Mit Erbsen zum Vater der Genetik – 150 Jahre Mendelsche Regeln

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BERLIN. Hätte es zu seiner Zeit den Nobelpreis bereits gegeben, er hätte ihn sicherlich bekommen. Vielleicht aber doch nicht: Erst über zehn Jahre nach seinem Tod wurden seine Forschungen wiederentdeckt, die heute Generationen von Schülern geläufig sind. In Forschung und Praxis sind Mendels Regeln bis heute relevant, etwa zur Produktion von genießbarem Rapsöl.

Er konzentrierte sich erst auf die Erbse. Nur die Erbse. Der Augustinermönch und Naturforscher Gregor Johann Mendel züchtete diese Pflanzen über Jahre massenhaft im Klostergarten in Brünn im heutigen Tschechien. Unermüdlich experimentierte er mit Kreuzungen, wertete sie statistisch aus. Wie veränderten sich zum Beispiel Blüten und Schoten von einer Generation zur nächsten? Am Ende stand eine rund 40-seitige Schrift, deren Kern Generationen von Schülern im Bio-Unterricht als Mendelsche Regeln büffelten. Vor 150 Jahren veröffentlichte Mendel seine Arbeit «Versuche über Pflanzen-Hybriden». Er gilt heute als Vater der Genetik.

Augustinerpater und Naturforscher, heute oft als „Vater der Genetik“ bezeichnet: Johann Gregor Mendel. Unbekannt – NIH / Wikimedia Commons
Augustinerpater und Naturforscher, heute oft als „Vater der Genetik“ bezeichnet: Johann Gregor Mendel. Unbekannt – NIH / Wikimedia Commons

Die drei Mendelschen Regeln geben Aufschluss darüber, wie bestimmte Merkmale vererbt werden, etwa eine rote Blüte. Der Mönch erkannte, dass Erbsen – wie auch Menschen – zwei Kopien jedes Erbmerkmals haben. Eine stammt von der Mutter, die andere von der Vaterpflanze. Beide zusammen bestimmen das Aussehen. Wenn sich eine Kopie dominant verhält, sehen die Tochterpflanzen aus wie der Elternteil, der diese Kopie beigesteuert hat. Andere, sogenannte rezessive Genkopien unterliegen im Zusammenspiel mit der dominanten Kopie, können aber in späteren Generationen wieder zum Zuge kommen. Grundlagen wie diese helfen zum Beispiel auch bei der Analyse von Stammbäumen.

Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) hat Mendel zu seiner Galionsfigur gemacht und würdigt das Jubiläum mit einem Festakt am 10. November in Berlin, zu dem Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) erwartet wird. Mendel war 1884 gestorben, ohne dass seine Forschung größere Aufmerksamkeit erlangt hätte. Erst um 1900 wurden seine Erkenntnisse wiederentdeckt und der Gehalt erkannt.

«Ganz am Anfang hat man einfach mal Pflanzen, die besser aussahen als andere, benutzt für das Folgejahr», erläutert der BDP-Geschäftsführer Carl-Stephan Schäfer. Erst dank der Erkenntnisse Mendels habe man gewissermaßen die inneren Werte von Pflanzen erkannt und systematisch vorgehen können, um gewünschte Zuchtergebnisse zu erzielen.

Zum Beispiel beim Raps in den 70er Jahren. «Es ist gelungen, aus einem bitteren Lampenöl ein hochwertiges Speiseöl zu erzeugen», erläutert Schäfer. Raps-Pflanzen seien über Jahre in mehreren Schritten derart gezüchtet worden, dass sie schließlich milden Geschmack und Ertragsreichtum vereinten. «Je nach Ausgangsmaterial kann das bis zu 25 Jahre dauern», erläutert Schäfer das Züchten.

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Das zeigt, wie wichtig Mendels langer Atem und sein strategisches Vorgehen waren: «Mendel war sich bewusst, was ein klar umrissenes Experiment erfordert», sagt Hans-Jörg Rheinberger vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Während Mendels Zeitgenossen Sorten mit unterschiedlichen Merkmalen kreuzten, nutzte er nur Erbsen, die lediglich in einzelnen Punkten variierten – dafür pflanzte er besonders viele an und forschte ausdauernd.

Warum das nicht von Zeitgenossen honoriert wurde? «Es gibt keine ein für allemal plausible und eindeutige Antwort», sagt Rheinberger. Soweit Mendels Arbeit damals rezipiert worden sei, habe man sie als Regeln für das Verhalten von Hybriden und nicht als allgemeine Gesetze der Vererbung gelesen. «Auch Mendel selbst zögerte, über diese Interpretation hinauszugehen.» Vererbung sei Mitte des 19. Jahrhunderts aber durchaus eine zentrale biologische Frage gewesen.

Nicht nur für Biologen sind Mendels Erkenntnisse bis heute relevant. «Kein Pflanzen- oder Tierzüchter, nicht einmal ein Gärtner könnte arbeiten ohne diese Grundlage», sagt Prof. Reinhard Kunze vom Dahlem Center of Plant Sciences an der Freien Universität Berlin. Er muss die Regeln unter anderem bei der Erforschung von Genen beherrschen, die bei Pflanzen beispielsweise für gescheckte oder gesprenkelte Blüten sorgen – und beim Menschen für Mutationen.

Allerdings – und das bemerkt Kunze bei seinen Bio-Studenten immer wieder – seien die an sich simplen Regeln «äußerst abstrakt», so dass sie ohne Auffrischung wieder vergessen würden. Und so fängt Kunze in Vorlesungen stets wieder bei Mendel und der Erbse an, wie er sagt.

Anlass zur Anwendung wird es weiter geben: In Zeiten wachsender Weltbevölkerung gehe es Pflanzenzüchtern zum Beispiel darum, Pflanzen widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Trockenheit zu machen. Und die Ernährung in Zukunft zu sichern. Nicht umsonst soll Mendel gesagt haben: «Meine Zeit wird schon noch kommen.» Reinhard Kunze legt sich fest: «Hätte es den Nobelpreis damals schon gegeben, Gregor Mendel hätte ihn sicher bekommen.» (Gisela Gross, dpa)

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Karim
7 Jahre zuvor

Was für ein Blödsinn. Mit diesem ganzen Evolutionsmist werden die Schüler indoktriniert! Überall diese Gottlosen!! Nicht mir mir!

Pälzer
7 Jahre zuvor
Antwortet  Karim

Sie verstehen das Thema nicht. Die Mendelschen Regeln sind nachprüfbare Wissenschaft (Sie selber könnten Sie auf der Fensterbank bestätigen) und werden auch von allen anerkannt, die die Evolutionstheorie anzweifeln; fragen Sie Michael Behe! Nebenbei gesagt war Mendel auch kein Gottloser.