Kommen die grün-schwarzen Koalitionsgespräche ins Stocken? Gemeinschaftsschule bringt Teile der CDU in Wallung

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STUTTGART. Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Regierung war die Zukunft der Gemeinschaftsschule ein großer Streitpunkt zwischen Grünen und CDU. Der Kompromiss am Horizont schmeckt nicht allen in der CDU.

Wahlsieger: Winfried Kretschmann (Grüne). Foto: BÜNDNIS 90/Die Grünen/Flickr CC BY 2.0
Wahlsieger: Winfried Kretschmann (Grüne). Foto: BÜNDNIS 90/Die Grünen/Flickr CC BY 2.0

Die grün-schwarzen Pläne in der Bildungspolitik versetzen die CDU in erhebliche Unruhe. Vor dem Hintergrund sagte CDU-Verhandlungsführer Thomas Strobl am Dienstag in Stuttgart, der Kompromiss sei noch nicht verbindlich, da die Verhandlungen noch liefen. «Nichts ist beschlossen, bevor nicht alles beschlossen ist.»

Die Grünen warnten den künftigen Koalitionspartner davor, das am Freitag angekündigte Bildungspaket wieder aufzuschnüren. Auch der Sparzwang im Landesetat sorgt für Spannungen: Angesichts eines Defizits von jährlich rund zwei Milliarden Euro gibt es kaum Luft für zusätzliche Ausgaben. An diesem Mittwoch wollen Grüne und CDU über die Themen Finanzen, Wirtschaft und Hochschulen verhandeln.

Den Plänen zufolge sollen neue Gemeinschaftsschulen zugelassen werden – eine gymnasiale Oberstufe sollen bis 2021 aber höchstens zehn von ihnen bekommen. Die CDU hatte die unter der grün-roten Vorgängerregierung neu eingeführte Schulart heftig bekämpft.

Grüne und CDU verhandeln derzeit über die bundesweit erste grün-schwarze Regierung – unter Führung des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Bei der Landtagswahl am 13. März waren die Grünen das erste Mal überhaupt bei einer Landtagswahl stärkste politische Kraft geworden. Bis Ende April wollen Grüne und CDU die inhaltlichen Fragen für ihren Koalitionsvertrag geklärt haben. Doch es gibt noch viele Knackpunkte. Dazu gehören etwa die Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge und das von der CDU geforderte Verbot einer Vollverschleierung («Burka-Verbot»). Die Koalitionäre suchen zudem händeringend nach Einsparmöglichkeiten, um im Landeshaushalt Spielraum für grün-schwarze Projekte zu gewinnen.

Der Vorsitzende der CDU Nordwürttemberg, Steffen Bilger, sagte «faz.net» zur Schulpolitik: «Vor allem über die Schaffung weiterer Gemeinschaftsschulen und einer begrenzten Zahl von Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe gibt es bei uns an der Basis eine große Unzufriedenheit.» Der «Südwest Presse» sagte er: «Auch nach den kritischen Stimmen bei der Basiskonferenz sollten wir über den Kompromiss auf Arbeitsebene noch einmal reden.»

Auch in der CDU-Landtagsfraktion, in der Strobl für den Kompromiss warb, stieß die Zahl von zehn Gemeinschaftsschulen mit Oberstufen bei einzelnen Politikern auf Kritik. Einen förmlichen Beschluss, das Schulpaket wieder aufzuschnüren, fasste die Fraktion aber nicht.

Andere CDU-Politiker sprachen hingegen von einem guten Verhandlungsergebnis. Der Landeschef der Jungen Union, Nikolas Löbel, sagte: «Meine Idealvorstellung wäre auch gewesen, dass wir keine neuen Gemeinschaftsschulen bekommen.» Aber nun seien Kompromisse gefragt. Löbel verwies darauf, dass die CDU eine Stärkung der Realschulen durchsetzen konnte. Ähnlich äußerte sich Georg Wacker, der für die CDU die AG Bildung mitgeleitet hatte. «Die Realschule wird in Zukunft eine stark differenzierte Schulart. Daneben haben die Gemeinschaftsschulen die Option, sich pädagogisch zu öffnen.»

Die Grüne Jugend warnte ihre Mutterpartei vor weiteren Zugeständnissen bei der Gemeinschaftsschule. «Wir erwarten von der grünen Verhandlungsgruppe, dass sie sich bei der Einführung der gymnasialen Oberstufe auf keine weiteren Einschränkungen mehr einlässt. Die Grünen dürfen hier nicht vor der CDU-Basis einknicken, denn Grün-Schwarz bedeutet eben keinen Politikwechsel», teilten die beiden Landesvorsitzenden Lena Schwelling und Leonie Wolf mit. Von Bettina Grachtrup, dpa

Zum Bericht: Schwarz grüner Kompromiss in Baden-Württemberg: Doch neue Gemeinschaftsschulen möglich

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