Ex-Musterländle Baden-Württemberg stürzt im Bildungsvergleich ab – Eisenmann attackiert ihren Vorgänger Stoch

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STUTTGART. Baden-Württemberg hat ein massives Problem an seinen Schulen – nicht nur wegen fehlender Lehrestellen. Offenbar ist das ehemalige Vorzeigebundesland in Sachen Bildung dramatisch abgestürzt.  Aber wer ist dafür verantwortlich? Viele Finger zeigen auf die SPD, die das Kultusministerium fünf Jahre lang führte.

Redet Tacheles: Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg
Redet Tacheles: Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Schwarzer-Peter-Spiele im Landtag: Die grün-schwarze Regierung und die oppositionelle SPD haben sich gegenseitig die Schuld dafür gegeben, dass Baden-Württemberg massive Probleme im Bildungsbereich hat. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ging am Mittwoch wegen fehlender Lehrerstellen hart mit ihrem Vorgänger Andreas Stoch (SPD) ins Gericht. Vieles von dem, was in den vergangenen Jahren unter Grün-Rot beschlossen worden sei, sei unter dem damaligen Kultusminister nicht durchfinanziert gewesen.

IQB-Bildungstrend: Baden-Württemberg stürzt ab

Die Debatte dürfte bald noch an Schärfe gewinnen: Nach Medienberichten schneiden baden-württembergische Neuntklässler in einem neuen Kompetenzvergleich der Bundesländer überraschend schlecht ab.

Der IQB-Bildungstrend sieht Schüler in Baden-Württemberg in dem Fach Deutsch und in Fremdsprachen über alle Schularten hinweg weit unter dem Bundesschnitt, wie «Südwest Presse», «Rhein-Neckar-Zeitung» und «Badische Zeitung» (Mittwoch) berichteten. Am besten hätten in der im Auftrag der Kultusministerkonferenz vom Berliner Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) erstellten Studie Bayern und Sachsen abgeschnitten. Beim ersten IQB-Bildungstrend von 2010 gehörte der Südwesten noch zur Spitzengruppe. Ein Sprecher des Kultusministeriums kommentierte die Berichte nicht. Er verwies auf eine am Freitag in Berlin geplante Pressekonferenz.

An der Studie nahmen nach Angaben der Zeitungen von Mitte März bis Mitte Juni 2015 – als noch Grün-Rot im Südwesten regierte – rund 37.000 Schüler der neunten Jahrgangsstufe aus mehr als 1700 Schulen in den 16 Bundesländern teil. In Baden-Württemberg waren demnach alle Schularten dabei – mit Ausnahme der unter Grün-Rot neu eingeführten Gemeinschaftsschule, die da noch keine neunten Klassen hatte.

CDU-Generalsekretär Manuel Hagel sagte, die neue Vergleichsstudie sei ein Armutszeugnis für fünf Jahre rot-grüne Bildungspolitik in Baden-Württemberg. «Andreas Stoch und seine Genossen haben es in wenigen Jahren der Tätigkeit im Kultusministerium tatsächlich geschafft, das Bildungsniveau im Land vom Porsche zum Trabi zu entwickeln. In der Schule würde man sagen: „Setzen, sechs!“.»

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„Das nenne ich Mogelpackung“

Ministerin Eisenmann nannte als Beispiele für nicht durchfinanzierte Vorhaben die Stellen für die Einbeziehung behinderter Kinder in den regulären Schulunterricht, den Ausbau der Ganztagsschulen und auch die Grundschulen. «Das nenne ich Mogelpackung, und ich erkläre Ihnen gerne einmal, was eine mittelfristige Finanzplanung ist.» Auch die Grünen-Bildungsexpertin Sandra Boser bezichtigte die SPD als früheren Koalitionspartner, zentrale Vorhaben im Schulbereich nicht mit genug Geld ausgestattet zu haben. Das hätten die Grünen erst zu Beginn der schwarz-grünen Regierungszeit gemerkt. Stoch entgegnete, die Grünen hätten damals der Finanzplanung zugestimmt. Er erinnerte daran, dass die SPD mit den Grünen hart um Geld gerungen habe.

Es sei durchaus üblich, dass sich von der Aufstellung der mittelfristigen Finanzplanung bis zum konkreten Haushalt noch etwas ändere, führte Stoch aus. So sei der Abbau von Lehrerstellen in der Annahme beschlossen worden, dass die Schülerzahlen sänken. Nun nähmen sie aber zu. «Wer jetzt 1074 Lehrstellen streicht, versündigt sich an den Kindern in Baden-Württemberg, der versündigt sich daran, dass wir dann keine gute Bildung in Baden-Württemberg gewinnen können.»

FDP-Bildungsexperte Timm Kern warf Grün-Schwarz vor, mit den Haushaltsplanungen für 2017 die Probleme nicht gelöst zu haben. «Die Einsparauflagen schweben weiter wie ein Damoklesschwert über dem Bildungsbereich.» Bei den Beratungen zum Haushalt 2018/2019 werde der Verhandlungspoker neu beginnen. Nach Kerns Ansicht ist nicht nur die SPD Schuld an der Misere. Die Grünen hätten mit prestigeträchtigen Projekten wie der Gemeinschaftsschule die Kosten hochgetrieben.

Eisenmann hatte kürzlich damit gedroht, den Ausbau der Ganztagsschule und der Inklusion, also der Einbeziehung behinderter Kinder in den regulären Schulunterricht, im Schuljahr 2017/2018 auf Eis zu legen, weil Lehrerstellen fehlten. Dann wurde sie sich mit Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) doch über die Finanzierung einig. dpa

Zum Bericht: Hin und Her beim Thema Lehrerstellen: VBE wundert sich „über die Rechenakrobatik der Politiker“

Zum Bericht: Nach dem Kompromiss zwischen Kretschmann und Eisenmann: Jetzt schlagen die Lehrerverbände Alarm

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2 Kommentare
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MAB
7 Jahre zuvor

Fragen Sie unsere Politiker doch einfach, wo sie ihre Kinder beschulen, dann wissen Sie was Sie selbst von ihren Reformen halten.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

2016: Absturz.