Sexualerziehung wirkt: Jugendliche kümmern sich besser um Verhütung – Partnerschaft ist ihnen wichtiger

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BERLIN. Generation Porno? Von wegen. Jugendliche in Deutschland gehen verantwortungsvoll mit ihrer Sexualität um. So sieht es die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die in Berlin ihre jüngste Studie «Jugendsexualität 2015» vorstellte. Unterschiede gibt es je nach Herkunft: Junge Erwachsene aus Einwandererfamilien sind zurückhaltender und vorsichtiger als ihre deutschen Altersgenossen.

Der Studie zufolge sind die Trends der vergangenen Jahre stabil: Jugendliche sind heutzutage nicht früher sexuell aktiv als vor zehn Jahren. Sie kümmern sich immer besser um die Verhütung. Positiv sei auch zu sehen, dass eine feste Partnerschaft den jungen Menschen beim «ersten Mal» zunehmend wichtiger werde, sagte die Leiterin der Bundeszentrale, Heidrun Thaiss.

Keine Frage: Liebe ist ein großes Thema für junge Menschen. Foto: Morning theft / flickr (CC BY 2.0)
Keine Frage: Liebe ist ein großes Thema für junge Menschen. Foto: Morning theft / flickr (CC BY 2.0)

Bei der Verhütung verhalten sich alle Gruppen heute gleichermaßen umsichtig. Mehr als 90 Prozent der 14-bis 17-Jährigen sprechen darüber mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin. Nur noch zwei bis zehn Prozent der deutschen und ausländischen Jungen und Mädchen haben den ersten Sex, ohne ein Verhütungsmittel zu benutzen – noch vor zehn Jahren waren es deutlich mehr.

Unter den Jugendlichen mit Migrationshintergrund verwendete 2005 jeder dritte Junge und jedes fünfte Mädchen beim ersten Sex kein Verhütungsmittel. Für deutsche Jugendliche gibt es vergleichbare Zahlen bis zurück ins Jahr 1980.

Seitdem ist der Umgang mit Verhütungsmitteln immer souveräner geworden, was auch darauf zurückzuführen sei, dass die Jungendlichen Bescheid wüssten über die Gefahr einer HIV-Infektion, erklärte Thaiss. Drei Viertel der jugendlichen Paare benutzen beim ersten Sex ein Kondom und bleiben häufig auch bei dieser Verhütungsform.

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Im Alter von 17 Jahren haben mehr als die Hälfte der Jugendlichen erste sexuelle Erfahrungen gemacht. Bis zum Alter von 21 steigt der Anteil bei den jungen Leuten deutscher Herkunft schneller als bei ihren Altersgenossen mit ausländischen Wurzeln. Für Mädchen und junge Frauen aus Migrantenfamilien spielen moralische Bedenken und bei jeder Fünften auch Angst vor den Eltern eine Rolle für ihre größere Zurückhaltung.28 Prozent finden Sex vor der Ehe nicht richtig, während dies nur vier Prozent der jungen deutschen Frauen denken.

Gut die Hälfte der Jugendlichen deutscher Herkunft können mit ihren Eltern über Sex und Verhütung reden. Bei Jugendlichen mit ausländischen Wurzeln sind es weniger, 40 Prozent der Mädchen und nur gut ein Drittel der Jungen.

Als Jugendliche mit ausländischen Wurzeln gelten in der Studie Mädchen und Jungen, die selbst keinen deutschen Pass besitzen oder mindestens ein ausländisches Elternteil haben. Für die Jungen aus Einwandererfamilien sind daher Freunde sowie Lehrerinnen und Lehrer wichtige Ansprechpartner. 93 Prozent aller Jugendlichen geben an, dass sie das Thema Sexualaufklärung im Unterricht besprochen haben.

Die repräsentative Befragung von 14- bis 17-Jährigen knüpft an Vorläuferstudien der Bundeszentrale zur Jugendsexualität von 1980 bis 2010 an. Zum ersten Mal wurden neben Jugendlichen auch junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren über Aufklärung in Schule und Elternhaus, erste sexuelle Erfahrungen, sowie Verhütung befragt. Im Auftrag der Bundeszentrale wurden im Sommer 2014 bundesweit 5.750 Interviews geführt. dpa

Zum Bericht: Streit um Sexualkunde: Thüringer Regierung will nicht länger über Bildungsplan debattieren

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Georg
8 Jahre zuvor

Ein Hoch auf die Sexualpädagogik, gern auch abgewertet als „Frühsexualisierung unsere Kinder“…

geli
8 Jahre zuvor

Wieder so eine mit Steuergeld finanzierte Studie, die beweisen soll, dass in der Bildungspolitik alles richtig gemacht wird.

mehrnachdenken
8 Jahre zuvor
Antwortet  geli

Wenn ich mich nicht täusche, sind erwähnte Jahrgänge noch nach den Vorgaben des „alten“ Sexualkundeunterrichtes“ instruiert worden.
Welchen Einfluss haben die Peer-Gruppen auf das Sexualverhalten? Dort werden diese Themen doch wohl auch besprochen.

Grundsätzlich schätze ich die Möglichkeiten von Schule als recht bescheiden ein, bestimmte Haltungen oder Verhaltensweisen zu ändern.
Ich erinnere nur an die Umwelterziehung, die bereits im Kindergarten beginnt, und wie sich viele Leute später verhalten.
Alle Verkehrsteiln werden umfassend in Theorie und Praxis ausgebildet. Angesichts der immer noch hohen Zahl von Verkehrsunfällen stelle ich mir immer wieder die Frage nach der Nachhaltigkeit.

Mississippi
8 Jahre zuvor

Aufklärungsunterricht in Schulen halte ich nach wie vor für wichtig. Bei meinem letzten Durchgang (4. Klasse) konnten manche Kinder nicht einmal alle Körperteile benennen. Allerdings sollte man das jeweilige Alter der Kinder und Jugendlichen im Auge behalten und sie nicht überfordern, d.h. unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Bei den 14 – 17Jährigen ist z.B. das Thema „Verhütung“ wichtig, wie die Studie zeigt.

Mississippi
8 Jahre zuvor

Ach ja, wollte ich noch loswerden. Im Grundschulalter finden Kinder Sex oft richtig eklig, vor allem die Vorstellung, dass ihre Eltern das auch tun. Sollte man bei der Sexualpädagogik auch beachten…

mehrnachdenken
8 Jahre zuvor
Antwortet  Mississippi

Genau in diesem Punkt habe ich meine Zweifel in Bezug auf den Bildungsplan „Sexuelle Vielfalt“ und der Absicht, mit der „Aufklärung“ bereits im Kindergarten zu beginnen.
Ich schrieb auch dazu schon mal, dass es psycholog. viel klüger ist, Kinder fragen zu lassen, als sie mit sexuellen Themen zu belasten, von denen sie evtl. gar nichts hören wollen.

Sabine
8 Jahre zuvor
Antwortet  Mississippi

Die Beobachtung habe ich auch gemacht. Und nun stellen Sie sich vor, Kinder im Grundschulalter werden mit sexueller Vielfalt bekannt gemacht, also den Vorlieben und Praktiken von Minderheiten.
Ich kann mir nur vorstellen, dass ihnen das peinlich ist und sie unangenehm berührt sind. Ihre Schamgrenze wird verletzt.
Das scheint den Lobbyisten aber egal, Hauptsache sie kommen in der Schule zum Zug und das möglichst früh, am besten schon im Kindergarten.

Mississippi
8 Jahre zuvor

Die Kinder fragen zu lassen ist wirklich gut, und zwar nach Jungs und Mädchen getrennt. Die Kinder sind in diesem Bereich viel sensibler, als die Erwachsenen sich das denken. Und ob die Offenbarung der sexuellen Vielfalt in zu jungem Alter nicht nach hinten losgeht…