Lehrerinnen lotsen Schüler bei Ausflug unter geschlossener Bahnschranke durch – Entlassung

4

WIEN. Ein in Österreich heftig diskutierter Klassenausflug hat nun für Wiener Lehrerinnen Konsequenzen: Die Pädagoginnen hatten im Juni 83 Kinder bei geschlossener Schranke über Bahngleise im niederösterreichischen Leobendorf gelotst. Die Gruppe sei spät dran gewesen, und sie wollten ihren Zug nicht verpassen, rechtfertigten sich die Frauen.

Nur Sekunden später kam der Zug (Symbolfoto). Foto: W*** / flickr (CC BY-NC 2.0)
Nur Sekunden später kam der Zug (Symbolfoto). Foto: W*** / flickr (CC BY-NC 2.0)

Nach einem Bericht des ORF war eine Begleitperson laut Zeugenaussagen unter dem Schranken durchgeklettert und hatte sich mit ausgebreiteten Armen auf die Gleise gestellt. Ihre Kollegin folgte und winkte die Schüler auf die andere Seite. Nur wenige Sekunden nach dem letzten Kind passierte ein Regionalzug mit hoher Geschwindigkeit die Stelle. Die Kinder waren zwischen sechs und zehn Jahre alt. Drei Lehrerinnen wurde nun wegen „schwerwiegender Dienstpflichtverletzungen“ die Entlassung angekündigt, wie der Wiener Stadtschulrat nun mitteilte. Gegen eine weitere Frau wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Anzeige

Inzwischen hat sich laut ORF auch die Volksanwaltschaft (in Deutschland heißt sie Staatsanwaltschaft) eingeschaltet. „Das Lehr- und Begleitpersonal hat für die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler zu sorgen, hier dürfte das Gegenteil der Fall gewesen sein“, hieß es zu den Ermittlungen wegen „Gemeingefährdung“. Der Elternverein der betroffenen Schule allerdings habe sich hinter die Lehrerinnen gestellt. Man sei weiterhin bereit, „den vier Lehrkörpern das pädagogische Vertrauen entgegen zu bringen, um unsere Kinder weiterhin zu unterrichten und zu betreuen.“ Man sei überzeugt, dass es sich bei diesem Vorfall um ein „einmaliges Fehlverhalten“ gehandelt habe. News4teachers / mit Material der dpa

 

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

4 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
xxx
7 Jahre zuvor

Ich bin ein wenig hin- und hergerissen:

Einerseits muss ich mich ernsthaft fragen, wie man nur so besch***rt sein kann / auf die Idee kommen kann, überhaupt und dann auch noch mit Grundschulkindern eine geschlossene Bahnstrecke zu überqueren. Das ist zweifellos eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung bzw. Gemeingefährdung. Ob so etwas in Österreich zu einer sofortigen Entlassung führt, weiß ich nicht. Falls ja, hat der Stadtschulrat formal recht.

Andererseits spricht der Elternverein gerade dieser Schülergruppe den Lehrerinnen trotz der total besch***rten und lebensgefährlichen Idee das Vertrauen aus. So schlecht können die Lehrerinnen abgesehen davon also nicht sein. Beim kleinsten Ermessensspielraum für oder gegen die Entlassung muss man genau hinschauen.

MMeier
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Wenn ich lesen muss, dass ein Zug nur wenige Sekunden die Stelle durchfuhr, nachdem das letzte Kind sie passiert hatte, dann bin ich nicht hin- oder hergerissen und ich finde auch nicht, dass eine Verbeamtung (Verweis auf dickebank) sie vor der Kündigung retten sollte.

Scheinbar war es schlicht Glück, dass niemand zu Tode kam und das nicht durch eine fahrlässige Handlung, sondern durch eine Vorsätzliche. Also das ist wirklich kein Pappenstiel und da kann der Elternverein, warum auch immer (vielleicht kann nur der eingetretene Tod eines ihrer Kinder am Vertrauen zweifeln lassen?), noch so oft sein Vertrauen aussprechen.

Außerdem, was soll das für eine Aktion gewesen sein sich breitarmig auf die Gleise zu stellen? Wollten die den Zug anhalten wie man es (früher) manchmal auf der Strasse mit Autos sah? Ich frage mich ernsthaft wie solche Personen Lehrer werden konnten, wenn sie allen Ernstes meinen so einen tonnenschweren Zug bremsen zu können.

dickebank
7 Jahre zuvor

Straftatbestand: Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr.

Der Rest ist das übliche, erst Anklage, dann Verurteilung, dann disziplinarrechtliche Behandlung des Vorfalles. Ob es zu einer Entlassung aus dem beamtenverhältnis kommt, hängt also vom Strafmaß des Strafprozesses ab.

Dürfte in A nicht anders sein als in D.

Bei Tarifbeschäftigten dürfte der Vorfall ausreichend sein um eine Entlassung (Kündigung wegen grober Pflichtverletzung) aussprechen zu können.

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor

Man muss sich doch fragen, wer diesen „Kolleginnen“ so fulminant ins Gehirn gesch***** hat!

Was hier passiert ist, geht gar nicht. Es sind dort zwei Aspekte zu betrachten: Die Aspekt der unmittelbaren Gefährdung der Grundschulkinder. Und der zweite Aspekt: Wenn Erwachsene (und zudem das Vorbild Lehrer!!!) unter einer Bahnschranke durchkriechen, dann ist eine spätere Gefährdung durch Nachahmung nicht von der Hand zu weisen.

Die Sache mit dem Beamtenverhältnis ist in Deutschland nicht allein eine Sache des Strafmaßes, wenn die Eignung für den Lehrerberuf erheblich angezweifelt werden kann (so werden auch sexuelle Übergriffe von Lehrern zum Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn das Strafmaß unter einem Jahr liegt). Und dass die Eignung für den beruf offenbar nicht gegeben ist, liegt auf der Hand.