Studie legt Zusammenhang von Mobbing und Unfallhäufigkeit nah

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FRANKFURT/MAIN. Kinder, die sich von ihren Mitschülern nicht akzeptiert fühlen, erleiden in der Schule häufiger Unfälle, als diejenigen, die bei ihren Mitschülern beliebt sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die den Ursachen von Verletzungen in der Schule nachgegangen ist.

Unfallprävention, Mobbingprävention, Gesundheitsförderung: drei Bereiche, die im schulischen Kontext mehr oder weniger getrennt behandelt werden, nicht immer systematisch. Auf allen drei Feldern gibt es eine Fülle an Angeboten und Initiativen. „Gesundheitsförderung in Tageseinrichtungen, in der Kindertagespflege und in Schulen ist vorrangig eine Aufgabe der Länder, Städte und Kommunen, die hierzu eine Vielzahl von Initiativen gestartet haben“, heißt es dazu etwa in der Strategie der Bundesregierung zur Förderung der Kindergesundheit aus dem Jahr 2008.

Die Gefahr sich in der Schule oder auf dem Schulweg zu verletzten scheint bei Mobbingopfern besonders hoch. (Unfall in Berlin im Juni). Foto: Karl-Ludwig Poggemann Flickr (CC BY 2.0)
Die Gefahr sich in der Schule oder auf dem Schulweg zu verletzten scheint bei Mobbingopfern besonders hoch. (Unfall in Berlin im Juni). Foto: Karl-Ludwig Poggemann Flickr (CC BY 2.0)

Programme des Bundes richten sich daher vornehmlich auf den außerschulischen Bereich. Eine Bestandsaufnahme von Medien, Aktionen und Maßnahmen zur Kindersicherheit in Deutschland hält die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bereit.

Hinsichtlich der Ursachen von Unfällen im Schulgeschehen herrscht allerdings teilweise Unklarheit. Lediglich Indizien wie die Zunahme von Verletzungen im Sportunterricht deuten auf zu wenig Körper- und Bewegungserfahrung und ein verändertes Spiel- und Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen hin.

Um Erkenntnisse über schulische Unfälle und Verletzungen zu gewinnen, und Ansätze zur Unfallprävention zu entwickeln, befragten Wissenschaftler der Frankfurt University of Applied Sciences (FUAS) im letzten Schuljahr 10.700 Fünftklässler. An der langfristig angelegten Studie im Auftrag der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) beteiligten sich insgesamt 590 Schulklassen aus 148 Schulen in elf Bundesländern.

Jedes vierte Schulkind der Jahrgangsstufe 5 (24,3%) berichtete, sich während der letzten 12 Monate mindestens einmal verletzt zu haben und von einem Arzt oder einer Ärztin behandelt worden zu sein. Dabei ereignen sich die meisten Schulunfälle auf dem Schulhof (36,7%), im Sportunterricht (32,3%) und im Schulgebäude, wie z.B. im Klassenzimmer oder im Treppenhaus (12,4%). In mehr als der Hälfte aller Fälle (55,4%) zogen sich die Schulkinder nach eigenen Angaben eine Verstauchung, Prellung, Überdehnung oder Zerrung zu. Jede vierte Verletzung (26,2%) hatte Abschürfungen der Haut, Schnitte oder Stiche zur Folge.

Jungen (bis zu 25,7% der Altersgruppe) verletzten sich in der Schule häufiger als Mädchen (bis zu 22,6% der Altersgruppe). Auch trugen sowohl das eigene als auch das Risikoverhalten des Freundeskreises zu einer erhöhten Verletzungsgefahr bei.

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In den Quoten der Verletzungen in der Schule zeigten sich zwischen den teilnehmenden Schulen erhebliche Unterschiede. So verunfallten an einigen wenigen Schulen nur rund 10 Prozent der Fünftklässler, während sich an anderen Schulen mehr als jedes dritte Schulkind verletzte.

Dabei spielen auf Seiten der Schule nach Ansicht der Forscher sowohl deren baulicher Zustand als auch das Wohlbefinden der Kinder in der Schule und besonders in ihrer Klasse eine wichtige Rolle.

So gaben mehr als 30 Prozent der Schulkinder, die sich von ihren Mitschülern nicht akzeptiert fühlen, eine Schulverletzung zu Protokoll. Unter jenen, die sich besonders akzeptiert fühlen, sind es dagegen nur 23 Prozent. „Dies deutet auf einen Zusammenhang zwischen Mobbing und Verletzungsgefahr hin. Programme zur Bekämpfung von Mobbing an Schulen scheinen daher auch helfen zu können, Unfälle zu vermeiden“, so Prof. Dr. Andreas Klocke von der FUAS.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Blick auf die Schulform. Der Statistik der DGUV zufolge erlitten 2013 von 1.000 Schülern an allgemeinbildenden Schulen rund 105 Verletzungen, die ein Arzt behandeln musste. Die Spreizung ist dabei groß: Von 1.000 Hauptschülern verletzten sich ungefähr 284. Die Hauptschulen rangierten damit beim Unfallgeschehen ganz oben. Ihnen gegenüber stehen am unteren Ende der Skala die Gymnasien. „Nur“ rund 75 von 1.000 Gymnasiasten verletzten sich 2013 so, dass sie zum Arzt mussten. Damit liegen sie sogar noch knapp untern den Grundschulen.

Das gleiche Bild zeigt sich beim Blick auf die gewaltbedingten Schülerunfälle. Im Jahr 2010 erlitten von 1.000 Hauptschülern rund 28 Verletzungen durch Raufereien und Rangeleien, An Gesamtschulen, Realschulen und ähnlichen allgmeinbildenden Schulen waren es etwa 13. Gymnasien und Grundschulen kamen auf rund 5 Unfälle je 1.000 Schüler.

Diesen und anderen Zusammenhängen wollen die Frankfurter Forscher nun in den nächsten Erhebungsjahren näher auf den Grund gehen. Die teilnehmenden Schulkinder sollen auf jährlicher Basis bis zur zehnten Jahrgangsstufe wiederbefragt werden. (zab)

• Online-Datenbank zur Kinderunfallprävention
• Weitere Informationen zur Studie
• Schülerunfallgeschehen 2013 (DGUV)
• zum Bericht: Wieder mehr als 40.000 Unfälle an Thüringer Schulen

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3 Kommentare
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dickebank
8 Jahre zuvor

De facto korrelieren auch die Flügelschläge von Schmetterlingen am Amazonas mit orkanartigen Böen in unseren Breitengraden. Ob‘ auch eine Kausalität gibt lässt sich nur bedingt nachweisen.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Sie wollen doch nicht etwa Soziologen ausgeprägte Statistik-Kenntnisse oder das Wissen um den Unterschied zwischen Kausalität und Korrelation unterstellen ?!? Ein Schlawiner sind Sie, jawohl, ein ganz hintertriebener 😉 !!

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Es gibt Berufsgruppen, denen traue ich alles zu. Ich habe gelernt mit allem zu rechnen, also auch mit dem Schlimmsten. Ansonsten bin ich aber der Meinung, dass Menschen, die für alles Neue offen sind, andererseite „nicht ganz dicht“ sein müssen.

Warum soll es nicht auch Kultur- und Geisteswissenschaftler geben, die zwischen Korelation und kausalem Zusammenhang unterscheiden können? Es werden doch auch heutzutage immer noch unbekannte Lebewesen im Bereich der Fauna entdeckt. Und wie schon größere Geister als ich treffend bemerkten, nichts ist unermesslicher als die menschliche Dummheit. Mit deren Unendlichkeit könne es nur der Weltraum aufnehmen, von dessen Unendlichkeit er – der große Denker und Naturwissenschaftler – aber nicht vollens überzeugt sei.

Wenn also die menschliche Intelligenz auf ein Minimum beschränkt ist, warum soll sie nun nicht dennoch bei Soziologen zu finden sein. Nichts ist unmöglich – außer eine bestimmte Automarke.