Schulleiter beobachtete Lehrkräfte per Kamera bei der Pausenaufsicht – Datenschutz macht gegen Videoüberwachung an Schulen mobil

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MÜNCHEN. Immer wieder beschäftigt Videoüberwachung an Schulen den bayerischen Datenschutzbeauftragten. Zwar sei der Anteil der Schulen mit Kameras gering – doch einige dokumentierte Fälle sind bizarr. Und: In einem Fall standen nicht die Schüler im Fokus…

Wie viel Überwachung darf an Schulen sein? Foto: Timo Heuer / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Wie viel Überwachung darf an Schulen sein? Foto: Timo Heuer / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Der Eine hat eine Freistunde und schreibt die Hausaufgaben ab, der Andere schwänzt, der Dritte lästert über seinen Lehrer, der Vierte und die Fünfte knutschen. Szenen wie diese, die alltäglich sind, wo Schüler sich treffen, dürften sich auch im Oberstufen-Café des Jack-Steinberger-Gymnasiums in Bad Kissingen in Unterfranken abgespielt haben. Der Unterschied: Alle konnten dabei zusehen. Denn was die Oberstufen-Gymnasiasten im Café machten, wurde erst live auf einen großen Bildschirm im Schulfoyer übertragen und nach Protesten direkt in das Zimmer des Rektors. Besser fanden Schüler und Eltern das allerdings auch nicht.

Die Begründung der Schulleitung: Man könne die Schüler schließlich «nicht sich selbst überlassen», aber auch nicht «dauernd Lehrer patrouillieren lassen». Schüler und Eltern liefen Sturm gegen Big Brother im Pausenraum, der bizarre Fall machte Schlagzeilen. Und jetzt hat der Landesbeauftragte für Datenschutz, Thomas Petri, ihn als besonders plastisches Beispiel in seinen Tätigkeitsbericht für die Jahre 2015 und 2016 aufgenommen, den er am Dienstag in München vorstellte. Inzwischen, so betont er, habe die Schule ein Einsehen gehabt. Doch dazu war Überzeugungsarbeit nötig.

Kamera am Eingang zum Schulklo

Videoüberwachung an Schulen beschäftigt Petri immer wieder. Seinen Angaben zufolge liegt die Zahl der bayerischen Schulen, die Überwachungskameras aufgehängt haben, «im unteren bis mittleren dreistelligen Bereich». Rein zahlenmäßig sei das Phänomen mit unter zehn Prozent der 6000 Schulen in Bayern seiner Ansicht zwar nicht verbreitet, es gebe aber immer wieder unzulässige Fälle wie den aus Bad Kissingen.

In seinem Bericht nannte der Datenschützer einen Fall, in dem die Schulleitung eine Kamera am Eingang zur Jungentoilette installierte, weil Toiletten dort mehrfach absichtlich mit Klopapierrollen verstopft worden waren. Schüler, Lehrer und Eltern wurden erst informiert, als die Kamera schon hing. Auch wenn es sich dabei nach Schulangaben nur um eine Attrappe handelte, war das aus Datenschutzsicht nicht zulässig. Denn «auch eine Kameraattrappe bezweckt, das Verhalten der vermeintlich überwachten Personen in bestimmter Weise zu beeinflussen».

Schulrecht: Überwachung an Schulen – wann sind Kameras gegen Diebstahl und Vandalismus erlaubt?

Der Vorsitzende des Bayerischen Elternverbandes, Martin Löwe, weiß von «einigen Entgleisungen» – einem Fall zum Beispiel, in dem die Schulleitung Kameras nutzte, um nicht die Schüler, sondern die Lehrer zu überwachen, um zu überprüfen, «ob die Pausenaufsicht ordnungsgemäß durchgeführt wird».

An der Schule seiner Kinder – «einer Brennpunktschule in Rosenheim», wie Löwe sagt – habe es auch eine Debatte über die Sicherheit gegeben, weil dort Eltern, denen das Sorgerecht entzogen wurde, in die Schule gekommen seien, um ihre Kinder zu holen. «Das sind natürlich Extremfälle», sagt Löwe. Kameras wurden in der Schule trotzdem nicht aufgehängt.

Enge rechtliche Voraussetzungen

Videoüberwachung an Schulen dürfe nur unter «engen rechtlichen Voraussetzungen» zum Einsatz kommen, betont Petri. Das bayerische Kultusministerium teilt mit: «Eine Videoüberwachung an Schulen darf von Gesetzes wegen nur eingerichtet werden, wenn und soweit sie zum Schutz von Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum der Personen, die sich im Bereich der Schule oder in deren unmittelbaren Nähe aufhalten und zum Schutz der schulischen Einrichtung vor Sachbeschädigung und Diebstahl erforderlich ist.»

Nach Angaben des Bayerischen Lehrerverbandes BLLV waren Ende 2014 an 170 Schulen in Bayern Kameras im Einsatz. Aktuelle bayernweite Zahlen gibt es laut Kultusministerium nicht. Wie viele es bundesweit sind, ist ebenfalls unklar. Die Kultusministerkonferenz hat nach Angaben eines Sprechers keine Zahlen dazu. «Du willst im Schonraum Schule sicher sein», sagt die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Aber: «Ein Hochsicherheitstrakt darf Schule bitte nicht werden.» Von Britta Schultejans, dpa

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Mama51
7 Jahre zuvor

Der sichere Schonraum Schule, wo man als Schüler/in je nach Befinden getrost jede Höflichkeit, gutes Benehmen, Rücksichtnahme, … etc . vergessen /ignorieren kann? Na, Bravo!!! Unter d e m Aspekt kann eine Aufsicht im Pausenhof und im Schulhaus locker eingespart werden.

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor

Mein Schulleiter hat besonders in den Pausen gar keine Zeit, sich um die korrekte Durchführung von Pausenaufsichten zu kümmern.