Nach dem „ICILS-Schreck“: Wirtschaftsvertreter fordern mehr digitale Bildung

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STUTTGART. In Unternehmen halten derzeit Technologien mit dem Etikett Industrie 4.0 Einzug. Beschäftigte müssen das technische Know-How aber oft erst lernen. Die Wirtschaft dringt daher auf digitale Bildung im Unterricht. „Es wäre richtig, die Lehrpläne so zu gestalten, dass das Thema Digitalisierung eine Rolle spielt“, sagte der Präsident des Landesverbands der Industrie. Erst unlängst hatte die internationale ICIL-Studie ergeben, dass deutsche Schüler im Umgang mit digitalen Medien nicht besonders kompetent sind.

Die Branche steht vor einem gewaltigen Wandel, der mit dem Schlagwort Industrie 4.0 bezeichnet wird – dahinter verbirgt sich die Verknüpfung von Maschinen mit dem Internet. Nach Kochs Einschätzung wäre es sinnvoll, das in Baden-Württemberg eingeführte Schulfach Wirtschaft zu erweitern. „Wirtschaft und Technik sind so miteinander verflochten, dass man daraus vielleicht ein gemeinsames Fach machen sollte.“ Die Berücksichtigung des Themas im Unterricht gehört ihm zufolge zu den Rahmenbedingungen, die für Industrie 4.0 wichtig sind. „Die Lehrkräfte müssen dann natürlich entsprechend ausgebildet sein.“

Computer im Unterricht? Gibt's in Deutschland nicht allzu häufig. Foto: Vancouver Film School / flickr (CC BY 2.0)
Die IT-Ausstattung ist an vielen Schulen in Deutschland noch verbesserungswürdig, sagt der VDMA-Landesgeschäftsführer. Foto: Vancouver Film School / flickr (CC BY 2.0)

Ein eigenes Schulfach hält der baden-württembergische Geschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Dietrich Birk, indes zwar nicht für nötig, einen stärkeren Fokus auf Medien- und IT-Kompetenz aber sehr wohl. „Wir müssen die Lehreraus- und -fortbildung stärken und die technische IT-Ausstattung der Schulen verbessern“, mahnte der Landesgeschäftsführer. „Die Schulhäuser müssen überhaupt erst für die Digitalisierung fit gemacht werden.“

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Nach Einschätzung von Südwestmetall-Chef Stefan Wolf geht das Fach Wirtschaft bereits in die richtige Richtung. Nachholbedarf gibt es seiner Einschätzung nach aber immer noch. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte indes: „Das Bildungsangebot muss nicht noch größer oder besser werden. Wir müssen die jungen Leute aber besser an die Berufe heranführen, die wir heute haben.“ Er hält in dem Zusammenhang eine Art Bildungsreform-Moratorium für nötig.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte bereits in einer Regierungserklärung angekündigt, die Technologieführerschaft in diesem Bereich ausbauen zu wollen. Auch die Gewerkschaften halten die entsprechende schulische Bildung in dem Bereich für sinnvoll, haben allerdings auch Bedenken: Digitale Kompetenz sei „eine Schlüsselqualifikation für unsere Jugend“, sagte Verdi-Landeschefin Leni Breymaier. „Was ich aber nicht will, ist ein weiterer von Arbeitgebern bereitgestellter Unterrichtsbaustein, der einseitig deren Interessen in die Schulen transportiert.“ Antonia Lange und Annika Graf, dpa

Zum Beitrag: „Wirtschaftsunterricht muss lebensnah sein“
Zum Beitrag: „Wirtschaft“ in der Schule – Der schmale Grat zwischen BWL und Verbraucherbildung

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alexander
9 Jahre zuvor

…es ist die frage, ob die wirtschaft immer ein guter ratgeber bei der gestaltung von schule ist. waren es nicht auch die vertreter der wirtschaft, die mit blick auf einen möglichst frühen berufseinstieg dieses unsägliche g8-system forderten, das beispielsweise in hessen katastrophal scheiterte und grandios an die wand gefahren wurde. sollte schule nicht vielmehr im wohlverstandenen interesse der schüler den schwerpunkt auf allgemeinbildung und persönlichkeitsbildung legen und sich weniger als zulieferer von wirtschaft und industrie sehen?…