Meinungsumfrage: Nur wenig Rückenwind für Abschaffung der Bundesjugendspiele

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BERLIN. Mit ihrem Netz-Protest gegen die Bundesjugendspiele sticht die Mutter eines Neunjährigen in ein Wespennest. Für die Online-Petition gibt es einige Zustimmung, aber auch viel Häme. Eine Umfrage belegt nun: Die meisten Bürger sind gegen eine Abschaffung dieser Schulwettbewerbe.

Der seit voriger Woche im Internet hochkochende Ärger über die Bundesjugendspiele wird nach einer Umfrage von der Mehrheit der Bevölkerung nicht oder kaum geteilt. Wie das Institut YouGov in einer am Donnerstag veröffentlichten Befragung ermittelte, befürworten nur 15 Prozent den Protest per Online-Petition gegen die traditionsreichen Schulsportwettbewerbe «voll und ganz», weitere 16 Prozent «eher».

Dagegen lehnen 26 Prozent die im Netz verlangte Abschaffung der Bundesjugendspiele «eher» ab, während 30 Prozent «ganz und gar» gegen eine solche Entscheidung der verantwortlichen Bildungs- und Familienpolitiker wären. 13 Prozent antworteten: «Weiß nicht».

An den seit 1951 ausgerichteten Wettbewerben (Weitsprung, Wurf und Sprint), für die es Ehren-, Sieger- und Teilnehmerurkunden gibt, haben 60 Prozent der von YouGov befragten Bürger in ihrer Schulzeit mehrfach teilgenommen, 9 Prozent nur einmal, 28 Prozent nie (3 Prozent: keine Angabe oder «Weiß nicht».).

Noch zeitgemäß? Schüler bei den Bundesjugendspielen. Foto: Konrad-Adenauer-Gemeinschaftshaus / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Noch zeitgemäß? Schüler bei den Bundesjugendspielen. Foto: Konrad-Adenauer-Gemeinschaftshaus / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Der Protest einer dreifachen Mutter gegen die Bundesjugendspiele hatte vergangene Woche eine breite Debatte ausgelöst. Im Internet unterstützten zuletzt knapp 20 000 Menschen die Petition von Christine Finke (49) aus Konstanz. Sie hatte ihre Forderung nach Abschaffung online gestellt: Die Spiele seien unter anderem wegen des Leistungsdrucks aus der Zeit gefallen, unsportlichere Schüler würden vor ihren Klassenkameraden gedemütigt. Finke hatte den Protest angestoßen, weil ihr neunjähriger Sohn nach den Bundesjugendspielen an seiner Schule geknickt nach Hause gekommen war. Sie erntete neben Zustimmung auch erheblichen Internet-Spott.

Die Kultusministerkonferenz (KMK) der 16 Bundesländer sieht keinen Anlass, die seit gut 60 Jahren etablierten Wettbewerbe abzuschaffen oder auch nur die Teilnahme auf Freiwilligkeit umzustellen. Seit 15 Jahren könnten die Bundesjugendspiele «nicht mehr nur als „Wettkampf“, sondern auch als spielerischer „Wettbewerb“ und als vielseitiger „Mehrkampf“ durchgeführt werden».

KMK, Bundesfamilienministerium und Deutscher Olympischer Sportbund veröffentlichten diese Woche noch eine gemeinsame Stellungnahme: «Die aktuelle Diskussion über die Bundesjugendspiele trifft auf breites Interesse, denn jährlich nehmen mehr als fünf Millionen Kinder und Jugendliche daran teil. Die Bundesjugendspiele haben das Ziel, in der Kombination von Sport, Spiel und Spaß allen jungen Menschen eine positive Gemeinschaftserfahrung zu ermöglichen. Als Teil des Schulsports bereichern sie die Schulkultur – viele Schulen gestalten mit den Spielen Sport- und Schulfeste», hieß es.

Die Wettbewerbe folgten «konsequent einem pädagogischen Ansatz, der die Wertschätzung aller teilnehmenden Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrem individuellen Leistungsvermögen zum Ziel hat». Bundesjugendspiele sollten in erster Linie Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche sein. Die drei Institutionen sicherten aber Offenheit zu: «Wir wollen daher die Diskussion auch dazu nutzen, die Meinung der Kinder und Jugendlichen einzubeziehen und mit ihnen über Gestaltungsideen zu sprechen.» Werner Herpell

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2 Kommentare
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mehrnachdenken
8 Jahre zuvor

Meine Rede!!

Was dann „vor Ort“ daraus gemacht wird, steht auf einem anderen Blatt.

luna
8 Jahre zuvor

Was für ein Unsinn. Soll als nächstes der Deutschunterricht abgeschafft werden, weil ein Kind schlecht in Rechtschreibung ist? Kinder müssen doch lernen, mit Misserfolgen umzugehen. Wie sollen sie das, wenn Mami alles „Böse“ von ihnen fernhält?
Und was ist mit den Kindern, die in der Schule ihre Probleme haben, dafür aber Sportskanonen und bei den Spielen dann endlich mal Erfolge erzielen? Das kann denen ja nicht genommen werden.
Wetten, dass der Mutter die „gedemütigten Schüler“ (was in dem Fall ja wohl Problem der Schule ist und nicht das der Bundesjugendspiele) egal wären, hätte ihr Sohn eine Ehrenurkunde heimgebracht?