Whistleblower Snowden wird kein Ehrendoktor in Rostock

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ROSTOCK. Der Streit zwischen der Philosophischen Fakultät und dem Rektor der Uni Rostock zog sich über Wochen. Schließlich musste das Bildungsminsterium entscheiden und sagte nein zur Ehrenpromotion für Ex-Geheimdienstler Edward Snowden. Während Unirektor Scharek sich damit durchgesetzt hat und das gute Verhältnis zur Fakultät betont, erwägt die den Gang vors Gericht.

Die Philosophische Fakultät der Universität Rostock ist mit ihrem Vorhaben gescheitert, dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) schloss sich am Mittwoch der zuvor von Unirektor Wolfgang Schareck geäußerten Meinung an, dass die Veröffentlichung von Daten des US-Geheimdienstes NSA durch Snowden nicht als wissenschaftliche Leistung anzuerkennen seien. Dies verlange aber das Landeshochschulgesetz. Noch ist unklar, ob das Verfahren damit endgültig abgeschlossen ist.

Edward Snowden habe uns „wie ein Kolumbus des Digitalzeitalters, ein Wissen eröffnet, von dem wir vielleicht etwas geahnt haben, aber in dieser Dimension nichts gewusst haben“, so die Philosophische Fakultät der Universität Rostock Foto: TheWikiLeaksChannel /Wikimedia Commons (CC-BY-3.0)
Die Leistungen Edward Snowdens rechtfertigen nach Meinung des Bildungministeriums in Mecklenburg-Vorpommern keine Ehrenpromotion. Vertieft sich nun der Graben zwischen Fakultät und Rektor an der Uni Rostock? Foto: TheWikiLeaksChannel /Wikimedia Commons (CC-BY-3.0)

Die Fakultät hatte im April beschlossen, dem als «Whistleblower» bekanntgewordenen Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Er habe mit der Bekanntgabe der NSA-Praktiken die Funktion eines klassischen Aufklärers erfüllt. Schareck hatte als Rechtsaufsicht das Verfahren gestoppt.

Snowden lebt in Moskau, seine Aufenthaltsgenehmigung war Anfang August für drei Jahre verlängert worden. Zuvor war das vorübergehende Asyl abgelaufen. Washington fordert Snowdens Rückkehr in die USA.

Brodkorb stellte klar, dass das Handeln Snowdens nicht nur ein hohes Maß an Courage erfordere, sondern auch das Wissen über geheimdienstliche Tätigkeiten stark verändert hat. «Gerade in einer sich zunehmend digitalisierenden Welt hat das Handeln Edward Snowdens daher erhebliche Auswirkungen – auch auf die Wissenschaft.»

Der Dekan der Philosophischen Fakultät, Hans-Jürgen von Wensierski, zeigte sich tief enttäuscht über die Entscheidung. «Die Begründung von Minister Brodkorb wird den Leistungen Snowdens nicht gerecht» sagte er. Snowden habe eine Leistung von großer, historischer Bedeutung erbracht, deren Auswirkungen weltweit zu spüren seien. Er habe einen enormen Datenumfang erfasst und damit umgehen können. Es sei eine grandiose Leistung, die Tätigkeit der NSA als gesellschaftliches Problem zu erkennen und daraus ein eigenes aufklärerisches Programm zu entwickeln.

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Schareck begrüßte die Entscheidung Brodkorbs. Die Leistung Snowdens sei hoch zu bewerten, und es müsse ihm ein hohes Maß an Zivilcourage zugestanden werden. Er begrüßte es auch, dass dies in der Fakultät thematisiert wurde. Allerdings habe die Fakultät nicht plausibel erklären können, dass Snowdens Leistungen mit den gesetzlichen Vorgaben zur Wissenschaftlichkeit in Einklang gebracht werden könnten.

Schareck betonte, dass das Verhältnis zwischen Rektorat und Fakultät sehr gut sei. «Wir sind uns nur in der Interpretation des Landeshochschulgesetzes uneins gewesen, das hat nichts an dem gegenseitigen Respekt geändert.»

Auch der CDU-Landesvorsitzende Lorenz Caffier begrüßte Brodkorbs Entscheidung. Wäre sie anders ausgefallen, hätte die Reputation einer der ältesten Universitäten Deutschlands womöglich Schaden genommen, meinte Caffier.

Von Wensierski schloss als nächsten Schritt den Gang vor ein Gericht nicht aus. Brodkorb habe zwar die Rechtsaufsicht über das Verfahren. Es würden aber in der Begründung keine Verfahrensfehler aufgeführt, wie dies notwendig sei. Das Ministerium bestehe dagegen auf der Meinung, dass keine wissenschaftlichen Leistungen vorliegen. «Das macht mich ratlos. Wer entscheidet darüber, was eine wissenschaftliche Leistung ist – das Ministerium oder die Wissenschaftler?» Das Vorgehen Brodkorbs sei ein tiefgreifender Eingriff in die Wissenschaftsautonomie einer Fakultät. (dpa)

zum Bericht: Snowden-Promotion: Entscheidung nach der Somerpause

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1 Kommentar
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Reinhard
9 Jahre zuvor

Wie, „wissenschaftliche Leistungen…“ für einen Doktortitel!?? Ist das nicht eine unterträgliche Pingeligkeit gegenüber den Rettern der Menschheit?

Immerhin hat Snowden “ einen enormen Datenumfang erfasst und damit umgehen können.“ – also wahrhaft kompetenzorientiert gearbeitet!