Löhrmann (Grüne) plant Reformen an G8 zum nächsten Schuljahr – Grüne Jugend will G9

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DÜSSELDORF. Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) will Verbesserungen am sogenannten Turbo-Abitur (G8) zum nächsten Schuljahr umsetzen. Im Sender WDR 2 sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz am Dienstagmorgen, sie hoffe, dass der Landtag noch in diesem Jahr eine «Leitentscheidung» treffe. Das Reformkonzept könne dann zum nächsten Schuljahr greifen. Ihren eigenen Parteinachwuchs – sowie den ihres Koalitionspartners SPD – hat sie allerdings gegen sich: Sowohl die Jusos als auch die Grüne Jugend in NRW fordern eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9).

Möchte die Gymnasiasten in NRW entlasten : Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). Foto: Alex Büttner
Möchte die Gymnasiasten in NRW entlasten : Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). Foto: Alex Büttner

Der gesteigerte Stress seit Einführung der Schulzeitverkürzung 2005 sei nicht zu leugnen, stellten beide Jugendorganisationen in einer gemeinsamen Mitteilung fest. Vertreter von Schulen, Politik, Parteien und Kirchen hatten sich dagegen an einem Runden Tisch mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, die Gymnasiasten auf dem achtjährigen Weg zum Abitur zu entlasten. Zu den Empfehlungen des Gremiums zählen Beschränkungen der Hausaufgaben, des Lernstoffes und des Nachmittagsunterrichtes. Hausaufgaben sollten möglichst in die innerschulische Lernzeit integriert werden, berichtete Löhrmann nach der Abschlusssitzung des Runden Tisches. Eine Begrenzung des Nachmittagsunterrichts solle Zeit schaffen für Aktivitäten außerhalb der Schule.

Eine Rückkehr zum Abitur nach 13 Schuljahren soll es nicht geben. Der größte Teil der über 40 Verbände am Runden Tisch habe klar Ja gesagt zur Verbesserung von G8, sagte Löhrmann. Die Mehrheit der Akteure wolle nach der «überhasteten Einführung» der Schulzeitverkürzung 2005 nicht wieder den «Fehler einer schnellen Rolle rückwärts» begehen.

Auf Vorschlag der Schülervertretung soll zudem geprüft werden, welche Instrumente außer Klassenarbeiten geeignet sind, um Leistungen zu erfassen. Die Landesschülervertretung schloss sich letztlich der Mehrheit für eine G8-Reform an, befürworte aber eigentlich eine inklusive Ganztagsgesamtschule für alle, berichtete Löhrmann.

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Lediglich die Volksinitiative «G9 jetzt in NRW» sowie die Bürgerinitiative «G-IB-8» wollen weiter für 13 Jahre Schulzeit bis zum Abitur kämpfen. Die Volksinitiative hat nach eigenen Angaben bislang über 46 000 Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt. Wenn bis zum April 66 000 Unterschriften zusammenkommen, muss der Landtag sich erneut mit dem Thema beschäftigen. Beide Initiativen warfen Löhrmann vor, sie habe den Runden Tisch nicht ergebnisoffen moderiert, sondern sei auf G8 fixiert gewesen. Die Empfehlungen sind aus ihrer Sicht an vielen Stellen nicht praxistauglich.

Auch der Philologenverband stellte fest, dass einige Empfehlungen «mehr hinweisenden Charakter» hätten. Anderes sei dafür sehr konkret: So soll es in sämtlichen Jahrgangsstufen der Sekundarstufe I nur einmal in der Woche Nachmittagsunterricht geben – und nicht mehr als acht Schulstunden. In den Klassen 5 bis 7 sollen Fächern mit Klassenarbeiten in der Regel davon ausgenommen werden.

In NRW war das Gesetz zur Schulzeitverkürzung 2005 verabschiedet worden. Nach Angaben des Schulministeriums gibt es 613 Gymnasien mit acht Schuljahren: Daneben gebe es zahlreiche Möglichkeiten, das Abitur nicht nach 12, sondern erst nach 13 Jahren zu machen. Dies sei möglich über 306 Gesamtschulen, 109 Sekundarschulen, 10 Gemeinschaftsschulen, 225 Gymnasien an Berufskollegs sowie 12 Gymnasien im Modellversuch. dpa

Zum Kommentar: G8/G9-Streit – Deutschland driftet auseinander

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alexander
9 Jahre zuvor

Jeder zweit- und drittklassige Politiker gleich welcher Couleur fühlt sich dazu berufen, am Schulsystem herumzubasteln und irgendetwas dort zu verschlimmbessern. Das deutsche Schulwesen stellt sich insgesamt dar wie ein großangelegter Menschenversuch, unter dem die betroffenen Schüler und auch die betroffenen Eltern zu leiden haben.

wetterfrosch
9 Jahre zuvor
Antwortet  alexander

Absolut richtig! Das Schulwesen ist zum Profilierungsfeld für Möchtegerns verkommen. Diese Leute leben vom ständigen Verändern und Rumbasteln, auch wenn das für andere nur Verschlechterung bedeutet.
Schüler und Eltern sind die Gelackmeierten, allerdings auch die Lehrer. Deswegen ist immer wieder unverständlich, warum aus den Reihen dieser Menschen so wenig Kritik und Gegenwehr kommt. Glauben sie mehr dem, was ihnen aus “ berufenem“ Mund eingeredet wird, als dem, was sie selbst sehen und real erleben?

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  wetterfrosch

Wer Kritik übt bzw. seine Meinung sagt, gilt als unbequem und macht sich daher unbeliebt bei der Schulleitung.

Je nach aktuellem Status möchte man ja eine unbefristete (Beamten-) Stelle, eine Beförderung, einen kompakten Stundenplan oder einfach nur seine Ruhe haben.

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Sie sagen es. Formal gibt es zwar im Raum Schule auch demokratische Zustände. Ich denke z.B. an die Wahl des Lehrerrates (NRW) bzw. des Personalrates (Niedersachsen). Einrichtungen, die die Interessen der Beschäftigten vertreten sollen.

Wie oft habe ich aber in der Praxis erlebt, dass sich dieses Organ eher als der verlängerte Arm der Schulleitung versteht und sich eben nicht für die Belange eines Beschäftigten einsetzt, auch auf die Gefahr hin, damit in einen Konflikt mit der Schulleitung zu geraten.
Einen traurigen Höhepunkt erlebte ich, als ein Personalrat in einem Streit „Schulleitung/Lehrkraft“ ganz offen und direkt für die Schulleitung Partei ergriff. Das Ganze lief auch noch unter den Augen einer Mitarbeiterin der Schulbehörde ab.

Diese Mechanismen haben mit gelebter Demokratie wenig zu tun. Das erinnert mich vielmehr an Strukturen in einem politischen System, das vor 25 Jahren aufhörte zu existieren.

Ebenso hat es für mich nichts mit gelebter Demokratie zu tun, wenn Beschäftigte nicht frei ihre Meinung sagen dürfen, weil sie dann Gefahr laufen, in die „Schusslinie“ von Schulleitungen zu geraten.

Reinhard
9 Jahre zuvor

Mit einer Festlegung auf G8 oder G9 ist ja noch gar nichts getan; das ganze System aus Stundenplan, Lehrplan und vielen weiteren Verordnungen muss zusammenpassen – ach ja, und auch noch die Einstellung der Menschen dazu. In anderen Bundesländern gibt es erfolgreiche und nachweisbar funktionierende Modelle. Z.B. gelingt G8 in Sachsen gut. Rheinland-Pfalz ist mit seinem verkürzten G9 halbwegs zufrieden. NRW könnte doch eines der erfolgreichen Systeme übernehmen. 😉

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Sie nennen wieder den Kern der Sache: In NRW wurde G8 katastrophal, weil viel zu schnell _umgesetzt_. Auch die meisten G9-Favoriten kritisieren hauptsächlich die Umsetzung.

sinus
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Sachsen und Thüringen sind gute Beispiele, daran könnte sich NRW wohl ein Beispiel nehmen. Es gibt ja auch lange bekannte Faktoren:

Sachsen: durchschnittlich 22,7 Kinder pro Klasse in SekI
Thüringen: 19,8 Kinder pro Klasse in SekI
NRW: 26,5 Kinder pro Klasse in SekI

Sachsen: 8.300 Euro Ausgaben pro Kind im Gymnasium
Thüringen: 8.700 Euro Ausgaben pro Kind im Gymnasium
NRW: 5.900 Euro Ausgaben pro Kind im Gymnasium

Am Ganztag kann es nicht liegen. Der Anteil der Schüler, die in Thüringen eine Ganztagsschule besuchen, ist mit 8,4% noch geringer als der in NRW.

Ganz offensichtlich kostet ein G8, mit dem man sich arrangieren kann, bis zu 47% mehr Geld als das, was aktuell Frau Löhrmann zu verantworten hat. Und man braucht sehr viel kleinere Klassen. Beides wird es in NRW wohl die nächsten 10 Jahre nicht geben. Wenn man es billiger hinbekommen will, dann muss man sich eben mehr Zeit nehmen.

Die Eltern haben das erkannt. Und Hessen hat reagiert. Mal abgesehen von der dämlichen Umsetzung der Idee, dass existierende Klassen zu G9 wechseln könnten, hört man keine wirklichen Klagen. Die Schulen hatten ein paar Monate einiges zu tun, aber das war es auch im Wesentlichen. Es spricht nichts dagegen das auch in NRW einzuführen. Die Schulen, die meinen dass G8 bei ihnen gut funktioniert, können es dann beibehalten. Sie müssen dann eben genauso die Eltern überzeugen wie das jedes Gymnasium tun muss: hier gutes G8 und ein Jahr schneller fertig, dort z.B. G9 mit reinem Halbtag die ersten Jahre und 2. Sprache ab Klasse 7.

Die Grünen in NRW meinen, dass das unmöglich sei. Die Grünen in Hessen haben es beschlossen. Und die Schulen dort haben es dankbar aufgegriffen.

dickebank
9 Jahre zuvor

Sie glauben ja überhaupt nicht, wie teuer uns in NRW die kleinen Klassen in TH und SN dank LFA kommen.

NRW hat bezogen auf die Zahl der Einwohner die geringste Dichte an Landesbediensteten.

sinus
9 Jahre zuvor

Ah, das Spiel. Gern. Gegenüber Berlin ist Thüringen ein Waisenknabe, denn Berlin bekommt pro Nase ca. 1.000 Euro. Thüringen begnügt sich mit 400 Euro. Sachsen ist mit 240 Euro da richtig billig. Aber so ganz zieht das Argument, dass es „uns in NRW“ dermaßen viel kostet. Gut, wir bekommen grad mal 23 Euro je Einwohner, trotzdem sind wir Nehmerland. Die Hauptlast tragen Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.

Aber das ist ein reiner Nebenkriegsschauplatz. Und natürlich gibt Thüringen nicht nur aus reiner Einsicht so viel Geld für die Schüler aus. Die Bevölkerung dort geht relativ stark zurück, und wenn man trotzdem eine flächenmäßig erträgliche schulische Versorgung gewährleisten will werden die Klassen natürlich kleiner. Die Kosten einer Klasse sind nicht arg von der Größe abhängig, 25% des Mehraufwands werden also wohl dadurch erklärt. Weniger Kinder bedeuten auch weniger Klassen, also anteilsmäßig höhere Kosten pro Klasse für Gebäude, Verwaltung usw. Aber das genügt bei weitem nicht um die 47% zu erklären.

Und die Feststellung, dass man G8 mit genügend Mitteln scheinbar hinbekommen kann hat est einmal genau gar nichts damit zu tun woher die Mittel kommen. Den Länderfinanzausgleich ist hier also ein denkbar schwaches Argument.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  sinus

Nur sind das ja nicht die einzigen Mittel die fließen. Sie vergessen übrigens Hamburg als Geberland.

Ansonsten schauen Sie einmal nach wie vile Mittel aus Sondervermögen z.B. nach bayern fließen. Die einzige Bahn-Neubaustrecke im Hochgeschwindigkeitz in NRW ist das kurze Teilstück von Köln bis zur Landesgrenze von RLP. Die Ot-West-Strecke von Duisburg bis Dortmund ist in einigen Bereichen immer noch zweigleisig. Ferner fehlen die Mittel für den Erhalt des Bundesfernstraßennetzes. Die Bayern, die am lautesten gegen den „Kohlepfennig“ krakeelt haben, ziehen ungeheure Mittel aus der EEG-Umlage ab. Glauben Sie mir, wenn die Bayern mehr Geld abgeben müssten als sie insgesamt erhalten, die wären viel lauter.

Im ländlichen raum von NRW können GS-Klassen auch schon ab 14 SuS gebildet werden. Nur die Masse der Einwohner lebt nicht im ländlichen Raum. Und die Großstädte in den ehemaligen montanistisch geprägten Industrierevieren sind dermaßen Pleite, dass sie um jede Schule froh sind, die sie schließen können.

Was ich immer lustig finde, ist wenn Länder wie TH mit NRW verglichen werden. TH hat weniger Einwohner als der Regierungsbezirk Detmold – und der ist der kleinste in ganz NRW. Es könnte sogar sein, dass das kommunale Straßennetz Kölns länger ist als das Staatsstraßennetz Thüringens. Des Weiteren erreicht die Zahl der Flüchtlinge, die TH aufnehmen muss nicht die, die die Kölner beherbergen müssen.

sinus
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Das stimmt alles, keine Frage. Bayern hat z.B. auch deshalb einen besseren Stand, weil das Bundesland über 1 Mrd an EU-Agrarsubventionen erhält. Das macht es einfacher über alle Schularten hinweg 1,200 Euro pro Jahr und Schüler auszugeben. Die Voraussetzungen sind unterschiedlich, und gerade NRW steht da nicht sonderlich gut da. Es muss sehen was es mit den vorhandenen Mitteln bewerkstelligen kann.

Aber das hat trotzdem mit dem Thema selbst herzlich wenig zu tun. Wenn ein G8, das von der Allgemeinheit angenommen wird, dermaßen viel kostet, dann muss man das Geld eben in die Hand nehmen. Einzige Alternative: Man gibt zu, dass man es sich nicht leisten kann, und führt G9 zumindest wahlweise wieder ein. Frau Löhrmann verweist doch gern auf die Schulen, die G8 erfolgreich gestemmt haben. Leider kann man als einfacher Bürger da keine Statistik, Auflistung oder sonst irgend etwas bekommen, auch wenn das nach Aussage einiger Bildungspolitiker existieren soll. Wie dem auch sei: Die Schulen, die mit den zur Verfügung stehenden Mitteln G8 hinbekommen, werden bei Neuanmeldungen genauso überzeugen müssen wie es Gymnasien schon immer tun mussten. Ich zumindest kenne keinen, der sich für sein Kind in der 4. Klasse nicht zumindest zwei Schulen angeschaut hat. Und die Schulen, die meinen, dass sie mit G9 besser fahren, können das dann eben tun.

Hessen zeigt, dass es funktioniert, abgesehen von der Ausformung der Regel zum Wechsel existierender Klassen. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass das soigar ganz gut hinkommen würde. Wenn 20% der hiesigen Gymnasien erfolgreich mit G8 sind, würde das gut zu den 20% passen, die in Hessen und – Bauchgefühl – auch in NRW G8 präferieren, passen. Eine weitere Aufsplitterung des Schulwesens gibts dadurch auch nicht, schließlich existieren schon G9-Gymnasien, außerdem wäre man dann im gleichen Raster wie die Gesamtschulen. Und warum ein Kind mit uneingeschränkter Gymnasialempfehlung dort ein Jahr mehr Zeit bekommen soll als eins auf dem Gymnasium kann auch niemand erklären.

Aber Frau Löhrmann erklärt einfach nicht warum das bei uns unmöglich ist. Weil damit so viel Zeit für gute Schulentwicklung verloren geht? Die immer wieder notwendigen Anpassungen, Stoffstreichungen und Notlösungen wegen G8 sind scheinbar kostenlos. Weil damit Schulentwickler enttäuscht werden? Die können auch mit G9 entwickeln, und wenn sie dermaßen gut wären würde es heute nach so vielen Jahren nicht immer noch die bekannten Probleme geben. Außerdem ist mit die Gefühlswelt von „Schulentwicklern“ herzlich egal, die sich wichtiger nehmen als die Kinder. Soweit ich sehe waren das auch die einzigen Punkte, die von SPD und Grünen als Gründe vorgeschoben wurden. Das überzeugt zumindest mich nicht wirklich.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  sinus

Weil es in NRW neben den Gymnasien die Möglichkeit gibt, die gymnasiale Oberstufe an einem BK oder einer GeS zu besuchen.

sinus
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Aha. Und wo besteht nun der Unterschied zu Hessen? Die Situation dort war praktisch identisch, praktisch gleicher Anteil an Gesamtschulen mit G9 sowie beruflichen Gymnasien. Die Zahlen sind alle bekannt. Ich weiß, Frau Löhrmann sagt gern, dass die NRW-Schullandschaft nicht mit denen in anderen Bundesländern vergleichbar sei. Da hat sie leider Pech, denn der Vergleich mit Hessen ist recht problemlos möglich. Strukturelle Unterschiede gibt es praktisch nicht.

Trotz den Möglichkeiten, das Abitur per G9 zu machen, hat es in Hessen nicht geklappt. Die Eltern hatten wahrlich genug Zeit um die propagierten Vorteile von G8 zu bemerken oder sich damit zu arrangieren, dass sie G9 für ihre Kinder von den Gesamtschulen angeboten bekommen.

Leider hat das nicht geholfen. Die Proteste rissen nicht ab. Kaum wurde die Wahlfreiheit eingeführt entschieden sich 80% bei der Anmeldung am Gymnasium für G9. Natürlich kann man das abtun, von wegen die waren alle indoktriniert, die wollen unbedingt ihre „gymnasiumsunfähige“ Kinder auf das Gymnasium bekommen oder sonstwas. Oder man kann einfach konstatieren dass die Bürger eine bewusste Wahl getroffen haben. Man muss sie nicht runterreden, nur weil sie einem nicht gefällt, wie es einige Politiker hier in NRW tun. Nebenbei wäre es ein Wunder, wenn die 20% Neu-G8ter alle supergut wären und die 80% Neu-G9er komplett eher nichts auf dem Gymnasium zu suchen hätten.

Warum geht also in Hessen, was in NRW nicht gehen soll? Meine Meinung: Weil wir aktuell hier keinen Wahlkampf haben. G9 war Wahlkampfthema in Hessen und in Niedersachsen. G9 wird Wahlkampfthema in BW. Und in vielen Bundesländern wird von SPD oder Grün, ob in der Regierung oder in der Opposition, gefordert, dass allen Gymnasiasten die Wahl zwischen G8 oder G9 erlaubt wird. Kein Ausweichen auf andere Schulformen oder sonstwas.

Man kann sich natürlich fragen warum die Eltern lieber G8 am Gymnasium auf sich nehmen anstatt G9 auf der Gesamtschule zu wählen. Meiner Meinung nach ist er Hauptgrund der Ganztag – viele (auch ich) wollen einfach nicht, dass die Schule fast den gesamten Tag einnimmt. Ebenso wollen viele (auch ich) das Kind lieber an einer kleineren, übersichtlicheren Schule anmelden. Gesamtschulen sind zum größten Teil doch relativ groß, das ergibt sich schon aus dem Konzept. Aber der Witz daran ist, dass der Grund keine Rolle spielt. Entweder überlasse ich den Eltern die Wahl der Schulform und muss mit deren Entscheidungen leben, egal wie sie zustande gekommen sind, oder ich gehe davon aus, dass die Eltern keine Ahnung haben, und verordne von oben wer in welche Schule geht. Das wird nicht so einfach durchzusetzen sein, und ich persönlich würde der Behörde was husten.

Außerdem hat noch niemand die Frage beantwortet, warum ein Kind mit uneingeschränkter Gymnasialempfehlung auf einer Gesamtschule ein Jahr mehr Zeit hat als auf einem Gymnasium. Die Gesamtschulen werben sogar offensiv mit diesem Mehr an Zeit.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Weil Schulpolitik Ländersache ist und Herr Bouffier Angst hat, seinen Job als MinPrä zu verlieren. Die CDU hat nur noch 4 MinPräs plus einen aus dem Club der seehoferschen Untoten.

Es spricht nichts gegen das g8 als solches. Was in NRW geändert werden muss, sechsjährige Sek I plus zweijährige GOSt, Die EF ist an Gymnasien überflüssig. Vorteil: Die lehrpläne für die SekI brauchen nicht angepasst werden und der Zeitverlust durch Wiederhoung in der 11 (EF) fällt weg. Wer sich die zweijährige Oberstufe am GY nicht zutraut, kann dann nach der 10 immer noch reibungslos wechseln.

Dies ist zur Zeit nämlich nicht möglich und vermutlich der einzige Grund, warum die NRW CDU bei Einführung des G8 auf Beibehaltung der dreijährigen GOSt bestand.

warum HE und NRW Oppositions- und regierungsparteien unterschiedlich zu diesem thema ist klar, es geht nicht um die sache sondern darum die eigene Ideologie zu befördern. Die CDU in HE hat sich mit den Gesamtschulen arrangiert, die in NRW nicht. Die Grünen in HE möchten den Burgfrieden mit dem Club der ungeküssten nicht gefährten, die in NRW die SPD vor sich hertreiben. Der SPD in NRW ist das Thema egal, sie hat seit dem Koop-Streit die Schnauze von Schulpolitik voll, weil sie weiß wie viel Ärger Behler und Konsorten machen können. Die SPD in HE ist zur Zeit eher machtlos und leidet noch an Yps.

Sie sehen es geht um alles oder nichts, nur dürfen sie nicht den Fehler machen nichts gleich die Interessen der Schüler und Schülerinnen zu setzen.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Zitat:
[…]die wollen unbedingt ihre “gymnasiumsunfähige” Kinder auf das Gymnasium bekommen oder sonstwas[…]

Find ich persönlich komisch, Gymnasien in Deutschland sind die einzigen Behörden, die einen Teil ihres Zuständigkeitsbereiches ablehnen. Demnach könnten Finanzämter demnächst vielleicht es auch einmal versuchen, Einkommensbezieher als „nicht finanzamttauglich“ einzustufen.

sinus
9 Jahre zuvor

Es gibt Punkte, die mir persönlich an sich an G8 nicht behagen, zum Beispiel der erzwungene Nachmittagsunterricht. Meiner Meinung nach sollten Kinder jeden Tag allerspätestens ab 14:00 Uhr aus der Schule raus sein, wenn sie nicht im Ganztag sind. Aber das ist, wie gesagt, nur eine persönliche Einschätzung.

Wir reden hier über G8 in NRW. Und auch das kann nicht funktionieren, egal ob nun 5+3 oder 6+2 gilt. Die Voraussetzungen sind schlicht nicht gegeben und werden auch nicht geändert. Die Klassen sind zu groß und der Etat zu klein. Die EF bedeutet wahrlich nicht Leerlauf, da wird vieles durchgenommen, was trotz Vorgaben nicht in den ersten Jahren geschafft wurde. Dazu kommt der zusätzliche Stoff. Dass dieses Jahr für all diejenigen sinnlos ist, die nicht bis zum Abi weitermachen wollen – geschenkt. Dass 5+3 für viele Schüler, die von der Realschule kommen, eine viel zu großer Bissen ist – bekannt. Wird trotzdem nicht geändert.

Natürlich ist auch klar, dass viele Politiker das sagen, von dem sie meinen, dass die Wähler es hören wollen. Ob sie es dann durchziehen ist eine andere Sache. Nichtsdestotrotz ist die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 in Hessen verdammt gut angekommen. Warum also in NRW nicht vom Erfolg in Hessen lernen und hier ebenso G9 freigeben? Stichhaltige Argumente dafür gibt es zuhauf, eigentlich reicht es schon dass man nach allden Jahren aufhören muss, Politik gegen die Eltern zu machen. Die Argumente gegen diese Wahlfreiheit sind bisher eher lustig.

hennes
9 Jahre zuvor
Antwortet  sinus

„Meiner Meinung nach sollten Kinder jeden Tag allerspätestens ab 14:00 Uhr aus der Schule raus sein“
Da kann ich nur zustimmen.
Von Ganztagsschulen halte ich erst recht nichts. Unvorstellbar, dass ich sie in meiner Schülerzeit ausgehalten hätte.Die schönsten und wichtigsten Erlebnisse hatte ich nicht in der Schule, sondern in der freien Zeit am Nachmittag.
Dass für Kinder ein notwendiges Übel fast den ganzen Tag dauern soll, ist eine grausame Vorstellung.
Aber man kann ja auch Zumutungen schönreden, wie täglich zu sehen oder hören.
Nicht die Realität zählt, sondern schmückende Beschreibung.

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  sinus

Mir ist nicht bekannt, dass Realschüler nach der 10 direkt in die Q1 gesteckt werden. _Das_ wäre wirklich extrem. Sie gehen eher in die EF und machen dann das Abitur nach 13 Schuljahren. Ein guter, fleißiger Realschüler kann das schaffen ohne sich tot zu ackern. Die Abituranforderungen sind ja auf dei 50-60% Abiturquote eines gesamten Jahrgangs herabreformiert und herabkompetenziert worden.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Wenn diese den Mittleren Bildungsabschluss mit der Berechtigung zum Einstieg in die Qualifizierungsphase (Q1) haben, dann geht das.

Es gibt den MSA als FOR-QE, berechtigt zum Einstieg in die ES,
und als FOR-QQ, berechtigt zum Einstieg in die Q1.

dickebank
9 Jahre zuvor

14:00 Uhr geht ja nur, wenn Sie bei Einhaltung der Pausenzeiten um 6:00 Uhr anfangen.

Der Freigabg in den Unterrichtsvollzugsanstalten ist ohnehin zu kurz bemessen. die zweimal 20 Minuten sind ein bürokratischer Witz. Die Nichteinhaltung der einstündigen Mittagspause und das Anhängen der 7. Stunde an den regulären Vormittagsunterricht macht den Schulschluss um 14:00 Uhr erst möglich.

Sinnvoller ist ein Unterricht an zwei Nachmittagen, der dann bis 15:30 bzw 16:00 Uhr geht. Alternativ kann ja an GY wieder der Samstagsvormittagsunterricht eingeführt werden.

Alternativ können sich die GY ja bemühen bei der für sie zuständigen Bez.-Reg. einen gymnasialen Aufbauzweig zu beantragen, der eine 6-jährige SekI umfasst und in erster Linie „Aufsteigern“ aus den Erprobungsstufen der anderen Schulformen dienen soll – aber natürlich auch am Ende der erprobungsstufe SuS des eigenen Etablissements zur Verfügung steht. Im Nortosten von Südwestfalen ist einer Ersatzschule in privater/öffentlicher Trägerschaft gerade der Aufbau eines solchen Zweiges genehmigt worden, Maria sei gedankt.

sinus
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Ich würde gern den Anruf mithören, den der Leiter eines rein öffentlichen Gymnasiums von Frau Löhrmann persönlich bekommt, wenn er einen solchen Antrag einreicht 😉

Die fünfjährige SekI ist natürlich ein Fehler. Aber nicht einmal das traut sich die grüne Ministerin zu ändern. Wie sie da sitzt und erzählt, dass sie das so ja nieee gewollt hatte, aber nun gar nichts geändert werden kann. Nun, stimmt, darauf hat sich auch der Runde Tisch geeinigt.

Und die Lehrer sind teilweise zwischen allen Fronten. Sie sagen den Schülern selbst, dass schlicht keine Zeit für Wiederholungen bleibt. Wer den Stoff nicht sofort versteht muss ihn eben zuhause nacharbeiten, morgen muss das nächste Thema durchgepaukt werden. Einfach weil es dermaßen viel ist. Sobald dann ein Schüler eine Woche fehlt, hat er die A-Karte gezogen. Hinter vorgehaltener Hand geben die Lehrer auch zu dass das alles für die Schüler kaum zu schaffen ist, wenn der Stoff nicht bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen oder die Noten überaus gnädig vergeben werden. Beides ist nicht wirklich Sinn des Gymnasiums. Die humanistisch geprägte Allgemeinbildung wurde im Schulministerium sowieso schon lange geopfert.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  sinus

Wieso der Schulleiter? Einen solchen Antrag stellt doch die Gemeinde als Schulträger. Im geschilderten Fall hatte man eben eine Schule zur Hand, die den neunjährigen Aufbauzweig unter ihrem dach neben dem achtjährigen anzubieten bereit ist. Ansonsten hätte man nämlich entweder ein neues Schulgebäude errichten oder eine andere schule umwidmen müssen.

dickebank
9 Jahre zuvor

Alsob so ein Antrag im Ministerium bearbeitet würde, das ist Aufgabe der zuständigen Bez.-Reg.

Der Witz bei der Geschichte ist doch, dass es bis in die 70er Jahre viele Aufbaugymnasien gegeben hat, diese aber mit der zeit verschwunden sind. Es handelt sich also um eine zugelassene schulform, sie muss nur wiederbelebt werden. Und das hat das Gymnasium im Nordosten von Südwestfalen gemacht. Spannend an diesem Gymnasium ist, dass es vormals in Trägerschaft eines Orden der rk Kirche war, und der heutige Schulträgerverein von der Kommune und dem Orden getragen wird. Die Stadt konnte sich so ein zweites städtisches Gymnasium, das sie komplett hätte finanzieren müssen, ersparen.

Wenn das Ministerium es hätte verhindern wollen, es hätte die bez.-Reg vor den TorenDortmund entsprechend anweisen können, aber es hat nicht … Und watt lehrt uns dat?

sinus
9 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Dat et Löhrmännche sich net met dä Katholen hätt kloppe wollt. Würde der Kölner sagen. Also südliches Köln, Zollstock, Raderberg, die Ecke. Vielleicht sogar schon ab Rolandstraße.

Das Ministerium hat wirklich alle Register gezogen, um 2010 G9-Gymnasien zu verhindern. Dass es trotzdem 13 geworden sind lässt einen fast gläubig werden. Wenn wir schon beim Thema sind. Die Bereitschaft da auch nur das kleinste Türchen zu öffnen liegt meiner Meinung nach bei genau 0. Außer eben wenn es nicht anders geht.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  sinus

Rheinischer Fundamentalismus eben – bedenken sie das Kölner Grundgesetz.

§1: Et es wie et es!
§2: Et kütt wie et kütt!
§3: Et hät noch immer jot jejange!
§4: Wat fott es, es fott!
§5: Et bliev nix, wie et wor!
§6: Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet!
§7: Wat wellste maache!
§8: Maach et jot, ävver nit ze of!
§9: Wat sull dä Quatsch?
§10: Dringste eine met?
§11: Do laachs dich kapott!

Dann jitt et do noch die volljende Zusatzartikelsche:

§12: Wat däm ein sing Ül eß däm andere sing Naachtijall.
§12a: Mir sin nit aaberjläubisch!
§14: Mer weis_et nie, mer stich nit drinn.
§15: Jede Jeck eß anderß.
§16: Dröm Jeck loß Jeck_e_lahnß!
§17: Och dä raderdollste Aasch hät sing Visasch!
§18: Jedem Diersche sing Pläsiersche.
§19: Dat jitt et nur, nur, nur in Kölle!
§20: Dat sull ech jesaat hann?
§21 Du bes Kölle!

Na klar ist Löhrmann gegen eine Aufweichung des G8 und überhaupt und sowieso. Aber Änderungen in ihrem Lauf, halten weder ochs noch Esel auf:)

Mehr GOSten gibt das System nicht her, ohne sich gegenseitig zu schwächen. Alsio müssen die bestehenden GOSten gefüllt werden. Der Bestand der GY ist nicht gefährdet, die Zahl zusätzlicher GeS wird zukünftig stagnieren, da die Kommunen Probleme mit dem Umbau bestehender Schulgebäude zu gesamtschultauglichen Bedingungen haben. Für die ist es leichter bestehende Schulen in Sekundarschulen umzuwandeln, zumal die Dreizügigkeit leichter zu erreichen ist als Vierzügigkeit, die Voraussetzung für eine GeS ist.

Die nicht vorhandene bereitschaft Türchen zu öffnen, soll die Akzeptanz der GOSten an BK und GeS erhöhen – vermute ich. Es bedarf also noch eines Paktes mit der Wirtschaft, um das Fachabi am BK attraktiver zu und vor allem populärer zu machen, und dann schauen wir mal. Eigentlich müssten nur die Sekundarschulen angehalten werden, verstärkt Kooperationen mit BKs wg. drohendem Facharbeitermangel einzugehen …

Politik ist die Kunst das Unmögliche Möglich zu machen. Und bei Politikern gilt das gleiche wie bei Diplomaten, es gibt Geschickte und Gesandte:)