Kolumne zum Schulrecht: Lehrer sind für die Gesundheit fastender Kinder im Ramadan verantwortlich

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DORTMUND. In unserer Schulrechts-Serie erklären Schuljuristen aktuelle Probleme aus Ihrer Beratungspraxis. Eine Kooperation mit dem Verband Bildung und Erziehung (VBE).

Das Problem:

Während des Spiel- und Sportfestes Mitte Juni 2016 sieht ein Lehrer, dass einem Kind (7 Jahre alt, 2.Klasse) nach dem Austoben auf einer Hüpfburg scheinbar schwindelig ist. Das Kind wirkt dehydriert, so dass der Lehrer dem Kind unverzüglich ein Glas Wasser anbietet. Das Kind lehnt das Wasser mit dem Hinweis auf seine Teilnahme am Ramadan ab. Der Lehrer ist ratlos, denn er sieht die Gesundheit des Kindes gefährdet, kann das Kind aber auch nicht dazu zwingen zu trinken.

Die Antwort:

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Martin Kieslinger berät beim VBE NRW Lehrer in schulrechtlichen Fragen. (Foto: privat)

RA Martin Kieslinger, Ltd. Justiziar VBE NRW:

In den letzten Wochen erreichten uns zahlreiche Anrufe von besorgten Schulleitungen und Lehrkräften an Grundschulen, die sich aktuell mit der Frage konfrontiert sehen wie sie mit Schülerinnen und Schülern umgehen sollen, die bereits im Grundschulalter am Ramadan teilnehmen. In mehreren Fällen nahmen die Kinder über den gesamten Schultag weder Nahrung zu sich, noch tranken sie.

Für viele Lehrkräfte stellt sich nun die Frage nach dem Umgang mit so einer Situation, denn Sie sind, losgelöst von religiösen Fragen, vornehmlich auf das gesundheitliche Wohl der Ihnen anvertrauten Kinder bedacht.

Spezielle gesetzliche Regelungen enthalten die schulrechtlichen Normen nicht. Unbestritten ist selbstverständlich, dass man die Ausübung einer Religion zu respektieren hat. Die gebietet bereits die Religionsfreiheit im Grundgesetz.

Dennoch können Situationen auftreten, die Lehrkräfte zum Handeln zwingen. Hierzu geben wir Ihnen folgende Empfehlungen und Hinweise:

  1. Sportfest/Sportunterricht/anstrengende Tätigkeiten

Nach Ermessen der Schulleitung besteht die Möglichkeit der Befreiung von einzelnen schulischen Veranstaltungen aus religiösen Gründen. Hier muss der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule gegenüber der Religionsfreiheit abgewogen werden. Als Maßgabe ist zu beachten, dass Befreiungen nur im Ausnahmefall in Betracht kommen.

  1. Fachunterricht

Die Schulpflicht gilt, so dass eine Teilnahme am regulären Unterricht selbstverständlich auch während des Ramadan verpflichtend ist.

Den Eltern sollte daher der Hinweis gegeben werden, dass der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule durchaus die religiöse Überzeugung im Einzelfall beeinträchtigen kann. Für den Fall, dass ein Kind nach Auffassung der Lehrkräfte nicht beschulbar ist, sollte mit den Eltern die Abholung vereinbart werden, da in diesem Fall die Aufsichtspflicht der Schule endet. Sollte aus Sicht der Lehrkräfte eine Gefahrensituation (erhebliche Dehydrierung u.s.w.) bestehen, ist die Hinzuziehung eines Arztes oder die Verständigung eines Krankenwagens angeraten.

Der beste Weg in solchen Fällen ist ein offenes Beratungsgespräch. Oftmals geht es um eine in Einzelfall zu strenge Auslegung, die bei genauerer Betrachtung Ausnahmen zulässt. Hier sollten ggfs. örtliche Imame eingebunden werden, die helfen können, Ausnahmen zu akzeptieren. Denn nach gängiger Auslegung wird im Koran nicht verlangt, dass Kinder im Grundschulalter am Ramadan teilnehmen. Vorgesehen sind  zahlreiche Ausnahmen, etwa für Reisende, Kranke oder eben Kinder.

Ramadan: Immer mehr Grundschüler fasten – VBE in Sorge

Zum Bericht: Nicht alle Schulen nehmen gleichermaßen Rücksicht auf den Ramadan

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20 Kommentare
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xxx
7 Jahre zuvor

Lehrer sind also für die fahrlässige Körperverletzung verantwortlich, die die Eltern bei ihren Kindern begehen …

Während des Sportunterrichts kann das fastende Kind ein Referat über die aktuell von den anderen ausgeübte Sportart vorbereiten und zu Beginn der nächsten Stunde halten oder den entsprechenden Aufsatz abgeben, natürlich benotet. Das ist keine Befreiung, weil das Kind ja in der Sporthalle auf der Bank arbeitet, ersatzweise in einer anderen Klasse, wenn dort die Vorbereitung des Referates einfacher ist. Das ganze wiederholt man in jeder Sportstunde so lange bis entweder die Eltern vernünftig werden oder der Ramadan vorbei ist.

Pälzer
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Nicht alle Völker sind so religionsdistanziert wie es wir Deutschen mittlerweile sind. Wenn ein muslimisches Kind seinen Glauben ernst nehmen will und das Halten des Ramadan in seiner Gemeinschaft hochgeschätzt wird, kann es durchaus auch ohne Elterneinwirkung den Willen zum Fasten haben. In einer muslimischen Gesellschaft, die auf diese Fälle eingestellt ist und das gesellschaftliche Leben entsprechend anpasst, ist das wohl auch kein großes Problem.

xxx
7 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

1) Deutschland ist keine muslimische Gesellschaft, einige Stadtteile wurden aufgrund ihrer Bevölkerung dazu gemacht.
2) Ich habe Zweifel, dass ein 6-10 Jahre altes Kind schon von sich aus seinen Glauben ernst nehmen kann.

Pälzer
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

zu 2): diese Zweifel sollte man haben. Aber es ist möglich.

Eudokia
7 Jahre zuvor

Es wird nicht mehr allzu lange dauern, dann wird das eintreffen, was die Muslime vor ein paar Hundert Jahren gesagt haben: sie übernehmen das Abendland. Nicht falsch verstehen: ich bin kein Rassist, aber wieso wird alles gemacht, was die Muslime verlangen (es werden ja Moscheen gebaut und die Türkei ist der rechtmäßige Besitzer dieses Grundes, auf welchem sie steht; oder das mit dem Handschlag des Imam)?

Anpassung ihrerseits können diese dann auslegen, wie sie es brauchen. Was sollen unsere Kinder dabei lernen? Dass sie keine Rechte haben? Dass nur muslimische Kinder Gründe für schlechte Noten haben, weil sie nichts essen dürfen?

Keine andere Religion kostet in Europa soviel Arbeit, Geld, Nerven, Probleme und Gewalt! Und öffentlich sagen darf man das auch nicht. Man ist gleich ein Nazi! Doch dann müsste man ja auch gegen Asiaten sein! Was für ein duckmäuserisches Land wir doch sind. Kein Wunder, dass wir so beliebt sind! Ist ja praktisch, jemanden so unter Kontrolle halten zu können!!

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  Eudokia

Das sind mir erheblich zu viele „dies“ und andere Allgemeinplätze. „Die“ Muslime haben „vor ein paar Hundert Jahren“ etwas gesagt. Aha. Es wird „alles“ gemacht, was „die“ Mulime verlangen. Aha. „Keine andere Religion kostet in Europa soviel Arbeit, Nerven, Probleme und Gewalt“. Aha.

Wie viel Arbeit macht „uns“ denn der Islam? Wie viele Nerven kostet er „in Europa“ denn? Mir macht der Islam keine Arbeit, und er kostet mich auch keine Nerven. Was schon Arbeit macht und Nerven kostet, das sind billige Parolen, die Menschen auf eine Dimension reduzieren (Moslem, Ostdeutscher, Dunkelhäutiger) und daraus politische Schlussfolgerungen ableiten. Übrigens: Die Ablehnung von Menschen allein aufgrund ihrer kulturellen Herkunft nennt man schon Rassismus – der ist halt nicht biologisch begründet, sondern eben kulturell. Wir haben ja aus der Nazi-Zeit gelernt (Ironie!).

ketzer
7 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Ich teile die Meinung von Eudokia.
Wenn Sie schon von Allgemeinplätzen reden, dann bitte doch auch von den undifferenzierten Urteilen über Meinungsgegner als „Nazi“, „Rechtsradikaler“, „Rassist“, „Fremdenfeind“, „Homophobiker“, „Behindertenfeind“, „Minderheitenfeind“, Islamfeind“, usw.
Soweit ich Ihre Kommentare kenne, werten Sie diese „Allgemeinplätze“ aber vermutlich als wissenschaftlich erwiesene Befunde.

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  ketzer

Sorry, Rassist und Fremdenfeind wird man nicht durch Herkunft oder Geburt – sondern durch freie Entscheidung. Eine rassistische und fremdenfeindliche Haltung wird von mir auch nicht aufgrund von äußeren Merkmalen vermutet, sondern ergibt sich aus dem hier geäußerten. Sich derart platt und pauschal negativ über andere Menschen auszulassen, dazu wird ja keiner gezwungen.

Es sei denn, Sie sehen geistige Limitierung als ursächlich an. Je nach Schweregrad könnten daraus tatsächlich mildernde Umstände erwachsen.

ketzer
7 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Da ist sie wieder, Ihre typische Scheinlogik. Als „Rassist und Fremdenfeind“ werden Kritiker am Anspruchsdenken und am Verhalten von Zuwanderern bezeichnet sowie an der sog. Flüchtlingspolitik.
Alles Sache von Herkunft und Geburt?
Sie drehen und biegen sich die Wahrheiten zurecht, wie es Ihnen gerade passt. Das Ganze versehen Sie dann mit einer dicken Portion Besserwisserei und Arroganz und fertig ist Ihr Heißluftballon „Überlegenheit“.

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Ich habe hier keine „Kritik am Anspruchsdenken und am Verhalten von Zuwanderern“ gelesen, sondern eine pauschale Zuschreibung, was „die“ Muslime so alles vorhaben und tun.

Offensichtlich verfügen Sie auf Ihrer Tastatur über eine Sonderfunktion, die Ihnen das Lesen ungeschriebener Zeilen ermöglicht. Toll.

Eudokia
7 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Ich bin selbst nur zu 50% deutsch und ich habe schon in mehreren Ländern gelebt und gearbeitet, und es waren immer dieselben Probleme mit Muslimen. Allerdings lässt man sich nirgends soviel bieten wie in Deutschland.

Ich möchte hier klar betonen, dass nicht alle so sind und ich kenne sehr gut integrierte Türken.

Nun, wenn es Ihnen kein Kopfzerbrechen bereitet, dass hier oder in Europa allgemein Selbstmordanschläge verübt werden, dann sind Sie der einzige, von dem ich so etwas höre. Soviel zum Thema Nerven.

g. h.
7 Jahre zuvor
Antwortet  Eudokia

Sie kritisieren zu Recht, dass man sich in Deutschland von Muslimen zu viel bieten lässt. Ob das die Integration fördert, ist sehr zu bezweifeln.
Hier eine aktuelle Meldung aus der Schweiz, bei der ich mir vorstelle, welch ein Aufschrei inszeniert worden wäre, wenn der Vorfall bei uns passiert wäre.

“Wer nicht schwimmen will, kriegt auch keinen Schweizer Pass: Die Bürgergemeinde Basel hat einem 12- und einem 14-Jährigen Mädchen die Einbürgerung verweigert, weil die beiden aus religiösen Gründen weder am Schwimmunterricht noch an Klassenlagern teilnehmen wollten.”

http://www.blick.ch/news/schweiz/basel/muslim-maedchen-die-einbuergerung-verweigert-kein-schwimmunterricht-kein-schweizer-pass-id5196788.html

xxx
7 Jahre zuvor
Antwortet  g. h.

So ist das aktuell in Deutschland: Entweder gibt man „den anderen“ was sie wollen bzw. fordern oder man gilt als Rassist, Nazi, Homophober u.ä.

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  g. h.

Nein, xxx, man gilt als Rassist, Nazi oder Homophober, wenn man sich rassistisch, nazistitisch oder homophob äußert.

Und, Eudokia, was hat der muslimische Gemüsehändler um die Ecke mit dem IS-Terror zu tun? Andersherum: Terror ist keine muslimische Erfindung, davon haben hier auch die Deutschstämmigen einiges zu bieten – ob Flüchtlingsheime von Neonazis angezündet werden oder ganze Straßenzüge in Berlin von Linksradikalen in Brand gesteckt werden.

Diese dummen Vorurteile, die Sie (und andere) hier transportieren, sind doch genau der Nährboden, auf denen sich die Radikalen dieser Welt so furchtbar gerne tummeln. Bestürzend, dass jemand, der angeblich jahrelang in anderen Ländern gelebt hat, das nicht gelernt hat (Sie sind da herumstolziert wie weiland Wilhelm II unter den Hottentotten?)

Wenn Sie hingegen Probleme lösen wollen, müssen Sie schon genauer hinschauen. Sind zum Beispiel die Jugendlichen, die von Deutschland aus nach Syrien gezogen sind, um für den IS zu kämpfen, wirklich in erster Linie Muslime – oder nicht doch vor allem entwurzelte Kleinkriminelle, denen der IS das erste Mal Bedeutung in ihrem Leben verspricht? Je nach Antwort fallen die Lösungsansätze dann doch sehr unterschiedlich aus.

m. n.
7 Jahre zuvor
Antwortet  g. h.

Wieder mal feste beim Diffamieren Andersdenkender und deren angeblich dummer Vorurteile, Bernd?

Denise
7 Jahre zuvor

Ich finde, es sollte positiv aufgefasst werden, wenn Lehrer die Wünsche ihrer Schüler ernst nehmen. Nicht umsonst heißt es in Artikel 14 der Kinderrechtskonvention: „Die Vertragsstaaten achten das Recht des Kindes auf Gedan-
ken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.“
Das ist doch ein gutes Signal. Auch für die Schüler, die nicht fasten.

xxx
7 Jahre zuvor
Antwortet  Denise

Nur habe ich Zweifel, dass die Teilnahme am Ramadan ein wirklich innerer Wunsch von 6- bis 10-jährigen Kindern ist. Sie werden in aller Regel kaum den tieferen Sinn dahinter verstehen oder gar erklären können. Den Wunsch derselben Kinder nach Sport statt Mathe wird auch kein Lehrer erfüllen.

Um den Begriff „wirklich innerer Wunsch“ einzuordnen: Materielle Dinge wie ein neues Spielzeug, ein anderes Handy o.ä. gehören eindeutig nicht dazu. Der „Wunsch“ zu Fasten erst einmal noch weniger, erst recht, wenn sowohl das Kind selbst als auch die Eltern abgesehen vom Ramadan und Unterrichtsbefreiung wegen islamischer Feiertage wenig religiös leben.

Paul Nordstein
5 Jahre zuvor

Solche Dinge lassen sich nicht von Gerichten klären. Hier müssen die Menschen miteinander Reden, anstatt
zum Gericht zu laufen. Wenn man miteinander redet, dann kann man Lösungen finden.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  Paul Nordstein

Warum nach Lösungen suchen, wenn der Koran doch Ausnahmen beim rituellen Fasten zulässt?

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Paul Nordstein

Gerichte mussten sich schon mit anderen angeblich religiösen Dingen beschäftigen, z.B. Teufelsaustreibungen. Und da wurde entschieden, dass die Religionsfreiheit nicht unbegrenzt ist und dass sie insbesondere dem Kindeswohl nicht schaden darf. Das könnte man auch hier geltend machen. Es wäre doch mal interessant, dass das Bundesverfassungsgericht die Grenzen der Religionsfreiheit aufzeigt. Unter „Ausübung von Religion“ verstanden die Väter des Grundgesetzes bestimmt was anderes als den Ramadan für (Ganztags-)Schulkinder.