Studie: Immer weniger Menschen machen eine betriebliche Ausbildung – trotz steigender Beschäftigungszahlen

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GÖTTINGEN. Die Zahl der Beschäftigten nimmt dank der guten Konjunktur immer weiter zu. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Auszubildenden. Was sind die Gründe? Eine neue Studie geht dem nach.

Trotz zunehmender Beschäftigung geht die Zahl der Auszubildenden in Deutschland laut einer Studie zurück. Arbeits- und Ausbildungsmarkt entwickeln sich auseinander, so das Soziologische Forschungsinstitut Göttingen in einer aktuellen Untersuchung. Danach ist die Zahl der Beschäftigten zwischen 1999 und 2015 um 12,1 Prozent gestiegen – im gleichen Zeitraum ging die Zahl der Auszubildenden um 6,7 Prozent zurück. Dadurch sinkt auch die Ausbildungsquote: 2015 kamen auf 100 Beschäftigte 5,1 Auszubildende. Zum Vergleich: 1999 waren es noch 6,1. Die Forscher halten eine Ausbildungsquote von 5,0 Prozent für ausreichend, um einen Fachkräftemangel zu verhindern.

«Die Entkoppelung von Beschäftigungszuwachs und Ausbildungsplätzen hat viele Ursachen. Die Ausbildungsbeteiligung der Betriebe geht zurück», sagte Lars Thies von der Bertelsmann-Stiftung. «Gleichzeitig interessieren sich weniger Jugendliche für eine Ausbildung.»

Laut der Studie gibt es zudem deutliche regionale Unterschiede: Während die Ausbildungsquote im Westen etwa in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen zwischen 1999 und 2015 fast konstant blieb, halbierte sie sich im selben Zeitraum in den ostdeutschen Bundesländern. Hinzu kommt: Der betriebliche Bedarf und die an einer Ausbildung interessierten Schulabsolventen passten immer weniger zusammen.

Auszubildende bemängeln eine schlechte Abstimmung zwischen Betrieb und Berufsschule. Foto: Arbeitgeberverband Gesamtmetall / flickr (CC BY 2.0)
Auszubildende im Metallbereich. Foto: Arbeitgeberverband Gesamtmetall / flickr (CC BY 2.0)

Besonders deutlich ist der Rückgang der Ausbildungsquote bei den Kleinstbetrieben mit bis zu 5 Mitarbeitern. Lag die Ausbildungsquote hier 1999 bei 7,0 Prozent, waren es 2015 4,9 Prozent. «Für Kleinst- und Kleinbetriebe ist die Ausbildung am schwierigsten zu stemmen. Sie bilden überproportional Jugendliche mit schwächeren Schulabschlüssen aus, haben dafür aber am wenigsten Ressourcen», erklärte Thies den Rückzug dieser Betriebe aus der Ausbildung.

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Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) betonte, der Rückgang der Azubi-Zahlen sei nicht darauf zurückzuführen, dass die Betriebe nicht ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung stellten. Es gebe sinkende Bewerberzahlen, da es aufgrund des demografischen Wandels weniger Schulabgänger gebe und diese sich immer öfter für ein Studium statt für eine Ausbildung interessierten.

Die Betriebe engagierten sich laut DIHK außerdem sehr stark, um alle Potenziale für Ausbildung und Fachkräftesicherung zu nutzen. So würden rund 80 Prozent der IHK-Unternehmen Ausbildungschancen für Leistungsschwächere anbieten.

Um schwächere Jugendliche zu unterstützen, fordert die Stiftung, Angebote für Firmen bei der Ausbildung benachteiligter Jugendlicher auszubauen. Außerdem solle die öffentliche Hand künftig jedem Jugendlichem einen Ausbildungsplatz garantieren.

Grundlage der Studie sind Daten der Bundesagentur für Arbeit, des Bundesinstituts für Berufsbildung sowie eigene Berechnungen des Göttinger Instituts. Die Studie wurde von der Bertelsmann-Stiftung gefördert. dpa

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1 Kommentar
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xxx
6 Jahre zuvor

Der Staat muss es also wieder richten…

Er könnte beispielsweise das Abitur wieder so anspruchsvoll machen, dass der durchschnittliche Schüler daran scheitern wird. Dann gibt es auch genügend Azubis und nicht viel zu viele Studenten.