Zum Schuljahresbeginn in Niedersachsen: Philologen kündigen Widerstand gegen Schulgesetzänderung an

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HANNOVER. Die Verbesserung der Schulqualität und damit der Zukunftschancen der Schüler muss nach Auffassung des Philologenverbandes Niedersachsen zentrales Ziel aller schulpolitischen Entscheidungen im neuen Schuljahr sein. Keine Abstriche bei den Leistungsanforderungen, endlich kleinere Klassen und Kurse sowie eine Gestaltung des wieder eingeführten 13. Schuljahrs an Gymnasien im Sinne eines vertieften und gründlicheren Lernens seien daher die Hauptforderungen des Philologenverbandes an die Landesregierung, erklärte der Vorsitzende der Lehrerorganisation, Horst Audritz, in einer Erklärung zum Schuljahresbeginn.

„Gemessen an diesem Maßstab können wir der Kultusministerin derzeit keine guten Noten geben“, führte Audritz dazu aus. Zwar sei die Rückkehr zu G9 eine richtige, ohne den enormen Druck des Philologenverbandes, der Eltern und Teilen der Wirtschaft aber kaum gefällte Entscheidung gewesen. Ganz daneben liege das Ministerium aber mit dem Plan, die Leistungsanforderungen in der gymnasialen Oberstufe erheblich zu reduzieren und auf ein „Abitur light“ zuzusteuern. Damit ignoriere man nicht nur die Kritik von Hochschulen und Wirtschaft, sondern erweise letztlich auch den Schülern einen Bärendienst.

Nach wie vor sei das Gymnasium die Schulform mit den höchsten Klassenstärken im Sekundarbereich I und stehe im Bundesvergleich auf einem unrühmlichen dritten Platz, kritisierte Audritz. Daran ändere auch die bereits von der Vorgängerregierung beschlossene Herabsetzung der Klassenstärken in der Mittelstufe von 32 auf 30 nichts, da es sich dabei lediglich um die Rücknahme der Erhöhung von 2004 handele, die aber nur aufsteigend erfolge. In Klasse 9 gelte weiterhin eine Klassenstärke von 32 Schülern, in der zweiten Fremdsprache sogar von 34 Schülern. Auch eine Senkung der 2004 erhöhten Kursstärken in der Oberstufe sei dringend erforderlich, werde aber von der Landesregierung kategorisch verweigert.

Die Verbesserungen im Ganztagsbereich würden überwiegend mit Geld bezahlt, das man den Lehrkräften, vor allem den Gymnasiallehrern, unter dem Bruch früherer Zusicherungen aus der Tasche gezogen habe. Dies habe große Erbitterung in der Lehrerschaft hervorgerufen und deren Verhältnis zur Landesregierung tief und nachhaltig gestört. Wer dazu wie die Ministerin in diesen Tagen die zynische Behauptung aufstelle, dass die Lehrkräfte in diesem Schuljahr besser dastünden als noch vor kurzem, zeige einen mehr als bedenklichen Realitätsverlust. Das von der unter Druck geratenen Ministerin eiligst geschnürte sog. „Entlastungspaket“ sei eine einzige Mogelpackung unverbindlicher Absichtserklärungen und Maßnahmen ohne Wert. „Gegen die willkürliche Arbeitszeiterhöhung gehen wir jetzt mit juristischen Mitteln vor; einen Streik beamteter Lehrer lehnen wir dagegen als rechtwidrig nachdrücklich ab“, betonte der Vorsitzende des Philologenverbandes.

Mit besonderer Schärfe kritisierte Audritz die bekannt gewordenen Pläne der rot-grünen Landesregierung für eine Änderung des Schulgesetzes, die nur als massiver Angriff auf die Leistungsfähigkeit des gesamten Schulwesens und die Existenz vieler Gymnasien bezeichnet werden könnten.

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Die mit der Schulgesetznovelle geplante Abschaffung des Sitzenbleibens und Abschaffung der Möglichkeit, am Gymnasium überforderte Schüler an eine andere Schulform zu überweisen, sowie die starke Reduzierung schriftlicher Arbeiten in der gymnasialen Oberstufe würden zwangsläufig zu einer Senkung der Leistungsqualität führen. In die gleiche Richtung gehe das Vorhaben, die Leistungsbenotung in der Grundschule durch unklare, wenig aussagekräftige Lernentwicklungsberichte zu ersetzen und die ganz überwiegend zuverlässige Schullaufbahnempfehlung am Ende der Grundschule völlig abzuschaffen. Anstelle des pädagogischen Leistungsprinzips solle offensichtlich eine Verwöhn- und Gefälligkeitspädagogik treten, deren miserable Ergebnisse etwa an den Resultaten langjährig rot-grün regierter Bundesländer bei PISA und anderen Leistungsvergleichen abzulesen seien.

Scharf kritisierte Audritz auch das rot-grüne Vorhaben, der integrierten Gesamtschule den Status einer alle anderen Schulformen „ersetzenden“ Schule zu geben. Damit werde besonders für den ländlichen Bereich eine Handhabe geschaffen, „gymnasialfreie Zonen“ zu errichten, in denen den Eltern jede Schulwahlfreiheit genommen sei. Dies sei ein nachhaltiger Schritt auf dem Weg zur Einheitsschule, die nach wie vor das langfristige Ziel von SPD und Grünen sei.

Audritz appellierte an die rot-grüne Landesregierung, ihre derzeitigen Pläne aufzugeben und kündigte massiven Widerstand gegen die Schulgesetznovelle nicht nur von Lehrern und Eltern an: „Wir brauchen Schulen, die ihre Schüler auf die Anforderungen in Beruf und Hochschule optimal vorbereiten. Deshalb ist Leistungsabbau mit uns nicht zu machen.“ Rot-Grün müsse sich endlich von dem Ziel der Einheitsschule verabschieden, die nicht dem Mehrheitswillen der Eltern und Bevölkerung entspreche und zu einem deutlichen Absinken der Leistungsergebnisse führen würde.

Zum Bericht: Vorbild NRW – Jetzt klagen auch in Niedersachsen die Beamten auf höhere Bezüge

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sabine
8 Jahre zuvor

Herr Audritz!
Ich glaube, Sie haben keine Kinder im schulfähigen Alter! Mich befremdet außerdem Ihre Herzenskälte, mit der Sie das Sitzenbleiben einfordern! Haben Sie schon einmal miterlebt, wie ein Kind leidet, wenn es sitzengeblieben ist? Ich glaube nicht! Im letzten Jahr blieb in der Klasse meines Sohnes ein Junge sitzen, er weinte bitterlich beim Erhalt seines Nicht-Versetzungszeugnisses.
Wie grausam sind SIE, HerrAudritz!
Ich kritisiere Ihre nichtvorhandene Menschlichkeit!
Die Behauptung, unsere Kinder können damit dem Arbeits- und Studentenleben nicht standhalten, ist haltlos! Ältere Semester, die in der Schule weitaus weniger lernten, kamen auch gut klar. Außerdem wird der ganze Schulstoff eh wieder vergessen, insbesondere dann, wenn er im Schnellmarsch eingeprügelt wird! Denken Sie mal darüber nach!!

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  sabine

Wie leiden andererseits Kinder, die sich mit Mühe und Not (und dank gnädiger Lehrer) ins nächste Schuljahr kämpfen? Die trotz Nachhilfe in x Fächern in den Klassenarbeiten maximal eine 4 schaffen? Es gibt auch Kinder, denen die Wiederholung sehr gut tut, z.B. weil sie der alte Klassenverband im Gegensatz zum neuen am Lernen gehindert hat. Außerdem darf man nicht vergessen, dass es Eltern gibt, die ihre eigenen verfehlten schulischen Erfolge in ihre Kinder projizieren und sie daher an eine Schulform schicken, an die sie genetisch bedingt überfordert sind. Das zeigt sich häufig schon in Klasse 5, wo die Note 4 in einer Klassenarbeit die absolute Ausnahme sein sollte, aber gerade bei solchen Kindern eher die Regel ist. Ich beziehe mich da auf Kinder an einem Gymnasium in NRW, die trotz Realschulempfehlung (nicht einmal die eingeschränkte Gymnasialempfehlung) von den Eltern gegen den ausdrücklichen Rat der Schulleitung vom Gymnasium genau dort angemeldet wurden.

sabine
8 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

xxx: Mir ist nicht bekannt, dass Kinder mit Realschulempfehlung auf ein Gymnasium gehen! Die NRW-Gymnasien nehmen nur mit Gymnasialempfehlung auf, da sie nur begrenzte Plätze haben. So ist mal ein Junge mit eingeschränkter Gymnasialempfehlung auf unserem Gymnasium abgelehnt worden, obwohl er ganz in der Nähe wohnt. Meistens sind es die Schüler selbst, die auf das Gymnasium wollen. Da wird sich auf dem Schulhof unterhalten: Wie auf so eine schlechte Schule willst du gehen?

Generell finde ich die Aufteilung in doof, mittelschlau und schlau (Gymnasium) absurd. Es entspricht nicht meiner menschlichen Ethik eine solche Einstufung gut zu finden. Da fängt es schon mal an. In USA gehen alle Kinder auf ein und dieselbe Schule, eine Aufteilung in doof (Hauptschule), schlau (Gymnasium) gibt es dort nicht. Die Kinder merken genau, wie sie klassifiziert werden.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  sabine

Je nach Stadt in NRW ist das durchaus möglich, in besonders „versnobten“ Stadtteilen machen die Eltern auch so lange Druck, bis die Grundschullehrerin doch die Gymnasialempfehlung auf das Zeugnis schreibt.

Die USA als Beispiel zu nennen, ist so ziemlich das Falscheste, was Sie tun konnten. Wer es bezahlen kann, schickt dort sein Kind auf eine Privatschule. Ferner hängt die finanzielle Ausstattung einer öffentlichen Schule vom Steueraufkommen im Stadtbezirk ab, was bei reichen Stadtteilen zu guter, in Problemvierteln zu umso schlechterer Ausstattung führt. Das Niveau auf der US-amerikanischen Highschool ist vergleichbar mit dem der deutschen Sekundarschule, also tendenziell niedriger als auf einer deutschen Gesamtschule und (noch) breiter gestreut.

Den Begriff „doof“ finde ich falsch gewählt, „dumm“ (bezogen auf den Intellekt, nicht beleidigend gemeint) ist besser. Doof im übertragenen Sinne sind eher die Eltern, die ihr Kind auf eine Hauptschule schicken, wenn es eine Gesamtschule in der Nähe gibt. Dort kann es auch den Hauptschulabschluss ablegen, hat aber ohne Schulwechsel noch alle Chancen auf mehr.

Mississippi
8 Jahre zuvor
Antwortet  sabine

Doch, nachdem in BaWü der Notendurchschnitt abgeschafft wurde, schicken Eltern ihre Kinder auch mit Hauptschulempfehlung aufs Gymnasium. Die Grundschule berät die Eltern (freiwillig), die Klassenkonferenz verfasst eine schriftliche Empfehlung, die nur die Familie sieht und die keiner weiterführenden Schule vorgelegt werden muss und die Eltern melden die Kinder bei der Schule ihrer Wahl an. Vorgelegt werden muss nur die Geburtsurkunde. Uns Grundschullehrerinnen stehen manchmal die Haare zu Berge.

malum
8 Jahre zuvor
Antwortet  sabine

Ich habe schon mal erlebt, „wie ein Kind leidet, wenn es sitzengeblieben ist“, Sabine, und zwar am eigenen Leib. Davon habe ich hier bei n4t schon einmal geschrieben.
Ihre Vorwürfe gegen Herrn Audritz kann ich nicht teilen. Sie sind m. E. anmaßend und unfair. Dieser Umgangsstil mit Personen, deren Meinung einem nicht passt, ist zwar Mode, aber falsch.
Jemandem Herzenskälte, Grausamkeit und fehlende Menschlichkeit vorzuwerfen, weil er das Sitzenbleiben nicht grundsätzlich ablehnt, geht zu weit. Immerhin gibt es Sachargumente, die es wert sind, betrachtet und beachtet zu werden.
Darum noch einmal zu mir und meinem Sitzenbleiben: Ich habe damals in der Tat gelitten. Tränen gab es auch. Dennoch stellte sich das Ganze im Nachhinein als Segen heraus. Nach Jahren des täglichen Gefühls von Überforderung und Minderwertigkeit stellte sich schon nach relativ kurzer Zeit große Erleichterung ein. Ich hatte plötzlich Erfolgserlebnisse, weil ich den ganzen Schulstoff eben nicht total vergessen hatte. Vieles war hängengeblieben und half mir, gut mitzuhalten und mich endlich wieder wohlzufühlen. Bis zum Abitur änderte sich daran nichts Wesentliches, zumal ich wieder Lernfreude entwickelte.
Meinen Eltern bin ich bis heute dankbar, dass sie hinter meinem Sitzenbleiben standen und mir oder der Schule nie Vorwürfe machten. Sie reagierten gelassen und strahlten die Überzeugung aus, dass mir eine Klassenwiederholung gut tun wüde.
Das Sitzenbleiben wird für jedes Kind zunächst immer schmerzlich sein, was jedoch nicht heißt, dass eine Klassenwiederholung grundsätzlich sinnlos sein muss oder sogar einen Akt der Grausamkeit darstellt. Aus meiner Erfahrung möchte ich sagen, dass die Haltung der Eltern ganz entscheidend ist. Je mehr Tamtam sie um die Sache machen und ausstrahlen, desto mehr wird das Kind auch leiden.
Überhaupt bin ich der Ansicht, dass es nicht gut ist, Kindern alle Steine aus dem Weg zu räumen und sie grundsätzlich vor unangenehmen Erfahrungen bewahren zu wollen. Auch bitterliches Weinen ist nicht immer ein schlagendes Argument.

sabine
8 Jahre zuvor
Antwortet  malum

Malum,
was würden Sie denken, wenn IHR EIGENES Kind sitzenbleibt und heulend vor Ihnen steht??
Ist Ihnen eigentlich klar, wie kalt, herzlos und mitleidlos Sie sind? da nützt es auch nichts zu sagen, man könne doch später (vielleicht, was auch noch nicht erwiesen ist) besser mitkommen. Ein Kind sollte nach Absprache mit den Eltern SELBST entscheiden, ob es die Schulform wechselt. Ich würde mein Kind lieber auf eine andere Schulform schicken als so ein erbarmungsloses Sitzenbleiben! Es muss sich mit jüngeren engagieren und zuschauen, wie die anderen eine Klassenstufe weitergekommen sind.
Ich stimme Ihnen keineswegs zu, dass Sitzenbleiben was Gutes hat. Lieber schlechte Noten als Sitzenbleiben!!! Ein Kind reift und kann sich auch noch verbessern. Und wenn nicht, sollten die Eltern eine andere Schulform oder eine Privatschule in Betracht ziehen. Aber keinen Zwang! Das ist Mittelalter und hat nichts mit Nächstenliebe zu tun!

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  sabine

Wenn ein Kind auf dem Gymnasium die Versetzung nicht schafft, heißt es noch lange nicht, dass es mit denselben Noten in den Fächern der Realschule dort doch versetzt worden wäre. Sie haben aber Recht: Ein Kind _kann_ reifen und besser werden, muss aber nicht. Es kann sich — wie malum schrieb — auch immer weiter quälen. Das hängt vom Einzelfall ab und die Klassenleitung bespricht die Situation im Vorfeld mit den Kollegen und den Eltern.

Übrigens: Ein Kind in Klasse 8 kann nicht selbst entscheiden, ob es die Schulform wechseln möchte. Für ein Kind ist Schule in erster Linie das Treffen mit den Klassenkameraden, dann kommen die guten Noten in der nächsten Klassenarbeit, erst weit dahinter kommen die guten Noten auf dem Abschlusszeugnis.

sabine
8 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ja, aber: Warum müssen sooooooooooooo viele Kinder in der Schule schlecht sein?? In der Klasse meines Sohnes sind mehrere Kinder versetzungsgefährdet! Dies ist ein Problem vom wilden Westen. Im Osten gab es so einen Scheiß nicht. Entschuldigung, aber mich regt dieses Schulsystem unnnnnnnnnnheimlich auf. Ich könnte gerade kotzen!!! Sorry für diese Wortwahl. Wieso können die Lehrer im Unterricht nicht mal aufstehen, ihren faulen Arsch erheben und durch die Reihen gehen und schauen, ob die Kinder die Aufgaben richtig erledigen. Aber neeein die faulen Säcke von Lehrer sitzen vorne am Pult, kriegen ihren Arsch nicht hoch und lassen die Kinder mit den Aufgaben alleine. Die Fehler bleiben einfach stehen, dann gongt es und Kindi geht doof nach Hause. In der DDR war es schulmäßig besser. Und dieses DDR Schulsystem wurde in großen Teilen von Finnland übernommen. Die Lehrer in der DDR waren auch pädagogisch viel besser ausgebildet. Jetzt versucht die Bundesrepublik durch ein Milliardenprogramm diese Lehrer-Bildungsdefizite durch Schulungen zu bereinigen.
Manche Lehrer sind top, aber die meisten leider nicht. Es ist eine Frage des Einfühlungsvermögens, wieviel man Kindern zumuten mag. Man muss den Kindern nicht alles aus dem Weg räumen aber so etwas schon!

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Finnland wird aufgrund der Folgen seines Frontalunterrichtsystems so hochgejubelt. Seit sie auf die (angeblich) modernen Formen umgestellt haben, sind sie nur noch Mittelmaß. Wie das Schulsystem in der DDR war, weiß ich nicht, aber zu DDR-Zeiten war das Unterrichten in Westdeutschland auch um einiges einfacher, weil z.B. die Eltern ihren Erziehungsauftrag noch nicht der Schule überlassen haben.

Sie fragen, warum so viele Schüler schlecht sein müssen. Sie müssen nicht, sie müssen mit den Anforderungen des Unterrichtsstoffes klar kommen. Falls nicht, müssen sie vielleicht auch mal selber ihren faulen Arsch hinter den Schreibtisch bewegen (um mich Ihrer Wortwahl zu bedienen) und arbeiten, weil die politisch verordnete individuelle Förderung nicht bei allen Schülern greift.

malum
8 Jahre zuvor
Antwortet  sabine

Zu Ihren Vorwürfen kann ich nur sagen, dass ich meine Eltern nie als herzlos in dem geschilderten Umgang mit mir und meinem Sitzenbleiben empfunden habe. Im Gegenteil, ich spürte auch hier viel Liebe und menschliche Stärke, was mir das Gefühl von Geborgenheit gab. Diese Haltung hat mir nun mal sehr geholfen und mich nicht in meiner Traurigkeit bestärkt.
Was soll ich zu Ihrer Eingangsfrage also anderes sagen als das, was ich bereits geschildert habe und was mich das gleiche Schicksal wie Ihr Kind gelehrt hat? Dass jeder „kalt, herzlos und mitleidlos“ ist, der bei demselben Erlebnis nicht die gleichen Gedanken und Empfindungen hegt wie Sie und nicht dieselben Schlüsse zieht wie Sie, ist eine Behauptung, die mich doch sehr befremdet.

sabine
8 Jahre zuvor
Antwortet  malum

malum, mich befremdet ihre komische Ansicht wirklich sehr! Sind Sie nicht auch mal auf die Idee gekommen, dass man Kinder einfach besser fördern muss? Und die Häfte aus dem Lehrplan streichen. Wozu muss mein Kind Gedichte interpretieren können? Niemand ist mit Gedichten reich geworden. Wozu 12 Jahre lang Religionsunterricht oder Ethik?
In vielen anderen Ländern gibt es kein Sitzenbleiben, weil man im Gegensatz zu ihnen Mitleid empfindet. Wir wollen stolze Kinder und nicht jene, die aussortiert wurden. Basta !

malum
8 Jahre zuvor
Antwortet  malum

Mitleid macht weder klug, noch erfüllt es mit Stolz. Zu viel des Guten macht sogar egoistisch, rückgratlos, lebensuntüchtig, wehleidig und abhängig von den Wohltaten anderer.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  malum

@ Sabine: Ich weiß nicht, wofür ich 12 Jahre Religionsunterricht oder Gedichtinterpretation hatte, im Nachhinein habe ich es auch nie wieder gebraucht. Das Wesen einer allgemein bildenden Schule ist aber, die Schüler auf jede mögliche Ausbildung vorzubereiten. Wer nie Religion hatte, wird nie Theologie studieren. Wer nie Spaß am Interpretieren hatte, wird nie Literaturwissenschaften studieren. Wer nie eine Schaltung zusammengebaut hat, wird nie Elektr(on)iker werden. Wenn Sie das im Hinterkopf beachten, möchte ich gerne die Hälfte sehen, die Sie aus dem Lehrplan streichen wollen.

Da weder Sie von Ihren Kindern bzw. Ihre Kinder selbst schon wissen, was sie später mal werden wollen, können Sie auch nicht behaupten, dass Religion komplett nutzlos ist. Übrigens kann man mit dem Schreiben von Gedichten, wenn man sie mit einer ebenfalls selbst geschriebenen Melodie hinterlegt, durchaus sehr viel Geld verdienen. Fragen Sie mal Herbert Grönemeyer.

Die beste Förderung sind übrigens die Eltern. Lesen Sie mit Ihren Kindern gemeinsam. Lassen Sie sich jeden Tag zeigen (und am besten erklären), was die Kinder in der Schule gemacht haben. Lassen Sie sich die gemachten Hausaufgaben zeigen (und erklären). Fragen Sie Vokabeln ab. Der Computer bleibt aus bis die Hausaufgaben fertig sind.

Das zu den Jahrgangsbesten gehörige Kind ist völlig zurecht immer stolz auf sich — und das unabhängig von der Schulform, die es besucht. Wenn es gut genug ist, kann es sogar auf eine höhere Schulform wechseln. Aussortiert fühlen sich viel eher die Kinder, die auf eine niedrigere Schulform wechseln mussten.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  malum

@ malum: Sie fassen das Problem der Institution Schule in einer Überflussgesellschaft wie Deutschland korrekt zusammen. Die Politik forciert das ganze noch, was kurzfristig Stimmen fängt, langfristig den guten Ruf von Deutschland als Bildungsland nachhaltig zerstört.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  malum

@sabine – falsche Schulform gewählt. Mich ärgert es ungemein, wenn Eltern, die ja für die Schulwahl verantwortlich sind, sich und ihr Kind total überschätzen und infolgedessen eine verkehrte Schulwahlentscheidung treffen. Es gibt viele Schüler, die nicht gymnasialtauglich sind – zumindest zu Beginn des 5. Schuljahres. Und genau dieser Unstand wird durch Empfehlungen der Grundschulen ja auch konstatiert. Die tatsache, dass diese Kinder zu Beginn der Unterstufe nicht den Anforderungen eines Gymnasiums an das Arbeits- und Lernverhalten der Kinder entsprechen, heißt ja eben nicht, dass sie zu blöd sind Abitur zu machen. Es heißt lediglich, dass sie ggf. einen anderen Weg zum Abitur nehmen sollten. In NRW bietet sich in solchen Fällen der Weg über Realschule oder Hauptschule oder Gesamt-/Sekundarschule an.

Nur an den Gesamtschulen machen auch nicht mehr als die Hälfte eines Jahrganges am Ende der 10 einen Mittleren Schulabschluss mit Qualifizierungsvermerk. Im Regelfall sind es zwischen 30 und 40 Prozent, die das schaffen, wobei ein Teil es auch erst im zweiten Anlauf schafft. Denn auch an einer GeS brauchen die Schüler die Versetzung von der 9 in die 10, um die Voraussetzung für die Vergabe des Hauotschulabschlusses (HSA) zu erfüllen.

Im übrigen ist es bei Schülern wie bei Pferden. Lehrer müssen nur das Wasser hinstellen, Saufen müssen die Pferde dann schon selber.

Milch der frommen Denkungsart
8 Jahre zuvor
Antwortet  sabine

@sabine:

Abgesehen von dem Gassenjargon, dessen sie sich bedienen und welcher Ihre sozial-kitschigen, pseudohumanistischen Ansich-ten wie kruden Behauptungen a priori in ein suspektes Licht taucht, sollten Sie end-lich der Realität Rechnung tragen, dass die Negation von Leistung a la Marx zum Ideenschrott der Geschichte, nicht jedoch in die Schulen funktionstüchtiger Volkswirt-schaften gehört.

dickebank
8 Jahre zuvor

Na marx sollten Sie vielleicht doch noch einmal im Original lesen. Oder können Sie die Stelle benennen, in der Marx den Leistungsgedanken negiert?

Lena
8 Jahre zuvor

Es ist eben leichter, die Leistungen von Schulen und Lehrern anzuprangern als sich einzugestehen, dass das eigene Kind Probleme hat, wenn es zu hoch gesteckte Wünsche und Erwartungen erfüllen will oder soll.

dickebank
8 Jahre zuvor

Es soll ja durchaus Jugendliche geben, die vor allem in der Pubertät sich der Erwartungshaltung auch der eigenen Eltern bewusst entziehen.

Blöd ist ja nur, dass die Jungen so im allgemeinen der Pubertät erst so im Laufe der neunten Klasse entwachsen. Besonders blöd für Jungen an Gymnasien wie in NRW, wo die Seki auf fünf Jahre verkürzt worden ist. Dies kann man auch als besondere Note der Frauenförderung interpretieren. Nicht umsonst sind über 50% der „Abgehenden“ Abiturientinnen, wobei das Verhältnis der 1,x-Kandidatinnen zu den 1,x-Kandidaten in etwa 6 zu 4 beträgt.

sabine
8 Jahre zuvor

@Lena: Sie haben zu dem was ich geschrieben hatte ein Statement abgegeben, jedoch scheinen Sie meinen Thread nicht gründlich gelesen zu haben. Natürlich gestehen wir Eltern uns ein, dass die Kinder gescheitert sind. Aber: Haben Sie auch gelesen, dass ich schrieb, dass MEHRERE Kinder in der Klasse versetzungsgefährdet sind???? wohl nicht, sonst hätten Sie anders reagiert. Übrigens: ALLE aus dieser Klasse verfügen über die uneingeschränkte Gymnasialempfehlung, weil für alle anderen gar kein Platz war! nun können Sie sich ausmalen, wie schwer G8 ist. Und schreiben Sie bitte nicht mehr, es liege allein an den Schülern. G8 funktioniert einfach nicht. Außerdem ist G8 NUR für hochbegabte Schüler geeignet.

sabine
8 Jahre zuvor

Milch: Wenn ich Ihre gequirrlten Worte lese, bin ich doch sehr froh über meinen hier verwendeten Gossenjargon und meine sozial-kitschigen Ansichten entspringen meiner Menschlichkeit. Einige neiden es einem, wenn man ein Kind auf dem Gymnasium hat. Das Meinige hatte die uneingeschränkte Gymnasialempfehlung, wie alle in seiner Klasse, die aber jetzt kurz vorm Scheitern stehen. Also sind die Kinder allesamt selbst schuld oder zu dumm oder was?

Milch der frommen Denkungsart
8 Jahre zuvor

@dickebank:

„In einer höheren Phase (des Kommunismus) wird der Horizont der Unterord- nung des Individuums unter die bürgerliche Wettbewerbshörigkeit überschrit-ten …“

(aus: Die Kritik der politischen Ökonomie)

dickebank
8 Jahre zuvor

Der Horizont der Unterordnung (Grad) des Individuums unter die bürgerliche Wettbewerbshörigkeit ist aber etwas Anderes als die Negation des Wettbewerbgedankens.

Die Konkurrenz gesellschaftlicher oder betrieblicher Gruppen wird ja im Gegensatz zur allumfassenden individuellen Konkurrenz zwischen den Individuen überhaupt nicht ausgeschlossen.

Das Rattenrennen in der Ellbogen-Gesellschaft – survival of the fittest – hat ja auch nichts mit gesundem Wettbewerb zu tun, oder? Sie ist vielmehr eine Perversion des Leistungsgedankens im Sinne eines fairen Wettbewerbes.

BTW Die höhere Phase des Kommunismus ist für mich genauso realistisch wie die Heilsversprechen, die im Himmel die Gläubigen und reuigen Sünder nach dem Jüngsten Gericht zu gegenwärtigen haben.

Milch der frommen Denkungsart
8 Jahre zuvor

@dickebank:

Wie so oft ist die Perspektive Maßstab aller Interpretation.
Wenn aber Einigkeit darüber besteht, daß in unserer Gesellschaft der Wettbewerb primär gleichsam als Leiter zu individuellem ökonomischen Aufstieg betrachtet wird, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß Marx wie Engels diese ständische Konkurrenz als aufzuhebende bzw. durch Assoziation zu ersetzende ansehen; und gerade jene Denkungsart hat sich inzwischen clamheimlich in unsere Schulen eingeschlichen, wo Talent und Elan als bourgeois verdächtigt sind und immer abstruseren Methoden kleinteiliger Binnendifferenzierung weichen sollen: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ – der Marxismus ist längst präsent !

dickebank
8 Jahre zuvor

Nur Sie wissen wie ich, dass die Theorie Marx und die real existierende Umsetzung Murx sind:)

Und nun zum Inhalt, warum soll Lernen in einer ettbewerbssituation besser gelingen? Wenn auf der einen Seite „Lebenslanges Lernen“ an allen Stellen eingefordert wird, warum wird dann im Gegenzug die Erwatungshaltung an die Kompetenzen 16-jähriger so hoch gesetzt? Warum gilt für Schule nicht der alte Handwerksspruch „es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“?

Und noch eines, wenn die Kompetenzen der Jüngeren am Arbeitsmarkt so gering sind, warum steigt damm im Gegenzug die Zahl der Meister unter 30 Jahren?

Reni
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, stimmt. Ebenso stimmt: „Ohne Fleiß kein Preis“ oder „von nichts kommt nichts“ oder „Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt“.
Jede Übertreibung in die eine oder andere Richtung bringt Unerfreuliches.
In unserer sogenannten Konsum- oder Spaßgesellschaft habe jedoch auch ich den Eindruck, dass „Talent und Elan als bourgeois verdächtigt sind“ und variationsreiche Neidgedanken auf den Plan rufen.
Mit Kommunismus im Sinne von Gleichmacherei und Umverteilung hat das meiner Meinung nach sehr wohl zu tun, auch wenn der Begriff „Kommunismus“ wie die Pest gemieden wird, weil er verbrannt ist und jedermann die Früchte seiner Umsetzung kennt. „Alter Wein in neuen Schläuchen“ passt hier ganz gut.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  Reni

Okay, dann beschäftigen wir uns einmal mit den grundlegenden Produktionsfaktoren.

Entweder Sie versuchen auf einer begrenzten Flächengröße einen maximalen Ertrag zu erzielen oder Sie vergrößern den Ertrag durch Steigerung der Produktionsmittel.

Schule ist mehr so wie Punkt 1, also das maximum aus den gegebenen Möglichkeiten herauszuholen – und das ganz ohne Marx im Sinne von „jeder ist seines Glückes Schmied“.

Die Gleichwertigkeit beruflicher und schulischer Abschlüsse ist etwas Anderes als Gleichmacherei. Das Erlangen gleicher Berechtigungen z.B. Hochschulzugangsberechtigung auf unterschiedlichen Wegen hat etwas mit Bildungsgerechtigkit und nicht mit Egalisierung zu tun.

Um „Kaufmannsgehilfe“ im Sinne der Buddenbrocks zu werden, ist es letzendlich egal, ob der Weg über eine kaufmännische Lehre oder ein BWL-Studium angetreten worden ist.

Georg
8 Jahre zuvor

Binnendifferenzierung ist Marxismus an der Schule?

Wo das Individuum und dessen bestmögliche Lernentwicklung im Mittelpunkt steht und nicht die Konkurrenz, die immer Verlierer produziert, soll der Marxismus am Werk sein?

Eine orthodoxe ML Marx-Interpretation können Sie ja damit nicht meinen. Und wenn sie eine andere, humanistische Auslegung meinen – die von den MLern aufs Blut bekämpft wurde, dann lege ich hiermit ein Bekenntnis ab. 😉

Georg
8 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Das ging an den Milchmann…

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

… kommt eben davon wenn man Sozialismus und Marxismus nicht unterscheiden kann .

Aber ebenso wie orthodoxe Juden das Alte Testament mit einem Liegenschaftsverzeichnis verwechseln, sind Unionsanhänger der meinung ihre Parteien könnten sich wie der Papst auf die Unfehlbarkeit in ihren Entscheidungen berufen.

Die Gegener eine längeren gemeinsamen Lernens und damit einhergehender Binnendifferenzierung und Individualisierung des Unterrichtes übersehen, dass die Forderung „no child left behind“ von der geringfügig Marxismus verdächtigen Bertelsmann Stiftung ausgegeben und von der CDU- angehörigen Schulministerin im Rüttgers-Club zur Maxime nordrhein-westfälischer Bildungspolitik erhoben worden ist. In die zeit von Frau Sommer fallen auch die Bemühungen Gemeinschaftsschulen (kooperierende Schulform mit HS- und RS-Zweig unter einer gemeinsamen schulleitung) zu etablieren. Dieser schulversuch wurde allerdings dann erst von der grünen Schulministerin nach dem regierunsgwechsel genehmigt und besteht heute neben den Sekundarschulen, die ausdrücklich die Möglichkeit haben, sich auf Beschluss der Schulkonferenz hin für eine integrierte oder kooperative Form des Unterrichtes bzw. der Schulorganisation zu entscheiden.

Die der CDU angehörende Frau Sommer ist also Begründerin der Schulform „Gemeinsschaftsschule“, die derzeit unter anderen Vorzeichen von der CDU in BaWü bekämpft wird. Kein Wunder, wenn da Zweifel an der redlichkeit unionierter Bildungspolitiker aufkommen.

Übrigens der Kernlehrplan für das Fach „Naturwissenschaften“ als integriertes Fach ist unter Frau Schavan in BaWü entwickelt worden …

Milch der frommen Denkungsart
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

@dickebank und Georg:

Sämtliche Ihrer beider Versuche, dem geneigten Publikum mittels sophistischer Wortklauberei Sand in die Augen zu streuen, können
ja nicht darüber hinwegtäuschen, daß es Ihnen mit Ihrer wohlfeilen Präambellyrik „Kein Kind zurücklassen“ um nichts anderes geht als einem wirklichkeitsfremden – weil als Versprechen niemals einlösba- ren (da „Erfolg“ eben auch „Scheitern“ zwingend impliziert) -, quasi ersatzreligiösen Sozialpopulismus dogmatisch zu huldigen: Unterschiedliche Leistungsfähigkeit wird freilich in jedem Schulsystem stets zu einer Schichtung von Schülern führen; das ungeschminkt zur
Kenntnis zu nehmen, mag für Sie ja durchaus eine hart zu kauende Speise sein, dürfte sich in Ihren Klassen jedoch kaum anders darstel- len. Daß im Übrigen auch konservative Kultusminister einer derarti- gen Wohlklangrhetorik erlegen sind, legt beredtes Zeugnis ab für deren ebenso (wahlzyklisch) eingeengte Optik.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

@fromme milch – warum wurde dann dieses Heilsversprechen ausgerechnet zu Rüttgers-Club-Zeiten propagiert und ist seither unausrottbar?

Es ist ja auch nicht so, dass das Programm KAoA nicht von allen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen mitgetragen würde.

Reni
8 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

@Georg
Mich wundert, dass Sie den Glauben an Gott ablehnen und sich stolz als Atheisten bezeichnen, den Glauben an den Weihnachtsmann aber intensiv pflegen und ihm mit den Begriffen „Binnendifferenzierung“ oder „innere Differenzierung“ immer wieder das Wort reden.
Übrigens kenne ich nicht den Spruch, dass Konkurrenz immer Verlierer produziert. Ich kenne nur das geflügelte Wort „Konkurrenz belebt das Geschäft“.
Zum Glauben an den Weihnachtsman:
http://schuelerbegehren.at/index.php/innere-differenzierung

gudrun
8 Jahre zuvor
Antwortet  Reni

Jetzt muss ich aber endlich mal den Georg unterstützen und ebenfalls das Prinzip der Planwirtschaft statt Marktwirtschaft in der Bildung fordern.
Ist ein planwirtschaftlicher Betrieb ohne KONKURRENZ je pleite gegangen? Hat er also je Verlierer produziert? Nein, hat sie nicht!!!
Der Kapitalismus mit seiner Verherrlichung von KONKURRENZ stürzt dagegen täglich Menschen in den Ruin, schafft also ständig Verlierer.
Und was in der Planwirtschaft gut funktioniert, funktioniert auch in der Planpädagogik.
Kein Kind erlebt in einer Planschule so etwas wie Scheitern, kein Kind muss sich aus Konkurrenzgründen (über)anstrengen, kein Kind muss unter dem Gefühl leiden, es besuche eine schlechtere Schule als andere, weil es nämlich nur eine Schulform gibt, und kein Kind erhält schlechte Zensuren, weil es entweder gar keine mehr gibt oder nur nivellierte.
Stark voneinander abweichende Zensuren wären das gleiche Übel wie große Verdienstunterschiede in der Wirtschaft.
Wem da nicht endlich einleuchtet, dass mit dem Konkurrenzgedanken endlich Schluss sein muss und jeder froh und glücklich wäre, wenn er gleichen Lohn bzw. gleiche Zensuren für unterschiedliche Leistung bekäme, dem ist nicht mehr zu helfen.
Und hier muss ich unseren Politikern den Vorwurf machen, dass sie zu halbherzig denken und agieren, wenn sie „gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordern“. Ziel muss gleicher Lohn für unterschiedliche Arbeit sein.
In der Bildungspolitik ist man da glücklicher Weise schon ein Stück weiter.

mehrnachdenken
8 Jahre zuvor
Antwortet  gudrun

Herrlich!!

mehrnachdenken
8 Jahre zuvor
Antwortet  gudrun

Ist für das Scheitern des DDR – Gesellschaftsmodells nicht ursächlich der planwirtschaftliche Ansatz verantwortlich?
Unser Bildungswesen ist in gewisser Weise auch planwirtschaftlich organisiert. Müssten sich die Schulen wie im Kapitalismus gegen andere Schulen behaupten, würde es viele von ihnen nicht mehr geben.
Interessannt ist für mich aber diese Beobachtung: Werden den Eltern (Konsumenten) an einem Standort die Modelle Gymnasium und IGS angeboten, gibt es oft eine Sch – Wanderung in Richtung IGS.
Gehe ich nun davon aus, dass die IGS deutlich mehr „Planwirtschaft“ als „Kapitalismus“ enthält, erscheint vielen Eltern das planwirtschaftliche Modell (IGS) wohl attraktiver als das Modell „Kapitalismus“ (Gymnasium).

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  gudrun

Vorsicht, in der Marktwirtschaft steckt mehr Plan als Sie denken. Die Unterscheidungen zwischen Strategischem und operativem Geschäft macht jeinerlei Sinn, würden nicht entsprechende strategische Ziele planvoll avisiert. Auch im operativen Geschäft würde keine Quartalsziele erreicht, gäbe es nicht entsprechende Pläne. Nur dürfen sie nicht plan heißen, sie heißen stattdessen Programm. Das meiste sind Einsparungsprogramme oder Qualitätsprogramme mit lustigen Bezeichnungen, die sich aus den Initialen der einzelnen Programmpunkte ergeben.

Das Kürzel START steht in der Regel für Senkung tradierter, arbeitnehmerfreundlicher, rentensteigender Tarifvereinbarungen.

In Schule steht START für Streichung traditioneller, allgemeinbildender, reformresistenter Themenbereiche.

Schulprogramme sind nichts anderes als Masterpläne unter dem Motto „Zuück in die Zukunft“ oder „Lust am Untergang“ oder in schwierigen Lagen „master of the universe“, wobei Universum gleichzusetzen ist mit Chaos. – Allen Anfang wohnt ein Zauber inne …

Heute ist der erste Tag vom Ende der letzten Schulreform und dem „roll off“ eines neuen Prigrammes bzw. Masterplanes:-)

Georg
8 Jahre zuvor
Antwortet  Reni

Haaahaaaa, jetzt wirds wirklich wild! 😀

Ich habe gerade keine Zeit, Ihnen zu antworten, wollte aber schon mal meine Belustigung kund tun und anmerken, dass ich das noch nachholen werde.

An Milchmanns wirklich krudem Marxismus-Vergleich nimmt natürlich wieder niemand Anstoss. Aber warum auch? Hauptsache, die Keule ist groß. Ob sie die geeignete Waffe ist, ist dann in jedem Fall Wurscht.

Milch der frommen Denkungsart
8 Jahre zuvor

@dickebank:

Die Antwort hierauf ist recht simpel: Weil Politiker aller Couleur immer öfter der Versuchung erliegen, derart sensationell progressiv klingende Adjektive wie „differenziertes“, „individualisiertes“ oder „selbstzentriertes“, ja „selbstgesteuertes“ Lernen, die selbstredend von der Elternschaft – und damit einem nicht geringen Anteil
des Wahlvolks ! – gierig aufgesogen werden, aber mehrheitlich nichts anderes vorstellen als die sprichwörtli- chen „getünchten Gräber“, tatsächlich als Allheilmittel gegen alle schulischen Gebrechen zu verabreichen, um sich nur nicht den Vorwurf mangelnder Aktion – die sich freilich in jüngerer Vergangenheit allzu häufig als Ak- tionismus entpuppt hat – zuzuziehen.

dickebank
8 Jahre zuvor

Aber Vorsicht, Politiker erfinden solche Schlagwörter ja nicht, sie bauen sie nur in ihre Standardphrasen ein. Die hinter diesen Schlagwörtern stehenden Ideengeber – egal ob pädagogischer Lehrstuhl oder Lobbyvereinigung – das sind die geistigen Brandstifter. Die Vermarktung von „Reformideen“ funktioniert eben nur über solche Schlagworte, die in der Allgemeinheit positiv konotiert sind. Der „freie Elternwille (bei der Schulwahl)“ ist das beste Beispiel.

Dass die Eltern wollen, dass ihr Kind einen optimalen Start in eine berufliche Zukunft hat, ist nachvollziehbar.
Dass das Kind auf ein prall gefülltes Bankkonto zu Beginn seiner beruflichen Karriere zurückgreifen kann, wollen die Eltern ja auch. So weit verständlich, warum die Eltern aber von der Schule einfordern, sie habe für den schulischen Erfolg Sorge zu tragen und ein Garantieversprechen abzugeben, während sie bei der Bank darauf verzichten, das ist es, was mir nicht einleuchten will.

Milch der frommen Denkungsart
8 Jahre zuvor

@sabine:

Mag die Verschreibung „gequir r lt“ ja noch als lässlicher Tippfehler durchgehen, so muß ich Ihnen freilich anempfehlen, meinen Beitrag nochmals Ihrer Lesekompetenz zu unterziehen, da ich Ihnen nicht „Gossen-„, sondern „Gassenjargon“ attestiert hatte (was nicht nur einen orthographischen Unterschied ausmacht).

Im Übrigen liegt es mir ferne, Telediagnosen zu erstellen: wenn freilich das Gros einer Klasse in mehreren
Fächern versetzungsgefährdet ist, so legt dies den Verdacht nahe, daß man es bereits in der Grundschule
(und zwar nicht erst zum Zeitpunkt, als die Empfehlungen ausgesprochen wurden) – mit einer verantwor-tungs- wie dementsprechend niveauvollen Vorbereitung aufs Gymnasium nicht besonders genau nahm;
also ein weiteres Beispiel für jene von mir hier oft beklagte, politisch planvoll betriebene Egalitäts- und Simplifizierungspädogogik, der Sie aber selbst das Wort geredet haben, die jedoch letztlinstanzlich Eltern
wie Kinder leidvoll ausbaden müssen.