Tarifverhandlungen: Streik-Drohung des Kita-Personals empört Arbeitgeberverband

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HAMBURG. Anfang der Woche will die Gewerkschaft Verdi mit der Urabstimmungen für unbefristete Streiks auch an Hamburger Kitas starten. „Dafür haben wir kein Verständnis“ heißt es aus dem für die Hansestadt zuständigen Arbeitgeberverband AVH.

Nach den ergebnislos verlaufenen Tarifverhandlungen für Mitarbeiter von Kitas und Sozialeinrichtungen plant die Gewerkschaft Verdi für Hamburg einen unbefristeten Streik. Für Anfang kommender Woche werde eine Urabstimmung vorbereitet, teilte die Gewerkschaft mit.

Kindergarten-Eingang - Eltern von Kita-Kindern in Hamburg drohen massive Einschränkungen bei der Betreuung ihrer Kleinen. Foto: Sigismund von Dobschütz / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)
Eltern von Kita-Kindern in Hamburg drohen massive Einschränkungen bei der Betreuung ihrer Kleinen. Foto: Sigismund von Dobschütz / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

Sollten sich die Gewerkschaftsmitglieder dann bis zum 5. Mai für einen Streik entscheiden, könnten alle Kitas und Sozialeinrichtungen, die Mitglied in den kommunalen Arbeitgeberverbänden sind, möglicherweise wochenlang lahmgelegt werden. Der für die Hansestadt zuständige Arbeitgeberverband AVH zeigte sich empört.

Verdi verlangt von der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) eine Neuordnung der Eingruppierungsregeln und Tätigkeitsmerkmale für die bundesweit rund 240 000 Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst. Sollten sich die Gewerkschaften durchsetzen, bedeutete dies laut Verdi im Schnitt ein Einkommensplus von zehn Prozent.

Mehrere von Warnstreiks begleitete Verhandlungsrunden hätten zu keinem Ergebnis geführt, klagte die Gewerkschaft. Nach wie vor weigerten sich die Arbeitgeber, ein Angebot zur Verbesserung der Sozial- und Erziehungsberufe vorzulegen.

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Hamburg wolle im Bundesvergleich in den Kitas und im sozialen Bereich an der Spitze sein, erklärte Verdi-Verhandlungsführerin Hilke Stein. Eine finanzielle Aufwertung der Mitarbeiter sei aber bislang ausgeblieben. «Jetzt werden wir unsere Mitglieder in den Kitas und Sozialeinrichtungen zu einem unbefristeten Streik befragen», kündigte Stein an.

«Dafür haben wir kein Verständnis», sagte dagegen die Vizevorsitzende der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH), Senatsdirektorin Bettina Lentz. Vor allem, weil für Mai bereits weitere Gesprächsrunden terminiert gewesen seien. Doch die hätten die Gewerkschaften abgesagt. «Das finde ich unerhört, mitten in den Verhandlungen auszusteigen.»

Aber auch inhaltlich seien die Forderungen der Gewerkschaften überzogen, sagte Lentz. Denn es gehe keinesfalls nur um Steigerungen von bis zu zehn Prozent. Teilweise drehe es sich sogar um bis zu 20 Prozent. Im übrigen lägen die Einkommen von Erzieherinnen im öffentlichen Dienst bereits oberhalb anderer Ausbildungsberufe, etwa Handwerker oder Feuerwehrleute, verwies sie auf VKA-Studien.

Gleichzeitig wies Lentz darauf hin, dass es sich bei den aktuellen Gesprächen gar nicht um Tarifverhandlungen im eigentlichen Sinne handele. Die seien bereits im vergangenen Jahr für 2014 und 2015 mit einem Gehaltsplus von 5,4 Prozent abgeschlossen worden. Hinzu komme, dass Hamburg selbst an den Verhandlungen gar nicht beteiligt sei. Die Gespräche mit Verdi führe allein die VKA. «Und wenn die fertig sind, dann überlegen wir, ob wir das übernehmen.» (dpa)

zum Bericht: Tarifverhandlungen: Urabstimmung in sächsischen Kitas
zum Bericht: Fthenakis: Erzieher-Gehälter entsprechen Anforderungen und Verantwortung nicht

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amaria
8 Jahre zuvor

http://mobil.mopo.de/politik-wirtschaft/mopo-kommentar-erzieher-streik–fuer-mehr-qualitaet-in-den-krippen,23477820,30205536.html

Hamburg lässt zu, dass Erzieherinnen kleine Kinder unter Bedingungen betreuen, die unakzeptabel und verantwortungslos sind und Senatsdirektorin Bettina Lentz geizt nicht damit, ihr Unverständnis angesichts der Forderungen und der Verhandlungstaktik von verdi zu bekunden? – Eigentlich müsste den Erzieherinnen mit Abmahnungen gedroht werden, wenn sie weiterhin Kinder in viel zu großen Gruppen betreuen. Was lernen die Kinder dadurch: Massenkinderhaltung sei normal?
Die Situation ist leider ziemlich verfahren. Ein bequeme, allen genehme Lösung dürfte kaum zu finden sein und sobald über das Wohl der Kinder ernst genommen würde, wird es für uns alle peinlich. Was hat der Hype um die frühkindliche Bildung gebracht? Betreuungsplätze für die Jüngsten nach der Devise „Da muss das Kind jetzt durch.“ – 16 Krippenkinder auf eine Erzieherin – das dürften weder Eltern noch Ezieherinnen den Jüngsten antun.

Beate S.
8 Jahre zuvor
Antwortet  amaria

Mir war bei der teuren Krippenerziehung ebenso wie bei der teuren Inklusion schon immer klar, dass mit verlogenen Versprechungen gearbeitet wurde. Hauptsache, die Dinge werden erst mal durchgeboxt und der Widerstand aus der Öffentlichkeit ist gering. Was erst einmal eingeführt wurde, ist bekanntlich schwer wieder abzuschaffen.
Verwunderlich war und ist allerdings, welche Märchen sich die Leute auf die Nase binden lassen, wenn ihnen Wunderdinge versprochen werden.
Jeder braucht doch nur seinen Verstand zu bemühen, anstatt andere für sich denken und urteilen zu lassen. Dann wäre vieles durch Proteste zu verhindern (gewesen), was in der Politik meist bequem und mühelos durchgewunken wird.

gudrun
8 Jahre zuvor
Antwortet  Beate S.

Bravo, genauso ist es. Bei der Krippenerziehung von Kindern unter 3 Jahren wurde behauptet, sie sorge im Frühstkindalter für wahre Bildung, die zu Hause nicht stattfände. Außerdem sollte sie etwas miteinander vereinen können, was im Gegensatz zueinander steht und niemals vereinbar ist, nämlich Familie und Beruf. „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist eine plumpe und unverschämte Fata Morgana, denn wer sich als Eltern für das Wohl des Kindes entscheidet und ihm in den ersten Lebensjahren die nötige Zuwendung und Nestwärme schenkt, ist in der Regel gezwungen, den Beruf vorübergehendl zu vernachlässigen. Wer aber dem Beruf oberste Priorität einräumt, kommt nicht umhin, sein Kind von Fremden betreuen zu lassen. Da ist nichts vereinbar, höchstens rein äußerlich und dem Schein nach.

amaria
8 Jahre zuvor

Solange organisierte Kinderschützer zwar Kinder für Kinderrechte trommeln lassen, sich ansonsten aber nicht vehement kritisch äußern und Journalisten es vermeiden die „Größe“ von Gruppenräumen und Außengeländen zu benennen sowie immer wieder Vergleiche mit Büroarbeitsplätzen, der Größe von Parkplätzen für Autos und den Bedingungen der Nutztierhaltung zu ziehen, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass sich so wenig Widerstand regt.

Nicht mal in den Fachzeitschriften der Erzieherinnen fanden sich Artikel, in denen der Streik der Sozial- und Rrziehungsdienste 2009 analysiert worden wäre. Es ist, als ob Eltern und Erzieherinnen vorrangig als Konsumenten der Produkte der Anzeigenkunden gesehen würden. Und nach den Altenpflegerinnen haben nun auch die Erzieherinnen ihre Arbeit „wertschätzend“ zu dokumentieren! Das Fatale daran: Erst wurde beschrieben, wie toll alles in der Kita geklappt hat und nun soll auf einmal alles ganz anders sein? – Nicht alle Eltern werden es schaffen, Verständnis für streikende Erzieherinnen zu haben. – Gut dass sich wenigstens schon einmal der junge Bürgermeister von Dachau, Florian Hartmann Verständnis für die Forderungen der Erzieherinnen bekundet hat.

gudrun
8 Jahre zuvor
Antwortet  amaria

Viele der „organisierten Kinderschützer“ sind direkte oder indirekte Staatsdiener, die mehr den Betreuungsinteressen des Staates als den Kinderinteressen dienen. Die Kinderrechte auszubauen, wie gefordert und geplant, bedeutet im Klartext, die Hoheitsrechte des Staates über die Kinder zu erweitern und die Elternrechte einzuschränken, denn der Staat ist ja angeblich der bessere Erzieher. Als Beweis dienen die Minderheitsfälle von Kindesvernachlässigung, während die weit überwiegende Mehrzahl gut versorgter und behüteter Kinder im Elternhaus wohlweislich mit keinem Wort erwähnt wird.
Was mit unseren Kindern unter falschen Flaggen läuft, ist für mich staatlich organisierte Kindesvernachlässigung in großem Stil.

amaria
8 Jahre zuvor

Dass Verbindungen bestehen, merkt man auch an gewissen Förderprogrammen, die von Politik und Wirtschaft gefördert werden – und beispielsweise vom Kinderschutzbund Ostholstein „in allen Kitas implementiert werden sollen.“ – Große Träger wie die AWO, die Caritas und andere lassen Erzieherinnen einer Stadt reihenweise nach einem Programm „zertifizieren“. – Für die Erzieherinnen bedeuten solche Termine oftmals eine Verschnaufpause vom stressigen Dienst in der Gruppe. Und so kommt es, dass beispielsweise Erzieherinnen an einem Gefühlsboldprogramm, (mit dem auch noch Schuldkinder gefördert werden könnten) telnehmen, in dem sogar ein „Fräulein Pädagogibold“ vorkommt. Dies als bloße Albernheit abzutun, fällt schwer angesichts der Politiker, Lions und Rotary Clubs, die sich schon zugunsten der Maßnahme engagiert haben. Im Netz findet sich ein Bild, in dem Schäuble als Innenminister umringt von Kindern in der Zentrale von Papilio zu sehen ist. Und Kristina Schröder hat im Bundesfamilienministerium Kindern aus einem Buch des Programms vorgelesen.

Ich kennen mehr als eine Kindergartenleiterin, die das „Gute“ das von oben kommt, so gräßlich finden, dass sie lieber wieder nur mit Kindern arbeiten möchten und bereit sind, deshalb Gehaltseinbußen hinzunehmen. Empörend in NRW finden es zum Beispiel einige, dass die Kinder der Eltern, die kein Einverständnis zum Führen der Bildungsdokumentation gegeben haben (um den Erzieherinnen Schreibarbeiten zu ersparen!) in den Grundschulen den Delfin-Test mitmachen müssen, obwohhl dieser umstrittene Test sich nicht bewährt hat und ansonsten auch abgeschafft wurde.