Schulfrieden in Baden-Württemberg: erste Schritte – ohne die CDU

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STUTTGART. Gymnasien, Realschulen, Gemeinschaftschulen, Werkrealschulen und Sonderschulen sollen weiterhin Teil der Schullandschaft im Südwesten sein. Darauf haben sich die Regierungskoalition und FDP am Samstag, 13. Dezember, in einem eineinhalbstündigen Treffen in Stuttgart geeinigt. Eineinhalb Jahre vor der Landtagswahl haben sich die Parteien auch in anderen grundsätzlichen Fragen der Schulpolitik verständigt. „Unterm Strich: große Annäherung“, resümierte SPD-Landeschef und Finanzminister Nils Schmid nach dem Gespräch.

Der baden-württembergische CDU-Chef Thomas Strobl
Beteiligte sich mit seiner Partei nicht an Gesprächen für einen Schulfrieden in Baden-Württemberg: CDU-Chef Thomas Strobl. Foto: Laurence Chaperon/Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

SPD, Grüne und FDP kritisierten, dass die CDU abgesagt hatte. Mit ihrer Weigerung, über einen Schulfrieden zu sprechen, stoße sie Eltern, Schüler, Lehrer, Kommunen und Wirtschaft vor den Kopf. Diese wünschten sich Planbarkeit und Verlässlichkeit in der Schulpolitik. CDU-Landeschef Thomas Strobl und der künftige CDU-Fraktionschef Guido Wolf hatten ihr Fernbleiben damit begründet, dass sich die SPD zunächst darum bemühe müsse, den Frieden mit den Schulen wiederherzustellen. Sie erklärten: „Offenbar will die SPD nach drei Jahren grün-roter Bildungspolitik nur die Opposition auf ihre missratene Bildungspolitik verpflichten, die in der Bevölkerung auf breite Ablehnung trifft.“ Schmid greife angesichts schlechter Umfragewerte für die grün-rote Schulpolitik nach dem Strohhalm Schulfrieden.

Gastgeber Schmid forderte die CDU auf, nicht weiter „Störenfried“ zu sein: „Die Hand bleibt ausgestreckt.“ Nach den Personalentscheidungen in der CDU Ende Januar 2015 werde er erneut sondieren, ob die Partei für Gespräche zu gewinnen sei. Grünen-Landeschefin Thekla Walker warnte die CDU, sich als „Dagegenpartei“ zu erweisen und auf Kosten von Schülern profilieren zu wollen. Schmid mutmaßte über die Motive der Christdemokraten: „Sie wollen das Pulver trocken halten für einen spalterischen Wahlkampf.“ Dabei sei die Erwartung aller, wesentliche Bildungsfragen aus dem Parteiengezänk fernzuhalten.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) findet die Haltung der CDU nicht verwunderlich. Denn sie sei völlig auf überkommene Schulstrukturen fixiert. Überdies sei politischer Streit Ausdruck von Pluralität einer Gesellschaft und habe Jahrtausende lange Tradition. Allerdings müsse die Politik sachorientiert arbeiten. Sie dürfe auch nie vergessen, dass es um das Wohl von Kindern und Jugendlichen gehe.

Die Eltern im Land wünschen sich unterdessen sehnlichst einen Schulfrieden herbei. „Wir wollen nicht, dass nach jedem Regierungswechsel das Fass wieder neu aufgemacht wird“, sagte Landeselternbeirat-Chef Carsten Rees. Für ihn bedeute Schulfrieden auch, dass die Politiker bildungspolitische Themen aus dem Wahlkampf heraushalten. Diese Hoffnung sei aber unrealistisch. „Der Bereich ist in der Landespolitik einer der wenigen, in dem sich die Politiker meinen, profilieren zu können.“ Weit bessere Chancen für einen Schulfrieden hätten bestanden, hätte man ihn früher als eineinhalb Jahre vor der Landtagswahl angestrebt, unterstrich Rees.

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Schmid berichtete, dass keine Partei die Entscheidung von Grün-Rot für den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung sofort rückabwickeln wolle. Die Eltern – und nicht die Grundschullehrer – hatten damit das letzte Wort über die weiterführende Schule für ihr Kind bekommen. Dennoch gibt es weiterhin Trennendes: FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke will die von ihm diagnostizierten Privilegien der Gemeinschaftsschulen abgeschafft wissen. Überdies stelle sich ihm die Frage, ob Grün-Rot wirklich die Realschule als eigenständigen Schultypus erhalten oder nicht doch über sie die Gemeinschaftsschule durch die Hintertür einführen wolle. Nach Schmids Einschätzung bleibt auch bei grundsätzlichen Übereinkünften die konkrete Ressourcenausstattung ein Thema für politischen Streit.

FDP-Landeschef Michael Theurer betonte, seine Partei wolle schulpolitische Vielfalt und lehne das von der Landesregierung angestrebte Zwei-Säulen-Modell mit Gymnasium und einer integrativen Schule ab. Er mache „offensive Werbung“ für eine Teilnahme der CDU an den Gesprächen, auch wenn diese ohne sie fortgesetzt werden könnten.

Im Jahr 2013 hatte Schmid bereits einen Schulfrieden zwischen Regierung und Opposition angeregt. Er hatte die Gespräche aber abgeblasen, weil die CDU mit dem Hinweis zögerte, die Regierung sei nicht kompromissbereit. Von Julia Giertz, dpa

Zum Beitrag: Streit statt Schulfrieden – CDU nimmt nicht an Konsensgesprächen teil
Zum Beitrag: Neue Runde um Schulfrieden im Südwesten? – Schmid lädt designierten CDU-Spitzenkandidaten zum Gespräch ein

Titelbild: S. Hofschlaeger / pixelio.de

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2 Kommentare
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drd
9 Jahre zuvor

von ersten schritten habe ich nichts gelesen in dem text. die cdu hat ganz recht dem spektakel fernzubleiben.

Reinhard
9 Jahre zuvor

Ich kann aus dem Artikel noch nicht ersehen, in welchen „anderen grundsätzlichen Fragen“ sich die am Gespräch beteiligten Parteien geeinigt haben.