Gegen Lehrer gerichtet? Ach wo – Interview mit dem Anwalt hinter „Was Lehrer nicht dürfen“

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DÜSSELDORF/HANNOVER. „Was Lehrer nicht dürfen“ heißt ein sehr erfolgreicher Ratgeber für Schüler, der von zwei Schülern und dem Hannoveraner Schulrechtsanwalt Rolf Tarneden geschrieben wurde. Das Buch polarisiert – in Fans und Gegner. Jetzt, nachdem sich das Werk zum Bestseller entwickelt hat, nahm es der renommierte Ullstein-Verlag in sein Verlagsprogramm. Gründe genug für uns, den Anwalt Tarneden zum Gespräch zu bitten.

N4T: Hinter dem Buch könnte man den Vorwurf vermuten, dass Lehrkräfte ihre Machtposition gegenüber Schülern ausnutzen. Empfinden Sie das so?

Tarneden: Ein Machtgefälle ist natürlich vorhanden. Aber wenn manche Lehrer glauben, das Buch „Was Lehrer nicht dürfen“ sei gegen Lehrer gerichtet, irren sie. Die Inhalte sind auch für Pädagogen interessant. Es geht um Grenzen, die es in jedem Beruf gibt und die überschritten werden, absichtlich oder unabsichtlich. Daraus ergeben sich Ungewissheiten, zum Beispiel die Frage nach dem Schmerzensgeld, wenn ein Schüler vom Reck fällt. Diese Fälle gibt es in jedem Arbeitsumfeld, vergleichbar mit dem Ausrutschen auf der Banane im Kaufhaus.

N4T: Wie und warum haben Sie sich entschieden, die Buchidee der Schüler zu unterstützen?

Tarneden: Für mich war das ein Lebenstraum, ein Buch zu veröffentlichen und dann hat mich einer der Schüler immer wieder angerufen, um mich als Autoren zu gewinnen. Die Schüler haben mich beeindruckt mit ihrem Engagement, ihrer Idee und ihrer Hartnäckigkeit. Die Facebook-Seite (Anmerkung der Red.: Auf der Fragen gesammelt wurden) war eine Initiative der Schüler, das stand damals schon, Anfang 2015.

Nachdem ich im Anschluss an die Anfrage der Schüler recherchiert habe, fiel mir auf, dass Schüler kaum eine Lobby haben. Es gibt keine Rechts-Community oder gedruckte Rechteratgeber für Schüler. Und Schülervertreter sind keine echten Berater, weil sie abhängig sind von denselben Lehrern, mit denen sie möglicherweise Konflikte haben.Was Lehrer nicht dürfen

N4T: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass die Rechtslage in jedem Bundesland anders ist und ihr Buch daher unnütz?

Tarneden: Ich behandele Fragen, die in jedem Bundesland gelten. Es geht um grundsätzliche Fragen wie Einsperren im Klassenzimmer, um Haftung bei schief gegangenen Turnübungen, um Zeugnisanfechtung. Das sind Fragen, die landesrechtlich nicht unterschiedlich behandelt werden. Was sich in NRW etwa in Paragraf 2 findet, steht in Niedersachsen in Paragraf 16.

N4T: Der Titel ihres Buches könnte man auch so verstehen, dass die Schule eine Kampfzone zwischen Lehrern und Schülern ist. Empfinden die Schülerautoren das so?

Tarneden: Mein Eindruck war, dass sie auf der Suche nach Antworten waren. Schüler suchen normalerweise Antworten im Internet. Aber dort findet man auf jede Frage mindestens zehn unterschiedliche Antworten, das kennen wir alle. Ich will differenziert Auskunft geben über die Rechtslage.

Wie etwa in dem folgenden Fall: Ein Schüler geht zum Rektor, weil ihm zu kalt ist im Raum, und bittet um eine höhere Heizungstemperatur. Nimmt der Rektor ihn nicht ernst, kann ihm das Gesetz hier weiterhelfen. Es gibt dazu eine Raumtemperaturregelung aus dem Lehrerschutzgesetz, die besagt, dass die Raumtemperatur 20 Grad betragen soll. Mit meinem Buch hat der Schüler ein solides Argument. Die Frage ist auch interessant für Lehrer, die ja auch über die alten Gebäude ächzen.

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Rolf Taneden ist Anwalr für Schulrecht. (Foto: privat)
Rolf Tarneden ist Anwalt für Schulrecht. (Foto: privat)

N4T: Was wollen Sie mit dem Buch erreichen?

Tarneden: Es ist kein Tendenzbuch, ich würde den Lehrern dieselben Antworten geben wie den Schülern und ich wahre meine Grenze. Ich gebe keine pädagogischen Ratschläge. Ich möchte vielmehr die Diskussion über Konflikte versachlichen. Nirgendwo in dem Buch steht, stellt eine Strafanzeige oder verklagt den Lehrer. Stattdessen raten wir dazu, mögliche Probleme mit Eltern, Lehrern etc. zu besprechen.
Ich habe das Buch auch nicht geschrieben, um mehr Mandanten zu haben. In meiner Kanzlei geht es eher um andere Fälle, immer Einzelfälle. Meine Erfahrung ist, im Großen und Ganzen funktioniert der Ausgleich zwischen den Parteien im Bildungssystem. Aber an Schnittstellen kann Streit entstehen. Ich hatte beispielsweise Eltern hier, die wurden vom Elternsprechtag ausgeschlossen. Als Einzige. Dagegen haben wir geklagt und Recht bekommen. Das Gericht entschied, dass ein Ausschluss nur möglich ist, wenn Eltern den Sprechtag missbrauchen, etwa um den Lehrer zu beschimpfen.

N4T: 230.000 Gefällt-Mir-Klicks. Waren Sie vom Erfolg der Buchidee überrascht?

Tarneden: Ich bin angenehm überrascht, aber ich hatte die Erfolgsaussichten schon als ganz gut eingeschätzt. Die Facebook-Community bestand ja schon aus 100.000 Likes, als die Schüler mich angefragt haben.

N4T: Wie haben Sie die 50 Fragen, die ins Buch kamen, ausgewählt?

Tarneden: 30 Fragen kommen von den Schülern aus der Community, 20 sind aus meiner beruflichen Praxis. Die Themenbereiche Handy und Trinken im Unterricht sind typische Schülerfragen. Muss ein Lehrer mein Handy ersetzen, wenn er es kaputt macht? – Auf so etwas wäre ich nie gekommen.

N4T: Nicht alle Lehrer sind begeistert über das Buch, wie man an den Kommentaren im Internet sieht. Was sagen Lehrer Ihnen über dieses Buch?

Tarneden: Die Lehrer aus meinem Bekanntenkreis interessieren sich auch für diese Fragen und finden den bewusst einfach gehaltenen Schreibstil gut. Mir wurde schon vorgeschlagen, das Buch auch für Lehrer zu schreiben. Haftungsfragen sind für Pädagogen besonders von Interesse.

Die Fragen stellte Nina Braun (ursprünglich erschienen am 19. Dezember 2015; akutalisiert am 23.8.2016)

Zum Bericht: Suchen “Was Lehrer nicht dürfen” – fragwürdiger Ratgeber entwickelt sich zum Bestseller

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dickebank
8 Jahre zuvor

Schönes Beispiel, dass mit der Raumtemperatur. Diese gibt der Hausmeister auf Weisung der Stadt vor. Selbst wenn der Schulleiter Einwände erheben möchte, muss er sich über den Dienstweg beim Sachaufwandsträger melden. Er kann nicht einmal den Unterricht ausfallen lassen, ohne Rücksprache mit der Bez.-Reg. zu nehmen.

Die Schüler können also nur mit Verweis auf die entsprechenden rechtlichen Bestimmungen von sich aus den Unterricht beenden, wenn sie volljährig sind. Minderjährige Schüler müssen eine Lehrkraft fragen, ob sie zuhause anrufen dürfen, damit „Mami“ entscheidet, ob sie in der Schule verbleiben müssen oder zuhause beaufsichtigt auftauen dürfen.

GriasDi
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Außerdem handelt es sich um eine „soll-Bestimmung“. Wird diese Temperatur nicht erreicht – ich habe schon öfter bei unter 15 °C unterrichtet – hat niemand eine rechtliche Handhabe.

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Es ist allein die Frage, on der Schulleiter Eier in der Hose hat. Wenn wir im Schulgebäude nur 19 Grad hätten oder (wie in der Realität passiert) Wasser in den Raum eindringt, dann geht am selben Tag eine Mail an den Schulträger raus. Und wenn dann nicht ganz schnell etwas passiert, wird die Presse eingeladen. Reporter von Käseblättern, die nicht wissen, wie sie täglich ihre Seite vollbekommen sollen, sind da sehr dankbar.
Gut, der Schulleiter wird von den Lokalpolitikern gehasst, aber er setzt sich durch.

sofawolf
8 Jahre zuvor

Meiner Meinung nach geht es nur ums „Geld machen“. Es gibt bereits etliche Ratgeber und Bücher zum Thema Schulrecht. Nun haben wir das Gleiche noch einmal – nur aus (vermeintlicher) Schülersicht.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Nun, da gibt es keinen Unterschied zwischen Sachbüchern (Ratgebern) und Belletristik, die Autoren wollen nicht die menschheit beglücken sondern von den Tantiemen leben können.

Gerald
8 Jahre zuvor

Ein solches Buch ist m. E. überflüssig wie ein Kropf. Es legt nahe, dass Lehrer zu Übergriffigkeit neigen und Schüler vor ihren geschützt werden müssen durch Kenntnis ihrer Rechte.
Die Realität sieht aber anders aus. Da sind Lehrer geknebelt von Schüler- und Elternrechten, so dass sie kaum mehr etwas machen können um sich gegen eine Übergriffigkeit von dieser Seite zu wehren. Es sei denn, sie riskierten Beschwerden, Drohungen mit dem Rechtsanwalt oder Verleumdung und Rufmord.
Ein Buch, dass diese Schieflage aufs Korn nimmt, hätte vermutlich keine große Auflage, wäre jedoch weit angebrachter und mutiger gewesen.
Wofür müssen Schüler und Eltern eigentlich haften, wenn sie dem Lehrer und seinem Tun Schaden zufügen? Was dürfen sie nicht? Wo, wann und wofür können sie belangt werden? Welche Rechte haben überhaupt Lehrer, außer sich bei Konflikten lang und breit zu erklären, die eigene Denk- und Handlungsweise zu verteidigen und auf dabei auf Verständnis zu hoffen?

ysnp
8 Jahre zuvor
Antwortet  Gerald

@ Gerald: Ihren Ausführungen kann ich nur zustimmen!

mehrnachdenken
8 Jahre zuvor
Antwortet  Gerald

@Gerald, ausgezeichnet!!
Sch und vor allem Eltern können heutzutage in vielen schulischen Bereichen mitbestimmen. Oft verläuft das harmonisch und partnerschaftlich.
Dann gibt es leider aber auch Eltern, die sich so verhalten, wie von „sofawolf“ beschrieben. Ja, es kommt auch vor, dass sich Schulleiter mit Eltern zusammen tun, um bestimmten Lehrkräften ganz übel zu schaden.
Lehrkräfte müssen sich an Gesetze, Erlasse, Verordnungen usw. halten, sonst drohen ihnen rechtliche Konsequenzen. Eltern haben noch nicht einmal etwas zu befürchten, wenn sie klar nachgewiesen z.B. den Ruf einer L durch übelste Verleumdungen in Verruf gebracht haben.
Ich halte es für einen Skandal, das L in Konflikten mit Eltern von Anfang an zumeist auf der Verliererseite
stehen.
„Gerald“, richtig, über diese offensichtliche Schieflage hätte der RA mal schreiben sollen. Auch richtig, das interessiert aber niemanden, weil es nicht in das öffentliche „Täter – Opfer – Bild“ passt, und demzufolge kann er damit kein Geld verdienen.

sofawolf
8 Jahre zuvor

@ Gerald, sehr gut !

Im Mitgliedermagazin VBE aktuell, 12-1, kann man auf S. 5 von (gemeldeten !) Beleidigungen, Tätlichkeiten, Drohungen gegenüber Lehrern lesen. Im Schuljahr gab es in dieser Kategorie 1673 gemeldete Vorfälle, alleine im Land im Berlin.

Ursula Prasuhn
8 Jahre zuvor

@Nina Braun
Sie sagen: „Hinter dem Buch könnte man den Vorwurf vermuten, dass Lehrkräfte ihre Machtposition gegenüber Schülern ausnutzen.“
Welche Machtposition, die ausgenutzt werden könnte, meinen Sie? Ebenso wie Gerald und andere sehe ich eher eine Position staatlich verordneter Unterlegenheit und Ohnmacht, die nicht selten zu Kleinmut und Resignation führt.
Dennoch haben Sie Recht: Allein der Buchtitel suggeriert eine oft illegitime Machtausübung der Lehrkräfte und eine Schülerschaft, die sich unnötig viel gefallen lässt, weil sie zu wenig weiß, „Was Lehrer nicht dürfen“.
Das Buch mag formal in Ordnung sein, sein impliziertes „Täter-Opfer- Bild“, das ‚mehrnachdenken’ anspricht, ist es nicht. Es bestärkt das verbreitete Misstrauen gegenüber Lehrern und fördert die Bereitschaft vieler Schüler und Eltern, jede Kleinigkeit auf die Goldwaage zu legen und beim geringsten Anlass Sturm zu laufen.
Ich befürchte, dass dieses Buch mit seinem Titel letztlich mehr schadet als hilft. Alles, was zur Trübung des Verhältnisses zwischen Lehrern, Schülern und Eltern beiträgt, nützt keinem der Beteiligten – höchstens ihren Anwälten.

m. n.
8 Jahre zuvor
Antwortet  Ursula Prasuhn

Die Schwächung der Lehrerposition ist anscheinend politisch gewollt. Doch warum? Was versprechen sich die politischen Dienstherren davon?

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Ist doch nicht anders als bei anderen Landesbediensteten – also auch bei Polizisten -, der Staat möchte nicht als repressiv wahrgenommen werden.

Auf der einen Seite zahlt der Bürger seine staatlichen Abgaben (Steuern) und auf der anderen Seite erhält er die entsprechenden Dienstleistungen des Staates. Das Abhalten von Unterricht ist aber lediglich eine Begleiterscheinung der eigentlichen schulischen Verpflichtung, nämlich der Vergabe von Abschlüssen, die einen problemlosen Übergang in eine Ausbildung oder ein Studium garantieren.

m. n.
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Das Dumme ist nur, dass ein „problemloser Übergang“ durch schwach und willfährig gemachte Lehrer sowie leicht gemachte Schulabschlüsse immer weniger funktioniert. Kaum ein Arbeitgeber vertraut noch den staatlichen Leistungsbescheinigungen und richtet sich lieber nach eigenen Beurteilungskriterien.
Schummeleien und Schönfärbereien haben kaum längere Beine als Lügen.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Hat aber nichts mit den Abschlüssen zu tun. Grundvooraussetzung ist, der Auszubildende ist mindestens 18 Jahre alt. Nichts ist lästiger als eine JAV und die Beachtung der Bestimmungen für minderjährige AN. Hinzu kommt dass der AG sich bei volljährigen Azubis nicht aich noch mit den Eltern auseinander setzen muss. Schulabschlüsse unterhalb der Fachoberschulreife sind uninteressant, da die schulischen Voraussetzungen zum Verstehen des Schulstoffes in der Fachschulklasse nicht gegeben sind und der Azubi ggf. durch firmeninterne Maßnahmen unterstütz werden muss.

Problematisch an den Schulabschlüssen in D ist, das die Fachhochschulreife aka Fachabi deutlich unterbewertet ist. Für einen großen Teil der Schülerschaft wäre eine zwölfjährige Schulzeit, die mit dem Fachabi endet, der optimalere Weg als dasverzweifelte Streben nach der AHR.

m. n.
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

„Hat aber nichts mit den Abschlüssen zu tun.“ ??? Oh doch, steckte hinter ihnen ein besseres Leistungsvermögen vieler Schulabgänger, wäre der „Übergang in eine Ausbildung oder ein Studium“ wirklich problemlos oder zumindest problemloser.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Es liegt an den Anforderungsprofilen der Wirtschaft, die von den potentiellen Auszubildenden nicht erfüllbar sind. Dshalb auch die Dauer-Lüge vom Facharbeitermangel.

Wer es nicht glaubt, der muss sich nur einmal die Anforderungen für die Fachkunde in Handwerksberufen aus den 60ern und der Neuzeit ansehen. Die Schulabgänger der 60er und 70er würden die heutigen Grundanforderungen auch nicht mehr erfüllen. – Und die damaligen Schulabgänger hatten überwiegend die deutsche Staatsbürgerschaft und Verkehrssprache im Elternhaus und Unterrichtssprache in der Schule waren identisch.

m. n.
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

„Die Schulabgänger der 60er und 70er würden die heutigen Grundanforderungen auch nicht mehr erfüllen.“
Diese These glaube ich nicht. Kürzlich las ich einen Artikel mit den Aussagen verschiedener Handwerksmeister. Durchweg beklagten sie so große Mängel im Rechnen, Schreiben und Lesen, dass trotz händeringender Suche ein Großteil der Lehrstellenbewerber abgelehnt werden müsse.
Der Facharbeitermangel scheint mir dagegen glaubwürdig, auch wenn zahlreiche Schulabgänger keine Lehrstelle finden.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Die an die heutigen Azubis / Schulabgänger gestellten Anforderungen unterscheiden sich deutlich von denen, die die Abgänger in den 1960er und 1970er Jahren zu erfüllen hatten, weshalb letztere die heutigen Anforderungen nicht zwangsläufig erfüllen können müssen. In diesem Sinne gebe ich dickebank Recht.

Aber gerade die Grundfertigkeiten Lesen-Schreiben-(Kopf-)Rechnen sind mindestens gefühlt deutlich schlechter geworden, was man aber nicht alleine den Schulabgängern vorwerfen muss. Die Technik nimmt ihnen z.B. das Rechnen weitgehend ab, aber auch die Bildungspolitik hat viele der arbeitsintensiven Aufgaben aus dem Lehrplan entfernt (auswendig lernen, lautes Lesen langer Texte, Schreiben langer Aufsätze inkl. Fehlerquotient, Recherche in Bibliotheken usw.). Darüber hinaus lohnt sich das Investieren eigener Arbeit kaum noch, weil ab einem gewissen Notenstand die individuelle Förderung einsetzt bis das (schulisch vorgegebene) Mindestziel erreicht ist.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Teufelskreis – Warum soll ein Schüler eigenständig Zeit investieren, um Defizite auszugleichen. Es ist für ihn sinnlos bei einer 4- anzufangen, sich auf den Hintern zu setzen. Es ist einfacher dauerhaft auf eine 5 abzurutschen, um dann individuell durch die Schule gefördert zu werden.

Letzteres weiß natürlich auch jede Lehrkraft, genauso wie sie um die knappem Ressourcen weiß. Folglich gibt es auf Versetzungszeugnissen allenfalls die 4-, da die ja auf dem Zeugnis als „ausreichend“ ausgedruckt wird. Hier den Schülern einen Vorwurf zu machen, heißt den Esel meinen und den Sack schlagen.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

der sack kann nichts dafür. der sackmacher ist schuld.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

System-Error. Das Fatale ist doch, dass ich einen Schüler nur fördern kann, wenn der Förderbedarf festgestellt ist. Um die Feststellung des Förderbedarfs beantragen zu können, bedarf es der Einwilligung der erziehungsberechtigten. Die wollen der Stigmatisierung ihres Nachwuchses aber verhindern, weshalb sie die Testung verweigern. Infolge dessen rutschen die Noten – die ja nur die Defizite, die sich aufbauen, widerspiegeln – ins bodenlose. Späteszens jetz schreien Schulleitung und Erziehungsberechtigte unisono nach Förderung, wenn auch von unterschiedlichen Motiven getrieben.

Und jetzt die Crux, die SL hat keine Personalressourcen, kann folglich keine weiteren Wochenstunden für die Förderung zur Verfügung stellen. Ohne amtliche Anerkennung des Förderbedarfes gibt es aber keine zusätzlichen Ressourcen. Die Folge ist wie immer, dass die eingesetzte Fachlehrkraft ohne Unterstützung die Förderung durch Binnendifferenzierung im Unterricht erreichen muss. Dies geht aber nur, dadurch, dass sie Teile des Lehrstoffes weglässt und überwiegend basale Kompetenzen auch für die leistungsstärkeren Schüler vermittelt, da die Heterogenität der Lerngruppe nichts andere zulässt – außer die lehrkraft ist ein Musterbeispiel an Selbstausbeutung.

Der Fehler liegt also im System – der Verantwortung der Eigentümer der Sackmacherei – und nicht bei den produzierenden Sackmachern, der Eselzüchtern, den Eseln oder deren Treibern

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Da haben Sie auch wieder recht. Die Sackmacher können die Säcke nur in der Qualität herstellen, wie die Firmeneigentümer (bzw. die nach möglichst hohen Dividenden lechzenden Aktionäre) gewillt sind, in die Rohstoffe und erforderlichen Geräte zu investieren.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Begrioffsklärung – damit uns andere folgen können sollte wir hier einmal Ross und reiter benennen.:

Sackfabrikbesitzer ==> Gesellschaft
Sackmacher ==> KuMis
Eselzüchter ==> Erziehungsberechtigte
Esel ==> Schüler und Schülerinnen
Eseltreiber ==> Lehrkräfte

Das Ambivalente an der Bezeichnung „ESEL“ liegt in der Tatsache begründet, dass ESE für Förderbedarf „soziale und emotionale Entwicklung“ und L für Förderbedarf „Lernen“ steht. Das sind die Förderschwerpunkte im Bereich der allgemeinbildenden Schulen abseits der GY, die – amtlichen diagnostizierten Förderbedarf hin oder her – der größte Teil der Schülerschaft hat.

Letzteres liegt vielleicht in der tatsache begründet, dass in D die Anzahl der Jahre, in denen Jugendliche schulpflichtig sind, höher ist als die durchschnittliche Dauer der Ehen. Statistisch betrachtet lassen sich 65% der Eltern minderjähriger Kinder scheiden, bevor diese einen Schulabschluss erreichen.

Als Elternersatz können auch keine Klassenlehrerteams her halten, selbst wenn sie durch Schulpsychologen, Schulsozialarbeit, Beratungslehrern, Therapeuten, Erziehungshilfen und ggf. auch Erziehungsbeistandschaften. Diejenigen, die immer noch der Meinung sind, Schule sei in erster Linie für die Vermittlung inhaltlicher und methodischer Kompetenzen zuständig, haben vom Berufsalltag an Schulen so gut wie keine intimeren Kenntnisse. Der Versuch einen Teil der Schülerschaft fachlich zu unterrichten, ist so sinnvoll wie schwerst Alkoholabhängige auf eine Führerscheinprüfung vorzubereiten. Der Begriff der „Schulfähigkeit“ muss komplett auf den Prüfstand gestellt werden, um die Qualität der Säcke zu verbessern.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

… und ganz wichtig, mit Sack ist natürlich nicht die Bildung gemeint sondern die formalen Abschlüsse bzw. die Berechtigungen, die sie implizieren.

Der Sack ist nämlich kein Deko-Artikel sondern ein Wirtschaftsgut. Also nur Säcke, die wirtschaftlich nutzbar sind, sind überhaupt verwertbar. Die Bevorratung von Säcken für besondere Umstände ist auf jeden Fall verzichtbar. In besonderen Situationen müssen die Hersteller von Säcken eben in der Lage sein auf den Markt zu reagieren – Bildung on demand …

Der Tod von Herrn von Humbold wird nicht umsonst von Vielen stark bedauert, hätte er sich doch dafür ausgesprochen mehr Säcjke auf möglichst viele Esel zu verteilen und dafür die Sackproduzenten in die Pflicht zu nehmen..

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

bitte vergessen sie nicht, dass den eseltreibern durch die sackmacher und die eselzüchter die ruten, zügel und alle anderen mittel, die esel halbwegs geordnet und zeitgleich durch das von den sackmachern und eselzüchtern gewünschte ziel zu führen, aus Gründen des so genannten tierschutzes abgenommen wurden. gleichzeitig ist die aufgabe der eselzüchter mit der geburt der esel beendet.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Dererlei Eseleien gibt es eben viele. Wir sollten zum Klonen der esel übergehen.