HAMBURG. Beim geplanten Freihandelsabkommen mit den USA sollte nach Ansicht des Hamburger Universitätspräsidenten Dieter Lenzen der Bildungsbereich unbedingt ausgenommen werden. TTIP sei «ein ganz großes Risiko», sagte der Vizechef der Hochschulrektorenkonferenz. Bislang sei das Thema weder bedacht noch diskutiert worden. «Dabei wäre mit TTIP Bildung faktisch als Ware freigegeben und man könnte die Uhr danach stellen, wie innerhalb kürzester Zeit Scharen von US-Universitäten und -Schulen hier Niederlassungen eröffnen.»
Die Folge wäre etwa der Wechsel guter Lehrer an derartige neue Privatschulen, weil diese besser bezahlten. Und dann trete genau der Effekt ein, der in den USA schon bekannt sei: «Das staatliche Schulsystem wird zweite Klasse.» Diese Sorge bestehe übrigens auch in anderen europäischen Ländern, sagte Lenzen.
Das Bundeswirtschaftsministerium wies die Sorgen am Sonntag zurück. «TTIP wird Deutschland nicht zu Änderungen am öffentlichen Bildungssystem verpflichten», sagte ein Sprecher. Der Markt für rein privat betriebene Bildungseinrichtungen sei im Rahmen des WTO-Abkommens bereits vor 20 Jahren geöffnet wurden. «TTIP wird keine weitergehenden Marktöffnungsverpflichtungen im Bildungsbereich für Deutschland enthalten.» dpa
Zum Bericht: Freihandelsabkommen mit den USA: VBE-Chef Beckmann sieht Qualität der Bildung bedroht
Bitte erklären! ich meinte, bei TTIP gehe es um Waren?
Lieber Reinhard,
es geht bei TTIP um Waren und Dienstleistungen – und Bildung ist eine Dienstleistung, allerdings eine in Deutschland (etwa durch Genehmigungsverfahren für Privatschulen) stark reglementierte.
VBE-Vorsitzender Udo Beckmann erklärt den Zusammenhang folgendermaßen:
„Würde der Marktzugang barrierefrei, könnten die Möglichkeiten der EU-Mitgliedsstaaten zur Zugangsbeschränkung und zur Regulierung der Qualität privater und gewinnorientierter Schulen und Einrichtungen eingeschränkt werden. Hohe Qualitätsstandards bei Lizensierungs- und Akkreditierungsverfahren könnten als versteckte Handelsbarrieren ausgelegt werden. Bildungsunternehmen oder die großen marktbeherrschenden IT-Unternehmen bekämen das Recht, Maßnahmen der Gegenpartei, also des Staates, wegen versuchter Gewinneinschränkung vor internationalen Gerichten anzufechten. Zugespitzt besteht die Gefahr, Lehrer durch eine App zu ersetzen.“
Herzliche Grüße
Die Redaktion