (4539) und zu 23,6 Prozent auf Frauen und Männer mit einem ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (3117). 2,8 Prozent oder 367 der angehenden Auszubildenden hatten gar keinen Abschluss.

Schulsenator Rabe sieht dennoch keine Gefahr, dass Abiturienten Lehrstellenbewerber mit einem geringeren Schulabschluss verdrängen könnten. Die langfristige Entwicklung zeige, dass die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber insgesamt zurückgehen werde, sagte Rabe. Künftig werde es also eher leichter, einen Ausbildungsplatz zu bekommen – sofern der Bewerber ausbildungsfähig ist. «Das ist ein Geben und Nehmen: Da müssen die Betriebe hin- und wieder Abstriche machen, sie müssen sich auch stärker auf junge Menschen einstellen. Umgekehrt ist die Schulwelt gefordert, die Bildung zu verbessern.»

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Ursache für die vielen Abiturienten unter den Neu-Lehrlingen ist laut Rabe auch die hohe Zahl an anspruchsvollen Ausbildungsberufen in Hamburg. «Viele Ausbildungsberufe setzen das Abitur voraus. (…) Das gilt übrigens sogar für das Handwerk.» Dort hätten bereits rund 16 Prozent der Auszubildenden die Hochschulreife. Ungewöhnlich viele Berufsanfänger mit Abitur stammten zudem aus anderen Bundesländern. Stellten die «Auswärtigen» sowieso schon 42 Prozent aller neuen Auszubildenden, hätten zudem 52 Prozent von ihnen die Hochschulreife.

Auch im vergangenen Jahr waren in Hamburg die kaufmännischen Berufe bei den Jugendlichen am beliebtesten, sagte Rabe. Sie belegten die Plätze eins bis fünf im Ranking unter den am meisten nachgefragten Branchen. Erst auf Platz sechs kamen den Angaben zufolge die Hotelfachleute. Der beliebteste Handwerksberuf war der Kraftfahrzeugmechatroniker auf Platz neun. Insgesamt sei im vergangenen Ausbildungsjahr ein leichter Rückgang bei den Lehrstellen verzeichnet worden (minus 4,4 Prozent) – wobei bei den Pflegeberufen und den angehenden Erziehern dennoch ein Plus von 9,2 beziehungsweise 4,8 Prozent festzustellen gewesen sei. dpa

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xxx
9 Jahre zuvor

Die Verdrängung klassischer Lehrberufe durch Abiturienten hat doch schon längst stattgefunden, indem viele Ausbildungen das Abitur aus rein fachlicher Sicht unnötiger Weise voraussetzen. Schon aus diesem Grund sind die Eltern nahezu freiwillig verpflichtet, ihre Kinder wenn irgend möglich auf das Gymnasium zu schicken.

dickebank
9 Jahre zuvor

Für die AG kann das nur gut sein. Abiturienten brauchen nämlich dann nur einen Tag an die Berufsschule, da sie den allgemeinbildenden Teil de Brufsschulunterrichtes ja nicht machen müssen. Welchen Sinn hat es auch, dass die Abiturienten den Deutsch-, Englisch-, Mathematik-, Religions- und vor allem Sportunterricht im Rahmen der berufsschule noch einmal wiederholen sollen?

Die einzige Möglichkeit für Abiturienten in Ausbildungsberufen dieser Dopplung zu entgehen, ist es, den Betriebsassistenten z.B. im Handwerk zu machen. Die Ausbildungsinhalte entsprechen dem 3. Teil der Meisterprüfung und müssen auf diese bei erfolgreichem Abschluss später angerechnet werden.

Küstenfuchs
9 Jahre zuvor

Das ist nur die Weiterfühung der „Abitur für alle“-Politik. Jedem Gymnasiallehrer heute ist klar, dass höchstens 70% der Abiturienten auch studierfährig sind.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Das spricht aber eher gegen die Studienräte und ihre pädagogischen Leistungen.

Die Studienräte verfahren hier gerne nach dem Motto „Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, dann ist die badehose schuld.“

Reinhard
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Sind Sie der Meinung, dass jeder und jede dazu fähig ist, abstrakt zu denken, täglich viele Stunden zu lernen und sich mit Ideen und Texten zu befassen, Gedanken und Fakten nach wenigen Wiederholungen zu erinnern und mit dem bisher Bekannten zu verknüpfen, sich selbständig zum Arbeiten zu motivieren und selbst herauszufinden, wie man sich ein neues fremdes Thema erarbeitet?
Das gehört zur Studierfähigkeit.
Wenn eine(r) das nicht kann oder will, ist dann der Studienrat schuld?

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

„dickebank“ folgt hier wohl der Behauptung von z.B. Prof. G. Hüther, dass alle Kinder hochbegabt seien.
Ich pflege dann immer zu entgegnen, dass ich trotz einer Rundumbetreuung niemals ein Mathestudium geschafft hätte.

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Ich stimme Ihnen voll zu und habe (darüber hinaus?) Zweifel, dass dies bei 50% aller Schüler eines Jahrgangs — eben dem Anteil der Abiturienten — auch tatsächlich der Fall ist. Die Politik sieht das natürlich anders, weil sie u.a. durch Abschmelzen der Abituranforderungen die Schüler so intelligent gemacht hat, dass so viele das Abitur auch tatsächlich bestehen.

@ dickebank: Natürlich braucht man sehr gute Schwimmlehrer um das Schwimmen in kurzer Zeit sicher zu erlernen. Aber auch die beste Badehose verfehlt ihren Zweck, wenn es sie nicht in der passenden Größe gibt.

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

In den 60er Jahren brachten wir uns das Schwimmen selber bei, indem wir zunächst vom Startblock kopfüber ins Wasser sprangen und uns dann an einem Rohr zur Treppe zogen. Schließlich schafften wir die Strecke sogar vom letzen Starblock. Bald darauf konnten wir tatsächlich schwimmen – ganz ohne Hilfe oder Schwimmmeister.
Waren wir nun besonders intelligent bzw. motorisch begabt oder wie kann dieses Phänomen erklärt werden?

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Natürlich können das nicht viele. Ist mir auch schon bei diversen KollegInnen aufgefallen, aber ich wollte sie öffentlich nicht so hinhängen.