12. Schulrechtsänderungsgesetz: lehrer nrw sieht erhebliches Konfliktpotenzial

1

DÜSSELDORF. Der vom Landtag beratene Entwurf zum 12. Schulrechtsänderungsgesetz birgt aus Sicht von lehrer nrw erhebliches Konfliktpotenzial. Das schreibt der Lehrerverband in einer Pressemitteilung. Betroffen seien insbesondere die Paragraphen 57 und 132.

Der nordrhein-westfälische Landtag war am Sonntag fest in Kinderhand. Foto: Andreas Lischka /Wikimedia Commons (CC BY 2.0)
An der Expertenanhörung im nordrhein-westfälischen Landtag zum 12. Schulrechtsänderungsgesetz beteiligt sich auch lehrer nrw. Foto: Andreas Lischka /Wikimedia Commons (CC BY 2.0)

Der von SPD, Grünen und CDU gemeinsam eingebrachte Gesetzentwurf befasst sich unter anderem mit den Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März, mit dem das Kopftuchverbot für Lehrerinnen an den nordrhein-westfälischen Schulen de facto gekippt wurde. Als Reaktion darauf wollen nach Angaben von lehrer nrw SPD, Grüne und CDU nun in § 57 Absatz 4 einen Satz komplett streichen, der die Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen erlaubt.

Für lehrer nrw stellen sich damit folgende Fragen:

  • „Bedeutet diese Gesetzesänderung, dass in Schulen künftig Kopftücher erlaubt sein könnten, Kreuze aber nicht?
  • Welchen Stellenwert hat unsere christlich-humanistische Tradition an den Schulen in Nordrhein-Westfalen noch?“

In § 132c geht es vordergründig um Lösungen für Kommunen, in denen mangels ausreichender Nachfrage kein Hauptschulangebot mehr vorgehalten werden kann. SPD, Grüne und CDU wollen laut Gesetzentwurf ermöglichen, dass Realschulen ab Klasse 7 einen Hauptschulbildungsgang einrichten können. Der Unterricht solle in der Regel binnendifferenziert im Klassenverband der Realschule erfolgen. Diese Lösung ist aus Sicht von lehrer nrw nur dann praktikabel, wenn es sich um einige wenige Hauptschüler in einer Klasse handelt. Werde die Klasse zu heterogen, gefährde das den Bildungserfolg sowohl der stärkeren als auch der schwächeren Schüler.

Anzeige

Im Begründungsteil zum Gesetzentwurf werde ganz nebenbei noch ein weiteres Thema aufgeworfen: Dort, wo neben Gymnasium und Realschule zwar keine Hauptschule, stattdessen aber Schulen des längeren gemeinsamen Lernens existierten, „sei zu klären, wie künftig zu verfahren sei, wenn Schülerinnen und Schüler den Bildungsgang der Realschule oder des Gymnasiums nicht erfolgreich absolvierten. Der Wechsel zu einer Sekundarschule oder Gesamtschule sei oftmals wegen fehlender Angebote in erreichbarer Nähe oder zu geringer Aufnahmekapazität an den Schulen des längeren gemeinsamen Lernens nicht möglich“. Das sei eine freundliche Umschreibung der in der Praxis bereits landesweit zu beobachtenden Tatsache, dass Gesamtschulen und Sekundarschulen in der Regel keine Schüler aufnähmen, die an einer Realschule oder einem Gymnasium die Anforderungen nicht erfüllen konnten.

Daraus ergeben sich folgende Fragen:

  • „Sollen Realschulen durch die Vorgabe der in der Regel binnendifferenzierten Unterrichtung von Hauptschülern zum ‚Neuen Lernen‘ gezwungen werden? Die Möglichkeit der Umwandlung von Realschulen zu Sekundarschulen wäre nicht mehr weit und würde der Schulform Realschule ein schnelles Ende bereiten.
  • Ist ein ‚Abschulen‘ von Schulen des gegliederten Systems an Schulen des längeren gemeinsamen Lernens nicht erwünscht?
  • Entstehen auf diese Weise mit den Schulen des längeren gemeinsamen Lernens auf der einen und den Schulen des gegliederten Systems auf der anderen Seite nicht zwei voneinander abgeschottete Systeme – und damit eine neue Art der von der rot-grünen Landesregierung stets wortreich abgelehnten Selektion?“

Die Verbandsvorsitzende von lehrer nrw, Brigitte Balbach, werde die sich aus diesem Gesetzentwurf ergebenden Fragen am 13. Mai bei der Expertenanhörung zum 12. Schulrechtsänderungsgesetz im Landtag „in aller Deutlichkeit ansprechen“.

Zum Beitrag: Nach Kopftuch-Urteil – Landtag berät Änderung des Schulrechts in NRW
Zum Beitrag: Sieben Bundesländer betroffen: Kopftuch-Urteil sorgt bundesweit für Diskussionen

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

1 Kommentar
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Reinhard
8 Jahre zuvor

Wenn Wahlfreiheit ernst gemeint ist, müssen Schüler bei Versagen in einer zu anstrengenden Schulform jede andere „leichtere“ Schulform wählen können, ohne jede Einschränkung. Das ist auch eine Art von Inklusion.