Strukturdebatte ohne Ende: Rot-Grün und Schwarz-Gelb liefern sich Grabenkampf

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HANNOVER. CDU und FDP fürchten um die Privilegien der Gymnasien in Niedersachsen – SPD und Grüne sehen keine Alternative zu einer neuen Schullandschaft: Bei der Debatte im Landtag zu Hannover geht es hoch her.

Sinkende Schülerzahlen erfordern aus der Sicht von SPD-Kultusministerin Frauke Heiligenstadt eine umfassende Reform des niedersächsischen Schulgesetzes. «Die Schullandschaft muss neu gestaltet werden», sagte sie im Landtag in Hannover. Das für 2015 angekündigte Schulgesetz diene dazu, das Schulsystem in Niedersachsen «richtungsweisend und nachhaltig zu verbessern».

CDU und FDP hatten zuvor die Pläne, die unter anderem Gesamtschulen als Ersatz für andere Schulformen vorsehen, heftig attackiert. «Sie legen die Axt an am Schulsystem in Niedersachsen», sagte CDU-Bildungspolitiker Kai Seefried. Die Gymnasien im Land seien in ihrer Existenz noch nie so gefährdet gewesen wie heute. «Sie reden von Bildungsgerechtigkeit, was sie aber machen ist nichts anderes als eine selbstgerechte Politik», betonte Björn Försterling (FDP).

«Sie gehen in die Schützengräben der Strukturdebatte zurück», wies Heiligenstadt die verbalen Angriffe der Opposition zurück. CDU und FDP würden mit ihrem Vorwurf, das Gesetz habe die Schwächung der Gymnasien zum Ziel, nur Panikmache betreiben. Die gesellschaftlichen Veränderungen würden ein Handeln erzwingen, CDU und FDP würden aber die Augen davor verschließen. «Die Opposition trägt die Ideologie des letzten Jahrhunderts vor», betonte Heiligenstadt.

Nicht wie behauptet die Gymnasien, sondern Haupt-, Real- und Oberschulen würden die Gleichberechtigung der Gesamtschulen zu spüren bekommen, sagte der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Heiner Scholing. Im Gegensatz zu den Gymnasien litten diese Schulen bereits jetzt unter einer sinkenden Nachfrage, wenn es eine Alternative in Form einer Gesamtschule gebe.

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Die Schulgesetznovelle soll laut Heiligenstadt zum Schuljahr 2015/2016 greifen. In den kommenden Wochen soll ein erster Entwurf des Gesetzes veröffentlicht werden. Darin werde, so sagte Scholing, neben dem Passus zur Gesamtschule auch die Abschaffung der sogenannten Schullaufbahnempfehlung verankert sein. Zudem sollen Grundschulen künftig wieder die Möglichkeit bekommen, nach einem Schuljahr anstelle eines benoteten Zeugnis für jeden Schüler ausformulierte Lernentwicklungsberichte vorzulegen.

«Ich werde es nicht zulassen, was die Opposition mit einem mehr als durchsichtigen Manöver versucht: nämlich die Gymnasien gegen die Gesamtschulen gegeneinander auszuspielen», sagte Heiligenstadt. Beide Schulformen hätten einen sicheren Platz in der Bildungslandschaft, und beide Schulformen würden durch die Reform deutlich gestärkt – «die Gesamtschulen genauso wie die Gymnasien.»

Der Verband der niedersächsischen Lehrkräfte kündigte eine kritische, aber sachorientierte Auseinandersetzung mit der Novelle an. Der Verband verkenne dabei nicht die Auswirkungen des demografischen Wandels im Schulbereich. Dieser dürfe aber nicht dazu missbraucht werden, eine Schulform einseitig zu begünstigen. dpa

Zum Interview: Bedroht Rot-Grün das gegliederte Schulesystem? Weil: „Quatsch“

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1 Kommentar
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mehrnachdenken
9 Jahre zuvor

Vielleicht sollten die Niedersachsen auch mal die Bürger fragen!!
In Bayern wollen bestimmte Kräfte das Bildungssystem auch ständig verändern. Die Umfrage unter Bayerns Bürger dürfte diese Leute nicht zufrieden stellen.

„Bayerns Bürger sind nach einer neuen Umfrage im CSU-Auftrag weitgehend zufrieden mit dem bayerischen Bildungswesen. Außerdem sind offensichtlich vielen Bürgern im Bildungswesen ganz andere Dinge wichtig als von Verbänden, Politikern und Medien diskutiert. Das haben die Meinungsforscher von infratest dimap für die CSU-Landtagsfraktion (zu ihrer offenkundigen Freude) bei einer repräsentativen Befragung von 1500 Bürgern herausgefunden, darunter 600 Eltern. «Ganz offensichtlich sind die Schulen und die Ausbildungssysteme besser als ihr Ruf», sagte infratest-Geschäftsführer Richard Hilmer bei der CSU-Klausur in Kloster Banz.“