Creating Products – kreativ-produktives Lernen mit Tablets im Fremdsprachenunterricht

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Im zweiten Interview der Reihe „Stories of Learning“ geht Christian Heinz, Mitglied der Schulleitung am Albrecht-Ernst-Gymnasium in Oettingen/Bayern darauf ein, wie man Tablets in sogenannten 1:n Umgebungen (d. h. mehrere Schüler teilen sich ein Tablet) so einsetzt, dass sich Unterricht nachhaltig verändert. Was genau er darunter versteht, erläutert Heinz am sog. SAMR-Modell von Dr. Ruben Puentedura:

samr

„Im Grunde genommen geht es darum, dass mobile Endgeräte nicht ausschließlich dazu genutzt werden, traditionelle Unterrichtsabläufe und -materialien zu digitalisieren, sondern dass sich Unterricht grundlegend dahingehend ändert, dass Lehrer Unterrichtsszenarien anbahnen können, in denen die Schüler auf eine Art und Weise lernen, die ohne den Einsatz von Tablets nicht möglich wäre.“

Heinz beispielsweise lässt seine Schüler im Englischunterricht eigene Multi-Touch-Bücher zu bestimmten Lehrplaninhalten erstellen, die dann als fertiges Produkt einem größeren Publikum präsentiert werden und nachfolgenden Klassen wiederum als Unterrichtsmaterialien zur Verfügung stehen.

Sein Projekt bietet er im mittlerweile 4. Jahr mit großem Erfolg in der Oberstufe an – aber auch in der Unter- und Mittelstufe haben seine Schüler bereits viele Bücher mit der App BookCreator erstellt. Seit diesem Schuljahr arbeiten Heinz und sein P-Seminar aus der 11. Jahrgangsstufe erstmals eng mit Prof. Thissen von der Hochschule der Medien in Stuttgart zusammen, um den „gefühlten“ Mehrwert für die Schüler auch wissenschaftlich belegen zu lassen.

Die Grundidee hinter seinem Projekt beschreibt Heinz wie folgt: „Ich will Schülern, die wissen wollen, warum sie im Englischunterricht etwas lernen sollen, eine Antwort geben können – und die Antwort lautet: weil man das Gelernte – etwa neue Grammatik – braucht, um sich adäquat in der Fremdsprache ausdrücken zu können und sich mit relevanten Inhalten aktiv auseinandersetzen zu können. Und genau das wird den Schülern während der kreativ-produktiven Auseinandersetzung mit den Lehrplaninhalten vor Augen geführt.“

Folgende Kernfragen stellen sich laut Heinz bei der Umsetzung seines Ansatzes:

1. Welche Art von Unterricht bzw. Lernen will ich haben?
Antwort: individuellen, differenzierenden Unterricht, der auf die zunehmend heterogene Situation im Klassenverband eingeht und selbstständiges Lernen im eigenen Tempo ermöglicht.

2. Welche Lernumgebung begünstigt diese Art von Unterricht?
Antwort: Eine flexible Lernlandschaft, die die Lernenden bei der Umsetzung ihrer individuellen Lernprozesse unterstützt und sie nicht einengt. Seine eigene Schule dient Heinz dabei dank eines Konzepts des altersgerechten Unterrichts in flexiblen Lernlandschaften als bestes Beispiel: Jede Jahrgangsstufe verfügt am Gymnasium Oettingen über einen eigenen Bereich, der mit Materialien zum selbstgesteuerten Lernen ausgestattet ist.

Ein wesentlicher Bestandteil dieser flexiblen Lernlandschaft sind Tablets, denn mit den mobilen Endgeräten ist individuelles Lernen im eigenen Tempo überhaupt erst möglich. Die Schüler können z. B. eigene Audio- und Videodateien erstellen, wodurch sich die Redezeit in der Fremdsprache enorm erhöht. Die Ernsthaftigkeit, mit der die Schüler zu Werke gehen sowie die von ihnen erzielten Ergebnisse sind überdurchschnittlich gut. Und dadurch, dass die Schüler immer auch neue grammatikalische Strukturen und neuen Wortschatz in ihre Produkte einbauen müssen, werden Wortschatz und Grammatik nicht isoliert geübt, sondern lebenswirklichkeitsnah angewandt.

Auch wenn das Gymnasium nicht jedem Schüler ein eigenes Tablet zur Verfügung stellen kann, so gelingt es Heinz doch in Form von projekt- und produktorientiertem Unterricht Resultate zu erzielen, die so in dieser Form vorher nicht denkbar gewesen wären. Mit Hilfe der mobilen Endgeräte lernen die Schüler geradezu spielerisch, eigene Inhalte in einem professionellem Format zu erstellen – inklusive eingebundener Medien und interaktiver Elemente zur Überprüfung des gerade Gelernten. Während des Entstehungsprozesses setzen sich die Schüler deutlich intensiver mit den behandelten Inhalten auseinander und tauchen wesentlich tiefer in die Materie ein, als sie das tun würden, wenn sie sich die selben Inhalte aus einem traditionellem Schulbuch aneignen müssten.

Heinz’ Fazit: „Wenn man personalisiertes, auf den einzelnen Lerner zugeschnittenes Lernen ermöglichen möchte, wird man an mobilen Endgeräten und einer flexiblen Lernumgebung nicht vorbei kommen. Sie sind prädestiniert dafür, einen selbstgesteuerten, kreativ-produktiven Lernprozess mit lebensnahen Aufgabenstellungen anzubahnen, der in einem traditionellen Unterricht so nicht – oder nur mit erheblichem Mehraufwand – möglich wäre.“

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