Zoos schlagen Alarm: Immer öfter werden die Tiere von Schülern mit Steinen und Müll beworfen – Symptom für wachsende Erziehungsdefizite?

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DÜSSELDORF. Zoodirektoren schlagen Alarm: Immer öfter werden ihre Tiere insbesondere von Schülern gequält, heißt konkret: Tiger, Elefanten, Affen und Co. werden mit Steinen oder herumliegendem Müll beworfen (im Winter gerne auch mit Schneebällen). Dies berichtet die „Rheinische Post“. Laut Bericht machen die Zoos vor allem die zunehmende Verrohung der Gesellschaft für das Phänomen verantwortlich. Tatsächlich lassen Klagen über eine wachsende Zahl von „Tyrannenkindern“ vermuten, dass sich zumindest bei einem Teil der Kinder gravierende Erziehungsdefizite bemerkbar machen.

Oft werden Tiger, die herumliegen, mit Steinen beworfen - manche Kinder meinen offenbar, die Tiere sollten "etwas machen". Foto: Major Clanger / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Oft werden Tiger, die herumliegen, mit Steinen beworfen – manche Kinder meinen offenbar, die Tiere sollten „etwas machen“. Foto: Major Clanger / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

„Manche kommen nur, um die Tiere zu quälen“, sagt der Direktor des Duisburger Zoos, Achim Winkler, laut „Rheinischer Post“, „das ist mittlerweile leider traurige Realität“. So würden die Raubkatzen beispielsweise mit kleinen Steinen beworfen, wenn sie schlafen oder sich nicht bewegen. Winkler: „Manche denken sich einfach nichts dabei, wenn sie so etwas machen. Sie wissen nicht, was sie da tun. Traurig, aber wahr.“ Fehlt es jungen Menschen zunehmend an Empathiefähigkeit? Viele seien völlig naturfremd – ihnen fehle jegliches Gespür für die Tierwelt, meint der Zooleiter.

„Fälle werden schwieriger und komplexer“

Schätzungen zufolge ist jeder fünfte Schüler in Deutschland psychisch auffällig, jeder 20. ist behandlungsbedürftig. „Wir stellen fest, dass die Fälle schwieriger und komplexer werden“, sagt der renommierte Berliner Schulpsychologe Klaus Seifried. Die Ursache? „Oft fehlt es an Halt. Die soziale Binde- und Haltefunktion der Familien hat abgenommen“, antwortet der Experte. Das wiederum habe vielfältige, zum Teil deutlich unterschiedliche Gründe.

Auf der einen Seite gebe es Eltern, deren Erwartungen angesichts wachsender Leistungsanforderungen im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt stiegen – und die entsprechend mehr Druck auf ihre Kinder ausübten. Auf der anderen Seite gebe es Eltern, so Seifried, „die nur wenige Anforderungen an ihre Kinder stellen, Eltern, die nur noch wenig Erziehungsarbeit leisten“. Vielen fehle die Kraft dafür, sie müssten von morgens bis abends arbeiten, erklärt der Schulpsychologe gegenüber der „Berliner Morgenpost“. „Viele Eltern trauen sich auch nicht mehr, mal Nein zu sagen und den Kindern Grenzen zu setzen.” Vor allem Alleinerziehende seien häufig unsicher, weil ihnen der Partner fehle, mit dem sie über Erziehungsfragen sprechen könnten.

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Auch die Wiener Psychotherapeutin und Buchautorin Prof. Martina Leibovici-Mühlberger beobachtet eine wachsende Zahl von „Tyrannenkindern“, die kaum mehr Grenzen einhalten können – und dann insbesondere in der Schule auffällig werden. „Die Kinder sind ja nicht schuld daran, sondern wir haben sie dazu gemacht.  Die Kinder drücken mit ihren Auffälligkeiten ihr Leiden in einer Gesellschaft aus, die schon an ihren Kindern verdienen will und ein Kind gerechtes Aufwachsen  zunehmend verunmöglicht, obgleich sie vorgibt alles dafür zu tun. Eltern geraten durch das charmante neue und so viel Spaß versprechende Erziehungsideal der ‚freien individuellen Potenzialentfaltung‘ enorm unter Druck und werden zu Steigbügelhaltern ihrer Kinder degradiert. Längst haben sie verlernt, Wünsche von wirklichen Bedürfnissen zu unterscheiden und mutieren oftmals lieber gleich zu Freunden, statt ihrem Führungsauftrag nachzukommen“, so erklärt Leibovici-Mühlberger das Phänomen, das offenbar auch in den Zoos zunehmend Probleme bereitet.

„Im Winter, wenn es schneit, ist es besonders schlimm“, berichtet der Leiter der Abteilung Besuchergruppen im Kölner Zoo, Thorsten Hoenen, gegenüber der „Rheinischen Post“. „Dann werden die Tiere mit Schneebällen beworfen.“ Er beobachtet vor allem Schülergruppen, aus denen heraus einzelne Kinder auffällig werden. Aktuell würden Kürbisse, die zu Dekorationszwecken im Park aufgestellt worden seien, zu Wurfgeschossen gemacht. Mitunter allerdings müssen Schüler dabei die Lektion lernen, dass Tiere keineswegs willfährige Opfer sind: Ein Orang-Utan, so erzählt Hoenen  der Zeitung, wurde von Schülern mit Gegenständen beworfen – und wehrte sich, indem er auf seine Peiniger urinierte. Agentur für Bildungsjournalismus

Zum Bericht: Auffällige Schüler – ein Schulpsychologe zieht Bilanz: „Die Fälle werden schwieriger und komplexer“

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Papa51
7 Jahre zuvor

Ich warte seit Langem händeringend auf die „soziale Kompetenz“, die uns die Politik (insbesondere die rot-grüne) in den letzten Jahrzehnten als oberstes Bildungsziel versprochen hat.
Dass bei den Schülern immer mehr Leistungsdefizite auf anderen Gebieten in Kauf genommen wurden und werden, u.a. durch den verstärkten Einsatz für die Pflege der sozialen Tugenden, haben wir ja schon weitgehend gelernt und akzeptiert.
Wo bleibt aber der Lohn für diesen Verzicht, wo bleiben die wunderbaren, vor Empathie und sozialem Empfinden nur so strotzenden Schülergenerationen?
Sollte etwa alles den Bach runtergegangen sein, auch die sozialen Einstellungen? Sollten hehre, aber leere Versprechungen nur der Freibrief für eine völlig ideologisierte, für unsere Kinder aber desaströse Bildungspolitik gewesen sein?
Dass frommes Geschwätz richtiges Handeln nicht ersetzt, dürfte auch dem Dümmsten allmählich klar werden.

GriasDi
7 Jahre zuvor
Antwortet  Papa51

Noch mehr Individualisierung – ich, ich, ich.

MichealMeier
7 Jahre zuvor

Wir brauchen nur noch ein paar tausend Sozialarbeiter, Schulpsychologen mehr und noch tonnenweise mehr Empathie und nochmehr Gleichmacherei und lasst uns direkt den MINT-Unterricht abschaffen (der gefährdet eh nur die Demokratie, scheiss Nazis) und wir werden noch mehr das Land der Dichter und Denker werden. *Wer Ironie findet, der kann sie behalten*

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  MichealMeier

Ich les‘ da nur wirres zusammenhangloses Zeug. Was hat denn der MINT-Unterricht damit zu tun? Und was die Nazis?

MichealMeier
7 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Scheinbar haben sie den Zusammenhang dennoch erkannt, denn sonst hätten sie sich ja nicht gemüssigt gefühlt unbedingt antworten zu müssen…

Wayne Youcts
7 Jahre zuvor

Eine typische Unterrichtsstunde im Jahr 2016: „Kevin, hör‘ auf zu kippeln!“ (10×), „Jacqueline, du darfst Chantal nicht blöde Fotze nennen“ (5×), „Jason, hör‘ auf gegen Kevins Stuhl zu treten“ (10×), „Finn-Louis, du sollst den Tisch nicht beschmieren“ (10×) etc. etc. etc.
Aber dafür ist unsere Gesellschaft bunter und vielfältiger geworden! Dumm nur, dass es keine Gesellschaft im Sinne einer Gemeinschaft mehr ist!

Achim Richter
7 Jahre zuvor

Es ist leider wirklich so, dass der Abstand zwischen Mensch und Tier, was Verständnis und Respekt betrifft, immer größer wird. Es ist erwiesen, dass Kinder, die respektvoll mit Tieren aufgewachsen sind, wesentlich sozialisierter sind, als andere Kinder. Viele Stadtkinder kennen Tiere eigentlich (wenn überhaupt) nur als Chicken Wings, oder aus brutalen Szenen in YouTube und Facebook etc. Gerade die Kinder werden abgestumpft gegenüber Gewalt, das Unrechtbewußtsein fehlt. Vielen macht es leider wohl auch Spaß, warum auch immer. Vielleicht sollte so etwas einmal hinterfragt werden. Verantwortlich für dass Verhalten von Menschen sind übrigens, u.a., sogenannte Spiegelneuronen, die die Empathie des Menschen ausbilden. Wenn ich als Eltern ein vernünftiges Verhalten vorlebe, werden es die Kinder meistens nachmachen, dazu gehört, aber auch ein respektabler Umfang mit andern Lebewesen. Gerade wenn sie so wehrlos sind wie Tiere. Der Staat muss es aber auch vorleben, denn auch Erwachsene können abstumpfen.Solange Tiere weiter als Sachen gelten wird sich da wohl kaum was ändern, auch bei den Menschen untereinander nicht.

mehrnachdenken
7 Jahre zuvor
Antwortet  Achim Richter

@Achim Richter
Nun, ist es nicht so, dass sich auch viele Stadtfamilien Hunde, Katzen o.ä halten?
Andererseits frage ich mich schon länger, wie Menschen überhaupt Fleisch von Tieren aus der Massentierhaltung kaufen können. Wer sich mit deren Haltungsbedingungen nur ein wenig beschäftigt, dürfte oft keinen Bissen herunter bekommen.
Gerade unterschrieb ich wieder eine Internet-Petition gegen ein so genannte fünfstöckige Sauenhochhaus in Sachsen – Anhalt. Dort werden tatsächlich Sauen unter erbärmlichsten Bedingungen auf fünf Stockwerken gehalten.
Eine Schande ist es auch, dass Investoren dafür überhaupt eine Genehmigung erhalten.

Biene
7 Jahre zuvor
Antwortet  mehrnachdenken

Die Mehrheit der Bevölkerung verlangt nach billigem Fleisch und billig geht nur über Massentierhaltung, damit der Landwirt überhaupt noch was verdient.
Solche Tierquälereien zu ändern wird nicht einfach, weil viele eben doch das billige Fleisch haben möchten.
Weiteres Paradoxon: Manch einer ist gegen Massentierhaltung möchte das „Bio“-Fleisch aber zu den gleichen Preisen wie das aus der Massentierhaltung. Was aber allein schon aus anderen Gründen nicht möglich ist. (Auslaufflächen, Biofutter etc. Kosten). Nur darüber denkt ein Teil der Menschen nicht nach.

Maja
7 Jahre zuvor

Die Tiere gehören so wieso nicht in einem Zoo und was machen die Lehrerinnen oder Lehrer, wenn sie schon einen Ausflug machen dann sollten sie gefälligst aufpassen das sowas nicht passiert. Was bringt man den Kindern heutzutage bei.. nichts.. kein Benehmen kein Respekt nichts.. Schämen sollten sich die Eltern und die Lehrer..

Onyx
7 Jahre zuvor
Antwortet  Maja

Kein Lehrer kann das wieder bei allen auffangen, was das Elternhaus vernachlässigt oder überbemuttert hat. Vor allem nicht, wenn es jedes 5. Kind in der Klasse ist. Die Erziehung ist die den Eltern obliegende Pflicht, so sagt es das Grundgesetz.

Biene
7 Jahre zuvor
Antwortet  Maja

Zu meiner Zeit sind immer Zwei oder Drei Lehrkräfte mit auf den Ausflug gegangen, um wirklich alle im Blick zu haben. Heute soll nach Möglichkeit kein Unterricht ausfallen, wenn weitere Lehrkräfte mit auf einen Ausflug gehen. Konsequenz eine Lehrkraft für eine „Rasselbande“ von 26-30 Kindern, davon sind dann zwei im Rolli und schon war es das mit der Aufsicht. Andere Möglichkeit: es finden keine Ausflüge oder Klassenfahrten mehr statt.

Ingrid
7 Jahre zuvor

Ich weiss nur, dass es eine bestimmte Religion gibt, deren Mitglieder keinerlei Respekt vor anderen Lebewesen haben, wo Hunde unrein sind und Tiere keinen Wert haben. Das wird schon den Kindern beigebracht.

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  Ingrid

Es gibt wirklich nichts, was manche hier nicht den Muslimen in die Schuhe schieben möchten – so ein Quatsch, Ingrid. Die Tierschutzorganisation Peta schreibt: „Der Islam ist eine Religion, die seit jeher Tiere als ganz besonderen Teil der Schöpfung Allahs ansieht. Der Koran, die Hadithe und die Geschichte der islamischen Zivilisation bieten viele Beispiele für Mitgefühl und Respekt gegenüber Tieren.“ Die Massentierhaltung mit seinen systematischen Quälereien kommt im Übrigen aus den Industrieländern, dem christlichen Kulturkreis also.

Tobias
7 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Wo wurde behauptet, dass es um den Islam ginge? Herzlichen Glückwunsch zum panischen Überreagieren und Fehlinterpretieren

ysnp
7 Jahre zuvor

Wenn ich mit einer Grundschulklasse den Zoo besuche, dann nur mit zusätzlichem Begleitpersonal; im Prinzip sind es Mütter. Allerdings kann man nicht mit vielen Eltern rechnen.
Ich kann mir schon vorstellen, dass, wenn eine Klasse der Sekundarstufe den Zoo besucht, man nicht mehr Eltern mitnimmt und die Schüler alleine in Gruppen gehen lässt oder man alleine mit der Klasse durch den Zoo geht. In beiden Fällen kann man nicht alle gleichzeitig beaufsichtigen.
Ganz oben steht, dass Jugendliche nur in den Zoo kommen, um Tiere zu quälen. Ich denke, diese kommen dann privat.
Letztendlich ist die große Frage, ob man überhaupt mit älteren Schülern den Zoo besucht (als Ausflug). Das ist Geschmackssache. Wenn man mal von den eingesperrten Tieren absieht, ist das Thema „Zoo“ für mich eher etwas als Ausflugsziel in der Grundschule. Es sei denn, man macht einen Zoobesuch als Lerngang zu einem Unterrichtsthema.