„Rütli“ ist jetzt überall: Schulen kapitulieren vor der Inklusion

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Ein Kommentar von NINA BRAUN.

Die Bildungsjournalistin Nina Braun. Foto: Bildungsjournalisten.de
Die Bildungsjournalistin Nina Braun. Foto: Bildungsjournalisten.de

Der Hilfeschrei erschütterte ganz Deutschland. Ein Lehrerkollegium kapitulierte – und forderte in einem Brandbrief an die Politik die Schließung seiner Schule, weil es der Probleme mit Gewalt durch Schüler nicht mehr Herr werden konnte. Das war 2006, und der Name der Schule wurde bundesweit zu einem Synonym für die Überlastung von Lehrern angesichts von sozialen und ethnischen Konflikten: Rütli (benannt schlicht nach dem Namen der Straße in Berlin-Neukölln, an der die Schule liegt). Seitdem hat das Land Berlin viel Geld in die Hand genommen und aus der Rütli-Schule ein Vorzeige-Projekt gemacht.

Und heute? Rütli scheint überall zu sein – zumindest legt die Häufung von Brandbriefen (aktuell aus Hessen, Hamburg und Berlin) den Eindruck nahe. Bundesweit gehen immer mehr Kollegien in die Knie. Aktueller Anlass ist die allerorten steigende Inklusionsquote; Kinder, die nur mit großem pädagogischem Aufwand in Regelschulen eingegliedert werden können, müssen unterrichtet werden, ohne die bisherige Schülerschaft zu vernachlässigen – und das in Klassen, die nicht selten ohnehin schon groß sind. Ohne dass dafür ausreichend Personal zur Verfügung gestellt würde.

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Die Rechnung ist einfach: Wenn besonders förderbedürftige Schüler an einem Ort, einer Förderschule eben, gesammelt werden, lassen sie sich dort individuell betreuen. Verteile ich die Schüler und ihre bisherigen Lehrer aber in der Fläche, ist bei gleichem Personalschlüssel nur noch eine zeitweilige Individual-Förderung drin. Anders ausgedrückt: Wer die Qualität der bisherigen Förderung beibehalten (oder sogar steigern) will, muss massiv ins Personal investieren. Obwohl die Landesregierungen unisono beteuern, für die Inklusion Geld aufzuwenden, drängt sich doch der Eindruck auf: Es reicht hinten und vorne nicht. Und dabei steht die Inklusion doch erst am Anfang.

Aber warum hat der Hilfeschrei der Rütli-Schule seinerzeit ein so großes Medienecho gefunden – während die aktuellen Brandbriefe bislang nur in Expertenkreisen für Diskussionen sorgen? Die Antwort ist einfach: Weil Presse und Fernsehen derzeit genug damit zu tun haben, über die großen Krisen dieser Welt von Ebola bis IS-Terror zu berichten – und heimische Probleme dadurch derzeit in den Hintergrund gedrängt werden. Das nimmt dem Thema Inklusion aber nicht seine Dringlichkeit. Die Kultusministerien wären gut beraten, die Hilferufe der Lehrerinnen und Lehrer äußerst ernst zu nehmen.

Zum Bericht: Inklusion: Immer mehr Schulen kapitulieren – zwei neue Brandbriefe

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Ursula Prasuhn
9 Jahre zuvor

Hallo, Frau Braun,
dass die Brandbriefe überforderter Lehrerkollegien bisher so wenig Medienbeachtung finden, hat meiner Meinung außer dem von Ihnen genannten Grund eine weitere Ursache.
In Presse und Fernsehen wurde im Vorfeld der Inklusion vorwiegend positiv bis überschwänglich berichtet. Mahner und Zweifler hatten im Gegensatz zu den Befürwortern kaum eine Chance, gehört zu werden – und wenn, dann standen gleich mehrere „Experten“ und Lobbyisten von „Eine Schule für alle“ auf der Matte, um ihre typischen Halbwahrheiten und Moralpredigten über die Köpfe der Menschen mit Bedenken zu gießen. Die Worte von Hubert Hüppe – Behinderten-Beauftragter und selbst Vater eines behinderten Kindes – bekamen rasch Flügel und wurden jedem, der Widerworte wagte, zur Beschämung entgegen gehalten: „Wer Inklusion will, sucht Wege. Wer sie nicht will, sucht Begründungen.“
Vor gut 2 Jahren beschrieb ein Lehrer in einem Kommentar zu dem Artikel „Förderschulen ‚Lernen’ ganz abschaffen“ seine fruchtlosen Versuche, bei Presse und Fernsehen Gehör zu finden. Siehe sein Kommentar vom 30.3. 2012 um 9:46!
http://bildungsklick.de/a/83066/foerderschulen-lernen-ganz-abschaffen/

Die einseitige Stellungnahme mit ihrer Ignoranz gegenüber kritischen Stimmen hängt den Medien wie ein Klotz am Bein. Wie sollen sie angesichts der Brandbriefe erklären, dass sie in punkto „Eine Schule für alle“ zum Sprachrohr von Lobbyisten wurden und dass sie geholfen haben, die Inklusion als Menschenrecht zu verkaufen, obwohl in der UN-Konvention nur die Rede ist vom Recht behinderter Kinder auf Bildung.
Und diesem Recht wird in Deutschland seit Jahrzehnten vorbildlich durch spezielle Fördereinrichtungen entsprochen. Inklusionsbedarf besteht allerdings in unterentwickelten Ländern, deren Schulen behinderte Kinder bisher ausschlossen, weil sonderpädagogisches System nicht existiert.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Es soll einmal Zeiten gegeben haben, da haben Journalisten Fakten selbst recherchiert und nicht nur Verlautbarungen von Presseabteilungen von Lobbygruppen verbreitet. Es war eben politisch opportun, da pc, die Verlautbarungen der Sozialindustrie zum Thema Inklusion zu kolportieren und die Bedenken der Lehrerverbände mit Expertisen von Bildungsökonomen zu kontern und als Einzelmeinung von ewig Gestrigen zu verurteilen, die im Geiste immer noch an der Rampe von Vernichtungslagern wie Auschwitz stehen, um zu selektieren.

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Bedenken von Lehrerverbänden? Ist mir da etwas entgangen?

Beate S.
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Sie sagen es. „Ewig gestrig“ ist im Bildungsbereich eine ähnliche Keule gegen Andersdenkende wie „rechts“.
Als älteres Semester kann ich bestätigen, dass es Zeiten gab, „da haben Journalisten Fakten selbst recherchiert“ und sich nicht nach der Meinung mächtiger und lautstarker Lobbyisten gerichtet. Und jene Journalisten hatten Ansehen, die der Wahrheit dienten und nicht „einer größeren Zahl gesellschaftlich relevanter Akteure“.

Beate S.
9 Jahre zuvor
Antwortet  Beate S.

Liebe Frau Braun, Sie sagen, dass Fakten wichtig seien zur seriösen Berichterstattung. Richtig, doch genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Wer weiß denn noch, was wirklich Fakten sind und was nicht? Täglich wird die Nation überflutet mit angeblichen Fakten, die sich dann als Meinungsmache von Politik oder Lobbyarbeit herausstellen. Ob das Pseudo-Studien sind, ein Bildungsplan mit dem hehren Ziel der Toleranzförderung oder die Inklusion als verbindliches UNO-Menschenrecht.
Als Fakt gilt doch heute, was Medienverbreitung und -unterstützung findet. Mainstream und Mainstreaming machen „Fakten“, aber nicht Fakten die Berichterstattung.

Bernd
9 Jahre zuvor
Antwortet  Ursula Prasuhn

Jetzt werden hier aber Legenden gebildet. Das frühere Förderschulsystem war vielleicht gut gemeint, aber „vorbildlich“ eben nicht – wie die abenteuerlich niedrigen Quoten von Schülern belegen, die dort einen Hauptschulabschluss schafften. Es lässt sich auch nicht mit einer freien und demokratischen Gesellschaft vereinbaren, „erziehungsschwierige“ Kinder (was immer das auch sein mag) zwangsweise und gegen den Willen der Eltern von Regelschulen zu entfernen und auf Sonderschulen zu verfrachten. Gottseidank herrscht darüber mittlerweile ein breiter gesellschaftlicher Konsens. Die Frage, ob man deshalb das Kind mit dem Bade ausschütten und das Förderschulsystem ganz abschaffen muss, steht auf einem anderen Blatt. Darüber lässt sich in der Tat streiten.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

„Erziehungsschwierige Kinder“ sind solche mit dem Förderstatus emotionale und soziale Entwicklung (ESE). Diese – und Kinder mit dem Förderbedarf Lernen (L) – sind in erster Linie diejenigen, die von Inklusion betroffen sind.

Die Kinder mit Förderbedarf ESE stellen Regelschulen vor kaum lösbare Probleme, vor allem unter den gegebenen Bedingungen. Dass sich die Quote der Hauptschulabschlüsse bei den Kindern mit Förderbedarf an Regelschulen zukünftig ändern wird, lässt isich ausschließen. Der statistische Effekt ist lediglich der, dass sich an den Regelschulen der Anteil von Abgängern ohne Abschluss geringfügig erhöht. Wenn an einer Gesamtschule von 175 Abgängern 18 keinen HA bzw. die Versetzung nach Klasse 10 erhalten, dann sind das 10%. Das sieht halt besser aus als wenn von 36 Abgängern einer FöS lediglich die Hälfte keinen Abschluss erreicht.

Bernd
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Was ist das denn für eine bürokratische Antwort? Erziehungsschwierige Kinder sind also solche, die von Amts wegen als erziehungsschwierig festgestellt wurden. Dass das kein medizinischer Befund ist, sondern Auslegungssache, ließ sich seinerzeit an den krass unterschiedlichen Förderschulquoten der Bundesländer ablesen. Mit dem Stempel „Förderbedarf lernen“ wurden aber individuelle Bildungs- und damit Lebenschancen verteilt – und zwar auch gegen den Willen der Eltern. Damit ist jetzt Schluss, und das ist auch gut so.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Welche Wortklauberei! Die erziehungsschwierigkeiten haben ja nicht die Schüler als Betroffene sondern deren rziehungsberechtigte.

Das, was Sie hier als Seperationsgrund anführen, fällt bei uns an einer geS unter „verhaltensoriginell“ – ist aber kein Ausschluss- oder Fördergrund. Allenfalls wird versucht solche SuS durch ein Konzentrationstraining oder Sozialtraining zu fördern. Diese Petitessen sind allerdings nichts, was auch nur annähernd die Situation beschreibt, die Sie mit Kindern/Jugendlichen mit festgestelltem Förderbedarf ESE erleben können. Diese wurden früher als schwer erziehbar eingestuft – und in der DDR in Jugendwerkhöfen konditioniert. An die „schwarze Pädagogik“ vergangener Zeiten der BRD will ich gar nicht erst erinnern, die Landschaftsverbände in NRW, die Diakonie und andere Einrichtungen zahlen heute noch Entschädigungen für begangenes Unrecht.

Sie scheinen definitiv nicht zu wissen, warum es im Förderschwerpunkt ESE geht. Also empfehle ich Ihnen, sich an Dieter Nuhr zu halten.

DMB DD
9 Jahre zuvor

Da wir uns diesen besonderen Luxus leisten, die Schule sowohl als Sparflammenbetrieb wie auch als Experimentierfeld anzusehen, entstehen solche Folgen. Wenn weiter die mit dem Bildungswesen verknüpfte Sozialindustrie vor allem zum Sammelbecken von Autodidakten mit Genderliebelei und Affinität zu verkuschelter Streichelpädagogik verkommen ist, nimmt es nicht wunder, wenn Schule zum Versuchsfeld von Experimenten wird, die auf mangelnder Allgemeinbildung, dafür umso mehr auf Ideologie beruhen.
Gleichsam wäre zu wünschen, wenn die Mehrheit der Lehrer, die den staatlich verordneten Inklusionsverpflichtungen kritisch gegenüber steht, mehr Zivilcourage beweisen und öffentlich dagegen protestieren würde.
Dass es den ideologisch motivierten Vorantreibern immer wieder gelingt, ihre „Überzeugungen“ und wähnenden Intentionen mit solch einer großen medialen Wucht in die Öffentlichkeit zu tragen und damit die traditionell rückgratschwachen und unkundigen Bildungspolitiker zu beeinflussen, erscheint – wäre es nicht so bedrückend – als eine Art Realsatire.

Christian Möller
9 Jahre zuvor

Inklusions-betoffene Lehrerkollegien sind gut beraten, sich den couragierten Brandbrief-Vorreitern anzuschließen und ihrerseits weitere Beschwerden an die Politik zu richten. Hier haben sie eine Riesenchance, die einseitig informierte breite Öffentlichkeit auf die andere Seite der Medaille „Inklusion“ aufmerksam zu machen.
Ergreift diese Chance, liebe Lehrer, und zeigt damit, dass Ihr nicht bereit seid, unverantwortliche Zustände hinzunehmen! Eurem Image schadet das nicht. Im Gegenteil, es wird wachsen, weil jeder sich wünscht, dass Lehrer nicht leise tretende Politdiener sind, sondern sichtbare Kämpfer für das Wohl ihrer Schüler und Schule.

@Bernd
„Breiter gesellschaftlicher Konsens“? Dass ich nicht lache.
Schon mal darüber nachgedacht, warum heute eher von „Mainstream“ und „Mainstreaming“ oder auch „Mainstream-Medien“ gesprochen wird?
Soweit ich Ihre Kommentare kenne, sind Sie für mich ein typischer „Mainstreamer“.

Bernd
9 Jahre zuvor

Ein breiter gesellschaftlicher Konsens ist Mainstream, klar. Was denn sonst? Ist das jetzt per se schlecht? Oder umgekehrt: Ist es eine besondere Qualität der Argumentation, wenn man sie alleine vertritt? Ich würde da eher von einem Geisterfahrer-Syndrom sprechen.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Ausgrenzung erteilt der Mainstream eine Absage, das ist auch gut so. Nur heißt das ja im Umkehrschluss – und den haben die Interessenvertreter gezogen, dass die Mehrheit für Inklusion in der jetzigen Form ist.

Die UN-Behindertenkonvention fordert ja lediglich die Teilhabe an Bildung dahingehend ein, dass Behinderten der Zugang zu allgemeinbildenden Schulen nicht verwehrt werden soll. Die politische Konstruktion, dass Förderschulen (FöS) nicht Teil des Systems allgemeinbildender Schulen seien, ist anderen – meist haushalterischen und schulorganisatorischen – Interessen gedankt.

Zum einen sind da die Schulen, die von Schließung bedroht sind, da sie keine ausreichenden Anmeldezahlen vorweisen können. Denen ist daran gelegen, dass die Klassenfrequenzen abgesenkt werden. Dies ist aber nur zu erreichen, wenn im Gegenzug dafür Schüler mit Förderbedarf angerechnet werden können. Zum anderen sind FöS aufgrund der höheren Schüler-Lehrer-Relation äußerst kostenintensiv. Das Verteilen der Förderschüler auf Regelschulen dient unter den gegebenen Voraussetzungen also lediglich der Kostensenkung.

Wer jetzt auch noch glaubt, dass die Stigmatisierung, die mit der Anerkennung des Förderbedarfes einhergeht, wegfällt, nur weil die zu Fördernden jetzt inkludiert unterrichtet werden, der irrt. Kann man es einer Klassengemeinschaft vermitteln, dass der Inklusionsschüler lediglich maximal bis zu vier Schulstunden am gemeinsamen Untericht eines Schultages teilnehmen muss, während der Rest bis zu acht Schulstunden erleiden muss? Vor allem wie geht man mit den Schülern um, die ähnliche Symptomatiken zeigen wie ein Förderschüler, die aber wegen der Weigerung der Erziehungsberechtigten nicht getestet (begutachtet) werden dürfen? Ohne Feststellung eines Förderbedarfes ist nämlich jeder schüler ein Regelschüler. Und als solcher verursacht er auch keine weiteren Kosten. Durch den Wegfall der förderschulen werden zukünftig nämlich auch die Zahlen der abgeschlossenen „Feststellungen des sonderpädagogischen Förderbedarfes“ sinken. Das Wegfallen der Hauptuntersuchungen für Fahrzeuge (TÜV) erhöht mit Sicherheit auch nicht die Verkehrssicherheit der Kfz.

Wie will die Politik den Anspruch auf individuelle Förderung von Schülern ohne festgestellten Förderbedarf umsetzen, die ja ebenfalls das Recht haben bestmöglich gefördert zu werden. Wie weit darf zieldifferenter Unterricht gehen, wenn gemeinsame Beschulung Vorrang hat? Sollen jetzt die Regelschüler im 10. Jahrgang (Ebenen-)Trigonometrie und quadratische Gleichungen lernen während der Inklusionsschüler derweil im Zahlenraum bis Hundert rechnet – und das im gemeinsamen Unterricht ohne Doppeltsteckung? Oder soll sich der gemeinsame Unterricht auf wenige Stunden in den „Nebenfächern“ beschränken? Wie sollen weiterführende Schulen unter den Bedingungen der Inklusion ihr Fachlehrerprinzip aufrecht erhalten?

Für den Mainstream gilt der wunderschöne Fliegen-Spruch:

„Leute esst Fäkalien! – Millionen Flieggen können sich nicht irren.“

Nathalie
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Überzeugender Kommentar, bei dem ich am Schluss auch noch lachen durfte. Toll!

Anne
9 Jahre zuvor

Ich finde es immer wieder erschreckend und unglaublich, wie plakativ und unsachlich diese Debatte geführt wird. Der Titel des hier besprochenen Artikels spricht da schon Bände. Ich arbeite seit 7 Jahren als Förderschullehrerin an einer Hauptschule und betreue dort Schüler/innen mit Förderbedarf ES und Lernen – dies mit großen Anstrengungen, aber sicherlich nicht unter „Rütli-Bedingungen „, vielmehr immer wieder mit großer Freude und sichtbaren Erfolgen! Ja, ich betreue zu viele Kinder und ja, es ärgert mich, dass Förderschullehrer-Stellen gestrichen werden… Es gibt sicherlich noch viel zu tun, aber das ewige Gejammer und Geheule wird die Probleme sicher nicht lösen!!

Sabine
9 Jahre zuvor
Antwortet  Anne

Und wie werden denn Ihrer Meinung nach die Probleme gelöst? Mit Schönfärberei, Gesundbeterei und Durchhalteparolen?
Das mag Ihre Lösung sein, die Sie anderen aber nicht durch Empörungsgehabe plausibel machen können. Ich finde z. B. den Titel des Artikels keineswegs unpassend und auch die bisherige Debatte weder plakativ noch unsachlich, auch nicht als Gejammer und Geheule.
Hingegen klingt für mich die Aussage „Ich finde es immer wieder erschreckend und unglaublich,..“ nach typischem Jammern und Geheule.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  Sabine

Der Titel ist allenfalls irreführend, nicht plakativ. Das Beispiel Rütli-Schule zeigt doch, dass sich vieles ändern kann – und zwar zum besseren. An der Rütli-Schule ging es ja auch nicht um Inklusion „behinderter“ Kinder sondern um die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, wobei der Begriff Integration schon in die Irre führte. Wenn ich so gut wie keine „Kartoffeldeutschen“ im Schülerklientel habe, wie will ich dann Zuwanderer integrieren?

Wie die Probleme gelöst werden zeigt die Entwicklung der Rütli-Schule doch. Es bedarf zusätzlicher Ressourcen – und zwar personeller, finanzieller und infrastruktureller Mittel. Es Bedarf eines höheren Personaleinsatzes sowie veränderter baulicher Bedingungen. Und die sind nur durch den Einsatz von mehr Geld im Bildungsbereich zu bekommen.

If you spend peanuts, you will get monkeys.

Milch der frommen Denkungsart
9 Jahre zuvor

Was den Knoten freilich ebenso wenig durchhauen wird, ist die chronisch gesundbeterische, süßlich wie romantisierend verklärende Attitüde jener Uniformisten, die der Öffentlichkeit weismachen wollen, durch die Inklusion würden alle Menschen Brüder, die sich in Harmonie tagtäglich immer wieder gegenseitig befruchte-ten. Solch paradiesische Heilsversprechen, gegen die sich niemand skeptisch wagen darf zu stellen, sind aller-dings nicht nur auf schulischem Feld noch stets zum Unheil ausgeschlagen; Genese und Historie des überstürzt eingeführten G8, das nunmehr in nahezu allen Bundesländern auf dem Kehrichthaufen der Bildungspolitik ent-sorgt worden ist, ist hierfür das jüngste beredte Beispiel. Hier sind es jetzt die egalitaristischen Menschheits-beglücker, welche den Finanzministern eine erneute Steilvorlage liefern, nämlich Geld zu sparen und sich das kostenträchtige Förderschulwesen vom Halse zu schaffen. Denn eines mag sich jeder Träumer aus dem Kopf schlagen: die zu gelingender Inklusion nötigen finanziell-personellen Ressourcen werden realiter niemals fließen;
wären die wohlfeilen Parolen über die Bildung als höchstes Gut je ernst gemeint gewesen, so müßten unsere Schulen ja aussehen wie Bankpaläste.
Mithin werden auch von den Radikalinklusionisten wieder einmal Potemkinsche Dörfer errichtet werden, hinter deren Fassaden Zustände herrschen werden wie in den getünchten Gräbern des berühmten Jesusgleichnisses.
Also muß man kein Prophet sein, um vorauszusagen, daß allein der konzertierte Elternprotest auch dieses Hals über Kopf aufoktroyierte Projekt wieder zu Fall bringen dürfte, wenn diese an ihren eigenen Kindern verspüren werden, daß eine Inklusion ohne Augenmaß den Unterricht zur Betreuung verkommen läßt, wo er zuvor der Belehrung diente, und letztlich alle (!) Schüler defizitär zurückläßt – natürlich nicht ohne daß die Verantwortli-chen in Achselzucken verfallen und ihre Hände in Unschuld waschen werden.

Ursula Prasuhn
9 Jahre zuvor

Wenn der Spruch stimmt, „Mit mehr Geld lässt sich alles kaufen“, dann mag auch an Vorzeigeschulen eine halbwegs funktionierende Inklusion möglich sein.
Alle Schulen zu Rütli-Schulen zu machen oder alle Regelschulen zu gut funktionierenden Gemeinschaftsschulen, ist finanziell gesehen jedoch ein Ding der Unmöglichkeit. Dazu hat der gemeinsame Unterricht – wie sich allmählich herausstellt – viel zu schwere Nachteile, die nur mit riesigem Geldaufwand für Personal, Umbauten oder zusätzliche Räumlichkeiten zur Separierung notdürftig ausgebügelt werden können.
Dabei hieß es immer, die Inklusion bereichere alle Schüler durch ihre Synergieeffekte. Angeblich sollten die Kinder ohne großes Zutun voneinander lernen – die schwachen von den starken und die starken von den schwachen.
Dass die Sache in Wirklichkeit Teil eines erstklassigen Werbefeldzugs der Lobbyisten und Politiker für die Inklusion war, ist inzwischen nicht mehr zu übersehen. Die gegenseitige Bereicherung der Schüler erweist sich als Schimäre.
Gerade der Ruf nach immer mehr Geld entlarvt die Inklusion als das, was sie ist: ein gigantisches Fehlprojekt zum Nachteil aller.