Informatik statt Französisch – soll Programmieren Pflicht in der Schule werden?

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Drei Viertel der Schüler (75 Prozent) an weiterführenden Schulen hätten Informatik gerne als Pflichtfach. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Aris hervor. Nur etwa jeder Zwölfte (8 Prozent) lehnt Informatik als Pflichtfach ab. 2010 lag die Zustimmung noch bei 53 Prozent: Damals lehnten es 23 Prozent ab.

An den Hauptschulen ist der Wunsch nach Informatik besonders groß: Hier würden es 83 Prozent der Schüler gern als Pflichtfach haben. An Gesamtschulen sind es 78 Prozent, an Gymnasien und Realschulen 73 Prozent. An der Umfrage im Auftrag des IT-Verbands Bitkom und Learntec, einer Messe für digitales Lernen, nahmen 512 Schüler ab 14 Jahren teil.

Computer im Unterricht? Gibt's in Deutschland nicht allzu häufig. Foto: Vancouver Film School / flickr (CC BY 2.0)
Schon lange keine Nerddebatte mehr: Programmieren als Schulpflichtfach. Foto: Vancouver Film School / flickr (CC BY 2.0)

Damit wird die schwelende Diskussion um Informatik als Pflichtfach erneut befeuert. Aktuell wollen die Grünen Informatik als Pflichtfach an Hamburger Schulen einführen. IT-Kompetenz werde für den Wirtschaftsstandort Hamburg immer wichtiger, sagte Fraktionschef Jens Kerstan am Dienstag bei einem Programmierkurs der «Hacker School». In den Klassen 7 und 8 solle der Unterricht daher sowohl an Gymnasien als auch an Stadtteilschulen verpflichtend sein, sagte die schulpolitische Sprecherin Stefanie von Berg. Ausstattung und geeignete Lehrer seien bereits vorhanden, doch Schulsenator Ties Rabe (SPD) habe für Informatik kein Verständnis. Ein entsprechender Antrag der Grünen wurde in die kommende Legislaturperiode verschoben.

Rabes Parteikollege Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist offener. Programmiersprachen gehörten zu den Sprachen des 21. Jahrhunderts, sagte Gabriel schon im Herbst 2014 der „Rheinischen Post“. Er schränkte aber ein, dass es viele Wege gebe, wie man Kinder und Jugendliche für das Programmieren begeistern könne, der Schulunterricht sei nur einer davon. Man könne beispielsweise Programmiersprachen als zweite Fremdsprache in Schulen anbieten. Programmieren zu können, ist für die Wirtschaftsentwicklung wichtig, findet der Wirtschaftsminister.

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Es gibt aber noch weitere Gründe, die für Informatik als Pflichtfach sprechen. Das Bundesministerium für Bildung will die Kompetenz ebenfalls fördern und hat gerade die Initiative „jeder-kann-programmieren.de“ gestartet, in dessen Beirat unter anderem der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar sitzt.  Der Moderator sagt: „Ziel ist, dass Internetnutzer dazu ermuntert werden, ihre digitale Zukunft aktiv zu gestalten und sich nicht zu Konsumenten reduzieren zu lassen.“

Auch die Internetbotschafterin der Bundesregierung hatte unlängst die Vermittlung von Programmier-Kenntnissen bereits im Grundschulalter gefordert.  In Großbritannien ist Programmieren in Grundschulen seit diesem Schuljahr verpflichtend. nin mit dpa

Ranga Yogeshwar geht unter die Schulberater: „Lernen für die Zukunft – neue Wege der Wissensvermittlung“ , so heißt der Vortrag, den Ranga Yogeshwar am Samstag, den 14. März 2015, um 13 Uhr im Rahmen des Deutschen Schulleiterkongresses 2015 halten wird. Mehr Informationen finden Sie hier.

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13 Kommentare
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Reinhard
9 Jahre zuvor

Schaut man sich die website konkret an, so sieht man, dass es dort großenteils um „Sandkasten-Programmieren“ auf einem unglaublich niedrigen Anforderungsniveau geht. Aber die Erfahrung unserer Informatiklehrer ist, dass wirkliches Programmieren, das über Zeilen wie „Kreis(20,30)“ hinausgeht, den Schülern ungeheuer schwer fällt, weil es streng logisches abstraktes Denken fordert – also genau das, was in den letzten 10 Jahren mehr und mehr aus dem Mathematikunterricht entfernt wurde.
Programmieren bei einer Umfrage gut zu finden, ist eine Sache; eine fehlerfreie Endlosschleife mit If .. then .. else einzutippen ist eine andere.

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

zumal die Schüler sehr wahrscheinlich informatik mit computerspielen verwechseln.

Reinhard
9 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

.. zumindest bis nach den Herbstferien. Danach wird umgewählt.

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

lol

Lutz
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Meine Schüler sollen sogar lernen, dass IF..THEN..ELSE.. eine Verzweigung(!) ist.
Wer damit eine Schleife hinbekommt, verdient meine aufrichtige Bewunderung.

Reinhard
9 Jahre zuvor
Antwortet  Lutz

ich wollte hier keinen Programmierkurs anbieten, zumal meine jahrzehntealten Pascal-Kenntnisse sich mttlerweile sehr mit Bruchstücken anderer Sprachen gemischt haben. Immerhin, juchhu, hier schreiben Lehrerinnen und Lehrer mit programmiersprachlichen Kenntnissen mit. Danke für die Korrektur! Beim genaueren Nachdenken erinnere ich mich an WHILE- und FOR-Schleifen … aber darin konnte es Ausstiegsbedingungen mit IF geben, oder? Aber war das in Fortran, BASIC oder Pascal? Wie einfach ist das für Ihre 10.-Klässler?

Lutz
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Das Kernproblem der Meldung und vieler prominenter Äußerungen zum Thema besteht ja darin, dass Informatik mit Programmieren und Computerbedienung gleichgesetzt wird. Am besten beschreibt immer noch Dijkstra („In der Informatik geht es genauso wenig um Computer wie in der Astronomie um Teleskope.“) das Dilemma fehlerhafter Vorstellungen von unserem Fach. In aktuellen Dokumenten zum Informatikunterricht – hervorzuheben sind hier die Grundsätze und Standards für die informatische Bildung in der Sekundarstufe I (http://informatikstandards.de/) – wird die Informatik nicht mehr auf das Programmieren reduziert, wenngleich das Modellieren von Daten und Algorithmen für ein Gesamtverständnis informatischen Denkens unverzichtbar ist.
Zugegeben – auch wenn mittlerweile Sprachen und Entwicklungsumgebungen zur Verfügung stehen, bei denen Programmieren nicht nur aus der Suche nach Semikolons besteht – das Zerlegen eines Algorithmus in seine Grundbausteine ist und bleibt eine herausfordernde Angelegenheit für Schüler aller Altersstufen.

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  Lutz

Das Zitat gefällt mir. Beim Schulfach Mathematik ist es ja ähnlich, weil es nicht viel abstrakter werden darf als das (zugegebenermaßen sehr trockene) Rechnen mit Buchstaben und das Lösen einfacher Gleichungen im Pseudokontext (evtl. sogar mit dem Taschenrechner). Beweise oder gar allgemeine Strukturen fehlen nahezu vollständig.

Informatik in der Sek I besteht in der Tat im Wesentlichen aus der Bedienung eines Computers und der wichtigen Programme. Aber selbst das Arbeiten mit Excel wird zur Geduldsprobe für jeden Lehrer, wenn es um das Eingeben von Formeln mit absoluten und / oder relativen Zellbezügen geht. Das ist dann wieder Rechnen mit Buchstaben …

Reinhard
9 Jahre zuvor
Antwortet  Lutz

Vergleichen Sie einfach mal bei 4teachers / Arbeitsmaterialien/Informatik die Anzahl der Beiträge zu den einzelnen Rubriken, dann entsteht ein Eindruck, was in „Informatik“ oder ITG in der Schulpraxis (!) gemacht wird.

Hacker School
9 Jahre zuvor

Schauen Sie sich doch auch einmal die Kurse der Hacker School (http://www.hacker-school.de) an. Auch da geht es natürlich um einen Einstieg, aber fehlerfreie If-Schleifen müssen es schon sein…

Reinhard
9 Jahre zuvor
Antwortet  Hacker School

für bis zu 10% unserer Schüler ist das sicher wunderbar. Die stören sich dann auch nicht am schlechten – ich meine natürlich „jugendgemäßen“ – Deutsch auf der website, sie wollen ja Scratch lernen. Ich finde das Angebot sehr verlockend.

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

diese 10% würden das auch privat machen und würden sehr wahrscheinlich mit ähnlichem ehrgeiz auch eine gesprochene sprache lernen.

GriasDi
9 Jahre zuvor

Und wenn sie dann Informatik haben (siehe Bayern) dann würden sie es am liebsten wieder los.