Privatschulverband befremdet über Schwesig-Debatte

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SCHWERIN. Der kurze Schulweg sei entscheidend dafür gewesen, dass ihr Kind ab diesem Schuljahr eine Privatschule besuche, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Dennoch hat sie für ihre Entscheidung heftige Kritik geerntet. Nun springt ihr der Verband Deutscher Privatschulen zur Seite. Die CDU erneuerte indes ihre Kritik an der Orientierungsstufe.

Der Verband Deutscher Privatschulen in Mecklenburg-Vorpommern hat sich kritisch zur aktuellen Debatte um die Schulwahl von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) für ihren Sohn geäußert. «Die freien Schulen und alle am Bildungserfolg unserer Kinder beteiligten Lehrerinnen und Lehrer sind befremdet darüber, dass man sich dafür rechtfertigen muss, sein Kind auf eine freie Schule zu schicken. Freie Schulen sind Produkt der wiedergewonnenen Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern», erklärte Landesverbandschefin Barb Neumann.

Hat mit ihrer Schulwahl eine Debatte ausgelöst: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Foto: Bobo 11 / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Hat mit ihrer Schulwahl eine Debatte ausgelöst: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Foto: Bobo 11 / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Der Besuch einer freien Schule sei im Land nichts Außergewöhnliches. «In Schwerin besucht mehr als ein Viertel aller Schüler eine Schule in freier Trägerschaft», sagte sie. Das zeige, dass freie Schulen keinesfalls für elitäre Bildung stehen oder der Schulbesuch vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist. Im Landesdurchschnitt beträgt die Quote etwa 11 Prozent und ist damit eine der bundesweit höchsten.

Die Wahl einer freien Schule sei nicht als Entscheidung gegen die staatliche Schule zu werten, betonte Neumann. Ihrer Meinung nach sind Schulkonzept und besondere Profilbildung dafür ausschlaggebend und weniger die Nähe der Schule zur Wohnung oder die Trägerschaft.

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Regierunschefin Schwesig hatte mit der Entscheidung, ihren Sohn auf eine Privatschule zu schicken, eine Grundsatzdebatte ausgelöst. Lehrerverbände und Linksopposition werteten ihre Schulwahl als Ausdruck mangelnden Vertrauens in das staatliche Schulsystem und damit als «fatales Signal». Schwesig wies diese Deutung als unzutreffend zurück und betonte, dass beide Schularten guten Unterricht böten.

Die CDU erneuerte indes ihre Kritik an der Orientierungsstufe, die späteren Gymnasiasten einen zweimaligen Schulwechsel aufnötigt – nach Klasse vier und noch einmal nach der sechsten Klasse. «Es ist kein Geheimnis, dass die CDU nie ein Freund der Orientierungsstufe war», sagte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Marc Reinhardt.

In Mecklenburg-Vorpommern schließt sich an die vierjährige Grundschule eine zweijährige Orientierungsstufe an einer Regionalschule an. Danach entscheidet sich an den staatlichen Schulen der weitere Schulweg. Wegen der damit verbundenen mehrfachen Schulwechsel steht das System in der Kritik.

Aus Sicht der Union wäre es besser, das Gymnasium wieder ab der fünften statt der siebenten Klasse beginnen zu lassen. Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU ist allerdings vereinbart, an der Schulstruktur nichts zu ändern, um keine Unruhe in das System zu bringen. Gesprächen mit der SPD darüber würde sich die CDU jedoch nicht verschließen, sagte Reinhardt. (dpa)

Sohn auf die Privatschule: Schwesig verteidigt sich – mit Hinweis auf gewünschte Vielfalt im Schulsystem. GEW beklagt “Signalwirkung”

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sofawolf
6 Jahre zuvor

Klar ist der Privatschulverband befremdet. Geht es doch um eine von ihnen.

Die sollen mal ihre Lehrkräfte vernünftig bezahlen! Das tun die meisten nämlich nicht. An den Privatschulen sind die Lehrergehälter Einsparpotenzial Nr. 1.

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Dass Lehrkräfte im Esatzschuldienst schlechter bezahlt werden als Landesbeschäftigte, wäre mir neu.

Nicht jede „Privatschule“ ist de jure nur lediglich der Schulträgerschaft privat. Die meisten „Privatschulen“ sind de facto staatliche Ersatzschulen, die von den Ländern entsprechend finanziell ausgestattet werden.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

sofawolf meinte wahrscheinlich „echte“ Privatschulen, die sich ohne staatliche Unterstützung komplett selbst finanzieren müssen.

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Die gibt es nicht, auch echte Privatschulen erhalten lt. der unterschiedlichen Landesverfassungen Zuwendungen, sofern sie sich auf dem Boden der FDGO bewegen. Neben den staatlichen Zuwendungen gibt es in der Regel finanzielle Mittel von den Kommunen, die ein Interesse an einer vielfältigen Schullandschaft innerhalb ihres Gemeinde- bzw. Stadtgebietes haben müssen.

Im übrigen wird niemand als Lehrkraft gezwungen, einen Arbeitsvertrag mit einem privaten Schulträger abzuschließen – außer er/sie erfüllt die bedingungen zur Übernahme in den staatlichen oder Ersatzschuldienst nicht (Stichwort: Zweites Staatsexamen).

Wäre also der Diskussion zuträglich @sofawolf könnte bezüglich Anforderungen, Voraussetzungen und Gehaltshöhe im Ansatz differenzieren.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Es gab eine Differenzierung: „… die meisten …“

sofawolf
6 Jahre zuvor

@ dicke bank,

das höre ich oft, dass Leute glauben, Lehrer an Privatschulen werden fürstlich entlohnt, u.U. sogar besser als im ÖD. Ich kenne es allerdings nur anders. Die Kollegen dort verdienen deutlich weniger, auch an staatlich anerkannten Privatschulen, natürlich besonders die in der Anerkennungsphase, aber auch danach immer noch mit deutlichem Unterschied !

Vielleicht gibt es da einen West-Ost-Unterschied?

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Ansonsten habe Sie Recht, dicke bank, in Zeiten des Lehrermangels können sich voll ausgebildete Lehrkräfte ihren Arbeitgeber ja selber suchen (in Zeiten des Lehrerüberschusses war das jedoch anders). Das tun sie auch. Die Fluktuation an der Privatschulen ist entsprechend hoch und, ja, dort bleiben nur jene – bzw. mit Differenzierung: dort bleiben oft nur jene -, die nicht woanders hin können (Stichwort 2. Staatsexamen).

anislim
6 Jahre zuvor

Für Hessen kann der Drs. 19/1632 (Antwort 25, 26) entnommen werden, welche privaten Ersatzschulen welche durchschnittlichen Lehrergehälter zahlen. http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/2/01632.pdf

Die Drucksache informiert auch über die Schulgelder und anderen finanziellen Eigenleistungen der Eltern, die die jeweiligen Privatschulen verlangen.

Welche Schulgelder, Darlehen, Gebühren etc. in anderen Bundesländern verlangt und gezahlt werden und welche Lehrergehälter dort gezahlt werden, ist leider unbekannt, weil die zuständigen Behörden nicht nachfragen, bzw. solche Auskünfte verweigert werden.

anislim
6 Jahre zuvor
Antwortet  anislim

Die Drucksache informiert über die Privatschulen in freier Trägerschaft (= Ersatzschulen), die staatliche Schulen ersetzen können und staatlich gefördert werden.

Welche Zahlungen die Ersatzschulen genau erhalten ist ebenfalls nicht bekannt.
Das Kultusministerium informierte am 12.4.2013 so:
„Beer bringt Novellierung des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes auf den Weg ….Die Ersatzschulen erhalten von den auf der neuen Datengrundlage ermittelten Schülerkosten der staatlichen Schulen für die allgemeinen Schulen nicht mehr wie bisher unterschiedliche Sätze von 75% oder 87,5%, sondern einheitlich 85%.
Die Zuschussquote für die Förderschulen bleibt bei 90%, allerdings auf Basis einer durchweg höheren Kostengrundlage….“
Quelle: https://kultusministerium.hessen.de/pressearchiv/pressemitteilung/beer-bringt-novellierung-des-ersatzschulfinanzierungsgesetzes-auf-den-weg

sofawolf
6 Jahre zuvor

@ anislim,

danke, aber können Sie nicht einfach ein paar Zahlen aus dem Dokument nennen, Wer’s nicht glaubt, kann nachsehen. Ich habe auf die Schnelle aber nichts gefunden, außer der Formulierung, es sollten nicht weniger als 80% sein von dem, was Lehrer im ÖD verdienen. Danach sind in Hessen 20% weniger erlaubt?

anislim
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

@sofawolf: Haben sie – auf die Schnelle – nur Antwort auf Seite 5 gelesen?

Die Fragen 25 und 26 werden in der Drs. 19/1632 für jede Ersatz-Schule konkret in der Anlage 8, d.h. Seite 32 – 35 in tabellarisch Form beantwortet.

Zitat aus der Drs. 19/1632 ( http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/2/01632.pdf ): Seite 5:
„Frage 25. Wie hoch ist jeweils
a) das niedrigste,
b) das durchschnittliche sowie
c) das höchste Gehalt
von Lehrkräften an jeder der unter Frage 1 aufgezählten Schulen? (Bitte tabellarisch auflisten)
Frage 26. Wie hoch ist der Prozentsatz, der an der jeweiligen Schule arbeitenden Lehrkräfte, der
a) das niedrigste,
b) das durchschnittliche sowie
c) das höchste Gehalt
an jeder dieser Schulen bezieht? (Bitte tabellarisch aufführen)
Die Daten für die gemeinsame Beantwortung der Fragen 25 und 26 sind der tabellarischen Aufstellung
in der Anlage 8 zu entnehmen.“

sofawolf
6 Jahre zuvor

Es sind 47 Seiten und es ist in Anlage 8 ein riesiger Zahlensalat.

Naja, trotzdem danke.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

@ anislim

Und was genau besagen nun alle diese Zahlen? 🙂

anislim
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Die Zahlen besagen, dass die hehren Ziele (Einhaltung des Sonderungsverbotes) oder bessere Bezahlung der Lehrkräfte mit höheren staatlichen Finanzhilfen nicht erreicht werden, solange die Behörden weiterhin auf Kontrollen und Vorgaben verzichten und stattdessen die Rechtsprechungen und das GG missachten.

Das GG Art. 7 IV 3 (Sonderungsverbot) wird in allen Bundesländern und von allen Privatschulträgern unterschiedlich ausgelegt. Halten Sie es für wahrscheinlich, dass sich trotzdem alle mit dem GG und den Rechtsprechungen vereinbaren lassen.

Auch die letzten Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes Baden-Württemberg wurden nicht vollständig erfüllt. (1 VB 130/13 v. 6.7.2015, https://openjur.de/u/857446.html

RN 193: „ff) Der Staatsgerichtshof geht davon aus, dass bei der Festsetzung des jeweiligen Ausgleichsanspruchs – ebenso wie mit Blick auf die Einhaltung der Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG – regelmäßig geprüft wird, ob und in welcher Höhe von privaten Schulen im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Satz 3 LV ein Entgelt erhoben wird.“

Bis heute liegen diese Zahlen nicht vor und wurden wohl auch nicht abgefragt.
(In Berlin wurden sie abgefragt, die Privatschulen haben diese Auskünfte jedoch verweigert.)

Und auch die – u.a. aus steuerlichen Gründen – geforderte Konkretisierung und Abgrenzung zwischen Schulgeld und anderen Eigenleistungen ist nicht erfolgt.

Siehe dazu: https://www.brennecke.pro/77683/Abgrenzung-Schulgeld-und-Spenden

Vielmehr will das Land Schulgelder von 160 Euro dulden, obwohl bei keiner der Ersatzschultypen entsprechende Kostenlücken bestehen, die mit SCHULGELD zu schließen sind.

Siehe dazu S. 18: https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/beteiligungsportal/KM/Dokumente/170523_Gesetzentwurf-zur-Aenderung-des-Privatschulgesetzes.pdf

Siehe dazu auch die Ermittlung der Deckungslücken für den Privatschultyp „Waldorfschule“:
Urteile des Bundesverwaltungsgericht 6 C 18-10 und VGH BW 9 S 233/12, RN 114 ff
„e) Damit bleibt es vorliegend bei der oben festgestellten monatlichen Deckungslücke von 90,– bis 95,– EUR je Schüler.

(4) Diese Lücke kann durch Schulgelder geschlossen werden, die dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG genügen.“

Tatsächlich werden viele Ersatzschulen weiterhin mehr Schulgeld verlangen, als sie zur Deckung der normalen Schulbetriebskosten benötigen würden.

omg
6 Jahre zuvor

Die besagen, dass das HKM im Gegensatz zu anderen Ministerien durchaus selbst die schrägsten Fragen der Opposition beantworten kann.

anislim
6 Jahre zuvor

Die Drs. 19/1632 wurde auch für diese Untersuchung der Professoren Wrase und Helbig (WZB) zum Umgang mit dem Grundgesetz Art. 7 IV 3 (Sonderungsverbot) herangezogen.

Siehe hier: „Defizite der Regulierung und Aufsicht von
privaten Ersatzschulen in Bezug auf das
Sonderungsverbot nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG
Rechtliche und empirische Analyse der Regelungen in
den Bundesländern Berlin und Hessen unter Berücksichtigung
des aktuellen Gesetzentwurfs der Landesregierung
in Baden-Württemberg“ https://bibliothek.wzb.eu/pdf/2017/p17-003.pdf
https://www.wzb.eu/de/pressemitteilung/wzb-studie-belegt-rechtswidrige-schulgeldpraxis-in-berlin-und-hessen

Dazu:
Ch. Degen, SPD: http://www.bundespresseportal.de/hessen/10-hessen/christoph-degen-spd-studie-zum-schulgeld-an-privatschulen-wirft-fragen-auf.html

15.8.2017: DIE LINKE zur Kritik des LEB an den hohen Schulgeldern: http://www.bundespresseportal.de/hessen/10-hessen/privatschulen-bildung-muss-gebuehrenfrei-sein.html
16.7.2017 http://www.bundespresseportal.de/hessen/10-hessen/sonderung-nach-besitzverhaeltnissen-ist-weiter-traurige-realitaet-an-hessens-privatschulen.html

Oder am 14.7.2017 in der Presse, s. z.B. diesen Auszug:
„.Frankfurt. Einkommensschwache Familien in Hessen und Berlin haben einer Studie zufolge wegen des hohen Schulgeldes nur geringe Chancen, ihre Kinder auf Privatschulen zu schicken. Zudem nehmen Schulpolitik und Verwaltung in beiden Ländern ihre Aufsicht über staatlich geförderte Privatschulen nur unzureichend wahr, wie aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Studie des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) hervorgeht.

Für die Untersuchung haben die Autoren nach eigenen Angaben erstmals die Schulgelder an allen Schulen in freier Trägerschaft in den beiden Ländern erhoben und ausgewertet. Der Verband Deutscher Privatschulverbände (VDP) kritisierte die Ergebnisse der Studie als realitätsfern. In Hessen werde ganz auf Vorgaben der Verwaltung verzichtet.
Derzeit betrage das durchschnittliche Schulgeld an den 152 hessischen Privatschulen 312 Euro pro Monat.

Die Hälfte (46 Prozent) der freien Schulen verlange Schulgebühren über 200 Euro. Bei 18 Prozent der Schulen lägen die Schulgebühren bei 300 bis 600 Euro. ….
Auch in Hessen könnten daher nur wenige Schüler aus einkommensschwächeren Haushalten Privatschulen besuchen. Selbst an den Schulen, wo ein Schulgelderlass gewährt wird, profitieren nur zwei Prozent der Schüler davon – deutlich weniger als der Anteil von 14 Prozent der unter 18-Jährigen, die in Hessen Sozialleistungen beziehen.“ http://www.fnp.de/rhein-main/Studie-Schulgeld-an-Hessens-Privatschulen-zu-hoch;art801,2710382

omg
6 Jahre zuvor

Klar ist: Das HKM weiß von der „AUslese“ der Privatschulen, duldet es, dürfte es aber nicht – es interessiert in Wiesbaden halt niemanden.

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  omg

Damit ist Wiesbaden doch nicht allein – das ist in fast allen Bundesländern so, dass die zuständigen Schulaufsichen (Landesschulämter, Bezirksregierungen) bei dem Thema sich die drei Affen zum Vorbild für ihr Verwaltungshandeln nehmen. Und was die oberen Landesbehörden nicht kontrollieren, kann die oberste Landesinstanz in Sachen Bildung (Schulministerium) auch nicht so genau wissen.

anislim
6 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Und die aller-oberste Instanz lehnt auf die Anfrage nach „Konsequenzen aus der Studie „Das missachtete Verfassungsgebot“* diese Konsequenzen mit der Begründung ab, da das Schulwesen Ländersache ist.

23.12.2016 http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/789/78986.html

*Das missachtete Verfassungsgebot – Wie das Sonderungsverbot nach Art. 7 IV 3 GG unterlaufen wird“ von Prof. Dr. Michael Wrase und Prof. Dr. Marcel Helbig, original erschienen in: NVwZ 2016 Heft 22, 1591 – 1598.
Siehe dazu https://www.wzb.eu/sites/default/files/u6/uebersicht_sonderungsverbot_0.pdf

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  anislim

Ja, Zuständig wäre der (Landes-)verfassungsgerichtshof gwesen, das BVerfG hat also de jure richtig entschieden. Dass diese Entscheidung de facto falsch ist, ist eine andere Sache.

Carsten60
3 Jahre zuvor
Antwortet  anislim

Das Sonderungsverbot nach Art. 7 GG betrifft die Sonderung nach den „Besitzverhältnissen“. Schon die Einkommensverhältnisse werden nicht explizit erwähnt, zumal die ja gerade bei Unternehmern, Freiberuflern und Politikern auch stark schwanken können. Eine Sonderung nach Schulprofil, Kultur, Bildung, Religion, Weltanschauung, Reformpädagogik, auch Bereitschaft, höhere Anteile des Einkommens in die Kinder zu investieren als andere — all das ist vom GG nicht verboten. Nicht einmal das Golfspielen als zentrale Gemeinsamkeit wäre verboten, denn Sport ist bekanntlich immer gut für die Sozialkompetenz. 🙂
Das GG taugt halt nicht für die Begründung der „einen Schule für alle“. Stattdessen ist eher Vielfalt angesagt. Man vergleiche auch die Bil-Schulen der Gülen-Bewegung, die angeblich bei besser gestellten Deutsch-Türken sehr beliebt sind. Und natürlich Schloss Salem.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  omg

Man muss auch bedenken, dass das staatliche Schulsystem bzw. das kommunale Jugendamt Problemfälle (Schulflüchtlinge, problematisches Elternhaus, Suizidgefahr, Autismus) an Privatschulen abgeben kann. Die Übernahme des Schulgeldes ist für das Land bzw. die Kommune wesentlich preiswerter als geeignete Fördermöglichkeiten an einer staatlichen Schule zu schaffen.

anislim
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Stimmt.
Auch an der damaligen Odenwaldschule waren 1/3 der Schüler „Jugendamtskinder“.
Das monatliche Schulgeld betrug 2.370 Euro.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Odenwaldschule

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  anislim

Oder um es anders auszudrücken: Ohne das Jugendamt kämen wohl etliche dieser Schulen in arge Bedrängnis.

Wie gut oder schlecht die Schülerleistungen im Vergleich zu den staatlichen Schulen geht daraus natürlich nicht hervor. Signifikant besser wahrscheinlich nicht, weil in Ihrem Beispiel mindestens 1/3 der Schüler ungeeignet für das staatliche System waren. Überragende Leistungsbereitschaft und soziale Verträglichkeit sind mir als Grund für eine Kostenübernahme durch das Jugendamt neu.

anislim
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Die Schülerleistungen waren sicher zweitrangig.

So konnten an der Privatschulen jedoch gleichzeitig sowohl finanzielle und sexuelle Begierden befriedigt werden.

s.a. https://www.news4teachers.de/2016/12/skandal-experiment-berliner-verwaltung-gab-strassenkinder-in-die-obhut-von-paedophilen-und-schickte-jugendliche-zur-odenwaldschule/

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  anislim

Um dann missbraucht zu werden.Subvention von pädophilem Missbrauch mit der Unterstützung der Jugendämter, aber ohne deren Wissen.

anislim
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Zitat aus dem Artikel vom 2.12.2016

„Die West-Berliner Jugendverwaltung duldete demnach, dass mindestens drei Jungen zwischen 15 und 17 Jahren in die Obhut von bekannten Pädophilen kamen – in dem Wissen, dass sie wahrscheinlich missbraucht werden würden.“

https://www.news4teachers.de/2016/12/skandal-experiment-berliner-verwaltung-gab-strassenkinder-in-die-obhut-von-paedophilen-und-schickte-jugendliche-zur-odenwaldschule/

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Eben, ohne deren Wissen. Das gilt auch für anislims Beitrag von 19:06 Uhr.

Bitte den Rest nur auf der Sachebene ohne jegliche Empathie für die Betroffenen und / Oder Täter lesen.

Abgesehen davon geht der wikipedia-Artikel zur Odenwaldschule von 50-100 Fällen verteilt auf 50 Jahre und um die 10 Täter, davon 2 Haupttäter aus. Im Schnitt sind 2 Missbrauchsfälle von bis zu 250 Schülern pro Schuljahr immer noch eine ganze Menge, jedoch im Vergleich zu 20000 bekannter Missbrauchsfälle pro Jahr bei 12 Mio Kindern „nur“ rund doppelt so hoch (bei Ansetzung einer Dunkelziffer von 50000 Missbrauchsfällen). Wie auch immer zeigt diese sehr nüchterne Statistik, dass die Odenwaldschule rein auf die nackten Zahlen bezogen nicht die Missbrauchshölle gewesen sein kann, zu der sie in den Medien gemacht wurde.

Wer bessere Zahlen hat, darf sie hier gerne angeben. Ich habe meine aus dem wikipedia-Artikel zur Odenwaltschule, dem statistischen Bundesamt und der Aktionkinderschutz, jeweils so gerundet, dass die Missbrauchsquote bei allen Kindern größer wurde. Nein, ich habe nichts mit der Odenwaldschule zu tun. Ich habe nur mit den recherchierten Zahlen und rein emotionslos gerechnet.

anislim
6 Jahre zuvor

Fakt ist, dass Rechtsverstöße gefördert werden, wenn es gar keine Grenzen und Vorgaben gibt, deren Einhaltung kontrolliert werden könnte.
Laut Drs. 19-1632 Seite 4 oben gilt für das Sonderungsverbot: „Die Höhe des Schulgeldes für den Pflichtschulbetrieb ist maßgeblich.“ Aber was bedeutet das?
Welches Schulgeld ist maßgeblich? Das kann nur jenes sein, welches zur Deckung der Kostenlücken für den Pflichtschulbetrieb notwendig ist.
Daher wurden in den Rechtsprechungen eben auch die Deckungslücken ermittelt. wobei es erlaubt ist, dass der Staat sich dafür an den Kosten des öffentlichen Schulwesens orientiert. Zu Gunsten der Privatschulen wird dabei meist angenommen, Privatschulen hätten die gleichen Personal-und Sachkosten.
Für Baden-Württemberg bestehen demnach Deckungslücken in Höhe von mtl. 84 € für Grundschulen u. 93 € für private Realschulen. (Siehe S. 18 https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/beteiligungsportal/KM/Dokumente/170523_Gesetzentwurf-zur-Aenderung-des-Privatschulgesetzes.pdf )

Für den Privatschultyp „Waldorfschule“ ermittelte das Gericht (VGH Ba-Wü 9 S 233/12) folgendes:
Rn 114 „e) Damit bleibt es vorliegend bei der oben festgestellten monatlichen Deckungslücke von 90,– bis 95,– EUR je Schüler.
(4) Diese Lücke kann durch Schulgelder geschlossen werden, die dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG genügen. …
119 b) Auf Grund der dem Senat vorliegenden Gutachten ist davon auszugehen, dass ein durchschnittliches Schulgeld von 90,– bis 95,– EUR, das gestaffelt erhoben wird, jedenfalls noch nicht zu einer gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG unzulässigen Sonderung nach den Besitzverhältnissen führt.“

Dieser Rechtsstreit endete mit dem des Staatsgerichtshofes (1 VB 130/13 v. 6.7.2015). Darin wird Baden-Württemberg aufgefordert die Kosten zu konkretisieren (s.o.) UND zwischen Schulgeld und anderen Eigenleistungen abzugrenzen.

Siehe dazu auch die Urteile der Finanzgerichte, oder https://www.brennecke.pro/77683/Abgrenzung-Schulgeld-und-Spenden
(aktuell ist Schulgeld zu 30 % absetzbar)

Zu dieser Abgrenzung findet sich im Gesetzentwurf, bis auf diesen wenig konkretisierenden Satz auf S. 16 nichts:
„Sofern die vorgenannten Entgelte von den Eltern erhoben werden, ohne dass die in Inanspruchnahme
der jeweiligen Leistung verpflichtend ist, sind sie im Hinblick auf das Sonderungsverbot unschädlich.“

Verständlicher wäre: „Zahlungen, zu denen Eltern VERPFLICHTET werden, unterliegen dem Sonderungsverbot. Aus steuerlichen Gründen sind diese in ‚Schulgeld = Entgelt für normalen Unterricht und Lernmittel‘ (zu 30 % absetzbar) und ‚andere Eigenleistungen‘ (Gebühren, Vereinsbeiträge o.ä. – steuerlich NICHT absetzbar) aufzuteilen.

Laut dem IAW-Gutachten (im KM einsehbar) wären die Baden-Württembergischen Haushalte mit Schulkindern durchschnittlich in der Lage, 160 Euro zu zahlen, so dass diese Durchschnitts-Summe mit dem Sonderungsverbot vereinbar wäre.

Was jetzt noch interessant wäre, ist die Frage, WIE diese Durchschnittssumme von 160 Euro (aus Schulgeld und anderen VERPFLICHTEND zu zahlenden Eigenleistungen) nach Einkommen gestaffelt werden muss, um dem Sonderungsverbot zu genügen. (siehe VGH 9 S 233/12, RN 119).

Die Beantwortung dieser Frage überlässt das Land jedoch den Privatschulen, die das – wie bisher – ganz individuell entscheiden.

Für den Rechtsstreit hat die Waldorfschule damals ein Gutachten in Auftrag gegeben, um festzustellen, welchen Haushaltseinkommen bereits ein Schulgeld von 120 Euro unmöglich wäre, Siehe Seite 16:
„Steinbeis-Transferzentrum Wirtschafts- und Sozialmanagement, Heidenheim
Grenzen der Belastbarkeit privater Haushalte mit Schulgeld Prof. Dr. Bernd Eisinger Prof. Dr. Peter K. Warndorf“ http://slideplayer.org/slide/1312044/

Wie weit die Erkenntnisse von den Waldorfschulen oder anderen Privatschulen beachtet werden ist nicht bekannt. Die wenigsten Privatschule veröffentlichen ihre Ermäßigungsregelungen und obwohl der Staatsgerichtshof (Rn 193) entsprechendes erwartete, hat Baden-Württemberg die an Privatschulen verlangten Elternbeiträge und Regelungen bisher nicht abgefragt.
(Etwas Vergleichbares liegt nur für Hessen mit der Drs. 19/1632 – ab Seite 16 vor).

Wenn man annimmt, dass in Baden-Württemberg ähnliche Schulgelder, Vereinsbeiträge etc . verlangt und gezahlt werden, dann weiß man auch, wieso BA-WÜ ungern abfragen möchte und die Privatschulen noch weniger bereit sein werden, Auskünfte zu erteilen.
(Siehe dazu Berlin und die Verweigerung der Auskünfte zu Drs. 18/11128 http://www.berliner-zeitung.de/berlin/parlamentarische-anfrage-privatschulen-verschweigen-zahl-der-armen-schueler-26886170 ).

Unbestreitbar ist wohl, dass die hohen Schulgeldzahlungen zeigen, dass die derzeitigen Privatschulklientel sehr wohl in der Lage ist, nicht nur die für einen „normalen gleichwertigen“ Schulbetrieb erforderlichen Kosten allein zu tragen, sondern auch noch darüber hinausgehende Kosten für Zusatzangebote oder schönere Schulräume, kleine Lerngruppen etc.

Letztlich werden die staatlichen Finanzhilfen, die weit über das verfassungsrechtliche Existenzminimum (siehe Gesetzentwurf Vorblatt D und BverwG 6 C 18/10) hinausgehen, an vielen Schulen wohl überwiegend nicht dafür genutzt, Geringverdienern einen Zugang zur Schule zu erleichtern, sondern weitere Zusatzangebote zu finanzieren, oder – einkommensUNabhängige – pauschale großzügige Geschwister-Rabatte zu gewähren, von denen dann eben auch Einkommen wie das der Ministerpräsidentin Frau Schwesig profitieren.

An den privaten Eliteschulen, wo Eltern nicht nur 200 Euro, sondern monatlich ab 2.000 Euro für den Schulbesuch zahlen, sehen die staatlichen Finanzhilfen, die auch diese Schulen zur Einhaltung des Sonderungsverbotes erhalten, im Vergleich zu den Elternbeiträgen wie Peanuts aus.

Siehe dazu Bericht in 3-sat-Kulturzeit v. 3.5.2017 „Eliteschulen“ http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=66367

Wie würden sich die Eltern und Privat-Schulträger wohl entscheiden, müssten sie entscheiden, ob diese staatlichen Finanzhilfen (in Höhe von z.B. 80 % der Schülerkosten staatlicher Schulen) künftig verwenden werden, um Geringverdienern einen Zugang zu ermöglichen, oder stattdessen auf diese Finanzhilfen zu verzichten??