Sonnenfinsternis bringt viele Schulen in Schwierigkeiten – doch die sind lösbar!

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Zum aktuellen Bericht: Sonnenfinsternis – Lehrer freuten sich vielerorts über Wolken und Nebel

DÜSSELDORF. Das Dilemma für viele Lehrer und Schulleiter ist groß: Sie haben die Verantwortung für ihre Schüler, wenn sich der Mond vor die Sonne schiebt – und doch, das Himmelsspektakel lockt. Schulbehörden warnen bundesweit vor den Gefahren. „Auch bei einer nur partiellen Sonnenfinsternis muss darauf geachtet werden, dass niemand mit ungeschütztem Auge die Sonnenfinsternis betrachtet“, so heißt es beispielsweise laut „Hamburger Morgenpost“ in einem Schreiben der Schulbehörde der Hansestadt. Unterdessen wird Kritik an den – zu späten? – Warnungen laut.

Sonnenfinsternis am 4. Januar 2011 in Ebersberg, Oberbayern. Foto: J. Patrick Fischer / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Sonnenfinsternis am 4. Januar 2011 in Ebersberg, Oberbayern. Foto: J. Patrick Fischer / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Heute Vormittag schiebt sich der Mond zum Teil vor die Sonne. Von Deutschland aus gesehen werden gut 80 Prozent der Sonne zwischen 9.30 und 11.50 Uhr verdeckt sein. Das Maximum wird gegen 10:40 Uhr erreicht. „Auch beim Betrachten einer ‚nur‘ partiellen Sonnenfinsternis kann die Netzhaut geschädigt werden, so dass das Sehvermögen dauerhaft eingeschränkt ist oder möglicherweise vollständig verloren geht. Deshalb sollte unbedingt auf einen ausreichenden Schutz der Augen geachtet werden“, so heißt es auf der Seite des Schulministeriums Nordrhein-Westfalen. Und weiter: „Auch die direkte Beobachtung mit Fernrohren und Teleskopen ohne geeignete Filteraufsätze oder Folien ist hochgefährlich und kann zu dauerhaft schweren Augenschädigungen (Netzhautschäden) führen. Normale Sonnenbrillen sind für eine Beobachtung der Sonnenfinsternis nicht geeignet; das Gleiche gilt für selbst gebastelte ‚Schutzmittel‘ (rußgeschwärzte Gläser, schwarze Filmstreifen).“

Das NRW-Schulministerium empfiehlt: „Im Rahmen des Unterrichts ist daher die Betrachtung dieses Naturschauspiels durch eine Projektion auf einem Schirm eine gute Möglichkeit.“ Folgende Punkte seien dabei aber zu beachten: Für einen Augenlichtschutz kämen nur spezielle, für die Sonnenbeobachtung geeignete intakte Schutzbrillen in Betracht, die gemäß den gültigen EU-Normen zertifiziert seien und die CE-Kennzeichnung trügen. Bei Benutzung eines Fernglases oder vergleichbaren Hilfsmitteln garantierten auch Folienfilterbrillen keinen ausreichenden Schutz.  Fernrohre und Teleskope seien ebenfalls nur mit geeigneten Filteraufsätzen zu benutzen, die von einer sachkundigen Person vor Ort vor der Optik des entsprechenden Gerätes angebracht würden. Die Lehrkräfte hätten „aktiv Aufsicht“ zu führen, sie gäben „den Schülerinnen und Schülern Hinweise zur Benutzung des Sichtschutzes und informieren über die Gefahren“.

Der Physiker Thomas Baader, Folienhersteller zur Sonnenbeobachtung, kritisierte in der „Süddeutschen Zeitung“ die Behörden aufgrund der offenbar zu spät erfolgten Warnhinweise. „Es rufen hier in Scharen verzweifelte Eltern und Lehrer an, die von ihren Schulämtern instruiert wurden, dass eine Sonnenfinsternis drohe. Schüler, die keine Brille haben, müssen im Klassenzimmer bleiben, um eine Gefährdungssituation zu vermeiden. Diese Direktive kam aber erst letzten Freitag – deshalb ist der Run auf diese Brillen auch so urplötzlich entstanden“, erklärte er. „Die Lehrer wissen gar nicht, wie sie ihrer Aufsichtspflicht nachkommen sollen, wenn sie die Schüler während der Pause in der Klasse halten sollen. Unfassbar, in welche Panik die Schulämter ganz Deutschland damit gestürzt haben.“

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Manche Schulen haben im Vorfeld „SoFi-Brillen“ für alle Schüler organisiert und veranstalten ein Event aus dem Himmelsspektakel. Die Brillen sind mittlerweile komplett im Land ausverkauft, und so wissen sich viele nicht anders zu helfen, als die Schüler während der Sonnenfinsternis in den Klassen zu lassen. Das bedauert Dr. Susanne Hüttemeister vom Bochumer Planetarium sehr: „Das wäre doch eine wunderbare Möglichkeit, den Kindern den Verlauf der Himmelskörper zu erklären“, sagt sie.

Das Argument, dass es keine SoFi-Brillen mehr zu kaufen gibt, lässt sie nicht gelten. Es gebe viele einfache Möglichkeiten, um sich die Sonnenfinsternis trotzdem anzuschauen – preiswert und ohne Risiko für das Augenlicht. „Mit einem kleinen Taschenspiegel könnte man die Sonnenfinsternis in einen ganzen Klassenraum projizieren. Eine Lochkamera ist ebenfalls bestens geeignet und schnell gebastelt.“

Daniel Fischer, Astronom, Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist, sieht die Schuld an dem Durcheinander wegen der SoFi an deutschen Schulen auch bei den Wissenschaftlern. „Wir haben uns einfach nicht darum gekümmert, die entscheidenden Verantwortlichen für den deutschen Schulunterricht über das seltene Naturschauspiel mitten an einem Schultag aufzuklären und vor allem in Sachen didaktischer Nutzung an die Hand zu nehmen“, so der 47-Jährige. In seinem Internetblog beschreibt er ausführlich, wie die Projektion mit einem Spiegel funktioniert.

Auf den Internetseiten des NDR wird erklärt, wie man eine Lochkamera bastelt.

Wissenschaftsjournalist Ragnar Yogeshwar rät laut „Hamburger Morgenpost“ allen, die keine Spezialbrille mehr ergattert haben: Handykamera an, mit dem Rücken zur Sonne stellen und die Sonnenfinsternis auf dem Display verfolgen. Susanne Schnabel / News4teachers

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Hoffmann
9 Jahre zuvor

Ich bin NW- Lehrerin aus Leidenschaft und unterrichte an einer Hauptschule. Gerne hätte ich dieses seltene Event einmal mit allen Schülern gemeinsam auf dem Schulhof erlebt. Da wir aber leider keine vernünftigen Brillen für die Schüler auftreiben konnten, welche auch noch einigermaßen erschwinglich gewesen wären, müssen wir auf dieses Naturschauspiel im Freien leider verzichten. Klar haben wir andere Möglichkeiten um trotzdem etwas zu sehen. Das ist doch aber nicht dasselbe wie draußen , gut geschützt im Freien. Dann kann ich die Schüler doch direkt vor den Fernseher oder Computer setzen…….
Man braucht sich nicht zu wundern, dass die heutigen Jugendlichen so wenig Interesse an den Naturwissenschaften zeigen. Es wird ihnen ja auch etwas anderes vorgelebt! Jeder will doch nur noch modeln oder singen….
Ein Trauerspiel und ein groooßßßes Defizit unserer heutigen Bildungspolitik!!!
Meiner Meinung nach hätte man jeder Schule kostenlos solche Brillen zur Verfügung stellen müssen, zumal es auch noch während der Unterichtszeit stattfindet und die Schüler in die Pause wollen!

Reinhard
9 Jahre zuvor
Antwortet  Hoffmann

wir haben mindestens drei ungefährliche Darstellungsmethoden der Sonnenfinsternis benutzt, die ich im Internet fand. Draußen im Freien. Spiegelprojektion, Lochkameras, Bastel-Sonnenprojektor, auch mit einer Lesebrille hätten wir es noch darstellen können. Das hätten Sie auch machen können. Ich finde Ihre Anklage und die „kostenlos“-Forderung nicht voll gerechtfertigt.

GriasDi
9 Jahre zuvor
Antwortet  Hoffmann

Sofi-Brillen haben in der günstigen Variante 1,05 Euro gekostet. Es hätten ja nicht alle Schüler gleichzeitig nach oben blicken müssen. Insofern hätten sicher 40 Brillen für 42 Euro gereicht, um allen Schülern dieses Ereignis nahe zu bringen.

GriasDi
9 Jahre zuvor

Schade, dass auch hier der gesunde Menschenverstand nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Außerdem: reicht nicht auch eine Durchsage, nicht mit bloßem Auge in die Sonne zu schauen??? Wo ist das Problem?

luna
9 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Aber wirklich. Wir haben unsere Schüler über die Gefahren aufgeklärt und das hat wunderbar funktioniert. Keiner hat ungeschützt in die Sonne geschaut. Kinder sind doch keine Idioten. Außerdem hatten einige noch Brillen von 1999 von ihren Eltern dabei und haben sehr gut geteilt.
Bin auch Hauptschullehrerin.

drareh
9 Jahre zuvor

luna schreibt: „Kinder sind doch keine Idioten“. Behandeln wir sie manchmal nicht wie solche? Die wirklichen Idioten sind woanderes zu finden.

Reinhard
9 Jahre zuvor
Antwortet  drareh

Wen meinen Sie mit „wir“? An unserer Schule tun wir es nicht.

GriasDi
9 Jahre zuvor
Antwortet  drareh

Da stimme ich Ihnen zu. Bei uns an der Schule haben schon Tage vorher viele Eltern aus Sorge im Sekretariat angerufen. Scheinbar halten diese Eltern ihre Kinder für Idioten.

Udo Benedix
9 Jahre zuvor

Unsere Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer auch die Sekretärinnen hatten Freude am Beobachten des Spektakels am Projektionsschirm des Schulfernrohrs, mit Schutzbrillen und Schutzgläsern. Bei guter Vorbereitung kann man von Schülern situationsgemäßes Verhalten erwarten. Schade, dass dies nicht an allen Schulen so gesehen wurde.
Schule ist doch dazu da, mit allen Sinnen die Natur zu erfassen und das ist heute am Gymnasium Burgstädt gelungen.

sofawolf
9 Jahre zuvor

Da hätte ich gerne „Gefällt mir“ geklickt. Kann die Redaktion sowas nicht einführen?

RSt
9 Jahre zuvor

O Mann, man könnte ja fast meinen, da fand ein radioaktiver Fallout statt! Was machen denn diese Schulen mit ihren Schülern im Hochsommer. Nur zur Erinnerung: Da ist die Sonne immer noch da und sendet ihre tödlichen Todesstrahlen erbarmungslos auf unsere Schulhöfe! Schule nur noch bei schlechtem Wetter?

Ich bin selbst Lehrer an einer Realschule. Die ersten Meldungen in Richtung „Schüler einsperren“ hielt ich für Ironie oder schlicht Fake. Dass Lehrer ihre Schüle rin verdunkelten Räumem „einschließen“, während draußen bei gutem Wetter ne SoFi stattfindet, ist für mich einfach zu weit weg, um es zu realisieren!
Auch ich habe die Bestellung der Brillen zu lange vor mir hergeschoben, weil die Finanzierung unklar war. Dann gabs plötzlich keine mehr. Na und? Baader Sonnenfilterfolie bestellt und mit Kollegen und Schülern 150 Schutzbrillen gebastelt. Das hat uns nur 50 Cent pro Brille und etwas Arbeit gekostet. Hat aber Spaß gemacht, v.a. den Schülern! Und dass es weitere Alternativen gibt, wurde ja schon erwähnt.