„Ihr Untermenschen“: Die politische Hetze schwappt in die Schulen – Lehrer warnen vor hasserfüllter Sprache

18

MÜNCHEN. Dass Lehrern immer wieder ungefilterter Hass von Schülern entgegenschlägt, ist nicht neu. Experten sehen aber inzwischen eine neue Qualität und warnen vor hasserfüllter Sprache. Schuld seien vor allem schlechte Vorbilder.

Solche Schmierereien sind dem Lehrerverband ein Dorn im Auge - es geht aber auch um die Sprache auf den Schulhöfen. Archivfoto: indymedia.org (CC BY-SA 2.0)
Solche Schmierereien sind dem Lehrerverband ein Dorn im Auge – es geht aber um mehr: um eine sich ausbreitende hasserfüllte Sprache auf den Schulhöfen. Archivfoto: indymedia.org (CC BY-SA 2.0)

Auch nach 40 Jahren im Schuldienst hat die Lehrerin so etwas noch nicht erlebt. Als sie eines morgens zur Arbeit in einem kleinen Ort irgendwo in Bayern kommt, liest sie am Eingang zur Dorfschule eine Schmiererei: «Drecksschule! Fickt euch, ihr Lehrergesindel, ihr Untermenschen.» Ein Einzelfall sei das nicht – ganz im Gegenteil, sagt die Präsidentin des Bayerischen Lehrerverbandes BLLV, Simone Fleischmann, die aus einer E-Mail der Lehrerin zitiert.

Auf den Schulhöfen verbreite sich zunehmend eine aggressive, hasserfüllte Sprache. Die Lehrer schlagen darum Alarm und haben ein Manifest geschrieben, das der Verband am Mittwoch in München präsentierte.

«Wir beobachten mit größter Sorge, wie sich die Stimmung, die Kommunikation in den sozialen Netzwerken und die alltäglichen Umgangsformen in unserer Gesellschaft verändern», heißt es in dem Manifest mit dem Titel «Haltung zählt». «Diese Verrohung des Umgangs wirkt sich auch auf unsere Kinder und Jugendlichen aus.» Und: «Extreme Gruppierungen und Personen, insbesondere Repräsentanten der Rechtspopulisten und Rechtsextremen, tragen zu dieser Verrohung des Umgangs maßgeblich bei.»

Lehrer beobachteten bei ihren Schülern inzwischen eine «zunehmende Aggressivität gegenüber Andersdenkenden, Ausländern und Flüchtlingen», sagt Fleischmann – und das gelte nicht nur in Bayern, sondern bundesweit. Nach Einschätzung des Deutschen Lehrerverbandes hat die nicht nur verbale Gewaltbereitschaft auf dem Schulhof bereits zugenommen – «und zwar im quantitativen und auch um qualitativen Sinn». «Wenn Gewalt ausgewirkt wird, dann ist sie auch roher geworden», sagt Verbandspräsident Josef Kraus. Und die sprachliche Verrohung beginne schon ganz früh. «Sie hören heute schon von Acht- oder Neunjährigen Begriffe wie „Hure“, „Spasti“, „Asylant“.»

Der Neurologe und Psychotherapeut Joachim Bauer von der Uniklinik Freiburg macht für diese Entwicklung – wie Fleischmann – vor allem den Ton aktueller politischer Debatten verantwortlich. Wenn Politiker offen darüber reden, als Ultima Ratio auf Flüchtlinge zu schießen, sei das unglaublich gefährlich. Auch Begriffe wie «Flüchtlingsflut» seien sehr problematisch. «Eine Flut bedeutet für Kinder Gefahr», sagt Fleischmann. «Die verbinden damit, dass Menschen sterben.»

Anzeige

Durch Twitter und Facebook beeinflusse inzwischen eine informelle Diskurskultur die öffentliche Debatte, meint der Leiter des Institutes für Deutsche Sprache in Mannheim, Ludwig Eichinger: «Es ist nicht die Sprache, die verroht. Es ist der Sprachgebrauch.» Aufgabe der Schule sei es, Alternativen zu dieser Art der Kommunikation aufzuzeigen.

Neurologe Bauer sieht zwischen aggressiver Sprache und aggressivem Verhalten einen engen Zusammenhang. «Worte wirken massiv auf das Gehirn.» Es sei beunruhigend, «wie in den sozialen Netzwerken Hass kultiviert wird». Denn: «Ich kann mit Sprache einwirken auf das Gehirn anderer Menschen.» Beschimpfungen und Demütigungen lösten im Gehirn erst einen Schmerz und dann Aggression aus, sagt Bauer. «Hasssprache erhöht die Bereitschaft, selbst gewaltbereit zu handeln.»

Bauer zitiert dafür eine Studie von Kinderärzten in den USA, die von der Iowa State University veröffentlicht wurde. Danach begünstigt es die Tendenz zu aggressivem Verhalten, wenn Kinder und Jugendliche aggressive Lieder hören.

Dass Schüler in ihren Äußerungen ab und an über das Ziel hinausschießen, sei nicht das Problem, sagt Bauer. Problematisch werde es dann, wenn Eltern schlechte Vorbilder seien und es tolerierten, wenn ihr Kind verbal um sich schlage – oder selbst am Frühstückstisch rassistische Hassparolen von sich gäben. «Wir brauchen einen Konsens, dass bestimmte Dinge einfach nicht gehen.» Lehrerverbands-Chefin Fleischmann betont: «In der Schule von heute sitzt die Gesellschaft von morgen.» Von Britta Schultejans, dpa

Zum Bericht: Politische Hetze lässt Schüler nicht unbeeinflusst: BLLV veröffentlicht deshalb Manifest “gegen die Verrohung der Sprache”

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

18 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Gerd
7 Jahre zuvor

Ist das ein Satireartikel? Ich kann nur hoffen, dass dem so ist.
Der Artikel stellt ganz klar dar: „Die deutschen Kinder sind das Problem“. Dann wird den deutschen Kindern auch noch vorgeworfen, dass sie sich nicht politisch korrekt verhalten.
Das Problem sind auch nicht die Eltern, die angeblich schlechte Vorbilder sein sollen. Das Problem ist die aktuelle Politik. Wie soll man sich als Jugendlicher nicht veräppelt vorkommen, wenn die Eliten sagen, dass lauter Fachkräfte und Physiker zu uns kommen und sich dann herausstellt, dass 3/4 von den Ankommenden das Niveau eines Grundschülers haben?

Deutschland erlebt keine Flüchtlingswelle, sondern eine Migrationswelle.

mehrnachdenken
7 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd

@Gerd
Gehen diese „Experten-Meinungen evtl. auch in diese Richtung?

„Sie werden sich vielleicht erinnern, im Juni dieses Jahres kam man tagelang in den Medien kaum an einer Studie vorbei, die eine zunehmende Rechtsradikalisierung der Deutschen nebst einem gefährlichen Hang zu Nazi-Gedankengut herausgefunden haben wollte.

Wir konnten schnell aufzeigen, was wirklich dran war an dieser mit massiven Mängeln belegten Analyse aus dem Hause eines „Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung an der Universität Leipzig“ in Kooperation mit der Heinrich Böll, Rosa Luxemburg und Otto Brenner Stiftung.“

Nur um irgendwelchen Verdächtigungen zuvor zu kommen, mö. ich betonen, dass der Autor Alexander Wallasch auch für die TAZ schreibt. Auf dem rechten Auge ist er sicher nicht blind.

Nun rudert der Autor der Studie kräftig zurück.
Wer mehr wissen möchte, kann in Tichys Blog lesen.

Ich bin schon einigermaßen erstaunt, wie anscheinend unkritisch n4t derartige Artikel übernimmt.

Georg
7 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd

Iiiih Migration. Die zerstört den Volkskörper.

Da wird man sich doch wohl noch wehren dürfen gegen die ganzen Untermenschen, die da kommen.

Und ungebildet sind sie auch noch. Ungebildete Untermenschen.

Die Belagerung von Leningrad jährt sich gerade zum 75. Mal.

Bernd
7 Jahre zuvor

Wer hat denn behauptet, dass lauter Akademiker kommen? Haben Sie das geträumt?

Gerd
7 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Ich wünschte das wäre ein Traum…um endlich daraus aufwachen zu können.

xxx
7 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Geträumt hat das niemand, die Politik und die Medien haben das nur lautstark verkündet. Genauso wie häufiger kleine Mädchen als latent aggressive junge männliche Erwachsene gezeigt wurden.

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

„Die“ Eliten haben dies getan (wer ist das – Lehrer auch?), „die“ Politik und „die“ Medien jenes – und alle Lehrer sind faul. Wie wäre es mal mit Belegen für solche Pauschalbehauptungen?

Wenn Frau Merkel gesagt hat „Wir schaffen das“, dann impliziert das natürlich eine Herausforderung – niemand hat behauptet, dass die Flüchtlingskrise keine wäre.

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Wie abstrus – hier wird „den“ Medien vorgeworfen, konstruktiv mit einem Problem umgegangen zu sein und die These vertreten zu haben (wie die Kanzlerin): Wir schaffen das.

Ja, was denn sonst? Schaffen wir’s etwa nicht? Steht Deutschland vor dem Untergang – und kein Medienvertreter hat’s gemerkt? Hätten die Medien von Anfang an kreischen sollen: Das ist jetzt das Ende!? Und fordern sollen: Zu den Waffen!? (Wie’s übrigens die Hugenberg’sche Hetzpresse in den 30er Jahren getan hat).

Nicht ganz unerheblich ist übrigens der Untersuchungszeitraum – als Probleme auftraten, wurden diese auch benannt. Vielleicht zum Teil mit Zeitverzug. Gibt dennoch einige Gründe, sich die zitierte Studie kritisch anzuschauen.

xxx
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Wirklich kritische Medien gibt es kaum noch. Die Presse wird durch sehr wenige, sehr reiche Familien dominiert, die bei zu kritischen Berichten politische Nachteile für ihre eigenen Pfründe aka Vermögen befürchten. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen betreibt im Wesentlichen Hofberichterstattung.

mehrnachdenken
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

@xxx
Bravo, so kenne ich Sie ja gar nicht. Bitte weiter so!!
Sie befinden sich damit in bester Gesellschaft z.B. mit dem Chefredakteur der ZEIT, der eben dieses selbstkritisch bei Cicero zugab.
Den Link setzte ich in dieses Forum.

Ich meine, nur Leute, die „Scheiß Deutschland“, „Deutschland verrecke“ (Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages) oder auf die Deutschland-Fahne pinkeln (grüne Jugend) sehen das natürlich vollkommen anders.
Für die kann sich Deutschland offenbar gar nicht schnell genug in Richtung Multi-Kulti verändern.

mehrnachdenken
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ergänzung: Hinter „verrecke“ sollte skandieren stehen.

Pälzer
7 Jahre zuvor

Die Verrohung stelle ich auch fest. Aber die Erklärung hier scheint mir unzulässig monokausal auf eine Gruppe Bösewichte abzuzielen. Dieser Artikel ist ein Beispiel für Populismus = scheinbar einfache Antworten auf komplexe Fragen.

Igors
7 Jahre zuvor

Ach, wer einigermaßen im Leben steht, sich umschaut, sich mit der Lebenswelt dieser Jugendlichen auseinandersetzt,d er wirdfeststellen, dass der im Artikel beschriebene soziologische Ansatz ein theoretischer Uni-Quark aus einem Vorjahrzehnt ist. Dafür reicht schon, sich mal für eine halbe Stunde die Smartphones der JUgendlichen auszuleihen und mal in die Musik hineinzuhören, die aus den in-ears tönt um zumindest die verbale Aufrüstung zu realisieren. Du Hure. Du Opfer. Töten, killen, ficken, pissen, blablabla. Migranten gemachter Gesellschaftshass einer Prä-Neiddebatte. So einfach

xxx
7 Jahre zuvor
Antwortet  Igors

Na ja, nicht alle hören den Bushido-Kay One-Fler-Fard-Haftbefehl-Pseudo-Gangsta-Rap. Allerdings nimmt der Anteil mit zunehmender Abiturwahrscheinlichkeit genauso wie die latente Aggressivität der Jugendlichen ab. In wie fern das Korrelation oder schon Kausalität ist, möge jeder für sich entscheiden.

Pälzer
7 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Es sind ja auch nicht alle verroht und beschimpfen andere. ich könnte mehrere Beispiele für höfliche Kinder und Jugendliche nennen.

Gerald
7 Jahre zuvor

Auch wenn sich manche wegen meines Beitrags echauffieren: An unserer Schule ist Tatsache, dass Schüler mit ausländischen Wurzeln am schlimmsten pöbeln und attackieren, verbal und nonverbal. „Hure“, „Nutte“, „Wichser“, „Homo“ oder „Nazi“ sind gang und gäbe.
Der Artikel entspricht nicht meiner Erfahrung.

gudrun
7 Jahre zuvor
Antwortet  Gerald

Meiner entspricht er auch nicht.